(erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2025, März 2025)


Martin Tönnes
Bundesvorstand Verkehrsclub Deutschland e.V. (VCD)

Radfahren ist günstig, klimafreundlich und gesund. Der ökologische Verkehrsclub VCD fordert die Politik auf, Maßnahmen zur Förderung des Fahrrads umzusetzen. Besonders wichtig: Sichere Mobilität durch breite und gepflegte Radwege – und eine Infrastruktur, die das Rad für alle attraktiv macht.
Die Radinfrastruktur bedarf erheblicher Investitionen. Wie von der Verkehrsministerkonferenz gefordert, muss jährlich eine „Fahrradmilliarde“ bereitstehen. So viel Geld ist nötig, um ein dichtes und sicheres Radnetz inner- und außerorts zu schaffen. Dazu gehören auch vor Diebstahl und Wetter geschützte Stellplätze an Bahnhöfen und zentralen Haltestellen. Die Förderung von (E-)Lastenrädern und Radanhängern muss fortgesetzt und auf Leasing-Angebote ausgeweitet werden.
Länder und Kommunen brauchen im Nationalen Radverkehrsplan Vorrang für die Planung und den Bau überörtlicher Radhauptrouten und -schnellwege, um das klimafreundliche Potenzial von Pedelecs auch für längere Strecken zu heben und sie auch dort zu einer Alternative zum Auto zu machen.
Die Vision Zero, das Ziel von null Verkehrstoten oder Schwerverletzten, muss ins Zentrum der Verkehrspolitik rücken. Der VCD fordert daher eine weitere Reform des Straßenverkehrsrechts, besonders der Straßenverkehrsordnung (StVO). Tempo 30 muss innerorts zur Regelgeschwindigkeit werden – mit Ausnahmen für Tempo 50. Diese Maßnahme schützt effektiv Leben. Und die Infrastruktur im Schul- und Wohnumfeld muss kindgerecht gestaltet werden. In der StVO sollten dafür Verkehrsberuhigungs-Maßnahmen wie Schulstraßen verankert werden.
Weiterhin fordert der VCD eine Pflicht zum Einbau von Abbiegeassistenten bei Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. Denn beim Abbiegen passieren besonders viele tödliche Unfälle. Zudem müssen in der StVO Schutzstreifen auf Landstraßen mit Tempo 70 ermöglicht werden, um die Sicherheit zu erhöhen und auch über Land dichte Radverkehrsnetze zu schaffen.
Mit diesen Maßnahmen möchte der VCD das Fahrrad als sicheres, attraktives und nachhaltiges Mobilitätsmittel für alle Menschen etablieren.


Anke Schäffner
Leiterin Politik & Interessensvertretung
Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) e.V.

In den Wahlprogrammen der Parteien findet das Fahrrad nur sehr wenig bis gar keine Berücksichtigung. Das wird dem Potenzial der Fahrradmobilität nicht gerecht. Von den Koalitionsverhandlungen und der neuen Bundesregierung erhoffen wir uns daher ein stärkeres Bekenntnis zum Fahrrad und zu unserer Branche als zentraler Baustein für die Zukunftsmobilität. Dafür müssen wir als Industrie deutlich machen, dass wir viele gute Lösungen anbieten können, dass wir eine wirtschaftliche Bedeutung für dieses Land haben und dass Radverkehr mehr ist als ein Nice-to-have-Thema.
Mit Blick auf die Fahrradmobilität brauchen wir ein einladendes Netz für Fahrradinfrastruktur. Das „Sonderprogramm Stadt und Land“ ist äußerst erfolgreich und hat dem Fahrrad-Infrastrukturausbau in den Kommunen einen wichtigen Anschub gegeben. Wir sprechen uns für eine langfristige Fortführung und eine dauerhaft abgesicherte Finanzierung aus, damit die Kommunen langfristig planen können. Der Nationale Radverkehrsplan 2030 muss konsequent umgesetzt und mit einem Aktionsplan unterlegt werden.
Die Regelwerke für Verkehrsinfrastruktur müssen endlich überarbeitet werden, um den Planerinnen und Planern zeitgemäße Richtlinien an die Hand zu geben. Wenn wir über Infrastruktur sprechen, müssen Freizeit- und Alltagsradverkehr zusammen gedacht werden. Fahrradtourismus ist längst ein Rückgrat des Tourismus in Deutschland und Jobmotor.
Außerdem gehört die Sicherheit vulnerabler Gruppen viel stärker in den Fokus der Verkehrspolitik als bisher. Die Vision Zero muss endlich als Grundlage im Gesetz verankert werden.
Fahrrad und E-Bike sind Zukunftsprodukte. Die Menschen möchten Fahrrad fahren und aktive Mobilität ist ein zentraler Schlüssel für weniger Staus, lebenswertere Städte, gesündere Menschen und nachhaltigen Tourismus. Unser Appell an die nächste Bundesregierung lautet deshalb ganz klar, das Fahrrad in den Fokus der Verkehrspolitik zu stellen und die wirtschaftliche Bedeutung der Fahrradindustrie ernst zu nehmen.


Wasilis von Rauch
Geschäftsführer Zukunft Fahrrad e.V.

Als Fahrradwirtschaft erwarten wir von der Bundesregierung eine neue Sachlichkeit in der Wirtschafts-, Finanz- und Verkehrspolitik, in der das Fahrrad zusammen mit der weiteren nachhaltigen Verkehrswirtschaft einen Schub bekommt.
Mobil zu sein ist ein menschliches Grundbedürfnis. Sicherheit, Bezahlbarkeit und Verfügbarkeit sind die Hauptfaktoren für die Wahl des passenden Verkehrsmittels. Saubere Luft, lebenswerte Wohnorte, Arbeitsplätze und Kaufkraft sind wichtig für ein gutes Leben und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die neue Bundesregierung muss diese Bedürfnisse in den Mittelpunkt ihrer Verkehrspolitik stellen. Davon profitiert auch ein zukunftsweisender Wirtschaftszweig. Bereits heute hängen rund 500.000 Stellen am „Wirtschaftsfaktor Fahrrad“, an der nachhaltigen Mobilität zusammen mit Bahn, ÖPNV und Carsharing sogar 1,7 Millionen Beschäftigte.
Um die Potenziale des Radverkehrs für die Mobilität der Menschen, für Gesundheit, Klima, lebenswerte Städte und Gemeinden sowie für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu heben, sollte die Bundesregierung an drei konkreten Stellschrauben drehen: Erstens, Infrastruktur ausbauen: Die jährlichen Bundesinvestitionen für den Ausbau der Fahrradinfrastruktur müssen auf eine Milliarde Euro pro Jahr erhöht und langfristig abgesichert werden. Dafür ist eine Reform der Finanzierung notwendig, um Länder und Kommunen durch den Bund langfristig unterstützen zu können.
Zweitens, den NRVP mit verbindlichen Zwischenzielen versehen und umsetzen: Der Nationale Radverkehrsplan 3.0 setzt wichtige Ziele. Ein regelmäßiger, systematischer Fortschrittsbericht stellt sicher, dass diese bis 2030 erreicht werden. Der Nationale Beirat Radverkehr des Bundesverkehrsministeriums wird in die Umsetzung aktiv eingebunden.
Drittens, betriebliche Mobilität als wichtigen Hebel nutzen: Ein großer Teil des Verkehrsaufkommens entfällt auf das Pendeln zum Arbeitsplatz. Das erfolgreiche Dienstradleasing, das eine wichtige Stütze für die Branche ist, benötigt eine Absicherung im Einkommensteuergesetz. Durch ein Mobilitätsbudget könnten mit einer einfachen finanzpolitischen Maßnahme neue Nutzer*innen für nachhaltige Mobilitätsangebote gewonnen werden.
Unser Appell an die neue Bundesregierung und den nächsten Bundestag: Nutzt den Wirtschaftsfaktor Fahrrad!


„Gelobt wird das Fahrrad in der Politik häufig. Aber auf der Straße kommen zu wenige Qualitätsradwege und zu wenige Fahrradparkhäuser an.“

Dr. Caroline Lodemann

Dr. Caroline Lodemann
Bundesgeschäftsführerin des Allgemeinen Deutschen Fahrradclub e.V. (ADFC)

Wir werben für das Fahrradland-Plus und dafür, dass die neue Bundesregierung das Fahrrad als leistungsfähiges Verkehrsmittel ernst nimmt. Das Fahrrad ist ja ein Problemlöser erster Güte: Es reduziert den Stau, macht den Verkehr sicherer, verbessert Gesundheit und Fitness, schafft Lebensqualität, macht Spaß – und fördert auch noch den Wirtschaftsstandort. Attraktive Orte für Menschen und Unternehmen sind fahrradfreundlich – siehe Wien, Kopenhagen oder Utrecht. Auch das westfälische Wettringen hat mit seiner beharrlichen Fahrradförderung die Herzen der Bürgerinnen und Bürger und den ADFC-Fahrradklima-Test gewonnen.
Gelobt wird das Fahrrad in der Politik häufig. Und laut Nationalem Radverkehrsplan soll Deutschland bis 2030 ein attraktives Fahrradland werden. Aber auf der Straße kommen zu wenige Qualitätsradwege und zu wenige Fahrradparkhäuser an. Egal, wo man in Deutschland auf das Rad steigt, irgendwann wird es stressig, unkomfortabel oder gefährlich. Einen wetterfesten Parkplatz für das Rad sucht man meist vergeblich. Das frustriert die Menschen und hält viele vom Radfahren ab.
Unsere Empfehlung an die nächste Bundesregierung ist, einen Bund-Länder-Vertrag zu schließen, um den Radverkehr verbindlich zu fördern. Denn erwünscht ist, dass alle Kommunen gute Bedingungen zum Radfahren anbieten. Außerdem empfehlen wir, ein Zielnetz zu planen – ein Radnetz Deutschland für Alltag und Tourismus. So eine überregionale Netzplanung ist nötig, wenn das Rad sein Potenzial auch als Pendlerfahrzeug entfalten soll. Und schließlich braucht der Radverkehr eine feste Finanzierungssäule. Dafür empfehlen wir – übrigens gemeinsam mit vielen anderen Verkehrsverbänden – einen Infrastrukturfonds.
Der Lohn ist ein weltweit führendes Fahrradland-Plus bis 2035. Mit hervorragend ausgebauten Rad-wegen, fahrradfreundlicher Raumplanung und einer intelligenten Vernetzung mit Bus und Bahn. Mit dreimal so viel Radverkehr wie heute und jährlichen Einsparungen von 19 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten im Verkehr. Dieses immense Potenzial des Radverkehrs sollte keine Regierungskoalition liegen lassen.


Bilder: stock.adobe.com – katatonia, VCD – Jan Zappner, ZIV – Deckbar, Wasilis von Rauch, ZIV – Deckbar