Der Velo-City-Kongress ist schon allein durch das internationale Publikum und Themenspektrum ein besonderes Event. Die Ausgabe in Leipzig war gefüllt mit spannenden Programmpunkten und viel Leidenschaft, aber nicht frei von Kritik. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


In der Anzahl der Sessions und Vortragenden übertraf die Velo-City Leipzig alle vor ihr da gewesenen, so Henk Swarttouw, Präsident der European Cyclists‘ Federation (ECF) bei der Eröffnung des Events. Über 1500 Teilnehmer*innen aus rund 60 Ländern waren nach Leipzig angereist, um sich unter dem Motto „Leading the transition“ vom 9. bis 12. Mai über das Fahrradfahren auszutauschen. Knapp 60 Unternehmen und Organisationen stellten ihre Produkte und Projekte im weitläufigen Congress Center Leipzig aus.
Im Zuge des Eröffnungs-Plenums fielen gleich die ersten Forderungen an Politik und Gesellschaft: Für mehr und besseren Radverkehr müssen die verschiedenen Verkehrsgruppen gerechter behandelt und müsse die Fahrradkultur gestärkt werden. „Die Herausforderungen, vor denen Städte weltweit in der Bekämpfung der Klimakrise stehen, sind immens. Umso wichtiger wird es, wie wir in Zukunft das Miteinander in den Kommunen gestalten. Wir brauchen mehr Flächengerechtigkeit im Verkehr zugunsten von klimaschonender Mobilität, einer höheren Verkehrssicherheit und besserer Aufenthaltsqualität. Dem Radverkehr kommt hierbei eine entscheidende Bedeutung zu“, so Thomas Dienberg, Bürgermeister für Stadtentwicklung und Bau in der gastgebenden Stadt Leipzig. Dienberg betonte in seiner Eröffnungsrede zudem, dass kein Verkehrsmodus mehr Freude bringe als das Fahrrad. Leipzig ist nicht die erste deutsche Stadt, in der internationale Radverkehrs-Akteure im Kontext der Velo-City zusammenkamen. Auch die erste Velo-City überhaupt fand 1980 in Bremen und eine weitere Ausgabe 2007 in München statt.

„Wir müssen verstehen, warum die 15-Minuten-Städte immer beliebter werden. Wir müssen die Städte umformen, ein qualitativ hochwertiges soziales Leben entwickeln, die Gentrifizierung stoppen und eine humanistische Lebensqualität schaffen. Wir müssen eine neue Revolution entwickeln, die Revolution der Nähe.“

Carlos Moreno, Sorbonne-Universität Paris

Lösungen im Vordergrund

Neben der Leipziger Messe und der Stadt Leipzig tritt die ECF als Organisator der Velo-City auf. Geschäftsführerin Jill Warren: „Wenn wir nachhaltigere Verkehrssysteme und lebenswertere Städte und Gemeinden schaffen wollen, ist mehr Radverkehr unerlässlich. Um das grüne und integrative Potenzial des Radverkehrs zu erschließen, müssen wir unsere Ambitionen in stärkere politische Maßnahmen und Aktionen umsetzen. Der Radverkehr muss ein entscheidender Bestandteil einer nachhaltigen und integrativen Zukunft sein, und die Velo-City 2023 ist ein Katalysator, der diesen Wandel vorantreibt.” Neben zweimal täglich stattfindenden Plenen gab es insgesamt 66 parallele Sessions. 430 Speakerinnen und die Besucherinnen berichteten von Lösungen oder erarbeiteten diese gemeinsam.

Wer den Velo-City-Kongress in Leipzig besucht hat, konnte nicht nur Vorträge und Diskussionen hören. In Workshops konnten die Besucher*innen sich auch selbst einbringen.

Perspektivenreiches Programm

Stadtplanung muss perspektivenreich und inklusiv sein. So ließen sich wohl einige Velo-City-Sessions zusammenfassen, ob es um die Bedürfnisse von Kindern geht, um unkorrekte Nutzung von Parkinfrastruktur oder um Frauen, die in der Planung in Entscheidungsprozessen gefördert werden sollen. Gerade benachteiligte Gruppen müssen intersektional, also entlang verschiedener Faktoren, handlungsfähig sein und in Entscheidungen mitgedacht werden. Diese Perspektiven fanden auf der Velo-City durchaus statt, unter anderem in Sessions zu „Women in Cycling“ und Gender Equality. Entlang dieser Erkenntnis wurde jedoch von einem kolumbianischen Plenums-Teilnehmer entschiedene Kritik geäußert. Die Velo-City habe einen blinden Fleck im Hinblick darauf, welche sozialen Klassen sich dort austauschen können. Das betreffe insbesondere Menschen aus dem globalen Süden, die zwar an einer Teilnahme interessiert seien, sich diese aber nicht leisten könnten. Mehr globale Repräsentanz dürfte für einen Kongress mit globalem Anspruch hilfreich sein.

„Wenn wir nachhaltigere Verkehrssysteme und lebenswertere Städte und Gemeinden schaffen wollen, ist mehr Radverkehr unerlässlich.“

Jill Warren, European Cyclists‘ Federation

Neue Infrastruktur reicht nicht

Möglichkeiten, das Radfahren attraktiver zu machen, gibt es viele. Ein Ansatzpunkt sind steuerliche und finanzielle Anreize. Das kann die finanzielle Förderung von Lastenradkäufen sein oder eine Mehrwertsteuersenkung auf Reparaturservices. Wie eine lebenswerte Stadt aussehen kann, zeigte Künstler Jan Kamensky mit einem Video, in dem er die Infrastruktur austauscht. In diesem waren die Gördelerringe in Leipzig zu sehen, die sich von einer lauten, autodominierten Kreuzung zu einer einladenden Parklandschaft wandelten.
Lediglich Fahrrad-Infrastruktur auf ein bestehendes autofreundliches Verkehrsnetz aufzusetzen, könne allerdings nicht genug sein, so Philippe Christ vom International Transport Forum. Auch immaterielle Infrastrukturen in den Köpfen müssen sich ändern. Das Fahrrad kann bestimmte Bevölkerungsgruppen emanzipieren, zeigten Beispiele aus dem US-amerikanischen Detroit und dem brasilianischen São Paulo. Wenn eine Community partnerschaftlich involviert wird und Einfluss darauf hat, wie die Fuß- und Fahrradinfrastruktur gestaltet ist, sorgt das für Identifikation.
Die Bühne der Velo-City wurde auch für diverse Preisverleihungen genutzt. Telraam, ein Anbieter von benutzerfreundlichen Sensoren, die aus den Fenstern von Stadtbewohner*innen Verkehrsdaten sammeln, gewann live auf dem Kongress den mit 17.000 Euro dotierten Smart Pedal Pitch. Jill Warren von der ECF und Kevin Mayne, CEO von Cycling Industries Europe, erhielten den The Cycling Embassy of Denmark Leadership Award. Die ECF-Awards 2023 gingen auch an zwei deutsche Städte. Heidelberg gewann in der Kategorie Cycling Improvement und Essen erhielt den Cycle-Friendly Employer Award. Helsingborg sicherte sich den ECF-Award für Fahrradinfrastruktur und Oslo gewann in der Kategorie Road Safety.

„In der Politik stehen Probleme im Rampenlicht. Radfahren ist keine Herausforderung, sondern der vielleicht wichtigste Baustein, um die Mobilitätsprobleme unserer Zeit zu lösen.“

Thomas Dienberg, Bürgermeister für Stadtentwicklung und Bau Leipzig

Chancen zum Netzwerken

Den Rahmen des inhaltlichen Programms lockerten Stretching-Sessions, Theater- und Musikperformances auf. Umsäumt wurde der Kongress zudem von sozialen Events verschiedener Unternehmen und Verbände und von offizieller Seite. In der Stadt führten die Velo-Citizens ein Bike-Fest und eine Fahrradparade durch. Der Netzwerkfaktor ist nicht zu unterschätzen. Wer sonst im Straßenverkehr oder in Planungskomitees oft mit einer oder wenigen Menschen die Perspektive Fahrrad vertritt, traf in Leipzig auf Gleichgesinnte. Das Fahrrad ist eine Bewegung, eine re-velo-ción. Sie wird in diesem Format im kommenden Jahr fortgesetzt. Dann findet der Velo-City Kongress 2024 in der belgischen Stadt Gent statt.


Bilder: Leipziger Messe – Christian Modla

Für eine gelungene Verkehrswende ist ein intensiver Austausch wichtig. Auf der PolisMobility konnten Fachbesucher*innen, die Aussteller und die Öffentlichkeit diesen finden. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


Ein Verkehrssystem zu verändern, kann nur im Miteinander funktionieren. Der Radverkehr ist dabei ein zentraler Baustein und hat einen entscheidenden Vorteil, sagt Jessica Strehle, Fachbereichsleiterin Stadtentwicklung, -planung und Mobilitätsinfrastruktur bei der Stadt Aachen. „Radverkehr ist die Mobilitätsart, die Tempo bringt.“ Dennoch muss auch der Radverkehr als Netz geplant und mit dem Fußverkehr im Einklang sein.
Große Stadtplanungsfragen betreffen selten nur einen Verkehrsträger. Bei der PolisMobility in Köln trafen die verschiedenen Modi deshalb aufeinander. Die Veranstaltung versteht sich als 3-in-1-Event. 160 Aussteller und Partner präsentierten auf der Expo ihre Produkte und Lösungen. 200 Speakerinnen bespielten vom 24. bis 26. Mai ein umfangreiches Konferenzprogramm. Am anschließenden Wochenende fand zusätzlich das PolisCamp auf Aktionsflächen in der Kölner Innenstadt statt und brachte die Konferenzthemen in die Öffentlichkeit. Die drei Angebote nahmen insgesamt rund 17.000 Besucherinnen wahr.

Sektorübergreifend handeln

Der Dialog darüber, mit welchen Maßnahmen Städte und Kommunen sich mobilitätsgerecht und lebenswert entwickeln können, war bei der PolisMobility interdisziplinär angelegt. Mobilität sei ein Schnittstellenthema und erfordere gemeinsames, sektorübergreifendes Handeln, so Oliver Frese, Geschäftsführer der Koelnmesse. „Die PolisMobility hat in einem Jahr einen deutlichen Reifeprozess durchlaufen und an Relevanz noch weiter zugelegt. Nicht zuletzt hat die klare Ausrichtung auf die kommunalen Gestalter der Mobilitätswende dem Messevent noch einmal einen wichtigen Schub gegeben. Als relevante Dialogplattform ist uns gelungen, Entscheider der öffentlichen Hand mit Lösungsanbietern in den Austausch zu bringen und damit nachhaltige Impulse für eine mobilitätsgerechte, urbane Zukunft zu setzen.“
Die kommunalen Gestalter*innen waren auch im Kontext der Expo vertreten. Der Ausstellungsbereich Cities + Regions ermöglichte es, sich mit öffentlichen Entscheidungsträgern auszutauschen. Insgesamt zog die PolisMobility sehr verschiedene Aussteller an, etwa aus dem Dienstleistungsbereich, von Verbänden oder E-Mobilitäts-Unternehmen. Durch die inhaltliche Klammer der Infrastruktur sind diese miteinander verbunden, erklärt Prof. Dr. Johannes Busmann, Geschäftsführer des Verlags Müller + Busmann, der die Konferenz inhaltlich ausgestaltete. „Als öffentliche Angelegenheit bildet die Mobilität der Zukunft die Grundlage einer lebenswerten, nachhaltigen Entwicklung und Gestaltung der Städte und Regionen. Neben technologischen Innovationen sind für diese Transformation eine leistungsfähige Infrastruktur, die nur gemeinsam mit den Kommunen und der öffentlichen Hand nachhaltig bereitgestellt werden kann, sowie attraktive Angebote, die das Leben der Menschen erleichtern, notwendig.“
Im Rahmen der PolisMobility fanden auch die Hauptversammlung des Deutschen Städtetages, der Kongress der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS) sowie die Fachkonferenz Cargo Bike Sharing Europe statt. Im kommenden Jahr soll die PolisMobility erneut im Mai stattfinden.


Bild: Sebastian Gengenbach

Cargobike-Sharing ist noch deutlich weniger verbreitet als Zeitnutzungsmodelle für Autos, Fahrräder oder E-Scooter. Stellschrauben gibt es bei den Fahrzeugen, den Zielgruppen – und den Finanzen. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


„Cargobikes sind wie Drogen“, so Tobias Lochen, Gründer von Sharing-Anbieter Sigo. In dieser Hinsicht hätten ihm wohl die meisten Redner*innen auf der Konferenz Cargobike-Sharing Europe am 24. Mai zugestimmt. Wer die fähige Mobilitätsalternative ausprobiert, wird schnell süchtig danach. „Unsere größte Mission muss es sein, die Menschen auf die Cargobikes zu bekommen“, so die Schlussfolgerung von Lochen. Die Sharing-Räder fungieren nicht nur als Einstiegsdroge für private Lastenradkäufe, sondern haben ihre ganz eigene Daseinsberechtigung. Sie lösen ein Problem, das Cargobikes und Autos gemeinsam haben. Beide sind die allermeiste Zeit ungenutzt.
In Köln fand Cargobike-Sharing Europe im Kontext der Polis Mobility auf dem Messegelände statt. Die Veranstaltung sei in der diversen Pendlerstadt gut aufgehoben, so Frederik Strompen. Er vertrat die Stadt Köln und stellte unter anderem das junge Cargobike-Programm der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) vor. Die KVB stellt zunächst 15 Lastenräder in drei Stadtteilen zur Verfügung. In Nahverkehrsabos sind 90 Freiminuten wöchentlicher Nutzung enthalten. Für die reguläre Nutzung fallen 9 Cent pro Minute oder maximal 27 Euro am Tag an. Arne Behrensen von Zukunft Fahrrad, der die Konferenz gemeinsam mit Cargobike.jetzt organisierte, kommentiert: „Wenn Sharing richtig organisiert ist, ist es effizienter. Mehr Leute können verlässlich zu günstigen Konditionen Zugriff auf hochwertige Lastenräder haben. Wenn man sich die KVB-Räder anschaut, wer sich solche Räder privat kauft, den Stellplatz und das Geld hat, das ist ein eingeschränkter, kleiner Kreis in der Großstadt. Das ist für KVB-Kunden eine interessante Sache.“

Auf der Konferenz waren einige Anbieter mit Ausstellungsrädern vertreten. Einspurige Lastenräder sind bei Sharing-Angeboten die Norm.

Knackpunkt Geld

Viele offene Fragen im Kontext geteilter Lastenräder betreffen die Finanzierung. Ein Podium zu der kon-troversen Geldfrage wurde sich nicht einig, ob Lastenrad-Sharing überhaupt kostendeckend oder profitabel betrieben werden muss. An einigen Orten ist der öffentliche Nahverkehr schließlich auch nicht kostendeckend. Gerade in der Implementierungsphase können öffentliche Subventionen helfen, Cargobike-Sharing ins Rollen zu bringen. „Das Schlagwort des Tages war für mich ,profitable public fundingʹ. Man kann nicht groß Geld verdienen mit Cargobike-Sharing. Es braucht eine öffentliche Finanzierung, aber die muss natürlich im Sinne der Gesellschaft investiert sein“, so Arne Behrensen. Öffentliches Geld hat den Nachteil, dass es bei politischen Veränderungen auch wegfallen kann und damit die Sharing-Projekte weniger resilient macht. In jedem Fall sei es wichtig, dass Lastenrad-Sharing günstiger als die Pkw-Alternative ist, um konkurrenzfähig zu sein. Der Markt für geteilte Lastenräder ähnele insgesamt eher dem Car- als dem Bike-Sharing. Das Transportieren der Räder innerhalb einer Stadt spielt eine deutlich geringere Rolle als bei gewöhnlichen Sharing-Rädern. Durch die längere Nutzungsdauer passiert es seltener, dass die Menschen die Räder unsauber und hastig parken.
Als soziale Innovation gibt es zudem Projekte, die Lastenräder kostenlos ausleihbar machen. Im Forum Freie Lastenräder sind Anbieter von insgesamt 1100 solcher Lastenräder organisiert. Diese können anstelle von ökonomischer Logik politischen und sozialen Zielen folgen. Projekte wie fLotte Berlin (und Brandenburg) bedienen nicht nur die Stadtzentren, sondern auch eher außerhalb gelegene Viertel. Das Land Brandenburg unterstützt solche Vorhaben mit einer besonderen Kaufprämie. 70 Prozent der Anschaffungskosten trägt die Regierung, wenn ein Cargobike öffentlich nutzbar ist, also als Commons funktioniert.

„Man kann nicht groß Geld verdienen mit Cargobike-Sharing. Es brauchte eine öffentliche Finanzierung, aber die muss natürlich im Sinne der Gesellschaft investiert sein.“

Arne Behrensen, Zukunft FAhrrad

Identifikationsobjekt Lastenrad

Entstanden war das Forum Freie Lastenräder im Nachgang des Pionierprojekts „Kasimir“, das freie Lastenräder in Köln anbietet. Mit Ausnahme eines historischen, dreirädrigen Kasimir-Lastenrads waren lediglich einspurige Modelle bei der Konferenz ausgestellt. Die Branche scheint sich einig zu sein, dass diese intuitiver nutzbar sind. Insgesamt ist die Suche nach dem perfekten Sharing-Rad aber noch nicht abgeschlossen. Die Räder sollten noch weniger wartungsintensiv werden.
Viele herkömmliche Hersteller sehen gerade noch nicht den Anlass, ein speziell fürs Sharing gedachtes Lastenradmodell zu entwickeln und zu produzieren, so Anita Benassi, Projektleiterin bei der „Transportrad Initiative Nachhaltiger Kommunen“. Gegen Vandalismus gab es einen praktischen Vorschlag. Lokale Inhalte, die das Lastenrad schmücken, helfen den Menschen, sich mit den Fahrzeugen zu identifizieren und sie zu schützen.
Sich mit dem Lastenrad zu identifizieren, gelingt Familien mit kleinen Kindern, der klassischen Zielgruppe von Lastenrädern, besonders gut. Im Marketing sollten Unternehmen sich also eher auf weniger offensichtliche Zielgruppen konzentrieren, so Jaron Borensztajn von Cargoroo. Das können Geschäftsinhaber, Menschen mit Hunden, Studierende oder ältere Menschen sein. Durch eine diversere Gruppe an Nutzer*innen entstehen gleichmäßigere Auslastungen. Sharing-Anbieter können Trainings anbieten und Botschafter in verschiedenen Zielgruppen finden. Lastenrad-Sharing kann sogar in kleinen Städten funktionieren. Das zeigen Erfahrungen aus der Schweiz, wo geteilte Mobilitätsangebote eine längere Tradition haben. Handlungsfelder gibt es also einige. Und auch klassischere Sharing-Angebote könnten sich im Vergleich zu den Cargobikes neu positionieren. „Wieso sollten die normalen Bikes im Bike-Sharing nicht auch eine Cargo-Komponente haben?“, fragt Arne Behrensen. Einige von ihnen arbeiten bereits mit größeren Gepäckträgern und gesteigerten Transportkapazitäten.


Bild: Sebastian Gengenbach

Cargobikes sind hip. Das Angebot ist riesig. Völlig unterschiedliche Lastenrad-Konzepte und Konstruktionen mit verschiedensten Eigenschaften und Talenten existieren nebeneinander. Eine systematische Betrachtung verschafft mehr Überblick. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


Für Handwerker, Lieferdienste, im privaten Alltagseinsatz oder als Familienkutsche zum Kindertransport und Einkaufen genutzt, Fahrräder mit Transportkapazität entwickeln sich immer mehr zum idealen Allround-Fahrzeug mit vergleichsweise niedrigem ökologischem Fußabdruck.
Vielen ersetzt das Lastenrad bereits das Auto, und dies nicht nur in Ballungsräumen. Fast so vielfältig wie ihre Transportaufgaben sind Cargobikes auch im Aufbau und in ihrer Technik. Die Konzepte unterscheiden sich teils erheblich. Auch Ladekapazität, Schwerpunktlage und damit Fahrverhalten und Fahrsicherheit der Cargo-Gefährte sind sehr verschieden. Cargobikes stellen zudem andere Ansprüche an die Fahrrad-Infrastruktur als reguläre Fahrräder und E-Bikes, sowohl in Benutzung als auch beim Parken. Die Cargobike-Szene ist über viele Jahre langsam, aber kontinuierlich gewachsen. In den letzten Jahren ist sie regelrecht explodiert. Viele kleine, hoch spezialisierte Nischenanbieter, mittlerweile aber auch große, internationale Player tummeln sich auf einem expandierenden Markt. Daher existiert eine fast unüberschaubare Vielzahl völlig unterschiedlicher Ideen, Konzepte und Konstruktionen von Lastenrädern nebeneinander. Dennoch lassen sich die meisten Cargobikes nach ihrer Bauart in fünf Haupt-Kategorien einteilen.

Long John: der Vorreiter

Die Form des Long-John-Lastenrads, in den Niederlanden auch Bakfiets genannt, gibt es bereits seit den 20er- Jahren des vorigen Jahrhunderts. Auffällig ist der extralange Radstand, meist mit einer Federgabel und kleinem Vorderrad an der Front. Zwischen Vorderrad und Lenkermast ist eine tief platzierte Ladeplattform oder Transportbox untergebracht. Zum Kindertransport finden sich darin ein oder zwei klappbare Sitze, Gurte und darüber optional ein Regendach. Ab dem Lenker folgt der Rahmen dem konventionellen, fahrradtypischen Konzept mit tiefem Einstieg, Sitzrohr und Sattel sowie einem starren Hinterbau, meist mit 28-Zoll-Hinterrad. Als Antrieb fungiert üblicherweise ein kraftvoller Mittelmotor mit Ketten- oder Nabenschaltung. Nabenmotoren im Hinterrad findet man an günstigeren Modellen. Zum Parken bockt man den „langen Johannes“ mittels Zweibeinständer auf. Long Johns können, je nach Ausstattung, Bauart und Anzahl der Akkus, bis zu 60 Kilo Leergewicht auf die Räder bringen. Die Kaufpreise für Top-Modelle bewegen sich bis in den fünfstelligen Bereich. Relevante bauliche Unterschiede gibt es vor allem bei der Lenkung: Modelle mit Gestängelenkung sind tendenziell etwas preisgünstiger, lassen aber nur einen geringen Lenkeinschlag am Vorderrad zu. Sie sind deshalb schwieriger zu rangieren. Die deutlich aufwendigere Seilzuglenkung erlaubt einen Lenkeinschlag von über 90 Grad am Vorderrad. Solche Modelle können sogar auf der Stelle wenden.
Vorteile des Long-John-Konzepts ist der ideale, tief zwischen den Rädern liegende Systemschwerpunkt, leer sowie beladen, was gute Fahreigenschaften und unproblematisches Handling mit sich bringt. Zudem sind, je nach Konstruktion, hohe Nutzlasten und ein dementsprechend hohes zulässiges Gesamtgewicht möglich.
Nachteilig ist, dass oft das Vorderrad von Transportbox oder Ladung verdeckt wird. So kann man nicht sehen, wie der aktuelle Lenkeinschlag ist. Man muss sich an das „blinde Lenken“ erst gewöhnen. Zudem hat ein Long John aufgrund seiner Länge einen riesigen Wendekreis. Das kleine Vorderrad rollt holperiger und kann keine so hohen Stufen oder Unebenheiten überwinden wie ein großes Laufrad. Kurvenfahren und Rangieren muss man anfangs gezielt üben, bevor man mit der Fuhre sicher unterwegs sein kann. Aufgrund von Breite und Länge sind Umlaufsperren, Poller oder enge Kurven schwierig zu passieren. An Einmündungen ist das Einfahren auf Sicht wegen des überlangen Vorderbaus problematisch. Lasten müssen fest verzurrt und gesichert werden, damit sie in Kurven oder beim Bremsen nicht verrutschen können. Bei sehr langsamer Fahrt oder beim Anfahren kann es leicht kippelig werden. Das Rad zu tragen ist aufgrund der Länge und unhandlicher Dimensionen bestenfalls zu zweit möglich. Auch für einen Transport in der Bahn und auf, am oder im Auto sind Long Johns schlecht bis gar nicht geeignet.

Das Longtail ist praktisch und beliebt bei Kunden. Zudem fährt es sich fast wie ein normales Fahrrad.

Longtail: der Hippster

Die ersten Longtail-Bikes rollten Mitte der 00er-Jahre über kalifornische Straßen und haben sich seitdem vor allem unter jungen Familien einen großen Fan-Kreis erobert. Wie der Name sagt, sind Zuladung oder Passagiere bei diesem Konzept hinter dem Sattel platziert. Dazu wird der Hinterbau gestreckt und verstärkt. Der längere Abstand vom Tretlager zum angetriebenen Hinterrad bedeutet auch für die Transmission, also Kette oder Riemen, mehr Aufwand bei Verschleiß, Wartung und Pflege. Zuladung bringt man idealerweise in tief aufgehängten Seitentaschen oder auf dem langen Deck des Gepäckträgers unter. Durch den langen Hinterbau läuft ein Longtail sehr stabil und ruhig geradeaus. Enge Kurven mag ein solches Bike weniger. Ein Longtail kann mit großen Laufrädern gleicher Größe vorne und hinten aufgebaut werden, was gute Rolleigenschaften und ruhigeren Lauf auch auf unebenem Untergrund verspricht. Es gibt aber auch Modelle, die mit 20- bis 26-Zoll-Laufrädern kompakter ausfallen und wendiger sind. Durch den etwas tieferen Systemschwerpunkt lassen sich diese Modelle beladen stabiler fahren. Zudem kann über einem kleineren Vorderrad ein zusätzlicher Front-Gepäckträger installiert werden.
Vorteilig ist ein Longtail, wenn man vorwiegend einzelne, kleinere Gegenstände transportiert, die sich gut in Seitentaschen unterbringen lassen. Auch für kleine und sogar große Passagiere ist das Longtail ein angenehmes, oft sogar reizvolles Transportmittel, wenn hinten eine Sitzbank, Haltegriffe und Fußrasten angebracht sind. Abstellen und rangieren gehen leicht von der Hand. Durch die schmale Bauart unterscheiden sich Fahrverhalten und Handling nur wenig von einem normalen Fahrrad.
Nachteile: Die lange Hinterbaukonstruktion bringt höheren Antriebsverschleiß mit sich, die Wartung ist aufwendiger. Pflegeleichte Riemenantriebe sind nur schwierig zu realisieren, da Gates-Riemen nur in definierten Längen lieferbar sind. Das hohe Drehmoment eines Mittelmotors intensiviert den Verschleiß der längeren Kette. Zudem entsteht mehr Reibung im System, was den Wirkungsgrad von Motor und Akku schmälert. Schwere Lasten oder Personen, die auf dem Gepäckträger sitzen, beeinflussen durch den ungünstig hohen Schwerpunkt das Fahrverhalten negativ. Aufgrund der Hebelverhältnisse ist das Bike stärker anfällig für Torsionskräfte als ein Long John mit breiter abgestützter Rahmenkonstruktion. Das Longtail ist nur schwer alleine zu tragen und, je nach Länge, schwierig per Auto oder Bahn zu transportieren.

Optisch sehr nah am normalen Fahrrad, aber trotzdem mit einigem Talent zum Lastentransport ausgestattet, ist das Bäckerfahrrad.

Bäckerrad: fast normal

Auf einen ersten, flüchtigen Blick sieht das Bäckerrad aus wie ein ganz normales Fahrrad. Es hat vorn allerdings ein deutlich kleineres Laufrad als hinten, was Platz für einen rahmenfesten, breiten Gepäckträger schafft. Darauf lassen sich ein Korb oder eine Transportkiste befestigen, die die Zuladung aufnehmen. Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts fuhren so frühmorgens Bäckerjungen Brot und Brötchen aus, daher die Gattungsbezeichnung. Wichtig ist, dass der Fronträger am Rahmen montiert ist und nicht etwa an der Gabel, wo er mitgelenkt wird. Denn das macht das Lenkverhalten schwergängig und unpräzise. Am Bäckerrad lassen sich, je nach Konstruktion, Lasten bis etwa 25 Kilo passabel transportieren.
Vorteil: Es werden nur wenige spezifische Bauteile und Komponenten benötigt, deshalb ist das Bäckerrad ein relativ preisgünstiges Konzept. Seine kompakte Form und Maße machen es unproblematisch und intuitiv fahrbar, auch Handling und Abstellen bleiben unkompliziert. Optional können viele Modelle mit einem Kindersitz hinten ausgerüstet werden.
Ein offenes Transportbehältnis vorne ist schnell und leicht zu be- und entladen.
Nachteile: geringere Ladekapazität als bei anderen Konzepten und relativ hoher Lastschwerpunkt. Die Konstruktion muss betont seitensteif ausgelegt sein, damit das Fahrverhalten nicht darunter leidet.

Ein Dreirad kann im Stand nicht umkippen und ist deshalb besonders zum Kindertransport beliebt. Doch das Fahren erfordert etwas Umgewöhnung.

Dreispurer: das Zwei(pluseins)rad

Bei zwei Vorderrädern und einem Hinterrad – oder umgekehrt – spricht man von einem Dreispurer. Die klassische Rikscha basiert ebenfalls auf diesem Prinzip. Zwischen den Rädern entsteht Platz für Zuladung, die, über der Achse oder achsnah platziert, relativ leicht lenkbar bleibt. Die Last verteilt sich auf zwei Rädern einer Achse gleichmäßiger als auf nur einem. Dafür entstehen mehr Rollwiderstand und Systemreibung. Durch ihre Breite, die in der Regel nicht viel über die übliche Breite eines Fahrradlenkers hinausgeht, lassen sich Dreispurer bei passabler Lastkapazität relativ kurz und kompakt bauen. Auch Ungeübte können sie auf Anhieb problemlos fahren und sicher beherrschen. Ein Dreirad dieser Bauart kann nicht kippen oder umfallen, sich jedoch auch nicht in Kurven legen. Dreirädrige Bikes benötigen eine Feststellbremse, die verhindert, dass das unbesetzte Rad wegrollen kann. Dreispurer sind meist mit Transportbox oder -kiste aufgebaut und werden gern zum unkomplizierten Kindertransport benutzt. Dafür sollten sie jedoch unbedingt mit Sitzbank und Gurten ausgerüstet sein. Dreispurer sind ein Cargo-Konzept, das vor allem in Dänemark eine schon etwas längere Tradition hat. Daher werden auch viele kostengünstige Modelle ohne Motor angeboten.
Vorteile: Kompaktes, wendiges und meist preisgünstiges Fahrzeug mit unproblematischen Fahreigenschaften und hoher Standsicherheit, auch bei sehr langsamer Fahrt. Gut zu rangieren.
Nachteile: Die Fahrzeugbreite schränkt an engen Stellen ein. Kurven muss man mit angepasster Geschwindigkeit durchfahren. Die Konstruktion von Rahmen und Doppelrad-Achse ist oft aufwendig, die Lenkung kann schwergängig und träge ausfallen. Insbesondere einfache Drehschemel-Konstruktionen lassen sich nur mit eingeschränktem Radius und erhöhtem Krafteinsatz lenken. Ein Dreispurer lässt sich schlecht tragen oder über Schwellen oder Treppen schieben. Nur stehend oder liegend in Autos mit Ladefläche transportierbar.

Lastenräder mit Neigetechnik lassen sich vergleichsweise dynamisch bewegen, wenn die Fahrerin oder der Fahrer sich mal an die entsprechende Fahrweise gewöhnt haben.

Mehrspurer: die Ingenieurslösung

Eine Herausforderung für Konstrukteure wie für Nutzer sind Räder mit Neigetechnik. Sie erlauben höhere Kurvengeschwindigkeiten und fahren sich deutlich eleganter, flotter und flüssiger als starre Mehrspurer. Im Stand oder bei langsamer Fahrt können sie unbeabsichtigt seitlich wegknicken und benötigen deshalb geübte Fahrer und Fahrerinnen sowie eine Blockierfunktion der Neigemechanik beim Parken. Auch eine Feststellbremse ist Pflicht, damit man das Rad sicher abstellen kann. Der höhere Aufwand bei Konstruktion und Bau schlägt sich auch in einem höheren Preis nieder. Die aufwendige Neigetechnik findet sich in vielen, sehr unterschiedlichen Cargobike-Modellen. Die sind teils zum reinen Lasten-, teils zum Transport meist begeisterter Kinder ausgestattet.
Vorteile: Neigetechnik macht eine hohe Fahrdynamik und harmonisches Fahrverhalten auch bei beladenem Bike möglich. Sie erlaubt durchgehend höheres Geschwindigkeitsniveau, speziell auch in Kurven.
Nachteile: Es gibt keine Standardteile oder Technik-Module, auf die Hersteller beim Fahrwerk zurückgreifen könnten. Neigetechnik-Konstruktionen sind deshalb immer individuell, aufwendig und vergleichsweise teuer. Anfahren und langsame Fahrt funktionieren nur nach vorherigem Training. Beim Abstellen müssen Feststellbremse und Neigungsblockade benutzt werden. Die kompliziertere Technik bringt einen höheren Wartungs- und Pflegebedarf mit sich.
Als Fazit lässt sich feststellen: Cargobikes sind gute Indikatoren für die Qualität einer bestehenden Fahrrad-Infrastruktur. Durch ihre spezifische Technik, den Formfaktor und ihr höheres Gewicht stellen sie komplexere Anforderungen an ein Verkehrssystem als regulärer Radverkehr: Durchgängig breite Fahrbahnen, weiche Kurvenradien, weniger erzwungenes Stop&Go, vom Autoverkehr getrennte Wegeführung, sichere und großzügige Abstellflächen in der Nähe von Wohnung, Arbeitsplatz und im Stadtgefüge. Daher gilt: Wo sich Lastenradlerinnen und -radler wohlfühlen, geht es allen Radfahrerinnen und -fahrern gut.


Bilder: Yuba – elmer&&jack, Tern, Bergamont, Nihola, Chike

Die Leitmesse der Fahrradbranche ist an ihrem neuen Standort Frankfurt angekommen. Das lässt sich mit Blick auf die erwartete Ausstellerzahl der Eurobike (21. bis 25. Juni 2023) wohl durchaus im Brustton der Überzeugung sagen. Knapp 2000 Aussteller, 400 mehr als im Vorjahr, sind in diesem Jahr dabei. Doch neben vielen Neuheiten bei Produkten und Dienstleistungen ist die Leitmesse der Fahrradbranche auch der Ort, an dem die (Fahrrad-)Mobilität der Zukunft diskutiert wird. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


„Trotz eines für viele Akteure herausfordernden Makro-Umfeldes ist die Perspektive intakt. Bei den gesellschaftlichen Megatrends Klima, Gesundheit und Energie sind Fahrrad, Pedelec und Light Electric Vehicles (LEV) ein nicht mehr wegzudenkender Baustein für die Verkehrswende und damit nichts weniger als die Zukunft. Das Hersteller-, Marken- und Produktangebot der Eurobike 2023 ist in seiner Vielfalt, Innovationskraft und Internationalität einzigartig. Unsere Vision, Mobilität vom Fahrrad und LEV aus neu zu denken, startet voll durch“, sagt Eurobike-Geschäftsführer Stefan Reisinger im Vorfeld der diesjährigen Messe. Der Nationale Radverkehrskongress, der nahezu zeitgleich am 20. und 21. Juni 2023 im Kongresshaus (Kap Europa) der Messe in Frankfurt stattfindet, bringt die kommunalen Entscheider mit der Fahrradbranche zusammen und in den Austausch über die Mobilitätslösungen der Zukunft. Diskussionen rund um eine bessere Infrastruktur werden mit praktischen Beispielen in den verschiedenen
Ausstellungsbereichen kombiniert. Gleichzeitig erweitern viele Anbieter aus den Bereichen Dienstleistung und Service ihren Eurobike-Auftritt. Für die Fahrrad- und Leicht-Elektro-Mobilitäts-Welt zusätzlich positiv: Nach dem Fall der coronabedingten Reisebeschränkungen ist ein großer Zuspruch aus Fernost zu spüren und das befeuert die globale Leitmesse weiter.
Die wachsende Ausstellerzahl bedingt ein weiteres Flächenwachstum in der bewährten Hallenkonstellation im Westkomplex des Frankfurter Messegeländes. Ganz neu ist die Hallenebene 9.2, hier findet die Supplier Area ihren Platz. Dieser Bereich wird nur an den ersten drei Messetagen (21. bis 23. Juni) genutzt und ist speziell den Zulieferern und Komponentenherstellern vorbehalten. Hintergrund ist eine Verbesserung des B2B-Austausches fernab des restlichen Messeprogramms.
Besonders viel Input zu Mobiltitäts-Trends verspricht zudem Future Mobility Halle 8 mit Start-ups & Innovationen, LEVs, Infrastruktur, Cargo-Area sowie Sharing- und Dienstleistungsangeboten.
Die Eurobike ist von Mittwoch, 21. bis Sonntag, 25. Juni 2023 jeweils von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Die ersten drei Messetage sind den Fachbesuchern vorbehalten, an den Festival Days Samstag und Sonntag ist die Messe dann für alle Fahrradinteressierten geöffnet.

Das Rahmenprogramm der Eurobike ist ebenfalls prall gefüllt.


Bilder: Eurobike

Seit seiner Premiere vor 14 Jahren hat sich der Nationale Radverkehrskongress (NRVK) des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) zu einem der wichtigsten Termine für Experten rund um die Themen Radverkehr und Mobilität entwickelt. Im zeitlichen und räumlichen Umfeld der Eurobike startet der NRVK nun zu seiner achten Auflage. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


Frankfurt ist in vielerlei Hinsicht ein passender Veranstaltungsort für die achte Auflage des Nationalen Radverkehrskongresses. Die Main-Metropole ist seit vergangenem Jahr Heimat der Branchenleitmesse Eurobike und nach Bremen die fahrradfreundlichste Stadt in Deutschland mit über 500.000 Einwohnern.

Der 8. Nationale Radverkehrskongress (NRVK) findet am 20. und 21. Juni 2023 im Kap Europa, dem Kongresshaus der Messe Frankfurt, statt. Auf Deutschlands größtem und wichtigstem Kongress für den Radverkehr treffen sich Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen und Ebenen der Planungspraxis, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft und diskutieren die Fragen rund um die Umsetzung des Radverkehrs.
Ausgerichtet wird der Nationale Radverkehrskongress durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen (HMWEVW) in Zusammenarbeit mit der Stadt Frankfurt am Main. Der im zweijährigen Turnus stattfindende Kongress wird nach der virtuellen Veranstaltung 2021 in diesem Jahr wieder physisch und erstmals im zeitlichen und räumlichen Umfeld der Eurobike abgehalten. Durch die Verknüpfung der zwei großen Fachveranstaltungen können unterschiedliche Sichtweisen ausgetauscht und gemeinsam neue Lösungswege für den Radverkehr gefunden werden.
Das breit gefächerte Programm soll informieren, inspirieren und zum Austausch anregen. An den zwei Kongress-tagen werden die relevanten Themen, aktuelle Herausforderungen und Zukunftsideen für den Radverkehr diskutiert. Im Zentrum der Fachforen stehen der Nationale Radverkehrsplan 3.0 (NRVP 3.0) und seine Umsetzung. Das Programm orientiert sich an den vier Säulen des NRVP 3.0: Fahrrad & Politik, Fahrrad & Infrastruktur, Fahrrad & Mensch sowie Fahrrad & Wirtschaft.
Austausch- und Netzwerkmöglichkeiten stehen im Vordergrund der Side Events. Mit einer Vielzahl von Exkursionen werden interessante Infrastruktur-, Kampagnen- und Projektbeispiele in Frankfurt, Darmstadt, Offenbach, Kelsterbach und im Kreis Groß-Gerau vorgestellt. In Zusammenarbeit mit der Eurobike werden Rundgänge zu Trendthemen der Fahrradwelt über die Messe angeboten. Ein weiterer Höhepunkt wird die festliche Verleihung des 23. Deutschen Fahrradpreises sein.


Bild: Messe Frankfurt

Lastenräder gab es zwar auch schon, bevor Riese & Müller 2013 erstmals sein Modell Load vorstellte, doch mit der Markteinführung brachte der Premiumhersteller einige Innovationen, die das Cargo-Segment seitdem nachhaltig geprägt haben. Auf der Eurobike stellt Riese & Müller nun die bereits vierte Modellgeneration in der Variante Load 75 vor. Der Innovationsfreude sind die Hessen auch zum zehnten Load-Geburtstag treu geblieben. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


Mit tiefem Schwerpunkt, Cargo-Line-Motor von Bosch und voll gefedert, von Riese & Müller als Control Technology beschrieben, gibt es kaum eine Fahrsituation, die das Load4 75 selbst bei voller Zuladung mit bis zu 200 Kilogramm Gesamtgewicht aus der Ruhe zu bringen vermag. Insbesondere dann, wenn sich die Kundinnen für die Option mit einem ABS- System von Bosch und einer Cargo-spezifischen Magura-Scheibenbremse entschieden haben. Die Ziffer 75 in der Modellbezeichnung beschreibt die größere der beiden Load-Varianten. Deren variabel gestaltbarer Transportraum bietet viel Potenzial zum Beladen, entweder bei Logistikaufgaben oder beim Transport von bis zu drei Kindern, die sich über einen großzügigen Fußraum freuen. Apropos Familien: Mit wenigen, unkomplizierten Handgriffen lassen sich Lenker und Sattel für Körpergrößen von 1,50 bis 1,95 Meter anpassen. Der optionale RX Chip macht das Load4 75 zum Connected E-Bike. Die aktuelle GPS-Position des Bikes wird automatisch in der Cloud aufgezeichnet und lässt sich etwa im Fall des Diebstahls per App abrufen. Das digitale Lock-Feature informiert zudem, wenn das Load bewegt wird. Abschließen sollten Besitzerinnen es natürlich trotzdem noch mit dem integrierten Abus-Rahmenschloss. Zusätzlich kann das Bike je nach Servicepaket mit dem Premium-Versicherungsschutz und Wiederbeschaffungsservice im Diebstahlfall, aber auch auf Reisen oder bei Schäden abgesichert werden.


Bilder: Riese & Müller

Lastenräder sind oftmals das umweltschonendste und schnellste Transportmittel in der Stadt. Die Plattform E-Cargoville LJ von Bergamont bietet viele Möglichkeiten, das einspurige Lastenrad an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


Das E-Bike bietet in zwei Längenvarianten die jeweils passende Transportkapazität. Die Load Unit 70 bietet eine 20 Zentimeter längere Ladefläche als die Load Unit 50. Beide Versionen sind 45 Zentimeter breit und erlauben eine maximale Zuladung von 90 Kilogramm bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 220 Kilogramm.
Individuell konfigurierbar ist auch die Antriebseinheit. Kunden und Kundinnen haben die Wahl zwischen drei Varianten. Das E-Cargoville LJ Edition kombiniert den Gen.-3-Performance-Line-Motor von Bosch mit einer 10-Gang-Kettenschaltung von Shimano und dem Intuvia-Display von Bosch. Bei den Versionen Expert und Elite setzt der Hamburger Hersteller auf den Cargo-Line-Motor Gen. 4 von Bosch und die stufenlose Enviolo-Schaltung. Über diese können die Gänge des kettenbetriebenen Modells Expert manuell und die des riemenbetriebenen Modells Elite automatisch geschaltet werden. Beide Varianten sind mit dem Kiox-Bordcomputer von Bosch ausgestattet, der erweiterte Konnektivität bietet. Das Modell Elite ist durch die Vario-Sattelstütze besonders komfortabel in der Sitzhöhe verstellbar. Alle Modelle sind für ein Größenspektrum zwischen 1,60 und 1,90 Meter geeignet. Ein zweiter Akku ist optional erhältlich. Alle Modelle verzögern mithilfe der hydraulischen 4-Kolben-Bremse Magura CMe5.
Verschiedene Optionen für Aufbauten erlauben den komfortablen Transport von Kindern oder Gegenständen. Für Letztere empfiehlt sich die Alloy Box. Sie besteht aus hochwertigem, wetterfestem Aluminium, fasst je nach Ladefläche 150 oder 200 Liter Volumen und ist abschließbar. Die Box ist stoß- und wasserfest sowie auf Schwingungsdämpfern montiert und in beiden Größen kompatibel mit Euro-Boxen in den Maßen 400 x 300, in der Langversion sogar mit Euro-Boxen in 400 x 600 Millimetern Größe. Der Deckel öffnet mithilfe einer Gasfeder.


Bilder: Bergamont

Ein Mokka als Kaffeevariante ist kurz und kräftig und macht wach. Mit ganz ähnlichen Attributen lässt sich auch die neue Radmarke Moca beschreiben: Auf nur 120 mm Radstand hat deren Anbieter Messingschlager ein Cargobike realisiert, das trotz kompakter Abmessungen auch große Menschen und große Lasten nicht scheut. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


Menschen von 1,50 bis 1,95 Meter Größe können auf dem Moca Lasten bis zu 70 kg transportieren, verteilt auf die Front- und Heckgepäckträger. Dabei wurden nicht nur die robusten Gepäckträger für eine entsprechende Belastung ausgelegt. Der Doppelständer bietet beispielsweise mit 100 kg Traglast noch einige Sicherheitsreserven, genauso wie die 4-Kolben-Bremsanlage. Genug Reserven für schwere Lasten bietet zudem der EP6-Cargo-Motor von Shimano samt Batterie mit 630 Wh. Moca legt Wert auf die Feststellung, dass die Räder fertig montiert ankommen und keine weiteren Arbeiten notwendig sind.
Doch Tragfähigkeit ist im Alltag nur eine Qualität, auf die es ankommt. Das Moca bietet darüber hinaus auch eine besonders kompakte Bauweise, die durch einklappbare Pedale und Lenker noch unterstrichen wird. Mit einer Breite von maximal 25 cm passen die Bikes dann in jeden Haus- und Wohnungsflur.


Bilder: Moca

Im neuen Podcast-Format Radwissen destillieren zwei Expertinnen vom Radverkehrsunternehmen Fair Spaces die Erkenntnisse wissenschaftlicher Studien und Projekte. Das Ergebnis sind rund 45 Minuten lange verständliche und spannende Folgen voller Radverkehrsförderung für die Ohren. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


Im Podcast Radwissen stellen Carolin Kruse und Elena Steinrücke aktuelle wissenschaftliche Studien und Forschungsprojekte aus dem Radverkehrskosmos vor. Der Podcast verfolgt das Ziel, deren Erkenntnisse leicht verständlich zu kommunizieren und damit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wichtige Akteure der Radverkehrsförderung können damit wichtige Informationen erhalten und die Projekte und Studien bekommen die angemessene öffentliche Wahrnehmung. Die porträtierten Projekte bringen Praxis und Wissenschaft zusammen. Der Podcast Radwissen ist ein Projekt des Unternehmens Fair Spaces und wird durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr aus Mitteln zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP) gefördert. Pro Folge behandeln die Moderatorinnen und ihre Gäste eine bis vier Studien und diskutieren deren Ergebnisse mitunter kontrovers.
Die Einstiege in die diversen Themen gestalten sie dabei durch spannende Fragen sehr kurzweilig. Die Hörerinnen lernen auch Konzepte hinter den Studien und Projekten kennen, die im Alltag hilfreich sein können. In der ersten Folge geht es um temporäre Maßnahmen. Im Kontext des Projekts „Autofreie Sommerstraße Barbarossa“ etwa bringen die Podcast-Macherinnen das Konzept der planetaren Gesundheit unter und erklären es einfach und nachvollziehbar. Drei Folgen Radwissen sind zum Zeitpunkt dieser Ausgabe bereits veröffentlicht worden. Alle drei bis vier Wochen soll eine nächste erscheinen. 20 Folgen soll die Wissensdatenbank zum Hören in Zukunft umfassen. Die verschiedenen Folgen ergeben eine Reise durch diverse Orte in Deutschland. Die zweite Folge mit dem Schwerpunkt Governance fokussiert das Projekt KoRa zu Umsetzungshemmnissen in der kommunalen Radverkehrsplanung und nimmt die Hörerinnen unter anderem mit nach Frankfurt am Main. Folge drei trägt den Titel „Alle mitdenken!“. Auch das vierte Thema steht bereits fest: Die kommende Folge dreht sich um Wirtschafts- und Lieferverkehr.

Elena Steinrücke hat Geografie studiert und arbeitet als Projektmitarbeiterin bei Fair Spaces unter anderem zu den Schwerpunkten urbaner Räume und nachhaltiger Mobilität.

Carolin Kruse ist Gründerin und Geschäftsführerin von Fair Spaces. Die Betriebswirtin und Verkehrswissenschaftlerin setzt ihren inhaltlichen Fokus auf die kommunale Mobilität sowie die Themen Beteiligung und Bildung.


Podcast Radwissen | Fair Spaces | zu hören bei Spotify, Apple Podcasts und AntennaPod | mehr Informationen unter fair-spaces.de/radwissen


Bilder: Fair Spaces