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Klarstellung in der StVO gefordert

Hersteller von Transporträdern fühlen sich in einer rechtlichen Grauzone, was die Erlaubnis zur Personenbeförderung anbelangt. Die StVO muss hier deutlicher werden. Der Zweirad-Industrie-Verband soll dabei helfen. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2019, Dezember 2019)


Wer auf neue Mobilität, spricht also auch auf Fahrrad-Mobilität setzt, der denkt auch an Familien, an das Fahrrad-Taxi und an touristische Beförderung. Die Straßenverkehrsordnung sagt jedoch offiziell zum Thema „Personenbeför­­derung auf Fahrrädern“ in § 21, Abs. 3: „Auf Fahrrädern dürfen nur Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr von mindestens 16 Jahre alten Personen mitgenommen werden, wenn für die Kinder besondere Sitze vorhanden sind (…).” Tatsächlich war es Rikscha-Unternehmen in einigen Städten bislang nur mit einer Sondergenehmigung zum Personentransport der Gemeinde möglich, ihr Geschäft zu betreiben. War die nicht vorhanden, kassierte die Polizei auch Bußgelder.

Passagiere im Laufe der Geschichte verloren

Allerdings widersprachen schon lange Rechtsexperten der Auslegung der StVO, dass Erwachsene nicht auf Fahrrädern transportiert werden dürften. Und es gab auch einen Freispruch eines Rikscha-Betreibers, der ein Bußgeld wegen unerlaubter Personenbeförderung zahle sollte. Dieses Urteil (Auszug s. Kasten) schuf einen Präzedenzfall.
Hintergrund: In der ursprünglichen StVO von 1937 hieß es, „auf einsitzigen Fahrrädern dürfen Radfahrer Personen nicht mitnehmen.“ Das Wort „einsitzig“ fiel in späteren Versionen unerklärt weg. So entstand – wohl versehentlich – ein Verbot der Personenbeförderung für Fahrräder (mit Ausnahme der separat genannten Kinderbeförderung).
Bleibt das „einsitzig“ erhalten, lässt sich kein Verbot für die Personenbeförderung auf einem Fahrrad, welches mit einem oder mehreren geeigneten Sitzen etc. ausgerüstet ist, ableiten – was auch der Präzedenzfall bestätigt.

„Wir setzen uns dafür ein, dass die Personenbeförderung ganz konkret Inhalt der StVO-Novelle wird“

Siegfried Neuberger, ZIV-Geschäftsführer

ZIV zählt auf die Novelle

Von einer Rechtsverordnung wie der StVO erwartet man klare Aussagen. Der jetzige Status Quo ist zumindest missverständlich und keine explizite Erlaubnis, sondern eher eine Ausnahme von einem Verbot. Der deutsche Zweirad-Industrieverband ZIV drängt daher auf eine klare, positive Aufnahme der Personenbeförderung in die Novelle der StVO; diese soll in Kürze verabschiedet werden.
„Wir setzen uns dafür ein, dass die Personenbeförderung ganz konkret Inhalt der StVO-Novelle wird“, erklärt dazu ZIV-Geschäftsführer Siegfried Neuberger. „Man kann sich das etwa so vorstellen, dass die Anzahl der Sitze eines der Kriterien für die Personenbeförderung ist. Das ist wichtig, weil es immer mehr sinnvolle Fahrzugkonzepte im Fahrradbereich gibt, die den Personentransport vorsehen.“ Kaum vorstellbar: Ein Land, das auf moderne Mobilität – auch auf das Fahrrad – setzt, dabei aber nicht festlegt, wie das im jeweiligen Fall aussehen darf. Natürlich sollten dabei auch andere Details zur Sicherheit des Passagiers wie ein Schutz vor Verletzung der Füße durch die Speichen oder ähnliches genannt werden. Diese Bedingungen gibt es aber schon in der Erklärung zur Beförderung von Kindern in der aktuellen StVO.
Ob es dieser Inhalt wirklich, wie es der ZIV empfiehlt, in die neue StVO schafft, ist unklar. Bis Redaktionsschluss unseres Magazins konnte der der ZIV als offizieller Vertreter der Zweirad-Industrie jedenfalls keinen Einblick in die Textentwürfe nehmen. Das war noch vor der Anhörung der Novelle durch die Länder – die dieses Regelwerk obligatorisch passieren muss – geplant.
Klar ist: In der Verkehrsplanung der Zukunft kann das Fahrrad und das in der StVO rechtlich weitgehend gleichgestellte Pedelec in verschiedensten Varianten durch sein enormes Potenzial auch in der Personenbeförderung eine große Rolle spielen. Dem sollte auch die StVO mit einer klaren Aussage Rechnung tragen.

Kleiner Absatz, große Wirkung

Der entscheidende Auszug aus dem Urteil des OLG Dresden vom 11.10.2004 besagt, dass eine Rikscha nicht unter das Beförderungsverbot fällt (und damit auch keine anderen Räder mit mehreren geeigneten Sitzmöglichkeiten): „Leitsatz § 21 Abs. 3 StVO kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass hierunter auch eine dreirädrige, mehrspurige und durch Muskelkraft angetriebene Fahrradrikscha fällt.“

Wir danken Lothar Könekamp vom Radlager Nirala in Köln für den Hinweis auf das Urteil.

Bilder: Yuba Bicycles, Siegfried Neuberger