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Virus Auto

Die Geschichte einer Zerstörung

Hermann Knoflacher

Das Auto sei uns Menschen näher als unsere eigenen Kinder, behauptet der bekannte Wiener Verkehrsplaner und emeritierte Professor Hermann Knoflacher. In seinem provokanten Buch sucht der geistige Vater der autofreien Wiener Innenstadt Ursachen für dieses Phänomen. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2020, Juni 2020)


„Am Anfang stand das Auto für freie Fahrt, für Mobilität und für Freiheit“, heißt es im Klappentext. „Doch was ist aus diesen Träumen geworden?“ Hermann Knoflacher analysiert in dem 2013 erschienenen Buch unser Umfeld und unser Verhalten. Dabei kommt er zu Erkenntnissen, die heute, nach rund vier Millionen zusätzlichen Autos in Deutschland, aktueller denn je erscheinen.
„Ein normaler Mensch würde unseren derzeitigen Lebensraum als total verrückt bezeichnen“, so der Verkehrswissenschaftler in einem Interview mit der Zeit. Im Laufe der Jahrzehnte sei es zu einer „völligen Werteumkehr“ gekommen, die die uns nicht einmal mehr auffiele. „Das Auto ist wie ein Virus, das sich im Gehirn festsetzt und Verhaltenskodex, Wertesystem und Wahrnehmung total umkehrt.“ Unsere Lebenswelt sei auf das Auto ausgelegt, womit alle anderen Mobilitätsbedürfnisse unterdrückt würden. „In einer solchen Umgebung ist es natürlich logisch, dass jeder Mensch mehr oder weniger zum Autofahren gedrängt wird.“
Auf der Suche nach psychologischen Erklärungsmustern findet der 1940 geborene Raum- und Stadtplaner, der weiter mit Artikeln, Vorträgen und Buchprojekten aktiv ist, klare Worte für gängige Verhaltensmuster: „Alle Lebewesen versuchen die Sicherheit und Gesundheit ihrer Nachkommen selbst unter Einsatz ihres Lebens zu verteidigen und zu schützen. Auto fahrende Eltern zerstören die Lebensräume ihrer Nachkommen im unmittelbaren und weiteren Umfeld aus Rücksichtslosigkeit, Bequemlichkeit und Blindheit gegenüber den Bedürfnissen ihrer Kinder.“

Sichtbare Platzverschwendung. Hermann Knoflacher mit seinem berühmten „Gehzeug“.

Weitere Fachbücher von Hermann Knoflacher:

„Stehzeuge: Der Stau ist kein Verkehrsproblem“

„Verkehr ist kein Schicksal: Der öffentliche Verkehr in Wien“

„Zurück zur Mobilität! Anstöße zum Umdenken“

„Grundlagen der Verkehrssiedlungsplanung (Band 1 u. 2)“

„Fußgeher und Fahrradverkehr: Planungsprinzipien“


Virus Auto: Die Geschichte einer Zerstörung | von Hermann Knoflacher | Wirtschaftsverlag Ueberreuter | 2013 | 236 Seiten | ISBN-10: 3800074389 | nur noch digital erhältlich


Bilder: Wirtschaftsverlag Ueberreuter, Wikipedia / creativecommons