(erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2024, Dezember 2024)
Gemeinsames Engagement
Zukunft Fahrrad schließt Kooperation mit „Radeln ohne Alter Deutschland“
Der Branchenverband Zukunft Fahrrad und der Verein „Radeln ohne Alter Deutschland“ haben sich zusammengetan.
Als Dachorganisation setzt sich Radeln ohne Alter Deutschland e.V. für mobilitätseingeschränkte Menschen deutschlandweit ein: 2200 Freiwillige sind dafür bereits an 150 Standorten im Einsatz. Allein im Jahr 2023 wurden über 230.000 Rikscha-Kilometer geradelt und rund 35.000 Fahrgäste befördert.
Natalie Chirchietti, Gründerin und Geschäftsführerin von Radeln ohne Alter Deutschland: „Im nächsten Jahr wollen wir noch inklusiver werden und die Lücken auf unserer Deutschlandkarte weiter schließen, indem wir mithilfe von Spenden mindestens 100 weitere Fahrradrikschas auf die Straße bringen – und so noch vielen weiteren Menschen Lebensfreude und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.“ Einzel- oder Unternehmensspenden können unter www.radelnohnealter.de/unterstuetzen/ getätigt werden.
Künftig schiebt der Verband Zukunft Fahrrad hier mit an. Elena Laidler-Zettelmeyer, Leiterin strategische Kooperationen bei Zukunft Fahrrad, sagt: „Verkehrsplanung richtet sich noch immer weitgehend nach dem Auto, dabei hat ein großer Teil der Bevölkerung gar nicht die körperlichen oder finanziellen Voraussetzungen, um Auto zu fahren. Dazu gehören Kinder, ältere Menschen, Menschen mit geringem Einkommen und Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Wenn Städte und Kommunen ihre Radwegenetze und ihre Infrastruktur richtig planen, integrativ gestalten und benutzerfreundlich umsetzen, eröffnen sich neue Freiheiten für alle. Und die Fahrradwirtschaft bietet passgenaue Produkte: vom Laufrad bis zum Spezialrad.“
(jw)
Historischer Wechsel
Deutsche Verkehrswacht wählt erstmals eine Präsidentin an die Spitze
Bei der Deutschen Verkehrswacht steht erstmals in der 100-jährigen Geschichte eine Frau an der Spitze des Verbandes. Anfang November wurde Kirsten Lühmann in ihr Amt gewählt.
Kirsten Lühmann folgt auf Kurt Bodewig, der sein Amt nach 17 Jahren vorzeitig niedergelegt hat. Lühmann bringt Erfahrung und Expertise für die Aufgaben mit. Sie war 27 Jahre lang Polizistin in Niedersachsen und 12 Jahre lang Abgeordnete im Deutschen Bundestag, unter anderem als Verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Zudem ist sie bereits seit 2022 Vizepräsidentin der DVW.
Kirsten Lühmann: „Ich glaube an die Vision Zero. Als Polizistin habe ich viele Jahre lang erleben müssen, welches Leid Verkehrsunfälle bei Angehörigen verursacht. Als Politikerin habe ich mich darum für legislative Maßnahmen eingesetzt, um die Verkehrssicherheit zu stärken. Als Präsidentin der DVW freue ich mich nun, zusammen mit den vielen Ehrenamtlichen der Verkehrswacht weiter daran zu arbeiten, Menschen eine sichere und selbstbestimmte Mobilität zu ermöglichen.“
Die Mitglieder und Delegierten sprachen Kirsten Lühmann einstimmig ihr Vertrauen aus. Kurt Bodewig wurde im Anschluss für sein langjähriges Engagement zum ersten Ehrenpräsidenten der DVW gewählt. Zur Hauptversammlung im Langenbeck-Virchow-Haus kam auch Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing und hob in seiner Rede die besondere Geschichte der Verkehrswacht und die Leistung für die Sicherheit im Straßenverkehr hervor.
(jw)
Von Leipzig nach Europa
Nextbike weitet Präsenz in neue Länder aus
Seit 20 Jahren etabliert Nextbike ganzheitliche und nachhaltige Mobilitätslösungen als Teil des öffentlichen Nahverkehrs in ganz Europa. Zuletzt sind drei neue Länder hinzugekommen.
Neben zahlreichen neuen Angeboten in bestehenden Märkten wie z.B. in Polen (Metrobike in Oberschlesien) und Spanien (TUeBICI in Santander), hat Nextbike in diesem Jahr auch drei neue Märkte erschlossen. In den vergangenen Monaten hat Nextbike seine Mobilitätslösungen in den Kosovo, nach Portugal und Griechenland gebracht. Darüber hinaus wurde gerade eine Ausschreibung zur Erweiterung der Präsenz in Frankreich gewonnen: Ab dem Frühjahr 2025 wird Nextbike auch in der Region Mulhouse im Elsass ein öffentliches Bike-Sharing System betreiben.
Jhon Ramirez, Regional General Manager South West Europe: „Der Bedarf an nachhaltigen und gleichzeitig auch dynamischen und erschwinglichen Mobilitätslösungen wächst in ganz Europa, insbesondere im Süden, wo EU-Fördermittel aus dem Social Climate Fonds sehr wertvoll sind, um die Klimaziele zu erreichen und den öffentlichen Verkehr attraktiver zu machen.“ Mittlerweile betreibt Nextbike Bike-Sharing Systeme in 24 europäischen Ländern.
(jw)
Jugendorganisation und Doppelspitze
ADFC stellt sich auf Bundeshauptversammlung neu auf
Der ADFC bringt eine neue Generation von engagierten Radfahrenden an den Start. Die Weichen dafür wurden auf der Bundeshauptversammlung 2024 in Nürnberg gestellt.
In Nürnberg wurde am Wochenende eine Satzungsänderung verabschiedet, durch die im nächsten Jahr die Jugendorganisation „Junger ADFC“ gegründet werden kann. Weiterhin bekommen die ADFC-Bundesorgane künftig eine zweiköpfige Leitung mit mindestens einer Frau an der Spitze.
ADFC-Bundesvorsitzender Frank Masurat erklärt dazu: „Mit der Gründung des Jungen ADFC und der garantierten Präsenz von Frauen an der Verbandsspitze machen wir den ADFC zukunftsfähiger, vielfältiger und repräsentativer. In gesellschaftlich herausfordernden Zeiten ist es uns wichtig, Verantwortung zu übernehmen und unterschiedliche Perspektiven in unsere Arbeit einzubinden. Unser Ziel ist ein lebenswertes, fahrradfreundliches Land mit bezahlbarer, klimafreundlicher Mobilität für alle – eine Vision, für die es sich einzusetzen lohnt. Besonders freut uns, dass künftig viele junge Köpfe mit neuen Ideen das Fahrradland Deutschland im ADFC mitgestalten werden.“
Neue Dynamik
Ein Netzwerk junger Menschen im ADFC, die sich regelmäßig treffen und gemeinsam fahrradpolitische Aktionen organisieren, gibt es schon seit einigen Jahren. Nun wird die Rolle der jungen Menschen im ADFC durch eine Satzungsänderung und eine Vertretung im ADFC-Bundesvorstand weiter gestärkt. Die Gründungsversammlung des Jungen ADFC ist für das Frühjahr 2025 geplant. Angesprochen sind Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 26 Jahren. Ziel ist, das Engagement junger Menschen für ein fahrradfreundliches Deutschland zu fördern.
Lösung statt Spaltung
Mit dem politischen Leitantrag bekannte sich die ADFC-Bundesversammlung erneut zu ihren demokratischen Werten. Statt für Spaltung tritt der ADFC für eine Verkehrswende ein, die allen dient, indem sie die Lebensqualität steigert, Emissionen reduziert und bezahlbare Mobilität gewährleistet. Das Fahrrad ist eine Lösung für alle Menschen, im Alltag, in der Freizeit oder im Urlaub – so die Delegierten des ADFC. Radfahren steht für ein positives Lebensgefühl für alle.
(jw)
Bund fördert das Projekt
KI-basiertes Assistenzsystem soll Radfahren sicherer machen
Ein Assistenzsystem für Autos und Lkw, das Radelnde erkennt und den Abstand zu ihnen misst, könnte den Fahrradverkehr in Zukunft sicherer machen. Den Grundstein dafür soll das Forschungsprojekt BikeDetect an der Universität Oldenburg unter Leitung des Wirtschaftsinformatikers Prof. Dr. Jorge Marx Gómez legen.
An dem Vorhaben beteiligt sind die Iotec GmbH aus Osnabrück, assoziierte Partner sind die Stadt Osnabrück sowie der ADFC Osnabrück. Das Projekt wird für 18 Monate vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) in der Innovationsinitiative mFUND mit knapp 200.000 Euro gefördert.
Hauptziel des Projekts ist es, herauszufinden, welche Kombination von Sensoren am besten geeignet ist, um Radfahrende von einem Fahrzeug aus zuverlässig zu erkennen. Dabei setzt das Team auf möglichst kostengünstige Verfahren. Zur Abstandsmessung testen die Forschenden Ultraschall-, Radar- und optische Verfahren, zum Erkennen von Personen auf einem Fahrrad setzen sie auf LiDAR, 3D-Kameras und Wärmemessungen. Entstehen soll ein KI-System, das die aufgenommenen Daten auswertet. Dieses System wird schrittweise entwickelt und im Labor, auf einem Parkplatz und im Straßenverkehr erprobt und verbessert. An der Auswahl möglichst unterschiedlicher Routen für die Feldtests sind die Stadt Osnabrück sowie der ADFC beteiligt.
Die Stadt Osnabrück sieht das Projekt als Möglichkeit, die Sicherheit im Radverkehr zu erhöhen. Ziel ist es, dass motorisierte Verkehrsteilnehmerinnen Werkzeuge an die Hand bekommen, mit denen sie selbst noch besser zum Schutz von Radfahrenden beitragen können. Das Team plant, die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorzustellen. Der ADFC Niedersachsen verspricht sich von dem Projekt eine deutlichere Sensibilisierung aller motorisierten Verkehrsteilnehmerinnen für den Radverkehr. „Von eminenter Wichtigkeit ist aber auch, dass die Ergebnisse und Werkzeuge nach Ende der Studie den Kommunen in Niedersachsen landesweit für die Eigennutzung zur Verfügung gestellt werden“, sagt Rüdiger Henze, Landesvorsitzender des ADFC Niedersachsen. Das Ziel müsse nach wie vor die „Vision Zero“ sein, also das Ziel, ein sicheres Verkehrssystem ohne Getötete und Schwerverletzte zu verwirklichen.
Am Ende von BikeDetect soll ein prototypisches Sensorsystem inklusive eines passenden Konzepts zum Datenmanagement zur Verfügung stehen. „Unsere Vision ist es, dass zukünftige Fahrassistenzsysteme auch den Radverkehr im Blick haben und Autofahrer dabei unterstützen, einen sicheren Abstand zu Radfahrerinnen und Radfahrern zu halten“, sagt Projektleiter Jorge Marx Gómez. Das Projekt leiste damit einen wichtigen Beitrag, um die Sicherheit im Radverkehr zu steigern.
(pm)
ADAC hat getestet
Bike+Ride-Anlagen zwischen Licht und Dunkel
Viele der 80 untersuchten Anlagen schneiden im Bike+Ride-Test des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs (ADAC) gut ab. Oft mangele es jedoch an Ausstattungsmerkmalen wie Überdachungen oder Anschließmöglichkeiten, so das Fazit des Automobilclubs.
Vor allem für den Pendelverkehr sind gute Abstellanlagen an öffentlichen Verkehrsmitteln wichtig.
Bike+Ride-Anlagen helfen Pendler*innen dabei, das Fahrrad mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu kombinieren. Der ADAC hat sich 80 dieser Anlagen im Einzugsgebiet von zehn deutschen Großstädten mit hohem Pendlervolumen genauer angesehen. In die Gesamtwertung floss neben der Lage, der Ausstattung und der freien Kapazität auch die Sonderausstattung ein. In der Kategorie Lage schnitten 86 Prozent der geprüften Anlagen gut oder sehr gut ab. Positiv wertete der ADAC auch, dass nur zehn Prozent der Anlagen stark ausgelastet oder überlastet waren. Ein Großteil wies zu den Testzeitpunkten noch mindestens 20 Prozent freie Stellplätze auf.
Ausstattung mit Luft nach oben Eine komfortable und wirklich sichere Nutzung ist nicht bei allen Bike+Ride-Anlagen möglich. Etwa ein Viertel der Stellplätze war nicht überdacht. An 84 Prozent fehlt es zudem an Lademöglichkeiten für E-Bikes und an 94 Prozent der untersuchten Bahnhöfe gibt es keine Schließfächer.
An der Hälfte der untersuchten Orte waren abschließbare Anlagen wie Fahrradgaragen oder -boxen überhaupt nicht vorhanden. Wenn es sie doch gab, zeigte sich eine hohe Auslastung. Der ADAC bemängelt weiterhin, dass bei 81 Prozent der Anlagen der Platz zum Anschließen des Rades meist zu eng ist. Als häufigsten Mangel identifiziert der Verein, dass es in 98 Prozent der Fälle keine gesonderten Flächen für Lastenräder gab.
Nutzung und Akzeptanz steigern
Ein Lichtblick lässt sich laut der Analyse des ADAC dennoch erkennen: „Immerhin: Es tut sich etwas. An mehreren Bahnhöfen im Umland der Großstädte werden derzeit neue Abstellmöglichkeiten für Fahrräder gebaut oder sind nach ADAC-Informationen geplant“, heißt es auf der Website des Vereins. Um die Nutzung und Akzeptanz des Bike+Ride-Konzepts weiter zu steigern, empfiehlt der Automobilclub, diese möglichst nah an den Bahnhofszugängen einzurichten. Wichtig seien außerdem Überdachungen und eine komfortable und sichere Nutzung. Es sollte nicht bloß das Laufrad, sondern auch der Rahmen anschließbar sein. Das Platzangebot sollte ausreichend sein, auch an Fahrradgaragen und Boxen, um höherwertige Fahrräder und E-Bikes ebenfalls angemessen zu sichern.
Der Test des ADAC fand außerhalb der Ferien im Zeitraum von April bis Juni 2024 von Dienstag bis Donnerstag zwischen 9 und 16 Uhr statt. Untersucht wurden Anlagen im Umland von Berlin, Bremen, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Kiel, Köln, Leipzig, München und Stuttgart. Ausführliche Ergebnisse des Tests finden sich auf der Website des ADAC.
(sg)
Bilder: Radeln ohne Alter, Deutsche Verkehrswacht – Heidi Scherm, Nextbike, pd-f, ADAC – Theo Klein