Fahrradbranche: Wirtschaftsfaktor und Tourismusmotor
In diesen besonderen Zeiten kommt der vielfach unterschätzten Fahrradbranche eine wichtige Funktion zu. Mit einer Vielzahl von Innovationen und einer neuen Selbstverständlichkeit hat sich das Fahrrad in Deutschland zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor und einem Motor insbesondere für den Inlandstourismus entwickelt. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2020, Juni 2020)
(Kurz-)Urlaube mit dem Rad werden immer beliebter – besonders unter der Woche.
Der Fahrradverband VSF schätzt, dass die deutsche Fahrradwirtschaft inklusive Dienstleistungen und Tourismus für 278.000 Arbeitsplätze und 16 Milliarden Euro Gesamtumsatz steht. Rund 76 Millionen Fahrräder und E-Bikes gab es nach den Zahlen des Zweirad-Industrie-Verbands (ZIV) Ende 2019 in Deutschland – davon 5,4 Millionen E-Bikes. Allein im letzten Jahr kamen dabei 1,36 Millionen E-Bikes hinzu. Zum Vergleich: Laut VDA betrug der Bestand an Elektroautos Ende 2019 trotz weitreichender Förderungsprogramme insgesamt nur rund 239.000. Erfreulich ist, dass es gerade die mittelständischen Hersteller aus Deutschland und Mitteleuropa sind, die sich zu weltweiten Innovationsmotoren entwickelt haben, und dass in Deutschland 68 Prozent des Absatzes auf den Fachhandel entfallen. Die vielseitige Branche bietet über 80 verschiedene Berufe. Für Interessierte wurde vor Kurzem eine informative Plattform eingerichtet unter www.fahrrad-berufe.de.
Fahrradtourismus wird immer beliebter
Neben den Trends zu gesünderem Leben, Aktivität und Gesundheit haben vor allem die ausgereiften Produkte und viele Verleih- und Serviceangebote vor Ort für die steigende Beliebtheit des Fahrradtourismus gesorgt. Detaillierte Zahlen zum Fahrradtourismus bietet der ADFC mit seiner jährlichen Radreiseanalyse. Für das Jahr 2019 stellt er unter anderem fest, dass insbesondere die Zahl der Rad-Kurzreisen unter der Woche stark zugenommen hat. 5,2 Millionen Menschen waren es hier 2019 und damit 27 Prozent mehr als im Vorjahr. Dazu kommen 5,4 Millionen Personen, die Radurlaube mit drei und mehr Übernachtungen machten, 6,8 Millionen Kurzreisende am Wochenende sowie imposante 330 Millionen Tagesausflüge auf dem Rad in der Freizeit und ca. 62 Millionen Tagesausflüge im Urlaub.
Radfahren als Konjunkturprogramm
Interessant sind die Zahlen einerseits, da nach den Erkenntnissen des ADFC immer mehr Radtouristen das Rad nach dem Fahrradurlaub auch im Alltag häufiger nutzten. Zum anderen würden Radurlauber 70 bis 100 Euro pro Tag ausgeben. „Ein Konjunkturprogramm für die ganze Republik“, so die ADFC-Tourismusexpertin Louise Böhler. Bezogen auf die Region hat die Ruhr Tourismus GmbH Zahlen erhoben. Danach haben Radtouristen im letzten Jahr im Ruhrgebiet 76 Millionen Euro ausgegeben. Wer einen Tagesausflug durch das Revier mache, gebe im Durchschnitt 14,80 Euro pro Kopf aus, vorwiegend für Speisen und Getränke. Bei einer Fahrradreise mit Übernachtung seien es fast 100 Euro pro Tag, wobei die meisten dieser Gäste statistisch 5,4 Tage im Revier blieben.
Grafik: adfc