Zwischen Umsatzrückgängen und ungehobenem Potenzial: Wie geht es weiter mit dem Dienstrad-Leasing?
Das Dienstrad-Leasing hat es schon vielen Menschen in Deutschland ermöglicht, die erstklassige Mobilität hochqualitativer Fahrräder zu nutzen. Zum ersten Mal in seiner noch jungen Geschichte musste der Leasing-Markt für Diensträder zuletzt jedoch einen Umsatzrückgang verkraften. Das schmerzt und führt zu einigen Turbulenzen für die Leasing-Provider. Potenzial gibt es noch reichlich. Doch wo liegt es?
(erschienen in VELOPLAN, Nr. 03/2025, September 2025)
Seit das Leasing für Fahrräder eingeführt wurde, hat ein außerordentliches Erfolgsmodell in die Fahrradwelt Einzug gehalten. Sogenannte Diensträder leasen zu können, ermöglicht allen Beteiligten, was sie schon immer haben wollten: entweder einen Zugang zu besseren Fahrzeugen (aus Kundensicht) oder zu besseren Umsätzen (alle anderen).
Doch aktuell erlebt die Leasing-Welt ihre erste große Herausforderung. Das gewohnte Wachstum der vergangenen Jahre ist nicht mehr vorhanden. Wenig überraschend funktioniert auch das Leasing-Geschäft nicht völlig unabhängig von der allgemeinen Fahrradkonjunktur.
Der Unterschied zu dieser besteht darin, dass im Leasing ganz andere Ansätze bestehen, das Geschäft und damit nicht zuletzt auch die Fahrradnutzung anzukurbeln, als es für die klassische Fahrradwirtschaft der Fall ist. Eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens Deloitte und des Branchenverbands Zukunft Fahrrad gibt viele Einblicke, wo das Leasing gerade steht. Daraus lässt sich auch ableiten, was als Nächstes wohl geschehen wird, muss, soll.
78 Prozent
des gesamten Leasing-Marktes machen schon jetzt
Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten aus.
Chance 1: Die KMUs
Die große, noch brachliegende Chance für das Fahrrad-Leasing ist die Gewinnung von Neukunden. Über die vergangenen zehn Jahre hat man sich von oben nach unten vorgearbeitet. Angefangen wurde mit den größten Firmen und Konzernen, die man als Erste besonders für ein Leasing-Angebot begeistern wollte. Die Logik ist einleuchtend. Mit einem Arbeitgebervertrag erreicht man auf einen Schlag viele Tausend Arbeitnehmerinnen. Doch inzwischen gilt der Markt der Großunternehmen als weitgehend abgegrast. Wer im Dax gelistet ist, hat inzwischen ein Dienstrad-Leasing für die Angestellten im Angebot. Wenn heute noch große Ausschreibungen vergeben werden, dann stammen sie in der Regel von der öffentlichen Hand, die sich lange gesträubt hat, den Beschäftigten eine Fahrrad-Leasing-Option in die Hand zu geben. Auch das gibt die Studie von Deloitte und Zukunft Fahrrad an: Gerade einmal fünf Prozent der aktuellen Kundinnen im Fahrrad-Leasing arbeiten im öffentlichen Dienst beziehungsweise bei staatlichen Organisationen. Doch auch hier schließen sich die Lücken derzeit.
Keineswegs gilt aber für die kleineren und mittelständischen Unternehmen, dass sie bereits vollständig in der Dienstrad-Leasing-Welt angekommen wären. Hier gibt es erhebliche Lücken in der Verbreitung.
Dabei ist dieser Bereich besonders wichtig. Schon jetzt machen Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten 78 Prozent des gesamten Leasing-Marktes aus – ein Wachstum um 3 Prozent binnen eines Jahres. Doch in Deutschland sind 97 Prozent der Betriebe Klein- und Kleinstunternehmen. Eine der zentralen Einsichten der Studie ist, dass sie damit immer noch deutlich unterrepräsentiert sind.
Chance 2: Das Folgeleasing
Was geschieht eigentlich, wenn ein abgeschlossener Leasing-Vertrag nach drei Jahren Laufzeit endet? In aller Regel bekommen die Leasing-Nehmer*innen ein Übernahmeangebot für das Fahrzeug. Für einen Betrag, der heute meist zwischen 17 und 30 Prozent des Neupreises liegt, können sie das Fahrrad oder E-Bike abkaufen. Diese Möglichkeit wird derzeit von der überwältigenden Mehrheit genutzt. Bei über 90 Prozent liege die Übernahmequote meistens, heißt es von Leasing-Seite. Aber eben nicht von allen: Je nach Anbieter geben bis zu 10 Prozent ihr einst geleastes Bike wieder zurück. Dazu kommen jene, die während der Leasing-Laufzeit ihren Arbeitsplatz wechseln. Auch diese Räder kommen wieder zu den Leasing-Gesellschaften zurück.
Selbst wenn ein Bike am Ende des Leasings übernommen wird, heißt das nicht, dass diejenige Person nie wieder ein Fahrrad leasen wird. Eher im Gegenteil könnte die Erfahrung als besonders positiv wahrgenommen worden sein. Denn im Leasing profitieren die Radfahrenden ja von umfangreichen Service-Leistungen wie Versicherung und Werkstattoptionen. Auch könnte es sein, dass das Rad innerhalb der Familie oder im Freundeskreis weitergegeben oder gar mit Gewinn weiterverkauft wird. Es ist also sehr sinnvoll, allen wieder ein neues Leasing-Angebot zu unterbreiten. Auch denen, die ihr Rad übernehmen.
Im Moment gilt als offenes Geheimnis in der Fahrradbranche, dass trotzdem nur rund 10 bis 15 Prozent ein Folge-Leasing abschließen, also nahtlos einen neuen Leasing-Vertrag eingehen. Das ist ein krasser Gegensatz zur Automobilwelt, wo praktisch alle, die können, immer wieder neu leasen.
Die Hoffnung der Leasing-Gesellschaften und im Grunde auch der restlichen Fahrradwirtschaft lautet, dass sich dieser Anteil noch deutlich steigern ließe. Auf Automobilwerte wird man wohl nie kommen, doch selbst wenn man von 10 auf 20 Prozent Folge-Leasing käme, würde das pro Jahr eine hohe fünfstellige Zahl an hochwertigen Fahrrädern und E-Bikes bedeuten, die zusätzlich auf den Markt und schließlich auf die Straßen kämen.
Chance 3: Die Mitarbeitenden-Aktivierung
Ebenfalls eine Baustelle für die Leasing-Gesellschaften ist die Belegschaft eines Unternehmens. Wenn einmal ein Betrieb für das Dienstrad-Leasing begeistert werden konnte, alle Verträge ausgearbeitet und unterschrieben sind, können die Mitarbeitenden zur Tat schreiten und sich ihr Wunschrad leasen. Das tun aber bislang längst nicht alle. Ende 2024 stand das Fahrrad-Leasing potenziell 18,7 Millionen Menschen zur Verfügung. Einen laufenden Leasing-Vertrag haben aber „nur“ 2,1 Millionen, also etwa 11 Prozent dieser Gruppe. Bislang wuchs das Leasing-Geschäft so schnell, dass den Gesellschaften das Wachstum wichtiger war als eine bestmögliche „Abschöpfung“ des Potenzials. Das ändert sich gerade.
Würde man es schaffen, statt einen von zehn Arbeitnehmerinnen plötzlich zwei für das Fahrrad-Leasing zu begeistern, hätte sich der Markt verdoppelt.
Die Leasing-Welt hat also mächtige Stellschrauben, um ihr Geschäft und damit die Fahrradwirtschaft wieder anzukurbeln. Es gibt aber auch Tendenzen, die den Leasing-Erfolg bedrohen.

Das Leasing-Geschäft mit Fahrrädern erlebt gerade eine erste herausfordernde Phase. Lösungsansätze gibt es einige, um die Umsätze wieder anzukurbeln.
Das Licht im Schatten
Trotz der jüngsten Umsatzeinbrüche profitiert der Fahrradfachhandel nach wie vor stark von der Möglichkeit zum Dienstrad-Leasing. Zwar ärgert sich der Fachhandel massiv über Provisionen, die er an die Leasing-Gesellschaften abtreten muss, aber ohne das Leasing-Geschäft wären die aktuelle und auch schon die letzte Saison deutlich schlechter verlaufen, als sie es ohnehin sind. Wie schlecht es aussehen könnte, wird klar, wenn man den Blick auf die Länder wirft, in denen das Fahrrad-Leasing nicht verbreitet ist.
Je nach Quelle verlor der stationäre Fachhandel in Deutschland schon im Jahr 2023 etwa 3 bis 4 Prozent Umsatz. Im Jahr 2024 ging es weitere 7 bis 11 Prozent nach unten. Damit ist man zum einen immer noch deutlich über den Umsätzen vor der Corona-Phase, was als harter Indikator gilt, dass die Branche gar nicht so schlecht dastehen würde, hätte sie sich nicht ein hartnäckiges und sehr belastendes Warenproblem eingekauft.
Zum anderen steht man viel besser da als andere Fahrradnationen, wo die Durchschnittspreise in den Elektrosegmenten viel niedriger liegen als in Deutschland. In den Niederlanden sind die Preise für E-Bikes über 30 Prozent niedriger als in Deutschland. Das Leasing ermöglicht es vielen Menschen, hochwertige Fahrzeuge anzuschaffen, auf die sie ansonsten verzichten würden, weil sie verzichten müssten. Ob das so bleibt, ist allerdings offen. Jüngst sind auch in Deutschland die Durchschnittspreise für E-Bikes gesunken, was an den hohen Rabatten liegt, die aktuell gewährt werden. Das ist über alle Märkte festzustellen.
Die Studie von Deloitte und Zukunft Fahrrad geht davon aus, dass der Leasing-Markt schon in 2025 wieder in die Spur kommen und seinen Umsatz auf 3,3 Milliarden Euro steigern können wird. Damit wäre ein neues Rekordhoch erreicht. Die Prognose für 2026 liegt noch mal höher. Dann erwartet die Studie einen weiteren Anstieg um 5 Prozent auf 3,6 Milliarden Euro Leasing-Umsatz. Ob das tatsächlich so kommt, sei dahingestellt. Ansatzpunkte gibt es jedenfalls reichlich, um diese Ziele zu erreichen.
Bilder: Bikeleasing-Service GmbH & Co. KG – Sebastian Werder

Bikeleasing-Service GmbH & Co. KG – Sebastian Werder
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