Ohne gute Radwege kann eine Verkehrswende mit dem Fahrrad nicht gelingen, ohne gute Kommunikation aber auch nicht. Wer eine Kampagne für mehr Radverkehr plant, findet jedoch viele Vorbilder, von denen es sich lernen lässt. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)
Gute Fahrradinfrastruktur ist eine Grundvoraussetzung für mehr Radverkehr, doch bauliche Maßnahmen allein bringen noch nicht unbedingt mehr Alltagsverkehr mit dem Fahrrad auf die Straße. Eine erfolgreiche Radverkehrspolitik braucht auch eine kommunikative Begleitung. Langfristige Kampagnen machen Angebote sichtbar und emotionalisieren Menschen fürs Fahrrad. Welche Stellschrauben zur Durchführung von Radverkehrskampagnen besonders gut funktionieren, zeigen Beispiele aus Deutschland, Österreich und England.
Involvement, also die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Stakeholder, war bei der Münchner Kampagne „Radlhauptstadt“ ein wesentlicher Baustein.
Systemischer Ansatz
Die Stadt München hat bis 2019 über einen Zeitraum von acht Jahren mit Green City e. V. und der Agentur Helios die Initiative „Radlhauptstadt München“ umgesetzt. Nach Angaben von Green City „eine der weltweit größten Kampagnen zur Förderung des Radverkehrs“. Das Fahrrad sollte als tägliches Transportmittel etabliert werden. Vom Drahtesel zum Lifestyleobjekt. Dahinter steckte ein systemischer Ansatz der Bozener Agentur Helios. Deren Kommunikationsdesigner Günther Innereber sieht das Fahrrad als soziales System: „Es gibt die Umwelt drumherum, wie die Infrastruktur, damit das Ganze funktioniert. Um das System am Leben zu erhalten, braucht es einen Service, den Verkauf, den Gesundheitsbereich und einen Nutzen.“ (s. a. Interview)
Für ihre Kampagnen arbeitet die Agentur nach einem Wirkungsdreieck, das das System Fahrrad mit einem Wert auflädt, der zu neuen Wertorientierungen führen soll. An den Dreiecksspitzen stehen die drei Faktoren dafür: Wahrnehmung (Sichtbarkeit), Identifikation und Involvement. Damit es wahrgenommen wird, muss das System Sichtbarkeit und Präsenz erhalten. Gemeint sind damit die Infrastruktur oder gezielte Aktionen, welche die Vorteile des Fahrradfahrens herausstellen. Ein weiterer Faktor bei Kampagnen ist es, eine Identifikation in der Bevölkerung herzustellen. So spielte man für die „Radlhauptstadt München“ augenzwinkernd mit dem Selbstverständnis der bayerischen Metropole. Erhebt sie bereits an anderer Stelle vielfach den Nr.-1-Anspruch, wurde sie kurzerhand auch zur Fahrradhauptstadt erklärt. Als weiteres lokales Identifikationsangebot trägt sie das mundartliche „Radl“ im Namen.
Das dritte Element des Dreiecks ist die Partizipation oder das Involvement, wobei zwischen High und Low Involvement unterschieden wird. Innerebner erklärt: „High Involvement bedeutet, dass man mit Stakeholdern und Akteuren zusammenarbeitet, die sich mit dem Thema auseinandersetzen.“ Heruntergebrochen auf das Beispiel München: die Radlnacht, der Radlflohmarkt oder eine Radschnitzeljagd. Dabei wurden Vereine einbezogen, die direkt oder indirekt mit dem Fahrrad zu tun haben. Für die Kampagne sind sie die Multiplikatoren. Sie bringen das gewünschte soziale Umfeld mit, um dem System eine Reputation zu geben. Das Low Involvement spielt hingegen auf der emotionalen Ebene: Bürgerinnen und Bürger werden selbst zu Protagonisten, indem sie beispielsweise bei der Radlnacht mitfahren oder an einer Verlosung teilnehmen.
Kommunale Marken
Mit der Entwicklung einer Marke wird das System weiter aufgeladen. Sie repräsentiert das System und bricht es herunter auf ein Symbol oder einen Namen: Die Agentur Helios hat Marken in Baden-Württemberg unter dem Namen „RadKULTUR“, in Berlin unter „Fahrrad Berlin“ entwickelt.
Einen solchen Markenansatz verfolgt auch die Stadt Wien. Christian Rupp, Marketing-Experte der Mobilitätsagentur Wien erklärt: „Wir haben mit ‚Fahrrad Wien‘ und ‚Wien zu Fuß‘ zwei starke Marken entwickelt. Wobei die Begleitkampagnen immer in diese Marken einzahlen.“ Markenentwicklung und Kampagnen sind auf einen längeren Zeitraum angelegt. Denn Botschaften benötigen Zeit, um anzukommen. Rupp: „Unsere Kampagnen laufen seit zehn Jahren. Dann merken die Menschen, worum es geht.“
Die Kampagne zielt auf ein zeitgemäßes Image des Fahrrades als Teil der Alltagsmobilität. Markenkern von Radfahren in Wien ist die „Lebensfreude“. Für Impulse sorgte anfangs der Blick auf die Autowerbung mit ihrer typischen Emotionalisierung von Freiheit und Individualität. Die jüngste Imagekampagne, die im Frühling startete, läuft unter dem Titel: „Radliebe Wien“. Rupps Kollegin, PR-Expertin Kathrin Ivancsits, sagt: „Das kombiniert dieses ‚ihr liebt Wien und das Radfahren‘ – die Stadt ebenso und tut etwas dafür.“ Der Fokus liegt auf dem Radwegeausbau. „Mit Bildern zeigen wir, wie schön das Radfahren in Wien ist. Zugleich läuft die Kommunikation zu den einzelnen Maßnahmen: Welche Radinfrastruktur entsteht gerade? Und wir versuchen, Infos an den Baustellen anzubringen: ‚Hier bauen wir für dich einen Radweg!‘ Das ist eine Kommunikation zwischen Stadt und Bürger: Ihr wollt was, wir tun was.“
So wie Infrastruktur nicht ausreicht, den Modal-Split-Anteil Radfahrender zu erhöhen, macht umgekehrt die smarteste Verkehrskampagne ohne Radwege wenig Sinn. Ivancsits dazu: „Es reicht nicht, wenn ein Bürgermeister Fotos aufhängt, wo er Rad fährt und sagt: Cool. Fahrt‘s doch auch! – wenn es keine entsprechende Infrastruktur gibt. Die Kampagne sollte die Tätigkeit der Stadtverwaltung unterstützen und nicht ersetzen.“
Wie Friends zu Fans werden: Die Wiener Kampagne #warumfährstDUnicht zielte mit emotionalen Botschaften insbesondere auf junge Menschen, die bisher eher gelegentlich mit dem Fahrrad unterwegs sind.
Laien zu Friends und Friends zu Fans
Der Helios-Kommunikationsdesigner Innerebner, der auch in Wien an den Fahrradkampagnen beratend mitwirkte, arbeitet mit drei Zielgruppen: Fans, Friends und Laien. Damit widerspricht der Südtiroler auch der Auffassung, Alltagsradlerinnen, die sowieso schon vom Radfahren überzeugt seien, nicht anzusprechen. Das sei für ihn verschenktes Potenzial. Gerade „Hardcore-Alltagsradler“ spielen als Fans eine tragende Rolle als Multiplikatoren sowie zum Erreichen einer kritischen Masse. Etwa bei Events im Zuge der Kampagne. Unter den Friends versteht man hingegen die gelegentlichen Fahrerinnen, unter Laien die seltenen Radnutzer*innen. Ziel einer Kampagne ist es, die Friends zu Fans und die Laien zu Friends zu machen.
Zu Beginn der Wiener Kampagne sollten Menschen zum Umstieg ermutigt werden, die bereits eine Nähe zum Radfahren haben. Besonders hoch schätze man das Potenzial der 20- bis 40-Jährigen, Frauen und Personen mit guter Bildung und höherem Einkommen ein. Kathrin Ivancsits sagt: „Die #warumfährstDUnichtKampagne von 2018 zielte auf junge Menschen. Wir haben mit Testimonials gearbeitet: Eine Nachhaltigkeits-Influencerin, eine bekannte Schauspielerin, ein ehemaliger Fußballprofi. Leute, die in der Zielgruppe bekannt sind und aus ihrer Biografie heraus zum Thema stehen.“ Botschaften mit zu vielen Fakten sieht Ivancsits eher skeptisch: „Wir machen Radwege und die sind brutto vier Komma fünfundsiebzig Meter breit. Das wirkt schnell technokratisch. In der Kommunikation geht es darum, an Gefühle zu appellieren.“ Christian Rupp ergänzt: „Es ist wichtig, Menschen auf der emotionalen Ebene zu erreichen. Gleichzeitig muss man ihnen anbieten, das Ganze auszuprobieren. Auf Uni-Radwochen waren wir an den Universitätsstandorten. Dazu gab es eine Karte. Zugleich konnten sich Studierende Fahrräder leihen.“
Manchmal ergeben sich Momente, die Ivancsits „windows of opportunity“ nennt: Als eine Wiener U-Bahnlinie für Renovierungsarbeiten gesperrt war, wurden entlang dieser Strecke Fahrradleihstationen aufgestellt: „So konnten die Leute die Strecke einmal ausprobieren.“ Auch Dankbarkeit funktioniert. Etwa in Pandemie-Zeiten, als das Fahrrad die Alternative zum Auto und den Wiener Öffis bot: „Wir haben uns an Punkten hingestellt, Radfahrkarten verteilt – und Kipferl. Um die Radfahrenden in dem zu bestätigen, was sie tun: Du tust was Gutes, das ist super, mach weiter so!“
Verwaltung ins Boot holen
Veränderungsprozesse, die nicht intern mitgetragen werden, sind schwer nach außen zu kommunizieren. Deshalb muss eine Fahrradkampagne auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Verwaltungen abholen. Innerebner: „Sie müssen das Gefühl haben, zumindest gefragt worden zu sein. Besser sind interne Beteiligungsprozesse, etwa in Workshops. Sonst kann es zum Beispiel passieren, dass ich Genehmigungen nicht rechtzeitig erhalte.“ So können beteiligte Stakeholder und die Verwaltung im Vorfeld kleinere Gremien gründen. Für die Dachmarke „Fahrrad Berlin“ war die Agentur Helios nicht nur auf der Straße unterwegs, um Bürgerinnen und Bürger zu befragen. „Wir haben auch zwei Workshops gemacht, wo wir den Senat, Stadtteilvertreter und die Polizei zusammengebracht haben. Dabei ging es um Fragen wie: Was heißt Radfahren in der Stadt? Was möchte man ausstrahlen? Die haben gesagt: Ich hatte nie Kontakt mit der Person oder der Abteilung. Endlich haben wir mal miteinander geredet.“
In Großbritannien haben die Fahrradindustrie und Radfahrerverbände zusammengelegt, um die landesweite Kampagne #bikeisbest ins Rollen zu bringen.
Positiv kommunizieren
Um die Verkehrsmittelwahl zu ändern, rät die Wiener Kommunikationsexpertin Ivancsits vom erhobenen Zeigefinger ab: „Wenn man Menschen damit kommt: ‚Du tust jetzt etwas fürs Klima!‘, bringt sie das nicht zum Radfahren. Fragt man nach ihren Motiven, sagen sie: Es macht mir Spaß, ich empfinde Freude, es würde mir etwas fehlen, wenn ich nicht Rad fahre. Was funktioniert, ist ein positiver gesellschaftlicher Druck. Auch Erwachsene orientieren sich stark an ihrer Peergroup, möchten dazugehören.“
Dabei raten die befragten Experten, stets positiv zu kommunizieren. Ein „Dirty Campaigning“ oder „Shaming“ hält auch Christian Rupp für ein No-Go: „Etwa sagen: ‚Du fährst jeden Tag mit deinem Auto ins Büro – das ist schlecht!‘ So etwas würde ich nicht machen.“ Zu stark auf das Sicherheitsthema zu setzen, kann ebenfalls kontraproduktiv sein. Am besten sollte es getrennt von einer Imagekampagne stattfinden, etwa positiv formuliert als Fahrradcheck auf einem Event. Ähnliches gilt für die Verkehrserziehung. Innerebner sagt: „Wir halten nicht viel davon, wenn die Polizei in die Schulen geht und Kindern sagt: Ihr müsst einen Helm tragen und Schutzkleidung anhaben. Autos sind gefährlich! Dann bist du als Kind verschreckt und das Schöne beim Fahrradfahren wird kaputtgemacht. Es hat seine Berechtigung, dass Regeln eingehalten werden. Aber es geht um das Wie: Es kann etwas mehr Spielerisches haben, die Verkehrszeichen zu kennen. Und zu wissen, dass ein respektvolles Miteinander wichtiger ist als jede andere Regel.“
Systemischer Umgang mit negativem Feedback
Folgt man dem systemischen Ansatz, muss eine negative Berichterstattung in der Presse nicht ungünstig für die Kampagne sein. Neben erfolgreich gewonnener (und dabei kostenloser) Aufmerksamkeit bringt das negative Feedback einen Input für Anpassungen. Als für die Radlhauptstadt München das Thema Rücksicht aufgegriffen wurde, lief ein Clown mit einem Rückspiegel in der Hand rückwärts durch die Stadt. Innerebner erinnert sich: „Die Presse hat eine Art Shitstorm ausgelöst: Die Stadt gibt 20.000 Euro für einen Radl-Kasper aus! Erst waren wir geschockt. Dann haben wir nachgedacht: Was ist systemisch passiert? Die Presse hat uns die Arbeit abgenommen. Und das Thema Radsicherheit auf die Titelseite gebracht.“
Sind es die Radfahrenden selbst, die nörgelnd gegen eine Kampagne arbeiten, etwa weil es noch an Radwegen mangelt, schlägt Innerebner ein Angebot vor, um diesen Frust herauszulassen: „Sonst können sie einen Event kaputtmachen.“ Das kann eine Wunschwand sein, die sie beschreiben können. Oder eine Adresse, wo sie ihre Klage melden. „Schreiben Sie doch dem Stadtrat XY! Ist es wirklich wichtig, dann schreiben sie. Der ist dann politisch verantwortlich und sollte auch reagieren.“
Wirtschaft animiert zum Radeln
Hierzulande noch die seltene Ausnahme, aber ein Blick über den Ärmelkanal zeigt, dass gute Radverkehrskampagnen nicht zwingend von staatlicher oder kommunaler Verkehrspolitik ausgehen müssen. Als in England während der Pandemie mehr Leute auf das Fahrrad umstiegen, sah Adam Tranter von der Agentur Fusion Media die Chance für bikeisbest – als Kampagne der britischen Fahrradindustrie. Sie setzt landesweit auf Plakat- und TV-Werbung. Ein typischer Kampagnen-Clip zeigt einen Protagonisten, der zur „Normalität“ zurückkehrt. Er trifft auf überfüllte Züge und endlose Staus. Der Groschen fällt, als der Protagonist aufs Fahrrad umsteigt. Das Außenwerbungsunternehmen Clear Channel sponsert die Werbung mit einer halben Million Pfund. Zwischen 2500 und 15.000 Pfund zahlen zudem Fahrradfirmen jährlich in die Kampagne ein. Dazu gehören unter anderem Brompton, Cannondale, Giant und Specialized. Weitere Unterstützung kommt von British Cycling oder der London Cycling Campaign.
Adam Tranter sagt: „Wir machen eine Mainstream-Kampagne, die auf alle Menschen zielt, die noch nicht Rad fahren. Besonders im Fokus stehen Frauen sowie die interessierten, aber besorgten Radfahrer. Unser Job ist es, das Denken der Leute zu verändern. Dazu gehören aber auch die Politiker.“
Bislang läuft die Kampagne noch ohne direkte Unterstützung von Regierungsseite. Hoffnungen setzt Tranter in das gerade entstehende „Active Travel England“, das vom ehemaligen Radsportprofi Chris Boardman geleitet wird und staatlicherseits mit einem Budget von 5,5 Millionen Pfund ausgestattet ist.
„Der Hebel, den wir nutzen, ist die soziale Norm“
Wo Radfahren nicht der sozialen Norm entspricht, sind die Hindernisse für einen Mobilitätswandel mit dem Fahrrad zu groß. Für den Kommunikationsdesigner Günther Innerebner liegt darin der Schlüssel für erfolgreiche Fahrrad-Kampagnen.
Was heißt systemisches Denken bei Radverkehrskampagnen?
Wir versuchen das Ganze nicht als einzelne Bereiche, sondern als System zu sehen. Das System Fahrrad ist ein soziales System. Es gibt die Umwelt drumherum, wie die Infrastruktur, damit das Ganze funktioniert. Um das System am Leben zu erhalten, braucht es einen Service, den Verkauf, den Gesundheitsbereich und einen Nutzen. Der Systemtheoretiker Niklas Luhmann spricht von Beziehungen. Das geht beim Fahrrad auch: Sie stehen immer in einer gewissen Beziehung, die mehr oder weniger stark sein kann. Diese Beziehung kann man unterstützen.
Wie lässt sich die Verkehrsmittelwahl beeinflussen?
Der Hebel, den wir nutzen, ist die soziale Norm. Die muss man ansprechen, damit ich überhaupt etwas mache. Sonst ist das Hindernis zu groß. Die Kultur hält ein soziales System stark zusammen, weil es gewisse Regeln gibt. Nicht nur Gesetze, auch soziale Normen. Etwa dass man in Kopenhagen mit dem Fahrrad fährt. Und wer als Student nach München kommt und nicht radelt, fällt aus der sozialen Norm. Das motiviert, der Norm zu entsprechen.
Welche Zielgruppen sollten angesprochen werden?
Wir haben ein einfaches Zielgruppen-System aufgestellt. Es gibt die Fans, die Bike-Lover, die sehr viel Fahrrad fahren. Und es gibt die Friends, die vielleicht ein bis zwei Mal die Woche Rad fahren. Schließlich gibt es die Laien, die selten fahren. Unser Ziel ist es, dass wir die Laien zu Freunden machen und die Freunde zu Fans.
Dazu brauchen wir auch die Alltagsradfahrer als Multiplikatoren, um eine kritische Masse herzustellen. Es ist wichtig, dass wertgeschätzt wird, was sie tun. Und damit bei Veranstaltungen genügend Personen zusammenkommen, die wieder mehr Menschen mitreißen. Vor allem am Anfang. Damit das System überhaupt eine Größe und Ausstrahlung bekommt. Alles, was einzahlt, um den Wert dieses System zu erhöhen, ist gut. Das können einfache Aktionen sein, die nur 200 Teilnehmer haben. Wenn ich dann über einen Radiosender eine Multiplikation von 6000 Menschen bekomme, erhält das eine andere Größenordnung. So kann ich etwas verändern in meinem sozialen Gefüge.
Inwieweit lassen sich regionale Traditionen für Kampagnen nutzen?
In Lana in Südtirol zum Beispiel gibt es seit Jahren im Februar ein Radlfasching. Die Teilnehmenden radeln in ihren Faschingskostümen. Da geht man einfach hin. Wer das mitbekommt, weil die Straßen gesperrt sind, sagt sich: Wenn die mit dem Fahrrad kommen, kann ich auch gleich mit dem Rad hinfahren. Im Frühjahr folgt eine Radschnitzeljagd. Man legt also etwas Einfaches nach, was man jedes Jahr wiederholen kann. Ein Vorteil davon ist, dass der Kostenaufwand gering ist, weil das Vereine machen. Dafür muss man mit ihnen zusammenarbeiten. Zum Beispiel mit der örtlichen Feuerwehr. Ebenso wichtig ist der Transfer der Reputation. Hast du die Feuerwehr dabei, hast du in einem Dorf schon gewonnen.
Wie sprechen Sie das Thema Sicherheit an?
In der Kommunikation stellen wir immer das Positive in den Vordergrund. Selbst wenn es Probleme gibt. Wenn wir eine Kampagne machen, um das Radfahren zu fördern, werden wir nicht gleichzeitig versuchen, das Thema Sicherheit zu transportieren. Wollen wir das ansprechen, trennen wir es von Themen des Images. Beispiel: Können Lastenräder auf einer Veranstaltung ausprobiert werden, haben wir daneben einen Sicherheitscheck. Aber der wird nicht im Vordergrund stehen. Und wir sprechen von einem Rad-Check und nicht: Du wirst sterben, wenn du kein sicheres Rad hast! Das besitzt eine Dankeschön-Wirkung und wird als Service für Bürgerinnen und Bürger wahrgenommen.
Bilder: Clear Channel, Simone Naumann, Andreas Schebesta, Stadt Wien, Clear Channel – Bruce Allinson,Martin Rattini