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Wo steht das Rad in Sachen Klimaschutz? „Das neue Re-Cycle“

Kaum jemand bestreitet, dass Radfahren die umweltverträglichste Mobilitätsform neben Gehen ist. Aber wie sieht es mit Rad und E-Bike selbst aus? CO2-Fußabdruck, Recycling-Praxis seiner Teile, Probleme, die ein Akku für die Umwelt mit sich bringt? Wir haben einen breiten Blick darauf geworfen, wie die Schadstoff- und Umweltbilanz des Verkehrsmittels aussieht – und wie die Industrie sie verbessern will.

(erschienen in VELOPLAN, Nr. 03/2024, September 2024)


Gleich vorweg: Der CO2-„Reifen-abdruck“ des Fahrradfahrens ist so gut wie bei keinem anderen Verkehrsmittel – je nach Berechnung arbeitet man mit etwa 30 Gramm CO2 je Fahrradkilometer. Beim Auto sind es etwa um 100 Gramm pro Kilometer mehr. Vielleicht die wichtigste Umwelt-Bilanz der Verkehrsmittel, aber bei Weitem nicht die einzige. Denn je nach Rahmenmaterial, Qualität und auch infolge der Lebensdauer kommen Energieaufwand bei der Produktion, Montage und Wartung sowie dieselbe Berechnung für die Ersatzteile hinzu. Und im Betrieb stoßen wir nicht nur beim E-Bike mit seinem (wenn auch geringen) Stromverbrauch auf weitere Stolpersteine: Da wäre zum Beispiel der Reifen- und Bremsenabrieb im Verkehr. Reifen – sowohl die am Auto als auch am Fahrrad – sind laut Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die größte Einzelquelle für Kunststoffabrieb. Feinstaub. Über 100.000 Tonnen im Jahr sollen es laut BUND vom Auto sein. Einen kleinen, aber durchaus relevanten Teil steuern die Fahrradreifen bei – ein Problem, das auch dem Fahrrad wohl in Zukunft kaum zu nehmen ist.

Mit dem Metabolon-Institut entwickelte Reifenhersteller Bohle (Schwalbe Reifen) den Recycling-Reifen. Er spart 80 Prozent CO2.

Vom Löwenzahn zum Reifen

Schauen wir da lieber auf die Möglichkeiten, das Fahrrad umweltfreundlicher zu gestalten. Nachwachsende Rohstoffe – hier kann man beim Reifen bleiben: Continental baut seit einigen Jahren den Taraxagum-Reifen, einen Reifen aus Löwenzahn-Kautschuk. Sein Basismaterial wird nicht aus den Tropenwäldern importiert, was lange Lieferwege impliziert. Der spezielle Löwenzahn wächst zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern. Leider ist die Auswahl an Reifen dieser Produktion heute noch äußerst begrenzt.
Reifen sind die Problemkinder der Fahrradindustrie, was den Umweltschutz angeht. Auch der deutsche Marktführer Schwalbe hat das erkannt. Er baut seit Kurzem seinen Topseller in der „Green“-Version. Der Green Marathon ist laut Hersteller der erste Reifen mit geschlossenem Produktkreislauf: Er wird aus fair angebautem Kautschuk gewonnen (zertifiziertes Anbau- und Erntemanagement) und besteht zu 80 Prozent aus recycelten und erneuerbaren Rohstoffen. So erhält man laut Hersteller Bohle einen um 41 Prozent verringerten CO2-Fußabdruck. 70 Prozent der Pneus des Unternehmens werden heute aus recyceltem Ruß hergestellt. Er kann fossil hergestellten Industrieruß vollwertig ersetzen. Der Ruß kommt dabei von einem Recycling-Unternehmen im Saarland. Im August 2024 konnte Schwalbe bereits den einmillionsten recycelten Reifen feiern. Der Leiter des CSR von Schwalbe, Felix Jahn, erklärt, dass es „keine Kompromisse in Sachen Qualität und Performance der Reifen“ gebe. „Das ist oberste Prämisse beim Einsatz von recycelten Materialien.“ Schläuche werden übrigens bei Schwalbe schon lange recycelt, zu einem sehr hohen Prozentsatz fließen alte, defekte Schläuche wieder in die Produktion ein. Auch andere Hersteller nehmen Kurs auf Recycling-Reifen – oder zumindest Nachhaltigkeit in den Fokus. Beim Autoreifen ist Recycling übrigens lange schon selbstverständlich, wird aber unterschiedlich praktiziert. Sie werden zur Energiegewinnung verbrannt, eine Reifenbasis, von der die Lauffläche genommen wird, wird runderneuert, oder die einzelnen Inhaltsstoffe werden getrennt und zu anderen Produkten verarbeitet.

In der Modellpalette bisher begrenzt, aber vorhanden: Continental-Reifen aus „Löwenzahn-Kautschuk“.

Ich war keine Dose

Aber denken wir weiter, der Reifen ist nur eine Komponente unter vielen am Fahrrad. Wie sieht es mit dem Fahrradrahmen selbst aus?
Seit dem Ende des letzten Jahrhunderts hat sich die Fahrradproduktion auf Aluminium-Rahmen konzentriert. Dieses Material braucht viel Energie zur Herstellung, lässt sich aber relativ leicht recyceln. Es kann gut und, im Gegensatz zu Stahl, auf einem hohen Qualitätsniveau wiederverwendet werden. Entsprechend gibt es immer wieder Projekte – das „Ich war eine Dose!“ ist vielen sicher noch im Gedächtnis –, in denen tatsächlich mit Alu-Schrott hochwertige Aluminium-Produkte wie Fahrradrahmen hergestellt werden. Und natürlich umgekehrt. Zu einem flächenübergreifenden Phänomen ist das bislang nicht geworden. Das liegt weniger an den technischen Möglichkeiten als an dem Fehlen von Unternehmen, die solche Ansätze aufgreifen und eine entsprechende Infrastruktur aufbauen würden.
Die gibt es auch nicht beim Stahlrahmen, aber aus anderen Gründen: Hier wird fast ausschließlich mit Legierungen gearbeitet. Effekt: Das Recycling-Ergebnis ist von deutlich minderer Qualität als der Ausgangsstahl, da diese Legierungen kaum aufzutrennen sind. Der entstehende Stahl ist als einfacher Baustahl verwertbar, Fahrräder oder Fahrzeuge kann man damit nicht produzieren. Stahl ist allerdings nicht besonders recycling-relevant, da heute nur noch einige wenige Liebhaber auf diesen Stoff, meist aus Handarbeit, schwören. Entsprechend hochpreisig sind diese Räder, und werden auch entsprechend gepflegt und lange gefahren. Also: Nachhaltigkeit ist inte-griert, was letztendlich dem Klima nützt.

Von Sportlerinnen geliebt – von der Umwelt nicht Im Trend für den Fahrradrahmen des Sportrads lag die letzten Jahre aber der Verbundstoff Kohlefaser – Carbon. Mit ihm ist es möglich, sehr verwindungssteife und dabei leichte Rahmen herzustellen. Das Wort Verbundstoff sagt es schon: Hier gehen Fasern und der verbindende Stoff, meist Epoxidharz, eine Synthese ein. Die lässt sich zwar durch ein aufwendiges Verfahren auch wieder lösen, allerdings sind die resultierenden Fasern dann nur wenige Millimeter lang. Bedeutet: Der eigentliche Vorteil von Faserverbundstoffen, die hohe Stabilität und Flexibilität bei geringem Gewicht, geht dabei weitgehend verloren. Es wird also downgegradet: Es können relativ stabile, Kunststoffteile aus dem gewonnenen Material hergestellt werden, die – analog zu Baumaterial bei Stahl – deutlich weniger Elastizität bieten können. Ein Cradle to Cradle-Verfahren – also mit Recycling-Materialien auf demselben Niveau wie das Ursprungsmaterial – kann ein solches Produkt also nicht bieten, außerdem wird das abgespaltene Epoxidharz zur Energiegewinnung für den Prozess verwendet, was nicht ganz schadstofffrei ablaufen kann. Allerdings haben sich in den letzten Jahren Unternehmen der Reparatur von Carbon-Rahmen verschrieben. Meist untersuchen sie die Rahmen per Ul-traschall nach Beschädigungen und laminieren gebrochene Stellen neu, schaffen also eine zusätzliche gewickelte Materialhülle an der jeweiligen Schadensstelle. Diese Unternehmen geben meist eine Garantie auf ihre Reparatur. Die Sportlerinnen kaufen also keinen neuen Rahmen beziehungsweise kein neues Fahrrad und belasten die Umwelt dadurch nicht zusätzlich.

„Das Thema zirkuläres Fahrrad gehört in den Fachhandel – und jemand muss das bewerkstelligen.“

Nikolai Mosch, Moschbikes

Eigenes Schaltwerk-Label: Der Recycler Mosch recycelt auch Komponenten am Fahrrad, vom Bremshebel bis zum Schaltwerk.

Auch Plastik kann nachhaltig sein

Umweltfreundlich heißt also nicht allein recyclebar. Zunächst geht es um die Herstellung und den CO2-Äquivalenzwert in der Lebensdauer. Unter anderem die TU Berlin hat errechnet, dass ein Alu-E-Bike um die 200 Kilogramm CO2 verschlingt – in puncto Herstellung und Betriebsleben. Andere Forschungsorganisationen kamen zum in etwa gleichen Wert. Nur am Rande: Das Auto verschlingt rund 10 Tonnen CO2 alleine in der Herstellung.
Aber es gibt viele Möglichkeiten, mehr Nachhaltigkeit aus Produkten zu holen. Eine davon ist, sie gleich aus bereits recycelten Materialien herzustellen. Seit Jahren beharrlich arbeitet der Kunststoffhersteller Igus an einem Fahrrad, das fast ausschließlich aus recycelten Fischernetzen hergestellt wird.
Mittlerweile gibt es die erste Serie. Vor allem Werksflotten hat Igus zunächst damit im Blick, erklärt Sven Ternhardt, Head of Sales and Marketing. „2025 wollen wir bereits 5000 Stück des Rcyl verkaufen“, sagt er. Und es geht sukzessive weiter: „Erfahrungen, die wir mit den ersten Serien gemacht haben, fließen in die weiteren Entwicklungen.“ Für den E-Bike-Hersteller Advanced entwickelt und produziert man außerdem den ersten recycelbaren Kunststoff-Rahmen mit Carbonfasern im Spritzgussverfahren.

Die Bio-Abteilung der Fahrradbranche

Der kleine Trend hin zum Recycling-Produkt Fahrrad ist unübersehbar. Im Kleinen machte das bereits Nikolai Mosch mit dem Unternehmen Moschbikes vor: Er baut Fahrräder aus alten Fahrradrahmen und Komponenten. 2017 fing er an, Fahrräder zu zerlegen und auf vielen Ebenen nachzuforschen: „Wie technisch perfekt kann ein Recycling-Fahrrad werden, wie spielt der Lack mit, was gibt der Markt her, welche Rolle spielt heute schon die Circular Economy?“ Seine Umtriebigkeit und erste Erfolge brachten ihm mehrere Preise ein. Das zirkuläre Fahrrad ist nicht nur der Bauchladen von Herrn Mosch. Er sagt: „Das Thema zirkuläres Fahrrad gehört in den Fachhandel – und jemand muss das bewerkstelligen!“ So will er den Fahrradhändler*innen einen „Bio-Fahrradladen“ im Franchise-System anbieten. Die Partnerschaft kann auf vielen Ebenen erfolgen. Ein möglicher kleiner Einstieg: Die Händler liefern nur defekte Fahrradschläuche, die von Moschbikes repariert und dann im ursprünglichen Laden wieder verkauft werden.
Der Bio-Fahrradladen soll sich dann mit Moschbikes und anderen Eigenmarken vom normalen Handel abheben. So hat Mosch zum Beispiel auch ein eigenes Lenkerband entwickelt, das ohne schädlichen Klebstoff auskommt. Er baut auch Komponenten um. So erhalten beispielsweise Naben Schmiernippel, um sie wartungsfreundlicher und damit langlebiger zu machen.

Schrottfahrräder sind eine Herausforderung im Stadtbild und für die Umwelt. Doch immer mehr private und karitative Institutionen arbeiten am Abbau und Recycling der Räder.

Schrott, der kostet und Platz verbraucht

Damit gehen Mosch und andere auch ein weiteres wachsendes Problem in unseren Städten an: Schrottfahrräder. In deutschen Städten türmen sich Fahrräder, die nicht mehr genutzt und stehen gelassen werden. Laut aktuellen Darstellungen sind das laut Süddeutscher Zeitung beispielsweise in Hamburg pro Jahr 5000 bis 6000 Stück neu hinzugekommene, in Köln (Angaben der Stadt) und München ebenso, und selbst die deutlich kleinere „Fahrradstadt Münster“ kommt auf diese Zahl. Auch wenn sich die Beträge bei den kleineren Städten vermindern, ein Platz-, Umwelt und nicht zuletzt ein städtebauliches Problem sind die Schrotträder auch dort. Mosch und andere Unternehmen, aber auch gemeinnützige Organisationen setzen hier an und sich mit den Städten zusammen, um aus Schrottfahrrädern nutzbare Räder aufzubereiten.
Der Verein Goldnetz in Berlin etwa sammelt vom dortigen Ordnungsamt gekennzeichnete Räder ein und baut – im Projekt Good Bikes – mit verwertbaren Komponenten wieder Bikes daraus. Diese werden dann an gemeinnützige Initiativen und Vereine abgegeben. An der Aufbereitung arbeiten vor allem Langzeitarbeitslose, sodass das Projekt in vielerlei Hinsicht hilft, Probleme zu beseitigen. Immerhin kosten Schrottfahrräder laut einer Berechnung der Verbraucherseite Chip.de den Verbraucher um die 20 Millionen Euro im Jahr. Glücklicherweise gibt es dieses Problem bislang nicht mit E-Bikes: Sie sind wohl für die meisten Nutzer*innen zu wertvoll, um aufgegeben zu werden.

Auch E-Bikes werden mittlerweile refurbished, also von Grund auf überarbeitet. Hier beim Unternehmen Rebike.

Auch bei E-Bikes: nachhaltiger als neu

Seit etwa fünf Jahren steigt die Zahl der Onlineshops für gebrauchte Räder. Buycycle und Rebike sind zwei der größten Player auf dem Markt, der sich nach dem Motto erweitert: Nachhaltigkeit fängt bei der Lebensdauer eines Produkts an. Rebike war einer der ersten Marktteilnehmer, die sich an E-Bikes wagten. Sogenannte Refurbished E-Bikes, die von Grund auf überholt wurden, werden mittlerweile gut angenommen, auch wenn die Verkaufszahlen derzeit noch verschwindend gering sind, verglichen mit den Zahlen von neuen Rädern. Beide Unternehmen sind professionell arbeitende Onlineshops mit Strukturen für den Kauf, wie man sie von klassischen Stores kennt.

E-Bike-Special: Akkurecycling

Auch der Lebenszeitraum von Refurbished E-Bikes geht irgendwann jedoch zu Ende. Wenn dieser Zeitpunkt kommt, ist der Umgang mit den ausgedienten Batterien noch ausbaufähig. Grundsätzlich müssen E-Bike-Battieren seit 2009 nach Ende der Nutzungszeit dem Recycling zugeführt werden. Die Kosten dafür trägt der Hersteller oder Importeur, das ist im Batteriegesetz geregelt. Gesammelt werden die alten Stromspeicher meist von den Händlern. Die Stiftung Gemeinsames Rücknahmesystem Batterien (GRS) und der Zweirad-Industrieverband haben damals eine Branchenlösung ausgearbeitet. Der Handel ist verpflichtet, die Akkus kostenfrei zurückzunehmen. Die GRS kümmert sich darum, die Akkus abzuholen und sie zur Verwertung weiterzutransportieren. Bislang steht die Zahl der zurückgegebenen Akkus allerdings in keinem erhellenden Verhältnis zu den verkauften E-Bikes, was unter anderem daran liegt, dass die GSR eine Batterie-Lebenszeit von im Schnitt acht Jahren erwartet und vor 2016 die Verkaufszahlen von E-Bikes noch weit von den Rekorden der Zwanzigerjahre entfernt lagen. Außerdem dürften viele schwächelnde E-Bikes und deren Akkus zunächst ein Kellerdasein führen, bevor sich Besitzer oder Besitzerin entschließt, den Akku zu erneuern oder das Rad wie auch immer abzugeben. Derzeit sind 155 Hersteller mit der GRS verpartnert.

„Ungenutzte E-Bikes oder gar defekte Akkus bleiben oft jahrelang im Keller liegen. Sie sind ein nicht genutzter Rohstoff für das Recycling und den Einsatz in neuen Batterien.“

Tim Salatzki, Leiter Technik und Normung beim ZIV

Aufbau eines klassischen E-Bike-Akkus. Ein Problem: Zellen altern nicht unbedingt gleichmäßig, ein zuverlässiges Ausleseverfahren fehlt aber noch.

Zellen ersetzen bei Akkus?

„Natürlich gibt es auch gesetzliche Berichts- und Nachweispflichten, die die GRS für die Hersteller übernimmt“, so der Leiter Technik und Normung beim ZIV, Tim Salatzki. Allerdings gibt es für E-Bike-Batterien derzeit keine Mindestrate, wie viele Akkus recycelt werden müssen. „Zukünftig gehören E-Bike-Batterien zur neu geschaffenen Kategorie „Light Means of Transport“-(LMT)-Batterie, für die genaue Sammelziele gelten. Die größte Herausforderung bei diesem System ist die Praxis der Endverbraucher und -verbraucherinnen“, so Salatzki. „Ungenutzte E-Bikes oder gar defekte Akkus bleiben oft jahrelang im Keller liegen. Sie sind ein nicht genutzter Rohstoff für das Recycling und den Einsatz in neuen Batterien.“
Die Alternative für einen Aufschub der Verwertung: Akkus reparieren. Doch das klingt noch nach Zukunftsmusik. Einen Grund nennt E-Bike-Experte Hannes Neupert, Gründer des Vereins Extraenergy, und Mobilitätsberater. Er bedauert, dass es keine sicheren Auslesemethoden über die Qualität von Alt-Akkus gebe. Bedeutet: Batterien, die ja ohnehin als Gefahrengut gelten, können bislang nicht ausreichend seriös und sicher wiederaufbereitet werden. Neupert beklagt hier das mangelnde Interesse der Hersteller an langer Lebensdauer der Akkus und einem florierenden Secondhand-Markt.

Umweltbewusstsein als Radfahr-Argument

Grundsätzlich lässt sich Radfahren schnell mit Umweltbewusstsein in Verbindung bringen. Aber ist dieses Ziel auch eine wesentliche Motivation für die Radfahrenden?
2010 belegte Eva Heinen, heute Professorin an der ETH Zürich und stellvertretende Leiterin des Instituts für Verkehrsplanung und Transportsysteme zusammen mit anderen Forscherinnen, dass der Umweltgedanke durchaus einer der Motivatoren fürs Radfahren ist. Allerdings zähle der positive Effekt des Radfahrens auf die Umwelt nicht zu den wichtigsten Entscheidungsfaktoren fürs Rad. Zunächst werden meist die Unkompliziertheit des Radfahrens angeführt (etwa bei der Parkplatzsuche), der Spaß am Fahren und die Bewegung. Das Ergebnis fällt anders aus, fragt man nach Gründen von Nicht-Radfahrerinnen, die denken, dass sie besser aufs Zweirad umsteigen sollten. Hier steht der Umweltgedanke oft an erster Stelle. Häufig genug bleibt die entsprechende Verhaltensänderung aber aus. Einleuchtend wird das vielleicht, sieht man auf das oft zentrale Argument der Radfahrenden: die Freude am Radfahren. Dieses scheinbar intrinsische Feature des Rads ist offensichtlich ein effizienterer Motivator als alles andere.


Bilder: stock.adobe.com – Groom, marc@stantien.de, Niels Flemm, Moschbikes, stock.adobe.com – anjokan, Skyshot GmbH – Markus Greber, Georg Bleicher