Fahrradparkhäuser und große Abstellanlagen: Gut gemeint ist nicht gut gemacht
Fahrradparkhäuser und andere große Abstellanlagen zu planen, ist ein komplexes Unterfangen. Für Kommunen kann die spezielle fachliche Kompetenz zur Herausforderung werden. Die Infostelle Fahrradparken soll im Auftrag des Bundes Licht ins Dunkel bringen.
(erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2025, März 2025)
Das Risiko von Diebstählen und Vandalismus kann gerade Besitzer*innen hochpreisiger Räder davon abhalten, Bahn und Fahrrad auf ihren täglichen Wegen zu verbinden. Ein Fahrradparkhaus könnte diese Probleme beheben. Doch nicht jede Abstellanlage schafft es in der Realität, mit einem attraktiven Angebot eine gute Auslastung und somit einen Schritt in Richtung Verkehrswende zu erzielen.
Hier kommt die Infostelle Fahrradparken bei der DB InfraGO AG ins Spiel. Das Tochterunternehmen der Deutschen Bahn hat bereits 2021 eine Ausschreibung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) im Sonderprogramm Stadt und Land gewonnen. Mit der Ausschreibung, die inzwischen in der zweiten Periode umgesetzt wird, verfolgte das Ministerium das Ziel, deutsche Kommunen bei Fahrradparkhäusern und großen Abstellanlagen zu beraten. Jörg Welke, Leiter der Infostelle, erklärt den Hintergrund des Fördervorhabens und des kostenlosen Angebots: „Bei der Fahrradinfrastruktur denken immer alle an Fahrradwege und deren Ausbau. Das Thema Fahrradparken fällt ein bisschen hinten runter.“ Die Infostelle werde seitens der Kommunen gut angenommen, sagt Welke. Das lässt sich mitunter damit erklären, dass insbesondere Parkhäuser alles andere als alltägliche Planungsgegenstände für die Verantwortlichen sind. „Ein Fahrradparkhaus baut man in einer Kommune in der Regel ein Mal“, erläutert Welke.



Positivbeispiele für Fahrradparkhäuser finden sich zum Beispiel in Bad Kreuznach und Tübingen. Wer eine Werkstatt oder Gastronomie mit dem Parkhaus kombiniert, sorgt für soziale Sicherheit.
Wiederkehrende Fehler vermeiden
Die Infostelle bietet eine Kompetenztiefe mit Blick auf das Fahrradparken, die sich vor allem in kleinen Kommunen nicht darstellen lässt. So lassen sich wiederkehrende Fehler vermeiden. „Es gibt sehr viele Fahrradparkhäuser, die gut gemeint sind, aber nicht gut gemacht“, mahnt Welke. „Sie sind darauf ausgelegt, möglichst viele Fahrräder unterzubringen.“ Parkhäuser dieser Art würden oft nicht gut angenommen, so Welke. Doppelstockparker, bei denen es eine zusätzliche Parkebene gibt, seien zwar platzsparend, aber etwa mit einem E-Bike mit Kindersitz und Korb kaum händelbar. „Das wird dann oft nicht angenommen, dafür haben wir viele Beispiele. Es sollten für alle Nutzenden verschiedene Abstellanlagen dabei sein. Vom Doppelstockparker bis hin zu Anlehnbügeln.“
Moderne Fahrradparkhäuser müssen selbstverständlich für moderne Fahrräder und E-Bikes geeignet sein. Breite Lenker oder Reifen dürfen nicht zum Problem werden. Immerhin würden Lastenräder vielerorts bereits gut mitgedacht werden, ordnet der Leiter der Infostelle ein. Waschmöglichkeiten, eine komfortable Zugangskontrolle, Videoüberwachung oder Schließfächer können das Angebot abrunden.
Neben der Ausstattung gilt es insbesondere, die Lage und städtebauliche Gestaltung (innen und außen) zu bedenken. Um einen ganzheitlich nachhaltigen Beitrag leisten zu können, empfiehlt es sich, auf Holz zu setzen und weitgehend auf Beton zu verzichten. Wer gute Beleuchtung verbaut, kann dunkle Ecken vermeiden und so dafür sorgen, dass keine Angsträume entstehen.
Für ein erhöhtes Sicherheitsgefühl und Diebstahlprävention dienlich ist zudem, eine Werkstatt oder ein Café baulich mit dem Fahrradparkhaus zu verbinden. Dazu Jörg Welke: „Eine gastronomische Einrichtung am Fahrradparkhaus zu haben, ist für viele Menschen wegen der sozialen Sicherheit ein gewichtiger Vorteil.“
Für den Leiter der Infostelle ist derzeit das Fahrradparkhaus in Tübingen ein Vorzeigeprojekt in Deutschland. Das dortige Parkhaus ist mit einem Radladen und einer Gastronomie verbunden, lässt sich unterirdisch vom Bahnhof aus betreten und kombiniert einen zugangsgesicherten mit einem offenen Abstellbereich. Lobende Worte findet Welke auch für das Parkhaus in Bad Kreuznach, welches zusätzliche Service-Räume für Verkehrsunternehmen und eine Werkstatt bereithält, in nachhaltiger Konstruktion mit Stahl-Holz-Bauweise und Photovoltaik gehalten und wenige Meter von den Gleisen entfernt ist.
„Ein Fahrradparkhaus baut man in einer Kommune in der Regel ein Mal.“
Jörg Welke, Infostelle Fahrradparken
Ein Gefühl für den Standort bekommen
Was vor Ort möglich ist, hängt mitunter nicht nur vom Geld ab. Hier kann die Infostelle helfen, um die Möglichkeiten in der „Planungsphase 0“, wie Welke sie nennt, besser zu überblicken. „Der Planungsstand in den Kommunen ist fast immer unterschiedlich.“
Welke und seine Kolleg*innen unternehmen Ortsbesuche, um die jeweilige Planungssituation genau zu verstehen. „Man muss ein Gefühl bekommen für den Standort“, meint Welke. Hinzu käme, dass sich die mitunter komplexen Akteurskonstellationen und Interessenlagen einer Kommune vor Ort besser begreifen lassen.
Ausschlaggebend für die jeweiligen Möglichkeiten vor Ort ist laut Welke oft, zu klären, wem welche Flächen gehören. Oft sind Bahnhofsnebenflächen im Besitz der Deutschen Bahn. Doch das ist nicht immer der Fall. „Ich war, als ich angefangen habe, erstaunt, wie viele Flächen direkt am Bahnhof nicht der DB gehören“, sagt Welke. Um die Jahrtausendwende hat die Bahn einige Flächen rund um Deutschlands Bahnhöfe verkauft. Inzwischen herrscht dagegen ein Moratorium. Der Idealfall für die Kommune ist, wenn sie das fragliche Grundstück selbst bestimmt. Die Bahn zeige sich aber grundsätzlich auch sehr aufgeschlossen für die Nutzung ihrer Flächen für Fahrradparkhäuser. Bei privaten Grundstückseigentümern sähe das manchmal anders aus.

Die Infostelle Fahrradparken verleiht Modelle von Fahrradparkhäusern als Anschauungsbeispiele an Kommunen.
Infostelle bietet Werkzeuge und Wissen
Auf der Website der Infostelle Fahrradparken finden sich neben diversen Gestaltungstipps einige praktische Werkzeuge für Kommunen. Wer die geparkten Räder am Bahnhof zählt, erhält über das Bedarfs- und Kostenberechnungs-Tool eine Empfehlung, wie groß das Parkhaus sein sollte, und eine grobe Orientierung, welche Kosten mit Planung und Bau verbunden wären. Auch die emissionsreduzierende Wirkung lässt sich online berechnen. Das Informationsangebot, so der Plan von Welke, soll sukzessive weiter ausgebaut werden. Aktuell veröffentlicht die Infostelle jedes halbe Jahr ein Whitepaper in Kooperation mit einem Planungsbüro aus Hannover.
Die Infostelle arbeitet stetig daran, die Kompetenz der Kommunen zu erhöhen und das Angebot auszubauen. In einem weiteren aktuellen Projekt werden derzeit die Planungshindernisse in den Kommunen systematisch untersucht und Handlungsempfehlungen erarbeitet. An anderer Stelle entstehen Musterpakete für Marketing-Maßnahmen. Dafür wurden unterausgelastete Fahrradparkhäuser, unter anderem in Leverkusen-Opladen, Wolfenbüttel und Norderstedt, identifiziert, die nun durch Kampagnen gestärkt werden und mehr Nutzer*innen bekommen sollen. Für das eigene Angebot zu werben, dürfte aber auch für weniger unterbesetzte Fahrradparkhäuser von Interesse sein. Schließlich sind jene Menschen eine wichtige Zielgruppe, die bisher nicht mit dem Rad zum Bahnhof fahren, sondern sich im Pkw hinters Steuer setzen.
Auch aufseiten der Kommunen arbeiten Welke und sein Team daran, neue Menschen zu erreichen. Da bei Exkursionen in der Vergangenheit vermehrt Menschen dabei waren, die bereits Interesse hatten, lässt das Team digitale Zwillinge erstellen, ähnlich zu virtuellen Rundgängen, wie man sie von Hotels oder Immobilien-Websites kennt. Ganz unvirtuell bietet die Infostelle außerdem Modelle von einigen Fahrradparkhäusern an, die Kommunen sich ausleihen können.
Die Infostelle zeigt mit Vorhaben wie diesen, wie komplex sich so ein spezifisches Handlungsfeld wie das Fahrradparken bearbeiten lässt. Wenn Expertenwissen so strukturiert geteilt wird, können am Ende nicht nur die Kommunen von vielen neuen Fahrradparkhäusern profitieren.
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Bilder: stock.adobe.com – adragan, Infostelle Fahrradparken