Ein Rechtsratgeber für Kommunen, Verbände und Radfahrende mit über 600 Gerichtsentscheidungen

von Harald E. Siedler

Die Vorschriften, nach denen das Radfahren in Deutschland stattfinden darf, sind mitunter gut in zahlreichen Gesetzen und Verordnungen versteckt. „Rad + Recht“ soll Licht ins Dunkel bringen. Das Buch zeigt, wie der rechtliche Rahmen aktuell abgesteckt ist und wie er in der Praxis von den Gerichten gehandhabt wird. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2024, März 2024)


Die Gesetzgebung ist der Rahmen, in dem Radverkehrsplanung stattfinden kann. Doch dieser Rahmen ist nicht geradlinig. Gerichtliche Entscheidungen präzisieren, was erlaubt ist, und erhöhen damit die Rechtssicherheit für Planerinnen. In seinem Buch Rad + Recht hat Harald E. Siedler über 600 Gerichtsurteile aufgearbeitet. Das Nachschlagwerk führt seine Nutzerinnen durch die zahlreichen Vorschriften und Verordnungen zum Thema Radverkehr und zeigt, wie Gerichte diese in der Praxis ausgelegt haben. Enthalten sind etwa die Straßenverkehrsordnung, die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung und das Straßenverkehrsgesetz. Auch die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, das Bürgerliche Gesetzbuch und das Ordnungswidrigkeitengesetz beleuchtet der Autor im Detail.
Das Buch ist eine Informationsstütze und Entscheidungsgrundlage für die Verantwortlichen in vielen Behörden und Ämtern. Auch Radfahrerinnen selbst und Verbände zählt der Verlag zur Zielgruppe. Nebenbei erhalten die Leserinnen tiefere Einblicke, wie das deutsche Rechtssystem funktioniert, zum Beispiel wie Gerichte mit Beweisen umgehen. Tieferliegend findet sich in dem faktenlastigen Werk auch ein Appell. Es ist dringend notwendig, den vielen Vorschriften für Radfahrer*innen mehr Aufmerksamkeit zuteilwerden zu lassen.

Harald E. Siedler hat schon mehr als eine halbe Million Kilometer auf dem Fahrrad gesessen. Der Rechtsanwalt engagiert sich in einem Radsportverein in Augsburg. Mit Rad + Recht will Siedler in die Fußstapfen seines verstorbenen Kollegen treten, dessen Werk Recht für Radfahrer 2013 in der dritten Auflage erschien.


Rad + Recht: Ein Rechtsratgeber für Kommunen, Verbände und Radfahrende mit über 600 Gerichtsentscheidungen | von Harald E. Siedler | Thiemo Graf Verlag | 1. Auflage 2023 | ca. 430 Seiten, Softcover | ISBN: 978-3-94021-736-3 | 54,95 Euro


Bilder: Thiemo Graf Verlag

How inclusion shapes design

von Kat Holmes

Laut Kat Holmes sollte eine Behinderung nicht als persönlicher Gesundheitsumstand gesehen werden. Wer Behinderungen als unstimmige menschliche Interaktionen betrachtet, platziert die Verantwortlichkeit bei den richtigen Menschen. Wer Städte, Arbeitsplätze und vieles mehr gestaltet, hat die Macht, die ganze Gesellschaft durch inklusives Design zu stärken. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2024, März 2024)


Für das Ziel der Inklusion zu gestalten, fängt da an, wo man Exklusion anerkennt. Kat Holmes empfiehlt, sich an das Kindesalter zu erinnern und sich zu fragen, wann man sich in einer Spielsituation willkommen gefühlt hat und wann man ausgeschlossen worden ist. Ausgehend davon lässt sich feststellen, dass die meisten Aspekte menschlichen Zusammenlebens es vermögen, Menschen Zugang zu ihrer Umgebung zu geben oder ebendiesen Zugang zu verwehren. Das betrifft den urbanen Raum, aber auch Arbeitsplätze, Technologie und diverse Formen menschlicher Interaktion.
Überall dort, wo die von Menschen erschaffene Umgebung verhindert, dass ein Bedürfnis erfüllt wird, entsteht ein Mismatch, für die Autorin die Bausteine der Exklusion. Inklusives Design verfolgt das Ziel, diese Umstände zu beseitigen. Laut Holmes wird dieser Ansatz zu selten als übergeordnete Priorität konsequent umgesetzt. Ein Lösungsansatz für dieses Problem lautet, mithilfe der exkludierten Menschen zu designen, statt für sie. Dabei entstehen mitunter elegante Lösungen, von denen am Ende die ganze Gesellschaft profitiert.
Kat Holmes erzählt in Mismatch von den Pionier*innen inklusiven Designs. Vielfach sind diese zu ihren inspirierenden Entwicklungen auch durch eigene Exklusionserfahrungen gekommen. Auch wenn die Beispiele in diesem Buch sehr divers sind, steckt jedes Kapitel voller Design-Lektionen, die sich als Leitfaden für die Praxis eignen. Die Geschichten zeigen, dass Inklusion ein Innovationstreiber sein und somit einen großen gesellschaftlichen Mehrwert herstellen kann.


Mismatch: How Inclusion Shapes Design | von Kat Holmes | MIT Press | 2018 | ca. 170 Seiten (farbig, bebildert), Softcover | ISBN: 978-0262038881 | 18,99 Euro


Bild: MIT Press

von Heinrich Strößenreuther

Um es vorweg zu nehmen: Wir finden, dass dieses Buch nicht nur zur Weihnachtszeit ein hervorragendes Geschenk ist für Politiker, Bürgermeister und alle anderen Verantwortlichen, die sich zum Thema Radverkehr einen schnellen Überblick verschaffen oder sich einfach inspirieren lassen möchten. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2019, Dezember 2019)


Autor Heinrich Strößenreuther, laut Klappentext ein „mit allen Wassern gewaschener Campaigner, Verkehrsexperte und Vater des Volksentscheids Fahrrad“, ist es gelungen, eine ebenso kurzweilige, wie informative Mischung aus Bildband und Sachbuch zu schreiben. Etwas weit ausgeholt klingt der Buchtitel „Der Berlin-Standard. Moderne Radverkehrspolitik Made in Germany – Ein Bildband über Deutschlands erstes Mobilitätsgesetz“. Umso konkreter wird es dann im Innenteil. Aus seiner jahrelangen Erfahrung destilliert Heinrich Strößenreuther Hintergründe und Informationen und verbindet sie mit praktischen Tipps. Praktischerweise braucht er dabei nie mehr als eine Seite.
Ein ideales Buch also für alle, die in kürzester Zeit über die wichtigsten To-dos, Zahlen, Daten, Fakten und Argumentationen informiert sein wollen oder sich bei Fragestellungen und Gesprächen mit den verschiedenen Anspruchsgruppen schnell auf Stand bringen möchten.
Kostproben: „Warum Sie mit dem Berlin-Standard wiedergewählt werden“, oder „Der Radverkehr ist systemrelevant“ heißen zwei Überschriften, die zugespitzt wesentliche Themenbereiche als Hintergrund anreißen, bevor es zum „Berlin-Standard“ geht.
Hier stellt Heinrich Strößenreuther die zentralen Eckpfeiler des Gesetzes vor und zeigt, wie auch in anderen Städten ein rascher fahrradfreundlicher Umbau gelingen kann. Dabei geht es ebenso um die Infrastruktur, wie auch Budgets, Kommunikation, Organisationen, Vorbilder, Fahrradstaffeln oder das Thema Vision Zero.

Heinrich Strößenreuthers Appell: „Ich will auch einfach nur sicher und entspannt Rad fahren. Mitten durch die Stadt, das kann so schön sein. Machen Sie das möglich.“


Der Berlin-Standard | von Heinrich Strößenreuther | Thiemo Graf Verlag | ISBN: 978-3-940217-25-7 | 140 Seiten, farbig, bebildert, Hardcover | Preis: 39,90 € (D/AT) | Erstverkaufstag: 13.03.2019


Bilder: Thiemo Graf Verlag

Ein umfassender Werkzeugkasten für Städte und Gemeinden

von Thiemo Graf

Eine Lösung gegen Hilflosigkeit ist das Buch „Fahrradstadt“ von Thiemo Graf. Der Autor möchte Radwege in jeder Stadt und Gemeinde als „gebaute Einladungen“ verstehen können. Und er ist überzeugt, dass jede Kommune das Potenzial besitzt, Fahrradstadt zu werden. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2023, März 2023)


Adressiert ist das Buch explizit an Bürgermeisterinnen, Landräte und kommunale Führungskräfte. Diesen stellt Graf auf jeder Doppelseite ein Werkzeug für Fahrradstädte vor, textlich prägnant erklärt und bildlich veranschaulicht. Damit verfolgt er das Ziel, die Entscheiderinnen zu überzeugen, Radverkehr zur Priorität zu machen. Aus Verhindern soll Ermöglichen werden. Seine Definition einer Fahrradstadt bezeichnet der Autor selbst als unspektakulär und baut damit vielleicht innere Hürden ab, die den Wandel abbremsen könnten. „In einer Fahrradstadt sitzt der Querschnitt der Bevölkerung im Sattel“, sagt er. 12-Jährige und 80-Jährige sollen gleichsam entspannt und selbstverständlich mit dem Fahrrad unterwegs sein können.
Das Buch eignet sich zum Lesen oder Durchblättern. Es soll wirkungsvoll informieren und die Entscheidungsträger zum Handeln inspirieren. Bevor es an die Maßnahmen geht, bricht der Autor den Erfolg vorbildhafter Fahrradstädte auf vier Faktoren herunter. Er ermutigt die Leserinnen und zeigt, dass auch die großen Sterne am Radverkehrshimmel früher einmal Autostädte waren. Der Autor unterscheidet in seinem Werkzeugkasten zwischen strategischen und operativen Maßnahmen. Laut Graf handelt es sich sicher nicht um alle, aber um die wichtigsten Handlungsempfehlungen. Zu den strategischen Maßnahmen zählt etwa, dass Verwaltungen konkrete Ziele formulieren oder den Faktor Reisegeschwindigkeit mitdenken sollen. Sie perforieren also die Herangehensweise auf dem Weg zur Fahrradstadt. Die operativen Maßnahmen, also die tatsächlichen Eingriffe in den Raum und die Stadtkultur, sind unterteilt entlang der „Vier Säulen der Radverkehrsförderung“, Infrastruktur, Information, Service und Kommunikation. Ein paar Minuten auf einer Doppelseite reichen aus, um zu verstehen, welchen Effekt Ampeltrittbretter haben oder warum die richtige Beleuchtung von Fahrradwegen essenziell ist. Wer also als Radverkehrsplanerin in der eigenen Kommune einen schweren Stand hat, könnte dieses Buch sehr interessant finden. Auch Bürgermeister*innen haben schließlich mal Geburtstag.

Thiemo Graf hat das Hygge-Modell für Radwege entwickelt und das i.n.s. – Institut für innovative Städte gegründet. Er berät und begleitet Kommunen, Ministerien und Behörden bei allem, was mit dem Radverkehr zu tun hat. Graf moderiert auch Fachveranstaltungen und hält Vorträge. Seit 2016 hat er mehrere Fachbücher geschrieben und mit dem Thiemo Graf Verlag verlegt.


Fahrradstadt. Ein umfassender Werkzeugkasten für Städte und Gemeinden | von Thiemo Graf | Herausgeber i.n.s. – Institut für innovative Städte | Thiemo Graf Verlag | 1. Auflage 2020 | ca. 200 Seiten | ISBN: 978-3-940217-31-8 | 25 Euro


Bilder: Thiemo Graf

Planungsideen für den urbanen Alltag

von David Sim

Hygge für die Stadt, so lässt sich David Sims Vision vielleicht zusammenfassen. Das dänische Wort hat denselben Wortstamm wie to hug, der englische Begriff fürs Umarmen. Eine sanfte Stadt ist also eine, die umarmt und sich den menschlichen Bedürfnissen unterordnet. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2022, Dezember 2022)


Stadtplanung sollte das Leben erleichtern und auf verschiedenen Ebenen sanfter werden lassen. Langsam, kleinteilig und leise soll die Stadt sein, dann entsteht das gute Leben in den Nachbarschaften. David Sim wendet sich von einer funktionalistischen Quartierseinteilung ab und fordert stattdessen ein Gleichgewicht zwischen Dichte und Vielfalt. Stattdessen geht es in seinem Stadtkonzept darum, dass Bürger*innen sich begegnen und vernetzen können. Das Konzept mag zunächst allgemein wirken und schwer zu fassen sein. Das große Ganze zu betrachten ist aber sehr wichtig, da sich spezifische Planungsfelder der Stadtentwicklung nur sehr begrenzt voneinander trennen lassen.
Wie müssen Häuser, Innenhöfe, Straßen und Plätze gestaltet sein, um den menschlichen Alltagsbedürfnissen gerecht zu werden? Die Lösung sieht der Autor darin, Städte kleinteiliger und dichter zu organisieren. Außerdem braucht es Nähe und Vielfalt von Gebäudetypen und Nutzungen.
Das erlaubt dann eine gemischte Nutzung, die komfortabel ist, Kosten spart, Ruhe und Einladendes ausstrahlt. „Es geht um Leichtigkeit, Komfort und Fürsorge im täglichen Leben“, sagt David Sim selbst. Auch Mobilität sieht der Autor durch diese Brille und widmet sich ihr in einem großen Kapitel. Sie beginnt für ihn nicht erst auf der Straße, sondern schon auf dem Weg vom Wohnzimmer zum Balkon oder von der Wohnungstür zur Straße. Mobilität muss die alltäglichen Situationen nahtlos miteinander verbinden können und entsprechend kleinteilig eingeplant sein. Das erklärt Sim anhand von Beispielen aus Australien, der Schweiz oder Dänemark. Das Fahrrad spielt neben dem Zufußgehen und dem ÖPNV eine wichtige Rolle.
Zwischen den Zeilen voller praktischer Planungsansätze lässt sich viel über Städtebau im Allgemeinen und die Sicht des ehemaligen Kreativdirektors auf Design und Gestaltung lernen. Inspiration gibt es aber schon beim Durchblättern. Die Seiten sind gespickt mit hilfreichen Illustrationen und unzähligen Fotos, die reale Beispiele für David Sims Vision zeigen.

Mit 19 Jahren hörte David Sim in Schottland zum ersten Mal Vorlesungen von dem Architekten und Bestseller-Autor Jan Gehl (Städte für Menschen). Es ist also nicht verwunderlich, dass er auch sein Konzept der Sanften Stadt nach dem menschlichen Maßstab entworfen hat. Zu verstecken braucht er sich hinter Gehl aber nicht, Sims Buch wurde bereits in 20 Sprachen übersetzt, weitere fremdsprachige Versionen befinden sich in der Mache. Er arbeitete rund zwei Jahrzehnte im global agierenden Architekt*innenteam Gehls und hat inzwischen ein eigenes Büro eröffnet.


Sanfte Stadt Planungsideen für den urbanen Alltag | von David Sim | Jovis Verlag | 1. Auflage 2022 | 256 Seiten, farbige Abbildungen | ISBN: 978-3-86859-747-9 | 42 Euro


Wie wir nachhaltig in die Gänge kommen: Ein Rad-Geber

von Alexandra Hildebrandt & Claudia Silber

Mikromobilität ist als Sammelbecken für verschiedene Fortbewegungsmittel ein sehr breiter Begriff. Gemein ist vielen dieser Verkehrsmittel, vor allem aber verschiedenen Fahrradsegmenten, dass sie gerade einen Boom erleben. Und dass sie viele Vorteile gegenüber Pkws mitbringen. Die Herausgeberinnen von Zukunft Mikromobilität nehmen den Status quo auf und zeigen gemeinsam mit zahlreichen Autor*innen aktuelle Trends auf. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2022, Dezember 2022)


E-Bikes, Lastenräder oder E-Scooter sind, zumindest nach Auffassung von Claudia Silber und Alexandra Hildebrandt, den Herausgeberinnen dieses Buchs, die Zukunft der urbanen Fortbewegung. Auf dem Weg zu dieser wichtigen Rolle hat die Mikromobilität in den vergangenen Jahren einiges in Bewegung gesetzt – und wird das auch in der nahen Zukunft tun.
Zukunft Mikromobilität enthält Beiträge aus der Mobilitätsforschung und der Wirtschaft. Die verschiedenen Autorinnen sind reich an Expertise und besetzen in diesen Bereichen und der Verbandsarbeit teils führende Positionen. Konkret erklären sie verschiedene Fahrradtypen und die Historie des Verkehrsmittels, entwickeln eine Cradle-to-Cradle-Vision der Fahrradindustrie und beleuchten die Rolle der E-Scooter. Nicht alle Beiträge besitzen inhaltliche Schwere, die Autorinnen erzählen auch anekdotisch oder geben praktische Tipps. Die Bandbreite ist so groß wie die Klammer der Mikromobilität. Es geht um die die Mobilität von Mitarbeiter*innen, nachhaltigen Tourismus oder Radlogistik.
Auch wenn wohl niemand, der in der Mobilitätsbranche oder Stadtentwicklung arbeitet, in diesem Buch nur Neues lesen wird, so ist es trotzdem ein Stück Verkehrswende im Taschenbuchformat. Und es vermag vielleicht, die verschiedenen Akteure in diesem Feld ein Stückchen näher zusammenzubringen. Ein gutes Beispiel sind die Kapitel am Ende des Buches. Auf zehn Thesen, wie der Verkehr der Zukunft aussehen wird, folgt ein Glossar, das Netzwerke für eine nachhaltige Verkehrswende vorstellt. Dazu zählen Industrieverbände, Kampagnen-Bündnisse und Thinktanks. Die Botschaft, die vermutlich dahinter steht, lautet: „Verkehrswende geht nur zusammen. Vernetzt und unterstützt euch!“

Claudia Silber leitet die Unternehmenskommunikation beim Versandhändler Memo AG und ist an deren Nachhaltigkeitsberichten beteiligt. Sie ist studierte Germanistin.

Dr. Alexandra Hildebrandt studierte Psychologie sowie Literatur- und Buchwissenschaft und hatte Führungspositionen in der Wirtschaft inne. Sie gibt als freie Publizistin Bücher zu Themen wie unternehmerischer Verantwortung, Digitalisierung und der Energiewirtschaft heraus.


Zukunft Mikromobilität Wie wir nachhaltig in die Gänge kommen: Ein Rad-Geber | von Alexandra Hildebrandt & Claudia Silber (Hg.) | Büchner Verlag | 1. Auflage 2022 | ca. 300 Seiten | ISBN: 978-3-96317-313-4 | 25 Euro


Bilder: Carina Koch, Nicole Simon

Instrumente, Verfahren, Methoden

von Sabine Baumgart & Andrea Rüdiger

Stadtplanung ist kein eindimensionales Feld, sondern betrifft die meisten Facetten der Gesellschaft. Das Fach muss interdisziplinär diversen menschlichen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Herausforderungen gerecht werden. Sabine Baumgart und Andrea Rüdiger zeigen, welche Rolle Gesundheit in der Stadtplanung spielen sollte und mit welchen Mitteln Stadtplaner*innen sich ihr widmen können. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 03/2022, September 2022)


Gesundheit und Städte sind eigentlich schon lange Themen, die eng beieinanderliegen. Früher schützten Städte vor Gefahren aus der Umgebung, brachten aber auch selbst neue Risiken, wie Krankheiten und Unfälle mit sich. Diesem historischen Verhältnis geht unser Buchtipp auf die Spur, Corona-Pandemie, Affenpocken und Co. sind der jüngste Beweis, dass die Themen auch heute noch nahe beieinanderliegen und vielleicht relevanter denn je sind.
„Gesundheit in der Stadtplanung“ ist der vierte Band der Edition Nachhaltige Gesundheit und setzt das Oberthema in Bezug zu vielen städtebaulichen Handlungsfeldern, etwa Wohnen, Arbeiten, Baukultur und Mobilität. Nachdem sie diese Handlungsfelder in Beziehung zueinander setzen, widmen die Autorinnen mehr als die Hälfte der Seiten der aktiven Stadtplanung. Sie erklären, auf welche rechtlichen Instrumente sich Städtebau stützen darf, welche Akteure Städteplaner*innen unbedingt einbeziehen sollten und welche Daten und Informationen sich als Basis guter Planung eignen.

Die Bücherreihe „Edition Nachhaltige Gesundheit in Stadt und Region“ besteht aus fünf Werken, die zwischen 2018 und 2022 im Oekom-Verlag erschienen sind. Drei der Bücher, zwei davon mit dem Schwerpunkt Hamburg, stehen unter Open-Access-Lizenz. Interessierte können sie in digitaler Form kostenlos beziehen. Band 1, ebenfalls kostenlos zum Download, thematisiert die nachhaltige und gesunde Stadt der Zukunft, während der dritte Band gesunde Quartiere beleuchtet. Die Reihe wird unterstützt von der Fritz und Hildegard Berg-Stiftung im Stifterverband.


Gesundheit in der Stadtplanung: Instrumente, Verfahren, Methoden. Edition Nachhaltige Gesundheit in Stadt und Region (Band 4) | von Sabine Baumgart & Andrea Rüdiger | Oekom Verlag | 1. Auflage 2022 |490 Seiten, Softcover | ISBN 978-3-96238-301-5 | 40,00 Euro


How to take back our streets and transform our lives

von Thalia Verkade & Marco te Brömmelstroet

Als Sozialwissenschaftler und Journalistin stellen der Autor und die Autorin von Movement sehr unterschiedliche Fragen. Deshalb taten sie sich über einen mehrjährigen Zeitraum zusammen und gingen der Frage auf den Grund, wie öffentlicher Raum aussehen könnte, wenn man den Menschen als Priorität vorne anstellt. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2022, März 2022)


In ihrem unterhaltsamen Buch klären Thalia Verkade und Marco te Brömmelstroet auf, wie der Verkehr in der Stadt so viel öffentlichen Raum einnehmen konnte, dass alles der Fortbewegung von A nach B untergeordnet ist. Sie mahnen an, wem das schadet und welch düstere Entwicklung unseren Städten ohne eine Kehrtwende noch bevorstehen könnte.
Das Druckwerk erinnert zum Teil eher an eine Biografie als an ein Sachbuch, ist es doch gefüllt mit persönlichen Anekdoten und Leidenschaft für die Sache. Ihre Recherchen basieren Verkade und Te Brömmelstroet auf theoriebasierten Grafiken und aktuellen Forschungserkenntnissen. Aber Movement enthält auch Fotos, Twitter-Chatverläufe oder Vergleiche zwischen Radfahrer*innen und Vogelschwärmen. Sie gehen an das Fundament und scheuen nicht davor zurück, die elementaren Überzeugungen, auf denen unsere Städte gebaut sind, ins Wanken zu bringen. Wem gehören unsere Straßen, wofür nutzen wir sie und wer entscheidet das?
Die Autorin und der Autor vermitteln Motivation dafür, den Status quo nicht einfach hinzunehmen. Sie diskutieren städtebauliche und politische Lösungsansätze und die Frage, was Städte für spielende Kinder, die Natur und jene Menschen, die das Leben in einem langsameren Tempo bevorzugen oder brauchen, leisten können.
Und das Duo gibt Tipps, wie die Leserschaft selbst in Bewegung kommen kann. Aber eben nicht nur von A nach B. Sie warnen jedoch auch: „Sie werden die Straße vor Ihrer Haustür nie wieder auf die gleiche Weise sehen.“
Das von Fiona Graham ins Englisch übersetzte Buch konnte im vergangenen Jahr auch die Jury des Brusse-Preises überzeugen. Die Original-fassung wurde damit als bestes niederländischsprachiges journalistisches Buch geehrt.


Movement. How to take back our streets and transform our lives | von Thalia Verkade & Marco te Brömmelstroet | Scribe Publications UK | 1. Auflage 2022 | ca. 270 Seiten, Softcover | ISBN: 1911344978 | ca. 16 Euro


Mobilität für eine lebenswerte Welt

von Katja Diehl

Mobilität ist für alle da. Anstatt sich auf technische Fragen zu fokussieren, blickt Katja Diehl in ihrem Buch besonders gründlich auf die menschliche Seite der Fortbewegung. Das Verhalten der Gesellschaft macht die Mobilität – und kann sie ändern. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)


Wer die Vergangenheit versteht, kann die Zukunft ändern. Katja Diehls Buch baut in dieser Hinsicht auf einer soliden Grundlage auf. Sie stellt die Frage, wie unsere Mobilität am Status quo, einem überbordenden, von Privilegien und Lobbyismus geprägten Autoverkehr, angekommen ist. Und beantwortet sie natürlich auch. Sie erklärt das System Auto, wie es seinen Weg in die Mentalität und den öffentlichen Raum gefunden hat und wie es wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden anrichtet.
Mit Auszügen aus zahlreichen Gesprächen stellt Katja Diehl diverse Lebensrealitäten dar. Ihre Leitfrage lautet dabei: „Willst oder musst du Auto fahren?“ Es kommen unter anderem Menschen zu Wort, die im ländlichen Raum leben und arbeiten, Transpersonen sind, solche die von Armut betroffen oder krank sind. Warum diese Perspektiven wichtig sind? Weil sie beim Aufbau unseres Verkehrssystems keine oder kaum eine Rolle gespielt haben.
Mit dem Blick auf weniger privilegierte Lebenswelten und die dazugehörige Mobilität lässt Diehl es nicht bewenden. Sie entlarvt gegen Ende des Buches viele der vermeintlichen Unmöglichkeiten, mit denen sie oft konfrontiert wird, und rundet das Buch mit Lösungsansätzen ab. Diehl verfolgt mit ihrem Buch das Ziel einer gerechten Mobilität, die die Welt lebenswerter macht und ihre Menschen in den Mittelpunkt stellt.


Autokorrektur: Mobilität für eine lebenswerte Welt | von Katja Diehl | Illustratrionen von Doris Reich |
S. Fischer Verlag | 1. Auflage Februar 2022 | 272 Seiten, Softcover | ISBN 978-3-10-397142-2 | 18,00 Euro


Die Zukunft der Mobilität gestalten

von Peter Eckart und Kai Vöckler (Hrsg.)

Warum brauchen wir eine Transformation der Mobilität? Wie sieht diese aus? Und welche Notwendigkeiten und Möglichkeiten gibt es mit Blick auf ihre Ausgestaltung? Der erste Band einer kommenden Buchreihe der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main (HFG) setzt sich mit Hintergründen, Anforderungen und Lösungen auseinander und stellt in einem Praxisüberblick 64 ausgewählte Projekte vor. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2022, März 2022)


„Klimawandel und Ressourcenverknappung, aber auch der stetig steigende Verkehrsaufwand machen es unabdingbar, neue Lösungen für eine umweltschonende und menschenfreundliche Mobilität zu entwickeln“, so heißt es im Klappentext des über 300 Seiten starken Fachbuchs. Aufgabe von Mobilitätsdesign sei es, zwischen Mensch und Mobilitätssystem zu vermitteln und Nutzungserfahrungen positiv zu beeinflussen, so die Herausgeber Prof. Dr. Kai Vöckler (Lehrgebiet Urban Design) und Prof. Peter Eckart (Integrierendes Design). Der flüssige und sichere Übergang von einer Mobilitätsform zur anderen, die Nutzung unterschiedlicher individueller, geteilter oder öffentlicher Verkehrsmittel auf einem Weg müsse künftig komfortabel und einfach möglich sein, um Menschen ein positives Mobilitätserlebnis zu vermitteln. Mit diesem Ansatz bildet das Buch einen Kontrapunkt zur bislang weitgehend technisch ausgerichteten Debatte über die Zukunft der Mobilität und des Verkehrssystems. Fundiert und praxisorientiert stellen die Wissenschaftler zusammen mit ihren Co-Autor*innen Konzepte und realisierte Infrastrukturprojekte vor, die die Zukunft einer nachhaltigen und vernetzten Mobilität greifbar machen. Aus den Bereichen Design, Architektur und Städtebau werden anhand von Fotos, Planzeichnungen und Kurztexten beispielhafte Lösungen vorgestellt, thematisch unterteilt in Connective Mobility, Active Mobility, Augmented Mobility und Visionary Mobility.

Band 1: Schwerpunkt Praxis

Der Auftaktband der Offenbacher Schriftenreihe zur Mobilitätsgestaltung hat den Schwerpunkt Praxis. Auf eine allgemeine Einleitung von Kai Vöckler und Peter Eckart zur Gestaltung einer nachhaltigen Mobilität der Zukunft, inklusive grundlegender Definitionen des Mobilitätsdesigns und seiner Aufgaben, werden ausgewählte Projekte mit Bildern und Beschreibungen von Markus Hieke, Christian Holl und Martina Metzner vorgestellt. Im Frühjahr 2022 soll ein zweiter Band zum Schwerpunkt Forschung folgen.


Mobility Design: Die Zukunft der Mobilität gestalten Band 1: Praxis (Offenbacher Schriftenreihe Zur Mobilitätsgestaltung, 1) | Herausgeber: Kai Vöckler und Peter Eckart | Jovis Verlag, Berlin | Dez. 2021 | 304 Seiten | 20.96 x 2.54 x 26.04 cm | ISBN 978-3868596465 | 42,00 Euro