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Anders Fahren auf Protected Bikelanes

Wie ist der Einfluss geschützter Radfahrstreifen auf das Fahrgefühl und das Fahrverhalten von Radfahrern? Dieser Frage haben sich Forscher der TU Braunschweig in einer Studie angenommen. Nicht im echten Verkehr, sondern mit einem Radfahrsimulator, der auch für andere Zwecke genutzt werden kann. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2020, März 2020)


In der kürzlich durchgeführten Studie haben sich Susanne Grüner und Mark Vollrath von der Technische Universität Braunschweig, Lehrstuhl für Ingenieur- und Verkehrspsychologie, intensiv mit dem Thema geschützter Radfahrstreifen (Protected Bikelanes) befasst. Dabei folgten die beiden Wissenschaftler der Fragestellung, inwieweit sich das Fahr- und Blickverhalten im Vergleich zur Nutzung eines ungeschützten Radfahrstreifens unterscheiden. Grundlegend für die Motivation zur Untersuchung war dabei die wissenschaftlich gesicherte Annahme, dass ein gutes Gefühl beim Fahren, also empfundene Effizienz, Komfort und Sicherheit, dazu beitragen kann, die Bereitschaft zum Radfahren zu erhöhen.

Der Radfahrsimulator kann auch für andere Untersuchungen genutzt werden.

Ziel: Erkenntnisgewinn bei Kosten und Nutzen

Auf die häufig genannten Hinderungsgründe gegen die Nutzung des Fahrrads, eine als unsicher empfundene Radfahrinfrastruktur und hohe Verkehrsdichten des motorisierten Verkehrs, wird an einigen Stellen in Deutschland mit geschützten Radfahrstreifen reagiert. Ein Beispiel ist in Berlin Hasenheide zu sehen mit einer größeren Breite, grüner Oberflächenkennzeichnung und einer baulichen Trennung zur Straße. Bislang war, so Susanne Grüner im Gespräch, „allerdings unklar, ob dieser das Fahrverhalten verändert, tatsächlich zu einer entsprechenden Verbesserung des Fahr-gefühls führt und den Investitionsbedarf rechtfertigt“. Um das zu prüfen, entwickelten die Wissenschaftler auf Grundlage der Protected Bikelane in Berlin ein Tool, um das Verhalten von Radfahrern quasi unter Laborbedingungen genauer zu untersuchen. „Als experimentelle Psychologin freut es mich, dass wir den Radfahrsimulator nutzen können, um den Effekt von Veränderungen in der Radfahrinfrastruktur zu untersuchen“, so Susanne Grüner.

Deutliche Verbesserung des Fahrgefühls

Die Studie im Fahrradsimulator wurde mit 48 Probanden, davon 23 Frauen durchgeführt. Das Durchschnittsalter betrug 30 Jahre. In einem „2 x 2-Versuchsplan mit Messwiederholung“ fuhren die Probanden die gleiche virtuelle Stadtstrecke auf einem regulären Radfahrstreifen und einem geschützten Radfahrstreifen – jeweils mit einer niedrigen und einer hohen Verkehrsdichte des überholenden Autoverkehrs. Die Ergebnisse zeigten nach den Machern der Studie, dass Fahrten auf dem geschützten Radfahrstreifen als „sicherer, komfortabler und effizienter“ bewertet werden als Fahrten auf einem regulären Radfahrstreifen. Ein weiteres positives Ergebnis: Der motorisierte Verkehr störte die Probanden zudem weniger, da die Nähe und die Gefahr geringer eingeschätzt wurden. Auch die Querung von Kreuzungen und das eigene Überholen anderer Radfahrender wurden von den Probanden als sicherer bewertet.

Weniger Schulterblicke

Zudem wurden keine deutlichen Unterschiede im Fahrverhalten in Bezug auf die Geschwindigkeit und die Position auf dem Radstreifen gefunden. Auffällig sei, dass auf dem geschützten Radfahrstreifen weniger Schulterblicke vor einem Überholvorgang gemacht wurden. Die geringere Zahl an Absicherungsblicken mache das Fahren zwar zusätzlich komfortabler. Nach Meinung der Forscher sollte aber weiter untersucht werden, ob dies ein neues Risikopotenzial für Radfahrer-Radfahrer-Interaktionen berge.

Design der Studie

  • Stationärer Radfahrsimulator
  • 180-Grad-Sichtfeld durch sechs Monitore
  • Schulterblickerfassung mithilfe einer Eyetracking-Brille
Szenarien:
  • Gerade Streckenabschnitte
  • Einmündungen (abbiegende Fahrzeuge)
  • Überholvorgang (langsamer Radfahrer)

Bilder: Forschungsteam TU Braunschweig