Die Kanalpromenade in Münster wurde 2023 mit dem Deutschen Fahrradpreis in der Kategorie Infrastruktur ausgezeichnet. Der neue Radweg ist auf ganzer Länge beleuchtet – sobald Bedarf besteht. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2023, Dezember 2023)


„Man muss komfortable Radwege bauen, um Menschen vom Radfahren zu überzeugen“, sagt Andreas Groot-Körmelink vom Amt für Mobilität und Tiefbau in Münster. Der Fuß- und Radweg entlang des Dortmund-Ems-Kanals war schon vorhanden und wurde auch von Pendlerinnen genutzt. Doch für die Fahrradstadt Münster bedeuten gute Radwege auch, dass diese eine ausreichende Breite, radfahrfreundliche Oberflächen und sichere Routenverläufe bieten müssen. Ein gutes Sicherheitsgefühl gehört sowieso dazu. 2019 stellte die Stadt ein Pilotprojekt eines Radwegs am Dortmund-Ems-Kanal fertig, der mit adaptivem Licht ausgestattet war. Zur Evaluation gab sie Umfragen vor Ort und online in Auftrag. Auf die Frage, ob der oder die Radfahrerin den Weg mit Beleuchtung nun öfter nutzen würden, antworteten 24 Prozent der Nutzer*innen mit „Ja“. Bei Frauen unter 40 Jahren waren es sogar 28 Prozent. Bestärkt konnte man dieses Vorhaben vorantreiben. Insgesamt 27 Kilometer Radweg von Norden nach Süden und mit Anbindungen zum Stadtkern hin werden es schließlich sein. „Gleichzeitig zu den Umfragen der FH Münster wurde und wird das Projekt konsequent durch Öffentlichkeitsarbeit begleitet“, erklärt Katharina Thomalla vom Fahrradbüro der Stadt, das bei der Entwicklung enger Partner des Amtes war. „Das ist sehr wichtig, um wirkliche Akzeptanz zu erreichen.“

Insgesamt 27 Kilometer von Nord nach Süd läuft die Kanalpromenade in Münster. Ein Großteil davon (es fehlt noch Abschnitt 2) ist mittlerweile zum Komfort-Rad- und Fußweg ausgebaut, mit vier Metern Breite, sehr leicht laufendem Belag und adaptiver Beleuchtung.

„Wie beim Kühlschrank, wenn die Tür zu ist“

Gerade in Sachen Licht muss die Öffentlichkeit aufgeklärt und einbezogen werden. Aber auch Institutionen und Verbände werden kontaktiert. „Wir haben schon im Vorfeld mit Vertretern des NABU und dem BUND gesprochen“, so Groot-Körmelink. Zur fachlichen Expertise hat Münster bei der Entscheidung auch mit dem Leibniz-Institut zusammengearbeitet. Adaptives Licht wird heute allgemein als Teil der Lösung angesehen und so war es auch im Fall der Kanalpromenade. Als Technik kommen dort Infrarot-Sensoren zum Einsatz, die an den Leuchtmasten befestigt oder in das System integriert werden können. Sie nehmen herannahende Menschen wahr und dimmen das Licht nach oben. Etwa zwei bis drei Lux reichen für die Beleuchtung des vier Meter breiten Weges. „Aber natürlich gibt es noch weitere Parameter“, so der Ingenieur. Auch wichtig ist nur auf den Weg fokussiertes Licht. Wir haben uns nach Beratung für warm-weißes LED-Licht entschieden“, sagt Groot-Körmelink. Die Lichttemperatur liegt bei etwa 2700 Kelvin. In diesem Licht sind Gelb-, Orange- und Rotanteil hoch. Das vermindert den Insektenanflug, darüber hinaus empfinden es aber auch die Menschen als angenehmer. Die LEDs gelten als fünfmal weniger umweltschädlich als Halogenlicht, was vor allem auf den Herstellungsprozess und den Stromverbrauch zurückzuführen ist.

Adaptives Licht an Münsters Projekt am Kanal: Nähert sich Radfahrerin oder Fußgängerin, registieren das die Sensoren der nächsten Leuchten und fahren die Lichtstärke hoch.

Einsparungen durch Adaptivität

Die Kosten für das vom Bund geförderte Projekt sind relativ überschaubar. Für die Beleuchtung auf derzeit zehn Kilometern wurden 1,2 Millionen Euro investiert. Auf der anderen Seite kann sich die Einsparung der Energiekosten durch adaptives Licht sehen lassen. Etwa 70 Prozent der Kosten lassen sich im Winter damit sparen, ohne Sicherheitseinbußen gegenüber dauerhaft leuchtenden Lichtquellen. In den fünfeinhalb Stunden zwischen 23.00 Uhr und 4.30 Uhr morgens waren auf der Testroute die Leuchten im Winter gerade vier Minuten pro Stunde hochgedimmt. Dass das mit dem deutschen Fahrradpreis 2023 prämierte Projekt gelungen ist, liegt für Thomalla im Wesentlichen daran, „dass sich die Leute sicher und wohl fühlen.“ Ohne Licht gibt es keine Sicherheit – und ohne Sicherheit ist ein Weg zur Steigerung des Radverkehrs nicht bestreitbar.
Weil in einigen Abschnitten auch Glasfaserleitungen verlegt werden sollten und man so gemeinsame Gräben nutzen konnte, setzte Münster laut Groot-Körmelink auf Netzstrom. Für einen nächsten Abschnitt wird aber der Betrieb mit Solarenergie getestet.
Der Erfolg ist nicht nur in Zahlen messbar: „Die Kommunen im Norden und Süden Münsters wollen ihre Wege entlang des Dortmund-Ems-Kanals auch weiter ausbauen“, erklärt Thomalla.


Bilder: Michael C. Möller, Stadt Münster, Sellinger Griesbach GmbH

Um Radverkehr übersichtlich auszuschildern, ist viel Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Kommunen und ausführenden Akteuren notwendig. In Hessen sollen eine gemeinsame Katasterdatenbank und öffentlich verfügbare Software die Planung und Kooperation erleichtern. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2023, Dezember 2023)


„Ein Wegweiser muss ins Auge fallen, die Nutzenden machen sich keinen Kopf darüber, wo der nächste Wegweiser steht“, sagt Wolfgang Schuch. Er arbeitet im Sachgebiet Radwegweisende Beschilderung im Straßen- und Verkehrsmanagement bei Hessen Mobil. Gemeint ist, dass Radfahrerinnen nicht suchen wollen, wo ein weiterer Wegweiser an der Kreuzung steht. Gute Wegweiser sind intuitiv verständlich, einfach aufzufinden und lassen sich schnell überblicken. Auch dass sie weitgehend einheitlich sind, ist laut Schuch entscheidend. Wer Wegweiser plant und montiert, muss auf einige Dinge achten. Wo es einen nicht benutzungspflichtigen Radweg gibt, müssen Schilder auch für Menschen, die auf der Straße fahren, einsehbar sein. Die Mon-teurinnen müssen außerdem genug Abstand zu Bäumen wählen und einkalkulieren, dass verschiedene Arten verschieden schnell an den Pfosten heranwachsen und ihn schließlich überdecken können.

„Jeder einzelne Planende macht alles richtig, aber in der Summe ist es trotzdem falsch.“

Wolfgang Schuch, Hessen Mobil

Stressfaktor Orientierung

Diese Aufgabe ist schon innerhalb einer Kommune nicht trivial. Dort, wo verschiedene Radverkehrsnetze und ihre Beschilderungen aufeinandertreffen, herrscht oft Chaos. Um diesem Problem zu begegnen, leitet Schuch ein Projekt, bei dem Hessen kommunale und regionale Datenbanken zusammenführt. Ob Voll- oder Zwischenwegweiser, dank dieser gemeinsamen Datengrundlage lässt sich einsehen, wie das Radnetz vor Ort aussehen soll und wo bereits welche Schilder stehen. Wenn sich etwas ändert oder das Netz überarbeitet wird, können Planerinnen ermitteln, welche Wegweiser anzupassen sind. Dieses Wissen hört durch Schuchs Projekt nicht mehr an den kommunalen Grenzen auf und ist inzwischen beinahe flächendeckend in Hessen verfügbar. Fehlende Orientierung ist ein wichtiger Stressfaktor im Radverkehr, erzählt Wolfgang Schuch. Daraus leitet er den Handlungsauftrag ab, dass Wegweisung einfach sein muss. „So wie ich mit dem Auto jedes Ziel und jedes Dorf finde, muss es mit dem Fahrrad auch sein.“ Das scheitere aber oft an mangelnder Abstimmung zwischen verschiedenen Kommunen und koste auf Dauer das Vertrauen der Nutzerinnen in die Wegweiser, erklärt Schuch. „Jeder einzelne Planende macht alles richtig, aber in der Summe ist es trotzdem falsch.“

Wie es aussehen sollte (links) und wie es nicht aussehen sollte (rechts): Wegweiser sollten auf einen Blick zu erfassen und intuitiv verständlich sein.

Die hessische All-in-one-Lösung

Vor fünf Jahren fiel die Entscheidung, die Wegweisung in Hessen mit einer gemeinsamen Katasterdatenbank und Software zu fördern. Auch in anderen Bundesländern gab es bereits ähnliche Vorstöße. Nordrhein-Westfalen bietet seinen Kommunen beispielsweise ein gemeinsames Kataster, jedoch keine durchgängige Planung. Die hessische All-in-one-
Lösung ist also durchaus etwas Besonderes. „Wir haben die Daten und Datenbanken ab 2020 zusammengeführt“, erzählt Schuch. Insbesondere an den Grenzen zwischen kommunalen Zuständigkeitsgebieten herrschte vielerorts Durcheinander durch sich doppelnde Wegweiser und unterschiedliche Ziele, die darauf ausgeschildert waren. „Man kann sich vorstellen, dass wir die Probleme, die man an den Knoten vor Ort hatte, auch in den Datenbanken hatten. Wir sind immer noch dabei, das auszubügeln.“
Zu Beginn des Projekts gab es zehn verschiedene Datenbanken. Schuch und sein Team nahmen die größte von ihnen und fingen an, die kleineren Datenbanken in diese zu integrieren. Eine letzte Datenbank befindet sich aktuell noch in diesem Prozess. Wolfgang Schuch: „In Hessen hatten wir das Glück, dass alle Datenbanken die gleiche Software hatten und vom Netz nicht sehr miteinander verschränkt sind außerhalb der Grenzbereiche.“ Die Datenbank erhält bereits knapp 30.000 Kilometer Radverkehrsnetz und wird noch bis auf 40.000 Kilometer anwachsen, auch aufgrund bestehender Neuplanungen, schätzt Schuch. Im ländlichen Raum gibt es im Schnitt rund ein Kilometer Netz pro Quadratkilometer, in den Städten sind es rund drei Kilometer auf derselben Fläche. „Das sind ganz andere Dimensionen, die weit größer und viel dichter sind als bei der Autowegweisung.“ Auf dem Netz, das die Grundlage der Datenbank bildet, sind die Routen und schließlich die einzelnen Ziele für die Wegweiser hinterlegt. Diese lassen sich über sogenannte Zielspinnen planen, also Arme, die zu einem Punkt führen. Schwierig ist der Prozess, die Datenbanken zusammenzufassen auch deshalb, weil Dopplungen und andere Fehler ausgemerzt werden müssen, während laufend neue Infrastruktur entsteht und geplant wird.

„So wie ich mit dem Auto jedes Ziel und jedes Dorf finde, muss es mit dem Fahrrad auch sein.“

Wolfgang Schuch, Hessen Mobil

Kommunikation ist der Schlüssel

Nicht nur im Projektkontext, sondern auch in normalen Planungsverfahren werde oft unterschätzt, wie groß der Bedarf nach Kommunikation eigentlich ist. Es gilt, Nachbarkommunen, Kreise, die Macher*innen des Radnetzes des Landes oder Tourismusorganisationen einzubeziehen. Der Kommunikationsaufwand müsse auch in die Planung einkalkuliert und in Ausschreibungen aufgenommen werden. Der Austausch ist heutzutage, in bestehenden Systemen, noch zentraler als früher. „Man muss sehen, dass da ein Wechsel stattfindet. Die Planungsbüros, die heute Fachplaner für die Wegweisung sind, haben gelernt, auf der grünen Wiese oder dem leeren Blatt zu planen“, erläutert Wolfgang Schuch. Er plädiert für deutlich höhere Budgets, die der Kommunikation zugeordnet sind. Diese seien nämlich schnell aufgebraucht, wodurch sich Absprachen dann auf ein Minimum beschränken. Selbst bei der Standortwahl von Wegweisern wird der Prozess oft mit einer Mail abgeschlossen, in der Hoffnung, dass kein Widerspruch zum vorgeschlagenen Ort aufkommt.

38.000

Kostenlose Software mit vielen Funktionen

Zumindest ein Teil dieses Aufwands kann die Software abfangen, die Hessen Mobil den Gemeinden des Bundeslands, aber auch den Planungsbüros kostenlos zur Verfügung stellt. Diese Anwendung basiert auf der am Markt sehr verbreiteten Software VP-Info, deren Zugriffsrechte sich in dieser Variante zusätzlich noch genauer steuern lassen. Ihre Nutzung ist keine Pflicht, sondern ein Angebot. Auch mit anderen geografischen Informationssystemen ist die Anwendung kompatibel. Das Land stellt gewisse Förderungen allerdings nur unter der Prämisse zur Verfügung, dass die Daten später in die landesweite Datenbank eingepflegt werden.
Die kostenlose Software soll unter den Planungsbüros Gleichberechtigung schaffen, da die Kosten für spezialisierte Software kein Ausschlusskriterium mehr sind. Wer einen Auftrag erhält, kann für einen befristeten Zeitraum nicht nur Informationen einsehen, sondern ist auch berechtigt, sie einzutragen. Ein Nebeneffekt, so erzählt Schuch außerdem, ist, dass die Kosten sich besser abschätzen lassen und die Firmen präziser auf Ausschreibungen reagieren können. Der Grund: Die Planungsbüros können sehen, welche Ausstattung und Daten vor Ort bereits vorhanden sind.
Die Zahlen der Nutzer*innen sind seit Bestehen der Software stark nach oben geschnellt, sagt Schuch. Waren es im Mai 2021 noch 12 Büros und Kommunen, sind es mittlerweile fast 40. Fast 38.000 Pfosten sind in der Datenbank hinterlegt. Sie dient nicht dem Planen von Netzen, sondern der Entwicklung von Wegweisern auf vorhandenen Netzen. Wenn etwa thematische Sonderrouten aufgesetzt werden, können diese auch hinterlegt werden. Die Software fügt das passende Sonderzeichen automatisch bei den jeweiligen Wegweisern ein und errechnet automatisch Kilometrierungen vom Wegweiser zum Ziel, das er ausschildert. Für die Ausschreibungen, die Herstellung und schließlich die Montage vor Ort ist die Software ebenfalls essenziell. Sie ermittelt, welches Material gebraucht wird, und hilft schließlich sogar bei der Abrechnung, gegebenenfalls aufgeteilt auf die verschiedenen Kostenträger. Selbst Fotos von der Situation vor Ort lassen sich hinterlegen. Die Hilfestellung geht so weit, dass die Software sogar warnt, wenn ein geplanter Pfosten mit der Windlast der an ihm geplanten Schilder überlastet sein dürfte.

Die gemeinsame Datenbank für Wegweisung in Hessen erleichtert viele Arbeitsschritte, von der Planung und Ausschreibung bis hin zur Herstellung und Montage. Mittels Software lassen sich Materialbedarfe planen und Kosten aufteilen.

„Wegweisung bleibt nicht für die Ewigkeit“

Bedarf für diese Anwendung gibt es viel. Das liegt mitunter daran, dass sich die Art, wie Wegweiser geplant werden, verändert hat. Wurde vor 15 Jahren die Wegweisung am Fernziel Cölbe ausgerichtet, muss heute das Oberzentrum Marburg gewählt werden, erklärt Schuch exemplarisch. „Wenn alle Fernziele ausgetauscht werden, muss die Wegweisung komplett neu gemacht werden. Das ist komplex, das ist nicht trivial. Mittlerweile gibt es diverse Player, den Kreis, die Gemeinden, die ein eigenes Netz haben, das Landesnetz und so weiter. Und die muss man alle unter einen Hut bekommen.“
Und noch etwas hat sich geändert, erklärt Wolfgang Schuch: „Wenn ich eine Wegweisung aufstelle, bleibt die ja nicht für die Ewigkeit. Einerseits muss ich sie jedes Jahr kontrollieren, am besten zwei Mal im Jahr. Andererseits muss man die Wegweisung nach zehn Jahren komplett neu machen, weil sich der Raum verändert hat.“ Die Herausforderung guter Wegweisung ist also wiederkehrend. Der Aufwand, den Schuch und sein Team für das landesübergreifende Projekt betreiben, dürfte sich deshalb dauerhaft lohnen. Das Problem, dass Beschilderung an Grenzen oft Verwirrung für die Nutzer*innen stiftet, gibt es nicht nur zwischen verschiedenen Kommunen. Hessen Mobil sucht deshalb auch das Gespräch mit anderen Bundesländern, an deren Grenzen sich Datensätze verschränken. Ein gemeinsames Ziel zu verfolgen, ist wichtig, sagt Schuch. Nur wenn jeder einzelne am selben Strang zieht, ist im Hinblick auf Wegweisung die Summe nicht mehr falsch.


Bilder/Grafiken: Hessen Mobil

Christian Rudolph verantwortet als Professor das Masterstudium Radverkehr an der TH Wildau. Im Interview mit Veloplan spricht er über den Fachkräftemangel, den Austausch mit Unternehmen und dem Ausland und Sicherheit als höchstes Gut des Radverkehrs. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2023, Dezember 2023)


In Städten und Gemeinden wird der Radverkehr vielfach vom Fachkräftemangel gebremst. Worauf ist der eigentlich zurückzuführen?
Wir haben in den letzten Jahren viel zu wenige Studierende im Bereich Verkehr und Mobilität zu verzeichnen. Was ich wiederum gar nicht verstehen kann, bewegen wir uns doch alle statistisch jeden Tag im Schnitt rund eine Stunde im Verkehr. Bei den aktuellen Staus und Verspätungen, müsste doch jeder das Bedürfnis haben, das System zu verbessern. Ich denke, besonders problematisch ist, dass das Thema Verkehr in den letzten Jahren politisch so aufgeheizt ist, da will sich niemand die Finger verbrennen. Zudem machen sich die geburtenschwachen Jahrgänge nun bemerkbar, was allgemein die niedrige Absolventenzahl betrifft.
Was wir aber auf jeden Fall sagen können: Radverkehrsplanerinnen und -planer werden deutschlandweit händeringend gesucht! Sowohl die öffentliche Hand als auch private Planungsbüros bekommen ihre offenen Stellen in diesem Bereich nicht besetzt. Hier haben unsere Absolventinnen und Absolventen tolle Chancen, einen attraktiven Beruf zu bekommen. Im Rahmen des Studiums geben wir unterschiedlichsten Institutionen die Möglichkeit, von ihren Projekten und aktuellen Fragestellungen zu berichten und den Studierenden Einblicke in das jeweilige Berufsbild zu geben. So bauen die Studierenden schon während des Studiums ein breites Netzwerk auf, das ihnen nach dem Studium zur Verfügung steht.

„Der Austausch mit dem Ausland ist immens wichtig, um überhaupt mal andere Planungsphilosophien mitzukriegen.“

In den letzten Jahren hat das Thema Radverkehr schon durch die sieben Stiftungsprofessuren mehr Präsenz in der deutschen Hochschullandschaft bekommen. Wie ist Deutschland denn insgesamt akademisch aufgestellt für diesen Schwerpunkt?
Durch die Verbindungen, die die Stiftungsprofessuren auch zum Ausland aufgenommen haben, vor allem nach Dänemark und in die Niederlande, ist der internationale Austausch mit Best Practices da. Aber der Bekanntheitsgrad, also dass Radverkehr ein eigenes Studienfach ist, ist leider noch zu gering. An 7 von über 400 Hochschulen gibt es nun die Professuren Radverkehr. Das fühlt sich an wie der bekannte Tropfen auf den heißen Stein.
Dennoch ist das Wissen um gute Radverkehrsplanung an den deutschen Hochschulen grundsätzlich vorhanden. Aber fehlendes Personal und langwierige Planungsprozesse bremsen die Mobilitätswende förmlich aus. Wenn wir die Verkehrswende wollen, können Planfeststellungsverfahren für Radschnellwege nicht 15 Jahre dauern, sondern es muss deutlich zügiger gehen. Daher ist es ganz wichtig, dass die Mobilitätswende stärkeren politischen Rückwind bekommt – und zwar auf allen Ebenen!

Christian Rudolph ist Professor an der TH Wildau in Brandenburg. In der Lehre greift er auf ein Netzwerk an Kontakten zurück, das seine Mitarbeiter*innen und er in vielen Jahren der Mobilitätsforschung aufgebaut haben.
Das Studium bei Christian Rudolph findet nicht nur im Hörsaal statt. Exkursionen ins Ausland spielen im Radverkehrsmaster an der TH Wildau eine wichtige Rolle. Dort lassen sich andere Planungsphilosphien hautnah erleben.

Was sind die typischen Bachelor-Studiengänge, auf deren Grundlage die Studierenden in den Radverkehrsmaster starten und in denen der Radverkehr vielleicht noch mehr Gewicht braucht?
Zunächst natürlich alle Studiengänge, die sich mit dem Verkehrs- und Transportwesen auseinandersetzen. Und natürlich Stadt- und Raumplanungsstudiengänge. Zudem bieten Studiengänge wie Verkehrsgeogeografie, Bauingenieurwesen, Geoinformatik und Logistik ein gutes Fundament für unser Masterstudium Radverkehr. Diese Studiengänge erfüllen die Zulassungsvoraussetzungen, alles andere muss man prüfen.

Wie genau wissen Sie denn, wie die Studierenden auf den Master-Studiengang gestoßen sind?
Das ist dann so divers wie die Kanäle, auf denen wir dafür werben. Ich habe mal ein Interview mit Mario Barth morgens im RBB gehabt, das hatte der Bruder eines unserer Studierenden gehört. Eine Woche später saß der bei uns in der Vorlesung. Andere kommen auch über Info-Webseiten und Webportale, Mundpropaganda, unsere Projekte oder meinen Instagram-Kanal zu uns. Tatsächlich ist es eine Blackbox für uns, welche Kanäle wir bespielen müssen, um junge Leute mit unseren Themen zu erreichen.

Radverkehr ist eingebettet in ein diverses Verkehrssystem und kann nicht einzeln betrachtet werden. Der Schwerpunkt des Masterstudiums Radverkehr an der TH Wildau liegt daher auf intermodalen Verkehrsnetzen.

Sie haben viele externe Unternehmen und Institutionen in Ihren Lehrveranstaltungen zu Gast. Wie kommen diese Kooperationen zustande?
Das basiert im Großen und Ganzen auf den Netzwerken, die ich und meine Mitarbeitenden in den letzten Jahren aufgebaut haben. Ich bin nun schon über 13 Jahren in der Mobilitätsforschung und konnte mir ein breites Netzwerk aufbauen. Die Zusammenarbeit ist super bereichernd, macht viel Spaß und bereichert die Seminare extrem. Wenn wir zu einem Thema niemanden aus unseren Netzwerken kennen, dann wird kurzerhand die Suchmaschine angeschmissen und zum Hörer gegriffen.
So ist auch der Kontakt zu Ecocounter entstanden, einem Hersteller für Zählgeräte, die den Radverkehr erfassen können. Mittlerweile war die Firma schon zweimal zum Semesterstart mit einer mobilen Zähleinheit bei uns auf dem Campus. Die Studierenden lernen, wie man das Zählgerät in Betrieb nimmt und wie die Funktionsweise ist. Sie sollen dann selbst das pneumatische System auf dem Boden befestigen. Und dann wird das System getestet. Das ist ein cooles Gimmick.
Die Zusammenarbeit mit der FH Amsterdam lief umgekehrt. Hier hat mich der Dozent angeschrieben, ob wir Lust auf eine Kooperation hätten. Wir waren nun schon zweimal mit unseren Studierenden in Amsterdam und Utrecht und die Niederländer haben uns auch schon zweimal besucht. Die Exkursion zum weltgrößten Fahrradparkhaus gehört mittlerweile fest zum Studium dazu.

Würden Sie Unternehmen generell empfehlen, vermehrt auf die Unis zuzugehen, um Partnerschaften einzugehen oder sich präsent zu zeigen?
Warum nicht? Das obliegt dann immer dem jeweiligen Studiengangssprecher oder Modulverantwortlichen, ob er dem dann auch Raum geben will. Fachhochschulen sind ja grundsätzlich anwendungs- und praxisorientiert. Auch bei den Masterarbeiten liegt die Priorität darauf, dass die Studierenden in einem Unternehmen ihre Abschlussarbeit schreiben. So können sie meist ein reales Problem bearbeiten und schon etwas Praxisluft schnuppern. Also klar, ich würde jedem Unternehmen empfehlen, auf die Hochschulen zuzugehen, sich zu präsentieren oder gemeinsame Projekte zu initiieren, semesterbegleitend oder als Abschlussarbeit.

„Planerinnen und Planer müssen lernen, Angsträume zu vermeiden, also dunkle, nicht einsehbare Ecken in Fahrradabstellanlagen und Parkhäusern zum Beispiel.“

Die Exkursionen scheinen ein Highlight des Studiums zu sein. Wie wichtig ist dieser Austausch, um den Radverkehr voranzubringen, und wie übertragbar sind die Dinge, die man in anderen Ländern lernen kann?
Aus meiner Sicht ist es extrem wichtig, die Menschen – gerade auch Entscheidungsträger – einmal in diesen Kontext zu bringen, um ihnen zu zeigen, wie sich eine Welt anfühlen kann, in der der Radverkehr ein gutes Ökosystem hat. Niederländische Städte wie Utrecht, Zwolle, Den Haag und Amsterdam eignen sich besonders gut. Hier kann man direkt erleben, wie es sich anfühlt, eine ausreichende Infrastruktur zu haben, sodass man bequem nebeneinander fahren und sich dabei unterhalten kann. Solche Erfahrungen können zu einem Sinneswandel beitragen. Wenn man in das Fahrradparkhaus in Utrecht einfährt und an 12.000 Fahrrädern vorbeifährt, das hat schon Impact. Von daher ist dieser Austausch immens wichtig, auch um überhaupt mal andere Planungsphilosophien mitzukriegen: Hier wird zuerst für den Fuß- und den Radverkehr geplant, dann für das Kfz. Das ist eine ganz andere Herangehensweise, die sich in den letzten 50 Jahren in den Niederlanden entwickelt hat. Vorher war da ja auch alles autoorientiert.

Sicherheit ist für Christian Rudolph das höchste Gut des Radverkehrs. Deshalb bekommt dieses Thema auch im von ihm verantworteten Master viel Aufmerksamkeit. Die zukünftigen Expert*innen, die Radverkehr studieren, werden auf dem Arbeitsmarkt händeringend gesucht.

Am meisten Austausch besteht also mit den Niederlanden. Welche Länder sind sonst noch wichtig?
Im Sommer hatten wir eine Roadshow, das ist ein Format, bei der sich die sieben Stiftungsprofessuren mit ihren Themen der Öffentlichkeit präsentieren können. Das findet online statt, ca. ein bis zwei Stunden in der Mittagspause. Neulich hatten wir Oboi Reed aus Chicago zu Gast, der zum Thema Inklusion und Alltagsrassismus einen Vortrag gehalten hat. Das ist auch ein Thema, das uns sehr umtreibt, also der diskriminierungs- und barrierefreie Zugang zu Mobilität für alle.
In Dänemark sind wir noch auf der Suche nach Partnern, gerade die Metropole Kopenhagen mit dem größten Radschnellwegenetz der Welt ist eine äußerst spannende Region.

Worum geht es bei dem Thema Diskriminierungs- und Barrierefreiheit im Detail?
Auf der einen Seite geht es darum, dass der öffentliche Raum für alle da ist und sich alle sicher fühlen müssen. Jeder Mensch nimmt den öffentlichen Raum anders wahr und fühlt sich unterschiedlich sicher beziehungsweise bedroht. Ein Mann nimmt ihn anders wahr als eine Frau, ein Kind anders als ein Erwachsener und je nach kulturellem Background werden Situationen anders eingeschätzt beziehungsweise wahrgenommen.
Auf der anderen Seite müssen Planerinnen und Planer lernen, Angsträume zu vermeiden, also dunkle, nicht einsehbare Ecken in Fahrradabstellanlagen und Parkhäusern zum Beispiel. In Deutschland ist es im Winter nun mal ab 16 Uhr dunkel.
Wir wollen die Studierenden dafür sensibilisieren, dass der Radverkehr immer diverser wird: Fatbikes, Lastenräder, Fahrräder mit Anhängern, Elektroräder, E-Scooter usw. weisen sehr unterschiedliche Geschwindigkeitsniveaus auf. Mit Elektrofahrrädern beziehungsweise Dreirädern können auch ältere Leute noch lange mobil sein und so ein weitestgehend von Dritten unabhängiges Leben führen. Dies führt zu Herausforderungen bei der Planung. Für ältere Menschen mit schwerem Fahrrad stellen hohe Bordsteine schnell mal ein unüberwindbares Hindernis dar. Wir sensibilisieren die Studierenden für die unterschiedlichen Nutzungsansprüche.

„Fühlen die Menschen sich subjektiv nicht sicher, nutzen sie das Fahrrad nicht als Alltagsfahrzeug, und sind sie objektiv nicht sicher, dann ist ihr Leben faktisch gefährdet.“

Welcher der Themenschwerpunkte im Master liegt Ihnen als Professor besonders am Herzen?
Das ist eigentlich schon die Sicherheit. Fühlen die Menschen sich subjektiv nicht sicher, nutzen sie das Fahrrad nicht als Alltagsfahrzeug, und sind sie objektiv nicht sicher, dann ist ihr Leben faktisch gefährdet. Von daher ist die Sicherheit das höchste Gut der Radfahrenden und das Thema, das alles überspannt. Und es betrifft natürlich alle, aber besonders Kinder, die sich noch nicht so gut konzentrieren können und auch mal einen Fahrfehler machen, und ältere Menschen, die vielleicht nicht mehr so gut die Balance halten können. Deshalb brauchen wir sichere, baulich separierte Infrastrukturen und eine Geschwindigkeitsharmonisierung unter den verschiedenen Verkehrsteilnehmenden.
Das wäre ein großer Gewinn für alle. Bei hohem Verkehrsaufkommen und hohen Geschwindigkeiten sind Infrastrukturen anzuwenden, die diese Verkehre trennen. Bei Protektionselementen besteht die große Herausforderung, wie sich diese städtebaulich verträglich einbinden lassen. Zu diesem Thema läuft gerade eine Masterarbeit bei uns im Studiengang. Der Student setzt sich mit den Anforderungen der Träger öffentlicher Belange, also Müllabfuhr, Feuerwehr, Rettungsdienst, Polizei, Reinigungsdienste etc. auseinander. Ich denke, die Arbeit wird spannende Erkenntnisse hierzu hervorbringen.

Der Master an der TH Wildau hat den Schwerpunkt „Radverkehr in intermodalen Verkehrsnetzen“. Wie kam dieser Fokus zustande?
Meine Kollegen haben die Grundstruktur des Masterstudiums kreiert. Sie hatten die Idee, den Radverkehr nicht singulär zu betrachten, sondern integriert in das Gesamtverkehrssystem, um die Stärken des jeweiligen Verkehrssystems bestmöglich ausnutzen zu können. Über intelligente Verknüpfungen kann die Kombination Fahrrad-ÖPNV eine attraktive Alternative zum Kfz-Verkehr darstellen.
Um den Umweltverbund – also Fußverkehr, Radverkehr und ÖPNV – zu stärken, braucht es Schnittstellen auf der technologischen, aber auch auf der informatorischen Seite. Den Reisenden müssen alle Informationen zu den bestehenden Mobilitätsangeboten zur Verfügung gestellt werden. Da geht es dann auch um nahtlose Abrechnungsmodelle, zum Beispiel bei der Integration von Sharing-Angeboten.

Wie bewerten Sie das Thema Fahrradmitnahme im Zug als Kombination von ÖPNV und Radverkehr?
Das ist in der Tat ein komplexes Thema und es gibt keine allgemeingültige Antwort. Wir wollen natürlich nicht, dass alle Berufspendler ihr Fahrrad morgens in der Rush-Hour mit in die U-Bahn nehmen. Hier sind gute Abstellmöglichkeiten am Bahnhof auf der ersten Meile und Sharing-Angebote auf der letzten Meile gefragt. Auf der anderen Seite macht es natürlich Spaß, mit seinem eigenen Fahrrad am Wochenende mit dem Zug raus aus der Stadt zu fahren, um dort gleich im Grünen die Radtour beginnen zu können. An warmen langen Wochenenden stellt die Fahrradmitnahme für die Betreiber eine große Herausforderung dar. Da muss man schauen, wie man in diesen Zeiten Züge mit ausreichend Kapazitäten zur Mitnahme zur Verfügung stellen kann.


Bilder: TH Wildau – Mareike Rammelt, Christian Rudolph, TH Wildau, Uwe Voelkner – Fotoagentur FOX

Mountainbiken trägt in der norditalienischen Region Garda Trentino stark zum Tourismus bei. Ein neues Beschilderungssystem für die Touren und Trails soll für mehr Übersicht sorgen und das Erlebnis für die Mountainbiker*innen auf ein neues Level heben. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2023, Dezember 2023)


Noch vor wenigen Jahren war es alles andere als einfach, sich als Mountainbikerin in der Region Garda Trentino zurechtzufinden. Die Beschilderung war unübersichtlich und teilweise redundant. „Wir hatten unheimlich viele Schilder und Strecken, die sich zum Teil wiederholen. Das hilft unseren Gästen nicht dabei, sich zu orientieren, sondern bewirkt das Gegenteil“, erklärt Stefania Oradini. Sie leitet ein Projekt, mit dem der Tourismusverband der Region die Bewohnerinnen und Gäste so übersichtlich wie nie über die vielen Mountainbike-Strecken informieren will. Diese Aufgabe, so zeigt Oradini, ist nicht trivial. Die Region betreibt den großen Aufwand auch deshalb, weil der Mountainbike-Sport eine große wirtschaftliche Bedeutung für den Tourismus in Garda Trentino hat. 6 von 10 Outdoor-Urlauber kommen wegen des Radfahrens zu Besuch.

Ein übersichtlicher Standard

Bei dem neuen Beschilderungssystem setzen Oradini und ihr Team auf das International Trail Rating System (ITRS). Dabei handelt es sich um einen Beschilderungsstandard des Verbandes International Mountainbike Association (IMBA). Dieser fand in Garda Trentino erstmals von Grund auf Anwendung. Oradini kommentiert: „Das ITRS ist eine Zusammenfassung aller Systeme, die in den Alpen benutzt wurden. In der Schweiz, bei Davos, wurde es schon eingesetzt. Wir sind aber die erste Destination, die dabei ist, ihre Beschilderung mit dem ITRS zu entwickeln. Ende September haben wir einen praktischen Kurs gemacht mit der IMBA, um zu sehen, wie man eine Tour bewertet, um das System noch weiter zu verbessern.“ Dabei sei spürbar, dass das ITRS noch ein Work-in-progress ist. Es sei aber schön, sich daran beteiligen zu können. Mit der Mountainbike-Organisation IMBA pflegt Oradini einen regen Austausch.
Das ITRS basiert auf vier Farbcodes, nach denen vier Routeneigenschaften kategorisiert werden. Grün ist die leichteste Stufe, gefolgt von Blau, Rot und Schwarz. Als Kategorien bewertet die IMBA Strecken gemäß ihrer Ausdauer, Exponiertheit und Wildnis, also wie entlegen eine Route ist. Bei der vierten Kategorie technische Schwierigkeit kommen nicht nur Farben, sondern auch verschiedene Symbole zum Einsatz, die mit diesen korrespondieren. Die leichtesten Trails sind mit grünen Kreisen, schwerere dann mit einem blauen Quadrat, einem roten Dreieck oder einer schwarzen Raute versehen. Nicht nur in dieser Hinsicht läuft die Einteilung bei der technischen Schwierigkeit etwas anders ab. Mit der orangefarbenen Doppelraute gibt es eine fünfte Stufe für technisch besonders extreme Mountainbike-Strecken. Diese Symbolsprache geht auf das US-amerikanische Bewertungssystem für Skipisten zurück und wurde in dieser Form vom Walt-Disney-Konzern entwickelt, als das Unternehmen in den 1960ern Pläne verfolgte, ein Ski-Resort zu eröffnen.

„Wenn ich sehe, dass die Strecke technisch schwarz ist, muss ich vielleicht etwas anderes auswählen, wenn ich kein Profi bin.“

Stefania Oradini, Garda Trentino

Perspektivisch soll das neue Beschilderungssystem in der ganzen Region Garda Trentino zum Einsatz kommen. Die Region arbeitet dafür mit einem Beschilderungsstandard der International Mountainbike Association.

Neues Streckennetz mit mehr Informationen

Oradini stellt dar, wie die Region dabei vorging, das neue System zu implementieren: „Wir haben über die Alpen geschaut und sind bei dieser Firma fündig geworden. Sie hat das Leitsystem nicht nur für Südtirol, sondern auch für andere Regionen wie das Salzburger Land und Tirol erstellt.“ Gemeinsam mit dem österreichischen Unternehmen Max2 GmbH wurde zunächst das Streckennetz systematisch überarbeitet und vereinfacht. Früher doppelten sich verschiedene Routen zum Teil über dieselben Streckenabschnitte, mit kleinen Abweichungen voneinander. Heute sind sie hierarchisch organisiert. Es gibt eine klar benannte Route, die mittels untergeordneter Varianten die Feinheiten in der Streckenführung abbildet. Das Ziel hinter dem neuen Beschilderungssystem ist nicht nur, die Übersicht zu erleichtern, sondern auch mehr Informationen zur Verfügung zu stellen, auch aus Sicherheitsgründen. Während und vor allem nach der Pandemie kamen viele neue Biker*innen in der Region hinzu, die wenig über das Mountainbiken wussten. Daher kam es zu mehr Unfällen. Mit dem Beschilderungssystem will das Team um Oradini diesen Menschen ermöglichen, ihre Touren gemäß ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen auszuwählen. „Wenn ich sehe, dass die Strecke technisch schwarz ist, muss ich vielleicht etwas anderes auswählen, wenn ich kein Profi bin“, erklärt Oradini.
Im Herbst des vergangenen Jahres beschilderte das Team dann mehrere Mountainbike-Strecken und wich dabei vom anfangs ausgewählten Monte Brione auf das Ledrotal aus. Hier gibt es verschiedene Wegtypen und kreuzende Wanderwege, wodurch das Gebiet im Gegensatz zu dem beliebten Monte Brione ideal für einen Test war. Perspektivisch soll das System in der gesamten Region Garda Trentino Verwendung finden. 2024 sollen dafür weitere Gemeinden eingebunden werden. Im Vergleich zur Ausgangssituation sorgt die Beschilderung für eine bessere Übersicht. Auch die Tourennamen wurden zum Teil angepasst, sodass diese jetzt das Ziel der Route im Namen tragen. Zusätzlich sind sie mit einer Nummer gekennzeichnet.
Ein Schild kann mehrere Touren enthalten, wenn diese der gleichen Richtung folgen. Während die alte Beschilderung nur links und rechts ausweisen konnte, enthält das neue System auch Pfeile, die geradeaus weisen. Auf längeren Abschnitten ohne Abzweige erinnert zudem ein kleines Schild daran, dass man auf der richtigen Strecke ist. Es sind also mitunter kleine Änderungen, die das Beschilderungssystem viel nützlicher machen.

„Eine eigene Bewertung für E-Bikes wird es nicht geben, da es E-Bikes in so vielen verschiedenen Leistungsklassen gibt.“

International Mountainbike Association

Genuss-Biker und sportlich ambitionierte Nutzer*innen kommen in Garda Trentino zusammen. Entsprechend unterschiedlich sind die Points of Interest, die das Karten-material enthalten sollte.

Eigene Karten vermeiden Konflikte

Im Zuge der Umgestaltung wurden auch größere Herausforderungen angegangen. So haben Oradini und ihr Team ein Trail-Management-System entwickelt. Wenn an einer Kreuzung ein Schild abhandenkommt, weiß man direkt, welches fehlt, und kann es ersetzen. Genau zu wissen, wo welche Schilder stehen, sei sehr hilfreich, erklärt Oradini. Auch das Kartenmaterial wurde überarbeitet. Jetzt bietet der Tourismusverband eigene Mountainbike-Karten an, die ausschließlich die Mountainbike-Strecken enthalten. Älteres Kartenmaterial, das verschiedene Nutzungstypen miteinander vereinte, führte vor Ort zu Nutzungskonflikten und zu Diskussionen mit dem Alpenverein und Naturschutzverbänden, da die Mountainbikerin-nen diverse Wegtypen in ihre Routenplanung aufnahmen. Durch den Fokus auf die Mountainbike-Zielgruppe mit den neuen Schildern dürften solche Konflikte vermieden werden. Die Mountainbikerinnen werden in ihrer Planung auch abseits der Schilder unterstützt. Über QR-Codes lassen sich detaillierte Beschreibungen der Strecken online abrufen. Auf der Website finden sich dann hilfreiche Informationen, etwa, ob eine besonders schwierige Stelle durch Schieben des Fahrrads umgangen werden kann oder ob an potenziell schwindelerregenden Stellen Alternativen existieren. Eine GPX-Datei der jeweiligen Route steht zum Download bereit.
Wie es in vielen Ski-Gebieten bereits standardmäßig zu sehen ist, bietet Garda Trentino außerdem ein Ampelsystem an, das zeigt, welche Strecken verfügbar sind und welche die Biker*innen nur eingeschränkt oder gar nicht nutzen sollten. „Wir versuchen, das immer up to date zu halten“, sagt Stefania Oradini. Auch teilweise Einschränkungen, zum Beispiel durch auf den Weg gestürzte Bäume, werden angezeigt. „Das ist noch neu, aber wir wissen, dass die Leute es gerne nutzen, vor allem auch unsere Mountainbike-Guides.“

„Wir versuchen, das Ampelsystem immer up to date zu halten.“

Stefania Oradini, Garda Trentino

Ein unfertiger Standard

Teil des Projektvorhabens ist, die Zielgruppe durch Befragungen zu beteiligen. Das Feedback ist wichtig, auch weil die Zielgruppe nicht homogen ist. Es gibt sportlich ambitionierte Nutzerinnen, aber auch jene, die Oradini Genuss-Bikerinnen nennt. Sie halten zum Beispiel auch für ein Glas Wein an und wünschen sich dementsprechend andere Sonderziele, die auf den Schildern vermerkt sind. Der dreisprachige Fragebogen werde gut angenommen, sagt Oradini. Es wird abgefragt, ob die Beschilderung groß und sichtbar genug ist und alle Streckeninfos vorhanden sind. Dabei zeigen sich auch Unterschiede je nach Herkunft der Bikerinnen. Die Strecken etwa als Tour oder Trail zu bezeichnen, werde von den Deutschen positiv wahrgenommen. Für die Italienerinnen sei der Unterschied, dass Trails sportlicher und technisch anspruchsvoller sind, weniger klar.
Beim Bewertungsaspekt Ausdauer, so lässt die IMBA auf Anfrage von Veloplan durchscheinen, soll ein zusätzliches, ebenfalls orange markiertes Level hinzukommen, wie es bei der technischen Schwierigkeit bereits der Fall ist. Außerdem soll im ITRS-Kontext deutlicher kommuniziert werden, dass diese Einteilung für unmotorisierte Fahrräder vorgenommen wurde. Der Verband erklärt: „Eine eigene Bewertung für E-Bikes wird es nicht geben, da es E-Bikes in vielen verschiedenen Leistungsklassen gibt. Es wird jedoch zusätzliche Hinweise für E-Biker geben, wie sie die Endurance-Bewertung nutzen können. Dies geht auf das Feedback aus der Umfrage am Gardasee zurück, in der es Hinweise gab, dass nicht alle E-Biker die Endurance-Bewertung hilfreich fanden.“ Weitere Änderungen, die eher als Feinschliff zu werten sind, wird der Verband Mitte Dezember auf der Website www.itrs.bike veröffentlichen. Die IMBA entwickelt zudem eine App, um die technische Schwierigkeit zu klassifizieren. Wenn eine Tour 20 Kilometer lang leicht ist und dann eine schwere Stelle kommt, welches Level muss sie dann erhalten? Das gilt es zu klären. Wie verbreitet das Beschilderungssystem in ein paar Jahren oder Jahrzehnten sein wird, lässt sich nicht prognostizieren. Garda Trentino dürfte jedoch nicht die letzte Region sein, die das Leitsystem für ihre Mountainbiker*innen mit dem ITRS auf eine neue Stufe heben will.


Bilder/Grafik: Garda Trentino

Damit die Verkehrswende Fahrt aufnehmen kann, braucht nicht nur der Radverkehr deutlich mehr Platz auf der Straße. Hamburg will künftig mit 10.000 selbstfahrenden Shuttle-Diensten den privaten Autobesitz überflüssig machen. Aber noch ist das autonome Fahren längst nicht alltagstauglich. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2023, Dezember 2023)


Der Holon Mover (oben) soll in einigen Jahren als autonom fahrendes Shuttle durch die Straßen Hamburgs fahren. Den Fahrgästen wird mehr Komfort versprochen. Etwa mit besseren Sitzen wie im Moia-Taxi (unten).

Die Zahlen der neuesten Mobilitätserhebung klingen vielversprechend: In Hamburg fahren die Menschen weniger Auto. Im Jahr 2022 wurden 5 Millionen weniger Pkw-Kilometer gezählt als noch 2017. Im selben Zeitraum wuchs der Radverkehr: Rund 2 Millionen mehr Kilometer ist Hamburgs Bevölkerung im selben Vergleichszeitraum geradelt. Das hört sich nach viel an, jedoch ist im Stadtverkehr davon bislang kaum etwas zu spüren. Auf den Hauptrouten und an den Verkehrsknotenpunkten sind zwar mehr Radfahrerinnen unterwegs, aber auch dort bestimmen die Kraftfahrzeuge weiterhin das Stadtbild. Zum Beispiel am Dammtorbahnhof. Hier rauschen die Pkw permanent an den Radelnden vorbei, während die neuen Radwege und Aufstellflächen, kaum gebaut, schon wieder zu schmal sind für die vielen Fahrradfahrenden. Szenen wie am Dammtorbahnhof gibt es überall in Hamburg. Bis 2030 will der Hamburger Senat das Kräfteverhältnis auf den Straßen ändern. Dann sollen nur noch 20 Prozent der Wege mit dem Auto zurückgelegt werden, 12 Prozent weniger als zurzeit, und der Anteil des Radverkehrs soll im besten Fall auf 30 Prozent steigen. Die Ziele sind ehrgeizig. Um sie zu erreichen, setzt Hamburg auf ein neues Verkehrskonzept, den Hamburg-Takt. Damit soll der Umweltverbund – also der Bus-, Bahn- Rad- und Fußverkehr sowie das Sharing – so attraktiv werden, dass der eigene Wagen zunehmend überflüssig wird. Mit dem Hamburg-Takt gibt der Senat seinen Bürgerinnen ein Versprechen. Im Jahr 2030 sollen sie rund um die Uhr unabhängig vom Wohnort innerhalb von fünf Minuten das Mobilitätsangebot erreichen, das zu ihrer jeweiligen Lebenssituation passt. Das kann ein Car-Sharing-Auto für die Fahrt ins Grüne sein, ein Leihrad oder ein E-Scooter für die Fahrt zur U-Bahnstation oder eine neue Bus- oder Bahnhaltestelle, die zu Fuß in fünf Minuten erreichbar ist. Damit das klappt, wird der ÖPNV in der Hansestadt in den kommenden Jahren drastisch ausgebaut. Der Takt einiger U- und S-Bahn-Linien soll mithilfe der Digitalisierung auf einen 100-Sekunden-Rhythmus erhöht werden, einige Züge und Bahnsteige werden verlängert, damit mehr Menschen in einem Zug Platz finden, und außerdem werden neue Bahnlinien gebaut. Die wichtigste Stellschraube, um den Privatwagen zu ersetzten, soll in dem Mobilitätsmix aber ein komplett neues Angebot auf der letzten Meile werden.

„Autonome Autos müssen besser sein als menschliche Fahrer, bevor sie im Stadtverkehr eingesetzt werden.“

Philipp Kosok, Verkehrsforscher bei der Denkfabrik Agora Verkehrswende in Berlin.

10.000 autonome Shuttle-Dienste

Die letzte Meile ist der neuralgische Punkt im Hamburg-Takt. Diese Lücke im ÖPNV-Angebot will der Senat bis 2030 mit autonomen On-Demand-Angeboten schließen. 10.000 selbstfahrende Robotaxis und Shuttle-Busse sollen dann im gesamten Stadtgebiet unterwegs sein und den Privatwagen überflüssig machen. Bei Bedarf sollen sie die Kunden abholen und zum gewünschten Ziel bringen. Im Prinzip funktionieren sie wie Sammeltaxis, nur orientieren sie sich preislich eher am ÖPNV.
Der Kopf und Treiber des Projekts der autonomen Shuttle-Dienste ist der Chef der Hochbahn, Henrik Falk. Er ist überzeugt, dass der Ausbau von Bussen und Bahn allein nicht ausreicht für die Mobilitätswende. „Selbst, wenn wir den ÖPNV bis zum Erbrechen ausbauen“, sagte er beim Stadtgespräch der Denkfabrik Agora Verkehrswende in Hamburg, sei das System zu starr und unflexibel, um Autobesitzerinnen davon zu überzeugen, dass ihr Privatwagen überflüssig ist. Autonome Taxis und die neuen selbstfahrenden Shuttle-Busse hingegen seien flexibel und deutlich komfortabler als Bus oder S-Bahn und damit attraktiver für viele Autofahrerinnen. Sie könnten die Lücke zwischen ÖPNV und Privatwagen schließen.

Mit dem Robotaxi durch San Francisco

Aber ist die Technik fürs autonome Fahren überhaupt schon ausgereift? Aus Falks Sicht ja. Im Sommer war er auf Delegationsreise in San Francisco. Dort sind bereits Robotaxis unterwegs und Falk ist mitgefahren. „Die Technologie ist da“, sagt er. Die Software kutschierte ihn sicher durch den Stadtverkehr, beachtete Ampeln, bog mal nach rechts, mal nach links ab und das alles so sicher, dass sich der Hochbahn-Chef nach wenigen Minuten langweilte. Jetzt gehe es darum, der Technologie die „edge cases“ auszumerzen. Also die Grenzfälle zu finden, die vielen Situationen außerhalb der Norm, die zu Fehlern führen im Alltagsbetrieb. Dass die alles andere als trivial sind, zeigt ebenfalls der Blick nach San Francisco.
Seit Mitte August durften „Cruise“ von General Motors und der Google-Ableger Waymo in der kalifornischen Hafenstadt mit ihren Robotaxis rund um die Uhr einen kostenpflichtigen Taxiservice anbieten, ohne Operator an Bord. Die Entscheidung war umstritten. Den Vertreterinnen der Stadtregierung, den Rettungskräften und den Mitarbeiterinnen der Verkehrsbetriebe war das zu früh. Immer wieder hatten sie erlebt, dass technische Probleme die Fahrzeuge lahmlegten und den Verkehr blockierten. Wenige Tage nach der Einführung blieben dann auch gleich mehrere Cruise-Fahrzeuge liegen. Ein großes Musikfestival hatte das Mobilfunknetz in dem Stadtteil überlastet, weshalb die Fahrzeuge nicht per Funk umgeleitet werden konnten. Sie blieben stehen und blockierten die Straßen, ein weiteres Fahrzeug blieb im nassen Beton stecken.

Ein fahrerloses Auto der Robotaxi-Firma Cruise fährt im August durch die Straßen von San Francisco. Damit ist es vorerst vorbei.

Fehlerhafte Technik hat schwerwiegende Folgen

Das klingt noch nach Kinderkrankheiten. Doch im Oktober verletzte allerdings ein Cruise-Fahrzeug eine Frau schwer. Dem Unfallbericht zufolge wurde die Fußgängerin zunächst von einem von Menschen gesteuerten Fahrzeug angefahren und vor das selbstfahrende Auto geschleudert. Das Robotaxi blieb zwar sofort stehen, versuchte dann aber, an den Straßenrand zu fahren. Dabei sei die Frau einige Meter mitgeschleppt worden. Die kalifornische Verkehrsbehörde DMV hat der General-Motors-Tochter umgehend verboten, fahrerlose Taxis durch die Stadt zu schicken. Seitdem muss in den Fahrzeugen wieder ein Mensch am Steuer sitzen, der im Notfall eingreifen kann. Die Waymo-Fahrzeuge dürfen weiter fahrerlos durch San Francisco fahren.
„Autonome Autos müssen besser sein als menschliche Fahrer, bevor sie im Stadtverkehr eingesetzt werden und bevor die Gesellschaft die Technik akzeptiert“, sagt Philipp Kosok, Verkehrsforscher bei der Denkfabrik Agora Verkehrswende in Berlin. Aktuell sei die Technik noch in der Entwicklungsphase, sie funktioniere nicht fehlerfrei. In der jetzigen Phase müssten die Fahrzeuge jede einzelne Sondersituation erlernen. Das heißt: Sie muss programmiert werden. „In der Regel überschätzen die selbstfahrenden Autos die Gefahren. Sie sind übervorsichtig, bleiben stehen, wenn eine Plastiktüte über die Straße weht, und blockieren den Verkehr“, sagt Kosok.

„Wir brauchen Radwege für eine Fahrradstadt.“

Anjes Tjarks
Senator für Verkehr und Mobilitätswende

Shuttlebusse auf festgelegten Routen

Er rechnet damit, dass die ersten selbstfahrenden Fahrzeuge in vier bis fünf Jahren in Deutschland zugelassen werden. „Aktuell gibt es noch kein Fahrzeug, das eine uneingeschränkte Zulassung fürs autonome Fahren auf deutschen Straßen hat“, sagt der Verkehrsforscher. Die rechtliche Grundlage sei aber bereits vorhanden. Im Jahr 2021 hat die Bundesregierung autonomes Fahren auf Level-4-Niveau erlaubt. Das heißt, dass kleine autonome Shuttle-Busse auf genau festgelegten Strecken oder in vorgegebenen Betriebsbereichen unterwegs sein dürfen.
Erste Versuchsfahrzeuge für Level 4 sind seit einigen Jahren mit einer Begleitperson an Bord in verschiedenen Kommunen in Deutschland unterwegs. Ein Sechssitzer pendelt beispielsweise seit dem Jahr 2017 im bayerischen Bad Birnbach im Halbstundentakt durch die Innenstadt. Zunächst nur mit acht Kilometern pro Stunde auf einem 700 Meter langen Streckenabschnitt. Mittlerweile ist er mit Tempo 17 unterwegs und fährt 2000 Meter zum Bahnhof. Seitdem hat sich die Zahl der Fahrgäste schlagartig verdoppelt.

Eine echte Alternative für ländliche Regionen

„Der Einsatz von autonomen Shuttles in ländlichen Gemeinden oder am Stadtrand ist ideal“, sagt Kosok. Wer dort wohnt, braucht rund um die Uhr einen verlässlichen Transport zum Bahnhof. Sei der gewährleistet, sei das Tempo des Fahrzeugs zweitrangig. „Es geht darum, den Menschen überhaupt einmal ein Angebot zu machen“, erklärt er. Und in dem Geschwindigkeitsbereich 15 bis 20 Kilometer pro Stunde könnten die autonomen Shuttle-Busse auf bekannten Routen inzwischen gut und zuverlässig agieren.
Wenn alles nach dem Plan der Senatsverwaltung geht, kurven 2024 die ersten selbstfahrenden Fahrzeuge mit einem Operator an Bord durch die Hansestadt. Die Hochbahn entwickelt mit ihren Projektpartnern, dem Unternehmen Holon und Volkswagen Nutzfahrzeuge (VWN), zwei eigene Fahrzeuge. Das Holon-Shuttle kann dem aktuellen Prototyp zufolge bis zu 15 Passagiere mitnehmen und über eine automatisierte Rampe auch Rollstuhlfahrer. Der Bund fördert das Projekt mit dem Namen ALIKE mit 26 Millionen Euro.
Ein Teil des Geldes soll auch dazu verwandt werden, die Akzeptanz der Bevölkerung für die neue Technik zu stärken. Das Thema polarisiert. Laut einer Statista-Erhebung fehlt 42 Prozent der Bundesbürgerinnen und -bürger das Vertrauen in autonom fahrende Fahrzeuge. Sie sind skeptisch und wollen die Verantwortung beim Fahren nicht komplett an ein elektronisches System abgeben.

Die Mobilitätswende in Hamburg soll unter anderem mithilfe von Tausenden autonom fahrenden Kleinbussen gelingen. Dazu gehört auch der Sammeltaxidienst Moia.

Shuttle-Dienste können nur autonom fahren

Hier hat Hamburg noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Denn der Erfolg des Hamburg-Takts ist eng verknüpft mit dem Erfolg der selbstfahrenden Robotaxis und Shuttle-Dienste. Fest steht bereits heute: Mit Personal wird Hamburg die Fahrzeuge nicht auf die Straße schicken können. Das wäre zu teuer und außerdem fehlen die Fahrer.
Bewähren sich die autonomen Shuttles jedoch im Praxistest, bekommt der ÖPNV mit den On-Demand-Angeboten eine zusätzliche Säule und obendrein eine ganz neue Qualität. Die Dienste könnten nicht nur in den dünn besiedelten Randgebieten Autofahrten ersetzen, sondern auch im Stadtgebiet. In vielen Städten gibt es Lücken im ÖPNV-Netz. In Hamburg funktionieren die Querverbindungen zwischen manchen Stadtteilen nicht gut. Dort könnten die selbstfahrenden On-Demand-Angebote den Anwohner*innen lange Umwege mit dem ÖPNV ersparen. „Damit rückt der Service bei der Fahrtzeit und der Flexibilität deutlich näher an den privaten Pkw heran. Das autonome Shuttle kann also zu einem echten Gamechanger werden“, sagt Kosok.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob der Hamburg-Takt funktioniert und die autonomem On-Demand-Dienste tatsächlich die Pkw-Flotte reduzieren. Der Platz, den sie freiräumen könnten, wird in Hamburg dringend für die Verkehrswende gebraucht. Beispielsweise für mehr Grün, um Extremwetter abzupuffern, für mehr Fußverkehr, aber auch, um den Radverkehr zu steigern. Hamburgs Senator für Verkehr und Mobilitätswende Anjes Tjarks bringt es auf den Punkt: „Wir brauchen Radwege für eine Fahrradstadt“, sagte er beim Stadtgespräch der Denkfabrik Agora Verkehrswende in Hamburg. Nach den aktuellen Regelwerken könnten bestenfalls Radwege für eine weiterhin autozentrierte Stadt gebaut werden. Mit solchen Radwegen wird die Hansestadt ihr Ziel von einem Radverkehrsanteil von bis zu 30 Prozent womöglich nur schwer erreichen.


Bilder: Holan, Moia, Cruise, Daniel Reinhardt

Der auf Taschen und Accessoires spezialisierte Anbieter Fahrer Berlin produziert in der Hauptstadt all die Dinge, die das Fahrradleben während der kalten Jahreszeit angenehmer machen. Pfiffige Ideen verbinden sich dabei mit hoher Qualität und viel Liebe zum Detail. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2023, Dezember 2023)


Sattelreflektor

Der universell passende Sattelreflektor ist das perfekte Zubehör für jeden Radfahrer. Der Reflektor sorgt für zusätzliche Sicherheit im Straßenverkehr, insbesondere bei schlechten Lichtverhältnissen oder in der Dunkelheit. Der Reflektor ist einfach zu installieren und kann an nahezu jedem Fahrradsattel angebracht werden. Die Montage des Sattelreflektors ist kinderleicht. Er wird einfach zwischen die Sattelstreben eingehängt. Dadurch sitzt der Reflektor sicher und verrutscht nicht während der Fahrt. Er ist in drei Farben erhältlich, bringt nur schmale fünf Gramm auf die Waage und ist De­signed in Berlin, made in Germany.

Komplize

Der Komplize ist auch in dieser Sonder­edition eine moderne und kompakte Gürtel- und Lenkertasche. Er verfügt über ein großes Hauptfach sowie drei kleine Einschubfächer, zwei innerhalb der Tasche und eines außen. Mit den angebrachten Gurtschlaufen kann die Tasche an vielen Stellen angebracht werden, etwa am Fahrradlenker, Sattelgestänge oder direkt am Rahmen. Zum Lieferumfang gehört eine einstellbare Bandverlängerung, die über Steckschnallen mit der Tasche verbunden wird. Dann kann sie als Gürtel- oder Schultertasche getragen werden. Die Besonderheit besteht darin, dass der Komplize aus Produktionsresten von Ortlieb besteht und im Rahmen einer Kooperation von Ortlieb und Fahrer Berlin zu neuen Produkten weiterverarbeitet wird.

Battery Safety Bag

Die Battery Safety Bag ist eine hochwertige Tasche zum sicheren Transport und zur sicheren Lagerung einer E-Bike-Batterie. Hergestellt wird sie aus hochtemperaturbeständigem Gewebe. Im Falle eines Akkubrandes kann sie dessen Ausbreitung entscheidend verlangsamen und gibt so die Chance, adäquat zu reagieren.
In die Batterietasche passen Akkus mit einem maximalen Umfang von 37 cm und einer maximalen Länge von 50 cm. Sie eignet sich sowohl für Intube-, Gepäckträger- als auch Rahmenakkus verschiedener Hersteller. Die Tasche ist durch ihren Rolltop-Verschluss an verschiedene Batteriegrößen anpassbar.


Bilder: Fahrer Berlin