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Fahrradklimatest zeigt viel Schatten und wenig Licht

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) hat Ende April die Ergebnisse des zehnten Fahrradklimatests veröffentlicht. Die Stimmung hat sich in den Metropolen leicht verbessert und stagniert im ländlichen Raum. Doch auch dort gibt es Positivbeispiele. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


Etwa 245.000 Menschen haben Ende vergangenen Jahres darüber abgestimmt, wie zufrieden sie mit dem Fahrradklima vor Ort sind. So viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen gab es beim ADFC-Fahrradklimatest noch nie. Dadurch kamen 1114 Städte in die Wertung und erzielten im Schnitt eine Note von 3,96. Die 25 fahrradfreundlichsten Städte in verschiedenen Größenordnungen wurden in Berlin unter anderem von Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing ausgezeichnet.

Diese Städte belegten in den jeweiligen Größenklassen die Plätze 1 bis 3 im ADFC-Fahrradklimatest 2022:

„Ich gratuliere den Gewinner-Städten und appelliere an alle, die noch aufholen müssen: Nutzen Sie unsere Förderangebote und investieren Sie in den Radverkehr. Wir unterstützen Sie weiterhin gerne. Im Juli starten wir einen neuen berufsbegleitenden Lehrgang ‚Einladende Radverkehrsnetze planen und umsetzen‘, damit sich die Fachkräfte in den Kommunen weiterbilden können und die Kompetenz für den Radverkehr vor Ort weiter gestärkt wird. Der heutige Termin soll auch signalisieren: Wir stehen gemeinsam an Ihrer Seite, damit überall in Deutschland die Menschen gerne aufs Rad steigen“, so Bundesminister Wissing. In der Pressekonferenz Ende April bedankte er sich außerdem für das Engagement und den Sachverstand, mit dem der ADFC zur Verbesserung des Radverkehrs beitrage. Der Fahrradklimatest sei auch für die Förderprogramme des Bundes sehr wichtig.

Aufholer und Gesamtsieger

Ausgezeichnet wurden neben den besten Städten jeder Größenklasse auch die Aufholer, also Städte, die ihr Ergebnis im Vergleich zum letzten Fahrradklimatest am meisten verbessern konnten. Die stärksten Aufholer in ihrer jeweiligen Ortsgrößenklasse sind:

Die Gewinner-Kommune in diesem Jahr ist die Kleinstadt Wettringen in Nordrhein-Westfalen. Sie erhielt mit 2,0 die beste aller Gesamtwertungen und zusätzlich den Sonderpreis „Radfahren im ländlichen Raum“. Neben einem über 20 Jahre alten Radwegenetzplan und einem Plan für Schulwege führt der Bürgermeister Berthold Bültgerds den Erfolg auch auf komfortable Radwege in die Nachbarorte zurück. Die Auszeichnung freut Bültgerds auch deshalb besonders, weil sie von den Bürgerinnen und Bürgern und nicht von einem Gremium kommt.

Test zeigt, wo Luft nach oben ist

Im Schnitt kamen die kleinen Orte und Gemeinden im ländlichen Raum auf eine Note von 3,8. Nur 44 Prozent von den dortigen Umfrageteilnehmern gaben an, Nachbarorte direkt und komfortabel erreichen zu können. Eine große Rolle kommt im ländlichen Raum Pedelecs zu. In Orten unter 20.000 Einwohnern und Einwohnerinnen nutzen diese 42 Prozent der Befragten. Auch in der Gesamtsicht zeigt der Fahrradklimatest Handlungsfelder auf. 80 Prozent finden die Radwege zu schmal, 72 Prozent sind mit den Falschparkkontrollen auf Radwegen unzufrieden und 70 Prozent fühlen sich beim Radfahren nicht sicher. „Der ADFC-Fahrradklimatest ist ein echtes Stimmungsbarometer“, sagt dazu ADFC-Bundesvorsitzende Rebecca Peters. „Radfahrende wünschen sich bessere und breitere Radwege, weniger Konflikte mit Autofahrenden, weniger Falschparkerinnen auf Radwegen und sichere Baustellenumleitungen. Einige Großstädte haben investiert und konnten sich verbessern. Auf dem Land hingegen tut sich nicht viel, obwohl es auch hier großes Potenzial und viele Möglichkeiten zur Förderung des Radverkehrs gibt. Viele Radfahrende sind unzufrieden. Wir alle wollen, dass sich das ändert. Damit beim nächsten Fahrradklimatest das Gesamtergebnis endlich besser wird, müssen alle an einem Strang ziehen und jetzt gemeinsam in die Pedale treten.“ Der ADFC richtet einen Appell an die Kommunen, die Förderprogramme des Bundes zu nutzen, Schnellbaumethoden einzusetzen und die Bürger und Bürgerinnen partizipieren zu lassen. „Dass die Gesamtnote bei 3,96 liegt, ist noch nicht zufriedenstellend“, fasst Ann-Kathrin Schneider zusammen. Insgesamt sei die Umfrage aber ein Kontext, in dem die führenden Fahrradstädte Deutschlands auch gefeiert werden sollten. Die Umfrage ergab stellenweise auch vergleichsweise hohe Zufriedenheitswerte. Die Erreichbarkeit von Stadtzentren und die Öffnung von Einbahnstraßen für Radfahrende landeten bei 2,7. Die Möglichkeiten zum zügigen Radfahren wurden mit 3,1 bewertet. Die Umfrage des ADFC ist teilnahmeoffen, aber speziell an Radfahrende gerichtet. Sie ist aufgrund der hohen Teilnehmerinnenzahl zwar aussagekräftig, allerdings nicht repräsentativ für die Bevölkerung. Die Ergebnisse im Detail hat der ADFC online veröffentlicht.


Bilder: ADFC