von Heinrich Strößenreuther

Um es vorweg zu nehmen: Wir finden, dass dieses Buch nicht nur zur Weihnachtszeit ein hervorragendes Geschenk ist für Politiker, Bürgermeister und alle anderen Verantwortlichen, die sich zum Thema Radverkehr einen schnellen Überblick verschaffen oder sich einfach inspirieren lassen möchten. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2019, Dezember 2019)


Autor Heinrich Strößenreuther, laut Klappentext ein „mit allen Wassern gewaschener Campaigner, Verkehrsexperte und Vater des Volksentscheids Fahrrad“, ist es gelungen, eine ebenso kurzweilige, wie informative Mischung aus Bildband und Sachbuch zu schreiben. Etwas weit ausgeholt klingt der Buchtitel „Der Berlin-Standard. Moderne Radverkehrspolitik Made in Germany – Ein Bildband über Deutschlands erstes Mobilitätsgesetz“. Umso konkreter wird es dann im Innenteil. Aus seiner jahrelangen Erfahrung destilliert Heinrich Strößenreuther Hintergründe und Informationen und verbindet sie mit praktischen Tipps. Praktischerweise braucht er dabei nie mehr als eine Seite.
Ein ideales Buch also für alle, die in kürzester Zeit über die wichtigsten To-dos, Zahlen, Daten, Fakten und Argumentationen informiert sein wollen oder sich bei Fragestellungen und Gesprächen mit den verschiedenen Anspruchsgruppen schnell auf Stand bringen möchten.
Kostproben: „Warum Sie mit dem Berlin-Standard wiedergewählt werden“, oder „Der Radverkehr ist systemrelevant“ heißen zwei Überschriften, die zugespitzt wesentliche Themenbereiche als Hintergrund anreißen, bevor es zum „Berlin-Standard“ geht.
Hier stellt Heinrich Strößenreuther die zentralen Eckpfeiler des Gesetzes vor und zeigt, wie auch in anderen Städten ein rascher fahrradfreundlicher Umbau gelingen kann. Dabei geht es ebenso um die Infrastruktur, wie auch Budgets, Kommunikation, Organisationen, Vorbilder, Fahrradstaffeln oder das Thema Vision Zero.

Heinrich Strößenreuthers Appell: „Ich will auch einfach nur sicher und entspannt Rad fahren. Mitten durch die Stadt, das kann so schön sein. Machen Sie das möglich.“


Der Berlin-Standard | von Heinrich Strößenreuther | Thiemo Graf Verlag | ISBN: 978-3-940217-25-7 | 140 Seiten, farbig, bebildert, Hardcover | Preis: 39,90 € (D/AT) | Erstverkaufstag: 13.03.2019


Bilder: Thiemo Graf Verlag

Ein umfassender Werkzeugkasten für Städte und Gemeinden

von Thiemo Graf

Eine Lösung gegen Hilflosigkeit ist das Buch „Fahrradstadt“ von Thiemo Graf. Der Autor möchte Radwege in jeder Stadt und Gemeinde als „gebaute Einladungen“ verstehen können. Und er ist überzeugt, dass jede Kommune das Potenzial besitzt, Fahrradstadt zu werden. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2023, März 2023)


Adressiert ist das Buch explizit an Bürgermeisterinnen, Landräte und kommunale Führungskräfte. Diesen stellt Graf auf jeder Doppelseite ein Werkzeug für Fahrradstädte vor, textlich prägnant erklärt und bildlich veranschaulicht. Damit verfolgt er das Ziel, die Entscheiderinnen zu überzeugen, Radverkehr zur Priorität zu machen. Aus Verhindern soll Ermöglichen werden. Seine Definition einer Fahrradstadt bezeichnet der Autor selbst als unspektakulär und baut damit vielleicht innere Hürden ab, die den Wandel abbremsen könnten. „In einer Fahrradstadt sitzt der Querschnitt der Bevölkerung im Sattel“, sagt er. 12-Jährige und 80-Jährige sollen gleichsam entspannt und selbstverständlich mit dem Fahrrad unterwegs sein können.
Das Buch eignet sich zum Lesen oder Durchblättern. Es soll wirkungsvoll informieren und die Entscheidungsträger zum Handeln inspirieren. Bevor es an die Maßnahmen geht, bricht der Autor den Erfolg vorbildhafter Fahrradstädte auf vier Faktoren herunter. Er ermutigt die Leserinnen und zeigt, dass auch die großen Sterne am Radverkehrshimmel früher einmal Autostädte waren. Der Autor unterscheidet in seinem Werkzeugkasten zwischen strategischen und operativen Maßnahmen. Laut Graf handelt es sich sicher nicht um alle, aber um die wichtigsten Handlungsempfehlungen. Zu den strategischen Maßnahmen zählt etwa, dass Verwaltungen konkrete Ziele formulieren oder den Faktor Reisegeschwindigkeit mitdenken sollen. Sie perforieren also die Herangehensweise auf dem Weg zur Fahrradstadt. Die operativen Maßnahmen, also die tatsächlichen Eingriffe in den Raum und die Stadtkultur, sind unterteilt entlang der „Vier Säulen der Radverkehrsförderung“, Infrastruktur, Information, Service und Kommunikation. Ein paar Minuten auf einer Doppelseite reichen aus, um zu verstehen, welchen Effekt Ampeltrittbretter haben oder warum die richtige Beleuchtung von Fahrradwegen essenziell ist. Wer also als Radverkehrsplanerin in der eigenen Kommune einen schweren Stand hat, könnte dieses Buch sehr interessant finden. Auch Bürgermeister*innen haben schließlich mal Geburtstag.

Thiemo Graf hat das Hygge-Modell für Radwege entwickelt und das i.n.s. – Institut für innovative Städte gegründet. Er berät und begleitet Kommunen, Ministerien und Behörden bei allem, was mit dem Radverkehr zu tun hat. Graf moderiert auch Fachveranstaltungen und hält Vorträge. Seit 2016 hat er mehrere Fachbücher geschrieben und mit dem Thiemo Graf Verlag verlegt.


Fahrradstadt. Ein umfassender Werkzeugkasten für Städte und Gemeinden | von Thiemo Graf | Herausgeber i.n.s. – Institut für innovative Städte | Thiemo Graf Verlag | 1. Auflage 2020 | ca. 200 Seiten | ISBN: 978-3-940217-31-8 | 25 Euro


Bilder: Thiemo Graf

Planungsideen für den urbanen Alltag

von David Sim

Hygge für die Stadt, so lässt sich David Sims Vision vielleicht zusammenfassen. Das dänische Wort hat denselben Wortstamm wie to hug, der englische Begriff fürs Umarmen. Eine sanfte Stadt ist also eine, die umarmt und sich den menschlichen Bedürfnissen unterordnet. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2022, Dezember 2022)


Stadtplanung sollte das Leben erleichtern und auf verschiedenen Ebenen sanfter werden lassen. Langsam, kleinteilig und leise soll die Stadt sein, dann entsteht das gute Leben in den Nachbarschaften. David Sim wendet sich von einer funktionalistischen Quartierseinteilung ab und fordert stattdessen ein Gleichgewicht zwischen Dichte und Vielfalt. Stattdessen geht es in seinem Stadtkonzept darum, dass Bürger*innen sich begegnen und vernetzen können. Das Konzept mag zunächst allgemein wirken und schwer zu fassen sein. Das große Ganze zu betrachten ist aber sehr wichtig, da sich spezifische Planungsfelder der Stadtentwicklung nur sehr begrenzt voneinander trennen lassen.
Wie müssen Häuser, Innenhöfe, Straßen und Plätze gestaltet sein, um den menschlichen Alltagsbedürfnissen gerecht zu werden? Die Lösung sieht der Autor darin, Städte kleinteiliger und dichter zu organisieren. Außerdem braucht es Nähe und Vielfalt von Gebäudetypen und Nutzungen.
Das erlaubt dann eine gemischte Nutzung, die komfortabel ist, Kosten spart, Ruhe und Einladendes ausstrahlt. „Es geht um Leichtigkeit, Komfort und Fürsorge im täglichen Leben“, sagt David Sim selbst. Auch Mobilität sieht der Autor durch diese Brille und widmet sich ihr in einem großen Kapitel. Sie beginnt für ihn nicht erst auf der Straße, sondern schon auf dem Weg vom Wohnzimmer zum Balkon oder von der Wohnungstür zur Straße. Mobilität muss die alltäglichen Situationen nahtlos miteinander verbinden können und entsprechend kleinteilig eingeplant sein. Das erklärt Sim anhand von Beispielen aus Australien, der Schweiz oder Dänemark. Das Fahrrad spielt neben dem Zufußgehen und dem ÖPNV eine wichtige Rolle.
Zwischen den Zeilen voller praktischer Planungsansätze lässt sich viel über Städtebau im Allgemeinen und die Sicht des ehemaligen Kreativdirektors auf Design und Gestaltung lernen. Inspiration gibt es aber schon beim Durchblättern. Die Seiten sind gespickt mit hilfreichen Illustrationen und unzähligen Fotos, die reale Beispiele für David Sims Vision zeigen.

Mit 19 Jahren hörte David Sim in Schottland zum ersten Mal Vorlesungen von dem Architekten und Bestseller-Autor Jan Gehl (Städte für Menschen). Es ist also nicht verwunderlich, dass er auch sein Konzept der Sanften Stadt nach dem menschlichen Maßstab entworfen hat. Zu verstecken braucht er sich hinter Gehl aber nicht, Sims Buch wurde bereits in 20 Sprachen übersetzt, weitere fremdsprachige Versionen befinden sich in der Mache. Er arbeitete rund zwei Jahrzehnte im global agierenden Architekt*innenteam Gehls und hat inzwischen ein eigenes Büro eröffnet.


Sanfte Stadt Planungsideen für den urbanen Alltag | von David Sim | Jovis Verlag | 1. Auflage 2022 | 256 Seiten, farbige Abbildungen | ISBN: 978-3-86859-747-9 | 42 Euro


Wie wir nachhaltig in die Gänge kommen: Ein Rad-Geber

von Alexandra Hildebrandt & Claudia Silber

Mikromobilität ist als Sammelbecken für verschiedene Fortbewegungsmittel ein sehr breiter Begriff. Gemein ist vielen dieser Verkehrsmittel, vor allem aber verschiedenen Fahrradsegmenten, dass sie gerade einen Boom erleben. Und dass sie viele Vorteile gegenüber Pkws mitbringen. Die Herausgeberinnen von Zukunft Mikromobilität nehmen den Status quo auf und zeigen gemeinsam mit zahlreichen Autor*innen aktuelle Trends auf. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2022, Dezember 2022)


E-Bikes, Lastenräder oder E-Scooter sind, zumindest nach Auffassung von Claudia Silber und Alexandra Hildebrandt, den Herausgeberinnen dieses Buchs, die Zukunft der urbanen Fortbewegung. Auf dem Weg zu dieser wichtigen Rolle hat die Mikromobilität in den vergangenen Jahren einiges in Bewegung gesetzt – und wird das auch in der nahen Zukunft tun.
Zukunft Mikromobilität enthält Beiträge aus der Mobilitätsforschung und der Wirtschaft. Die verschiedenen Autorinnen sind reich an Expertise und besetzen in diesen Bereichen und der Verbandsarbeit teils führende Positionen. Konkret erklären sie verschiedene Fahrradtypen und die Historie des Verkehrsmittels, entwickeln eine Cradle-to-Cradle-Vision der Fahrradindustrie und beleuchten die Rolle der E-Scooter. Nicht alle Beiträge besitzen inhaltliche Schwere, die Autorinnen erzählen auch anekdotisch oder geben praktische Tipps. Die Bandbreite ist so groß wie die Klammer der Mikromobilität. Es geht um die die Mobilität von Mitarbeiter*innen, nachhaltigen Tourismus oder Radlogistik.
Auch wenn wohl niemand, der in der Mobilitätsbranche oder Stadtentwicklung arbeitet, in diesem Buch nur Neues lesen wird, so ist es trotzdem ein Stück Verkehrswende im Taschenbuchformat. Und es vermag vielleicht, die verschiedenen Akteure in diesem Feld ein Stückchen näher zusammenzubringen. Ein gutes Beispiel sind die Kapitel am Ende des Buches. Auf zehn Thesen, wie der Verkehr der Zukunft aussehen wird, folgt ein Glossar, das Netzwerke für eine nachhaltige Verkehrswende vorstellt. Dazu zählen Industrieverbände, Kampagnen-Bündnisse und Thinktanks. Die Botschaft, die vermutlich dahinter steht, lautet: „Verkehrswende geht nur zusammen. Vernetzt und unterstützt euch!“

Claudia Silber leitet die Unternehmenskommunikation beim Versandhändler Memo AG und ist an deren Nachhaltigkeitsberichten beteiligt. Sie ist studierte Germanistin.

Dr. Alexandra Hildebrandt studierte Psychologie sowie Literatur- und Buchwissenschaft und hatte Führungspositionen in der Wirtschaft inne. Sie gibt als freie Publizistin Bücher zu Themen wie unternehmerischer Verantwortung, Digitalisierung und der Energiewirtschaft heraus.


Zukunft Mikromobilität Wie wir nachhaltig in die Gänge kommen: Ein Rad-Geber | von Alexandra Hildebrandt & Claudia Silber (Hg.) | Büchner Verlag | 1. Auflage 2022 | ca. 300 Seiten | ISBN: 978-3-96317-313-4 | 25 Euro


Bilder: Carina Koch, Nicole Simon

How to take back our streets and transform our lives

von Thalia Verkade & Marco te Brömmelstroet

Als Sozialwissenschaftler und Journalistin stellen der Autor und die Autorin von Movement sehr unterschiedliche Fragen. Deshalb taten sie sich über einen mehrjährigen Zeitraum zusammen und gingen der Frage auf den Grund, wie öffentlicher Raum aussehen könnte, wenn man den Menschen als Priorität vorne anstellt. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2022, März 2022)


In ihrem unterhaltsamen Buch klären Thalia Verkade und Marco te Brömmelstroet auf, wie der Verkehr in der Stadt so viel öffentlichen Raum einnehmen konnte, dass alles der Fortbewegung von A nach B untergeordnet ist. Sie mahnen an, wem das schadet und welch düstere Entwicklung unseren Städten ohne eine Kehrtwende noch bevorstehen könnte.
Das Druckwerk erinnert zum Teil eher an eine Biografie als an ein Sachbuch, ist es doch gefüllt mit persönlichen Anekdoten und Leidenschaft für die Sache. Ihre Recherchen basieren Verkade und Te Brömmelstroet auf theoriebasierten Grafiken und aktuellen Forschungserkenntnissen. Aber Movement enthält auch Fotos, Twitter-Chatverläufe oder Vergleiche zwischen Radfahrer*innen und Vogelschwärmen. Sie gehen an das Fundament und scheuen nicht davor zurück, die elementaren Überzeugungen, auf denen unsere Städte gebaut sind, ins Wanken zu bringen. Wem gehören unsere Straßen, wofür nutzen wir sie und wer entscheidet das?
Die Autorin und der Autor vermitteln Motivation dafür, den Status quo nicht einfach hinzunehmen. Sie diskutieren städtebauliche und politische Lösungsansätze und die Frage, was Städte für spielende Kinder, die Natur und jene Menschen, die das Leben in einem langsameren Tempo bevorzugen oder brauchen, leisten können.
Und das Duo gibt Tipps, wie die Leserschaft selbst in Bewegung kommen kann. Aber eben nicht nur von A nach B. Sie warnen jedoch auch: „Sie werden die Straße vor Ihrer Haustür nie wieder auf die gleiche Weise sehen.“
Das von Fiona Graham ins Englisch übersetzte Buch konnte im vergangenen Jahr auch die Jury des Brusse-Preises überzeugen. Die Original-fassung wurde damit als bestes niederländischsprachiges journalistisches Buch geehrt.


Movement. How to take back our streets and transform our lives | von Thalia Verkade & Marco te Brömmelstroet | Scribe Publications UK | 1. Auflage 2022 | ca. 270 Seiten, Softcover | ISBN: 1911344978 | ca. 16 Euro


Instrumente, Verfahren, Methoden

von Sabine Baumgart & Andrea Rüdiger

Stadtplanung ist kein eindimensionales Feld, sondern betrifft die meisten Facetten der Gesellschaft. Das Fach muss interdisziplinär diversen menschlichen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht werden. Sabine Baumgart und Andrea Rüdiger zeigen, welche Rolle Gesundheit in der Stadtplanung spielen sollte und mit welchen Mitteln Stadtplaner*innen sich ihr widmen können. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 03/2022, September 2022)


Gesundheit und Städte sind eigentlich schon lange Themen, die eng beieinanderliegen. Früher schützten Städte vor Gefahren aus der Umgebung, brachten aber auch selbst neue Risiken, wie Krankheiten und Unfälle mit sich. Diesem historischen Verhältnis geht unser Buchtipp auf die Spur, Corona-Pandemie, Affenpocken und Co. sind der jüngste Beweis, dass die Themen auch heute noch nahe beieinanderliegen und vielleicht relevanter denn je sind.
„Gesundheit in der Stadtplanung“ ist der vierte Band der Edition Nachhaltige Gesundheit und setzt das Oberthema in Bezug zu vielen städtebaulichen Handlungsfeldern, etwa Wohnen, Arbeiten, Baukultur und Mobilität. Nachdem sie diese Handlungsfelder in Beziehung zueinander setzen, widmen die Autorinnen mehr als die Hälfte der Seiten der aktiven Stadtplanung. Sie erklären, auf welche rechtlichen Instrumente sich Städtebau stützen darf, welche Akteure Städteplaner*innen unbedingt einbeziehen sollten und welche Daten und Informationen sich als Basis guter Planung eignen.

Die Bücherreihe „Edition Nachhaltige Gesundheit in Stadt und Region“ besteht aus fünf Werken, die zwischen 2018 und 2022 im Oekom-Verlag erschienen sind. Drei der Bücher, zwei davon mit dem Schwerpunkt Hamburg, stehen unter Open-Access-Lizenz. Interessierte können sie in digitaler Form kostenlos beziehen. Band 1, ebenfalls kostenlos zum Download, thematisiert die nachhaltige und gesunde Stadt der Zukunft, während der dritte Band gesunde Quartiere beleuchtet. Die Reihe wird unterstützt von der Fritz und Hildegard Berg-Stiftung im Stifterverband.


Gesundheit in der Stadtplanung: Instrumente, Verfahren, Methoden. Edition Nachhaltige Gesundheit in Stadt und Region (Band 4) | von Sabine Baumgart & Andrea Rüdiger | Oekom Verlag | 1. Auflage 2022 |490 Seiten, Softcover | ISBN 978-3-96238-301-5 | 40,00 Euro


Mobilität für eine lebenswerte Welt

von Katja Diehl

Mobilität ist für alle da. Anstatt sich auf technische Fragen zu fokussieren, blickt Katja Diehl in ihrem Buch besonders gründlich auf die menschliche Seite der Fortbewegung. Das Verhalten der Gesellschaft macht die Mobilität – und kann sie ändern. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)


Wer die Vergangenheit versteht, kann die Zukunft ändern. Katja Diehls Buch baut in dieser Hinsicht auf einer soliden Grundlage auf. Sie stellt die Frage, wie unsere Mobilität am Status quo, einem überbordenden, von Privilegien und Lobbyismus geprägten Autoverkehr, angekommen ist. Und beantwortet sie natürlich auch. Sie erklärt das System Auto, wie es seinen Weg in die Mentalität und den öffentlichen Raum gefunden hat und wie es wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden anrichtet.
Mit Auszügen aus zahlreichen Gesprächen stellt Katja Diehl diverse Lebensrealitäten dar. Ihre Leitfrage lautet dabei: „Willst oder musst du Auto fahren?“ Es kommen unter anderem Menschen zu Wort, die im ländlichen Raum leben und arbeiten, Transpersonen sind, solche die von Armut betroffen oder krank sind. Warum diese Perspektiven wichtig sind? Weil sie beim Aufbau unseres Verkehrssystems keine oder kaum eine Rolle gespielt haben.
Mit dem Blick auf weniger privilegierte Lebenswelten und die dazugehörige Mobilität lässt Diehl es nicht bewenden. Sie entlarvt gegen Ende des Buches viele der vermeintlichen Unmöglichkeiten, mit denen sie oft konfrontiert wird, und rundet das Buch mit Lösungsansätzen ab. Diehl verfolgt mit ihrem Buch das Ziel einer gerechten Mobilität, die die Welt lebenswerter macht und ihre Menschen in den Mittelpunkt stellt.


Autokorrektur: Mobilität für eine lebenswerte Welt | von Katja Diehl | Illustratrionen von Doris Reich |
S. Fischer Verlag | 1. Auflage Februar 2022 | 272 Seiten, Softcover | ISBN 978-3-10-397142-2 | 18,00 Euro


Die Zukunft der Mobilität gestalten

von Peter Eckart und Kai Vöckler (Hrsg.)

Warum brauchen wir eine Transformation der Mobilität? Wie sieht diese aus? Und welche Notwendigkeiten und Möglichkeiten gibt es mit Blick auf ihre Ausgestaltung? Der erste Band einer kommenden Buchreihe der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main (HFG) setzt sich mit Hintergründen, Anforderungen und Lösungen auseinander und stellt in einem Praxisüberblick 64 ausgewählte Projekte vor. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2022, März 2022)


„Klimawandel und Ressourcenverknappung, aber auch der stetig steigende Verkehrsaufwand machen es unabdingbar, neue Lösungen für eine umweltschonende und menschenfreundliche Mobilität zu entwickeln“, so heißt es im Klappentext des über 300 Seiten starken Fachbuchs. Aufgabe von Mobilitätsdesign sei es, zwischen Mensch und Mobilitätssystem zu vermitteln und Nutzungserfahrungen positiv zu beeinflussen, so die Herausgeber Prof. Dr. Kai Vöckler (Lehrgebiet Urban Design) und Prof. Peter Eckart (Integrierendes Design). Der flüssige und sichere Übergang von einer Mobilitätsform zur anderen, die Nutzung unterschiedlicher individueller, geteilter oder öffentlicher Verkehrsmittel auf einem Weg müsse künftig komfortabel und einfach möglich sein, um Menschen ein positives Mobilitätserlebnis zu vermitteln. Mit diesem Ansatz bildet das Buch einen Kontrapunkt zur bislang weitgehend technisch ausgerichteten Debatte über die Zukunft der Mobilität und des Verkehrssystems. Fundiert und praxisorientiert stellen die Wissenschaftler zusammen mit ihren Co-Autor*innen Konzepte und realisierte Infrastrukturprojekte vor, die die Zukunft einer nachhaltigen und vernetzten Mobilität greifbar machen. Aus den Bereichen Design, Architektur und Städtebau werden anhand von Fotos, Planzeichnungen und Kurztexten beispielhafte Lösungen vorgestellt, thematisch unterteilt in Connective Mobility, Active Mobility, Augmented Mobility und Visionary Mobility.

Band 1: Schwerpunkt Praxis

Der Auftaktband der Offenbacher Schriftenreihe zur Mobilitätsgestaltung hat den Schwerpunkt Praxis. Auf eine allgemeine Einleitung von Kai Vöckler und Peter Eckart zur Gestaltung einer nachhaltigen Mobilität der Zukunft, inklusive grundlegender Definitionen des Mobilitätsdesigns und seiner Aufgaben, werden ausgewählte Projekte mit Bildern und Beschreibungen von Markus Hieke, Christian Holl und Martina Metzner vorgestellt. Im Frühjahr 2022 soll ein zweiter Band zum Schwerpunkt Forschung folgen.


Mobility Design: Die Zukunft der Mobilität gestalten Band 1: Praxis (Offenbacher Schriftenreihe Zur Mobilitätsgestaltung, 1) | Herausgeber: Kai Vöckler und Peter Eckart | Jovis Verlag, Berlin | Dez. 2021 | 304 Seiten | 20.96 x 2.54 x 26.04 cm | ISBN 978-3868596465 | 42,00 Euro


Wege und Irrwege zu einem nachhaltigen Verkehr

von Benedikt Weibel

Wer schon immer einen fundierten Abriss der Mobilität über alle Dimensionen und die Grundbedürfnisse des Menschen haben wollte, wird mit diesem Buch fündig. Benedikt Weibel, selber seit Jahrzehnten in führenden Stellen in der Mobilitätsbranche tätig, leuchtet alle Bereiche aus und leitet daraus die Konturen einer – für ihn absolut zwingenden – Verkehrswende ab. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2021, Dezember 2021)


„Mobilität ist Freiheit; Mobilität ist Grundbedingung für den Wohlstand; Mobilität nimmt permanent zu; Mobilität verursacht ein Viertel des globalen CO2-Ausstoßes – kurz: Die Bewältigung künftiger Mobilitätsströme ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit“, so der Klappentext des im September 2021 erschienenen Buchs. Anders als die meisten anderen Autorinnen und Expertinnen analysiert Benedikt Weibel die Gesamtheit der Verkehrsakteure – privat, öffentlich und im Transportwesen – in ihren komplexen Zusammenhängen.
Sein gut begründetes Fazit: „Die Verkehrswende ist zwingend und dringend. Sie ist machbar, auch finanziell, und in einer Weise umsetzbar, dass die Freiheit der Mobilität erhalten bleibt und die Lebensqualität steigt.“ Die Zutaten, die es seiner Meinung nach für die Umsetzung braucht, seien „politischer Wille, Bewusstsein für die Dringlichkeit, technischer Fortschritt sowie tatkräftige, kluge Köpfe in einer effizienten Umgebungsorganisation.“ Seiner Auffassung nach führt allerdings nur „eine konzertierte Aktion, die den ganzen Werkzeugkasten einsetzt“, zum Erfolg. Wie die nötigen Werkzeuge aussehen und wie sie einzusetzen sind, beschreibt er dabei ebenso wie die unterschiedlichen Aktionsfelder und Ziele.

Benedikt Weibel ist promovierter Betriebswirtschaftler, Manager und Publizist. In seinem Berufsleben war er unter anderem als Generaldirektor der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), als Präsident des Verwaltungsrats der Schweizerischen Rheinhäfen sowie als Honorarprofessor an der Universität Bern tätig. Seit 2008 ist er Präsident des Aufsichtsrats der privaten österreichischen Westbahn. 2013 wurde er mit dem European Rail Award ausgezeichnet.


Wir Mobilitätsmenschen Wege und Irrwege zu einem nachhaltigen Verkehr | von Benedikt Weibel | Verlag NZZ Libro, Basel | Sept. 2021 | ca. 200 Seiten, gebunden | ISBN 978-3-907291-56-6 | 34,00 Euro


Bilder: NZZ Libro, Michael Stahl

The Dutch Blueprint for Urban Vitality

von Melissa und Chris Bruntlett

Abkupfern erwünscht! Wie kommen Städte schneller zu mehr Lebensqualität und mehr Radverkehr? Expert*innen empfehlen, sich an funktionierenden Beispielen und Lösungen zu orientieren. Melissa und Chris Bruntlett haben genau dazu eine Anleitung geschrieben. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2022, März 2022)


Der Fokus des Buchs liegt auf den Niederlanden. Hier finden die ursprünglich kanadischen Campaigner und Radverkehrsexperten inspirierende Best-Practice-Beispiele en masse. Mit ihrem international geschulten Blick verharren sie aber nicht auf der „Fietsers“-Nation, sondern stellen vielfältige globale Bezüge und Vergleiche her. Durch persönliche Geschichten erklären die beiden verständlich und motivierend, wie eine menschen- und fahrradgerechte Planung aussehen kann. Im Buch finden sich grundlegende Lektionen aus der Verkehrsplanung, die anschaulich durch Interviews, Reportagen und Berichte ergänzt werden. Diverse Projekte sind auch fotografisch belegt. Beim Betrachten der inspirierenden Bilder für gelungene Infrastruktur kann man Neid empfinden oder diesen konstruktiv umwandeln und zur Tat schreiten.
Radverkehrsplaner*innen profitieren von der internationalen Fachexpertise. Denn das Autorenpaar nutzt die Vergangenheit, um die Gegenwart zu erklären und arbeitet so heraus, wie Zukunftsfähigkeit in der Stadtplanung entsteht und erkennbar ist. Die Niederlande sehen die beiden dabei als ideale „Blaupause“. Ihr Appell: „Der Auftrag ist es nun, die Lektionen der Niederländer weiter zu verbreiten – was funktioniert und was nicht – und andere aus ihrem jeweiligen Status quo herauszubekommen, damit sie sehen, was möglich ist, wenn sie ihre Autoabhängigkeit hinter sich lassen.“ Die Geschichten machen Lust, sich den beiden anzuschließen und sich aufzumachen auf den Weg hin zu einer nachhaltigen Mobilität und „glücklicheren, gesünderen und menschlicheren Städten“.

Melissa und Chris Bruntlett haben sich in Kanada mit der Agentur Modacity einen Namen gemacht. Seit 2019 leben sie mit ihren Kindern in Delft. Melissa arbeitet für die Mobilitätsberatung Mobycon und Chris ist als Kommunikationsmanager für die niederländische Fahrradbotschaft tätig.


Building The Cycling City: The Dutch Blueprint for Urban Vitality | von Melissa & Chris Bruntlett | Island Press Verlag | 1. Auflage 2018 | ca. 220 Seiten, Softcover | ISBN: 978-1-610918-794-4 | 22,75 Euro