Mit eigens für den Schwerlastbereich entwickelten Schaltgetrieben professionalisiert Getriebehersteller Pinion den Markt der gewerblich genutzten Lastenräder. Erfahrungen aus der Praxis liefert der Hamburger Flottenhersteller Tricargo, der die Getriebe bereits über einige 10.000 km in seinen E-Transporträdern im Einsatz hat. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2021, Juni 2021)


Fest steht: Komponenten müssen im Schwerlastbereich enormen Belastungen standhalten. Pinion T-Linien-Getriebe sind für den dauerhaften Einsatz von Lasten bis zu 250 Nm Eingangsdrehmoment ausgelegt. Verschleißarm und mit minimalem Wartungsaufwand sind die Getriebe kosteneffizient bei geringem TCO.
Sie können als Direkt- oder Zwischengetriebe in Ein-, Zwei- und Dreispurfahrzeugen eingesetzt und mit verschiedenen Elektromotoren kombiniert werden – das bietet Herstellern höchste Flexibilität in der Entwicklungs- und Konstruktionsphase. Abgerundet wird Pinions Angebot an gewerbliche Kunden durch verlängerte Serviceintervalle und speziell angepasste Servicekonzepte.

Technisch einzigartig: Als einzige Schaltung am Markt sind Pinion T-Linien-Getriebe optional mit einem Neutralgang ausgestattet. Dieser ermöglicht ergonomisches Rückwärtsrangieren schwerer Cargo-Fahrzeuge.

Effizient, ergonomisch und zuverlässig: Der Lademeister von Tricargo überzeugt Gewerbekunden mit langen Laufzeiten, optimaler Kostenkontrolle und geringem TCO.

Die Tricargo Genossenschaft produziert elektrische Transportfahrräder für den Flottenbetrieb. Im Modell Lademeister steckt die Erfahrung von über 150.000 km und 1.200 t transportierter Nutzlast in der hauseigenen Radlogistik. Dort entwickelte Tricargo den Lademeister für die Feinverteilung von Gütern auf der letzten Meile. Mit einer effektiven Nutzlast von 210 kg und einem Ladevolumen von über 2 m³ überzeugt das Modell Lademeister täglich zahlreiche Gewerbekunden. „Die Zuverlässigkeit unserer Fahrzeuge steht an erster Stelle. Deswegen setzen wir in der Serie auf Pinion-Getriebe!“ – Björn Fischer, Tricargo eG

Weiterführende Informationen:
pinion-industrial.eu
tricargo.de
lademeister.bike


Bilder: Pinion, Tricargo

Wie nachhaltig und aktiv Menschen tagsüber unterwegs sind, entscheidet sich meist morgens mit dem Schritt vor die Haustür. Städte und Kommunen haben viele Hebel, um die Entscheidung pro Fahrrad, ÖPNV oder Sharing zu beeinflussen. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2021, Juni 2021)


Der einfache Zugang zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln am Wohnort, die Verknüpfung der alternativen Angebote und eine gute In-frastruktur sind der zentrale Hebel, um nachhaltige Mobilität zu fördern. Dabei kommt es auf die Qualität der Angebote und den richtigen Mix entsprechend dem Bedarf vor Ort an. Teilen statt besitzen und Mobility as a Service (MaaS), also der Ansatz, Transport mit eigenen Fahrzeugen durch ein auf den jeweiligen Bedarf abgestimmtes Angebot an Mobilitätsdiensten zu ersetzen, eröffnen heute völlig neue Optionen. Gerade Städte und Kommunen haben vielfältige Push & Pull-Optionen und Fördermöglichkeiten.

„Unser Konzept mit zwei E-Sharing-Wagen und zwei Sigo-Lastenrädern hat uns den Bau der Stellplätze erspart“

Wolf-Bodo Friers, Vorstandsvorsitzender der Baugenossenschaft

(E-)Lastenräder im Viertel oder vom Vermieter

Der einfache Zugang zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln am Wohnort gilt als zentraler Hebel, um nachhaltige Mobilität zu fördern. Gerade die inzwischen technisch weitgehend ausgereiften motorunterstützten Lastenräder entwickeln sich dabei immer mehr zu einem begehrten Autoersatz. Allerdings ist es bei ihnen ähnlich wie mit dem eigenen Pkw: Für manche sind sie ein tägliches Mobilitätstool, für die meisten anderen eine willkommene Ergänzung, zum Beispiel für den Großeinkauf, die Fahrt zum Baumarkt oder einen Ausflug mit Kind, Kegel oder Hund. Sie sind wichtig und nützlich, aber viele brauchen sie relativ selten. Was als Lösung auf der Hand liegt, sind Sharing-Lastenräder, die sich nah am Wohnort ausleihen und idealerweise auch vorab buchen lassen. Schon seit Jahren gibt es sogenannte Freie Lastenräder. Hinter der 2013 in Köln entstandenen und unter anderem mit dem Deutschen Fahrradpreis ausgezeichneten Idee, die Mobilität in der Stadt ehrenamtlich mit kostenfreien Lastenrädern zu verbessern, stehen inzwischen rund 130 Graswurzelinitiativen, die über 400 Lastenräder zur nachbarschaftlichen Nutzung zur Verfügung stellen.
Auf der kommerziellen Seite ergänzen inzwischen auch Bikesharing-Anbieter in Norderstedt, Hamburg und Darmstadt sowie MaaS-Anbieter wie der E-Scooter-Verleiher Voi ihre Flotten durch E-Cargobikes. Regional haben sich in dem noch jungen Wachstumsmarkt verschiedene Anbieter mit unterschiedlichen Modellen etabliert, wie carvelo2go in der Schweiz, cargoroo in den Niederlanden und Donk-EE in Köln. Neu mit einem automatischen E-Cargobike-Verleihsystem auf dem Markt ist das Unternehmen Sigo. Das Darmstädter Start-up hat ein Lastenrad-Sharing-Konzept entwickelt für Kommunen, Stadtwerke, ÖPNV-Betreiber oder Wohnungsgenossenschaften. Sie bieten ein Komplettpaket an mit modernen E-Lastenrädern, einer vollautomatischen induktiven Ladestation sowie einer App für die Buchung und die Abrechnung. Sigo- Lastenrad-Stationen gibt es inzwischen in zwölf Städten. Das Unternehmen installiert die Stationen und übernimmt auch die Wartung der E-Cargobikes.
Ein Beispiel ist die „Baugenossenschaft Langen“. Sie hat im Sommer 2020 ihre erste Sigo-Ladestation in der 40.000-Einwohner-Stadt im hessischen Langen umgesetzt. Zuvor hatte die Genossenschaft eines ihrer Hochhäuser mit über 105 Wohnungen klimafreundlich saniert. Dabei wurde festgestellt, dass laut Stellplatzordnung 27 Stellplätze fehlten. Um den Bau einer Parkpalette mit zwei Etagen zu verhindern, hat die Baugenossenschaft ein Mobilitätskonzept erstellt. „Unser Konzept mit zwei E-Sharing-Wagen und zwei Sigo-E-Cargobikes hat uns den Bau der Stellplätze erspart“, sagt Wolf-Bodo Friers, Vorstandsvorsitzender der Baugenossenschaft. Das neue Sharing-Angebot steht sowohl den Mietern des sanierten Hochhauses zur Verfügung als auch den übrigen Bewohnern des Stadtteils. Die Installation war einfach. Für die Ladestation wurden lediglich ein Fundament und ein 230-Volt-Anschluss benötigt. Die beiden Transporträder werden automatisch in den Ladestationen verriegelt. Für die Ausleihe brauchen die Kundinnen und Kunden nach der Anmeldung nur die Sigo-App. Sobald das Cargobike in der Station steht, wird der Akku kontaktlos über eine Induktionsplatte geladen.

Flexibel leihen, statt besitzen. Cargobikes sind eine gute Ergänzung. Ideal für den Einkauf, Kinder- oder Hundetransport, Ausflüge ins Grüne mit großem Gepäck oder auch für Unternehmen.

Städte und Kommunen als Vermittler

Städte und Kommunen können mit unterschiedlichen Angeboten den Einsatz von Lastenrädern vor Ort fördern. Im vergangenen Jahr hat die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) in Baden-Württemberg eine Cargobike-Road-show für 14 Kommunen gebucht. Der Hintergrund ist, dass die Transporträder mit und ohne Motor immer noch eine relativ junge Fahrzeuggattung sind und potenzielle Nutzer, Käufer oder Multiplikatoren vor Ort eine ausführliche Beratung und Fahrtests im direkten Vergleich benötigen. Das Roadshow-Konzept entwickelt und umgesetzt haben die beiden Cargobike-Experten Arne Behrensen (cargo bike.jetzt) und Wasilis von Rauch (Bundesverband Zukunft Fahrrad, BVZF). Zweimal im Jahr sind sie mit zwölf Rädern unterwegs und stellen in AGFK-Mitgliedskommunen auf zentralen Plätzen die verschiedenen Modelle vor, beraten Interessierte und lassen die Fahrzeuge ausgiebig testen. Neben Privatleuten können auch viele Unternehmen von E-Cargobikes in ihrem Fuhrpark mit Blick auf Flexibilität, Kostenersparnis und Nachhaltigkeit profitieren. Es gibt also noch viel zu tun für die Länder, Kommunen und örtlichen IHKs.

Welche Angebote gibt es eigentlich auf dem noch jungen Cargobike-Markt? Und welches ist das geeignete Modell? Die von der AGFK in Baden-Württemberg initiierte Cargobike-Roadshow gibt Antworten.

Poller als modale Filter, wie links in Hamburg, sind nicht schön, aber zweckmäßig. Noch besser geht es mit mobilen Bäumen und Bänken, mit denen Kreuzungen zu klimafreundlichen beruhigten Aufenthaltszonen werden.

Ruhigere Straßen durch modale Filter

Wesentlich für Lebensqualität vor Ort und die Wahl des Verkehrsmittels sind auch die Gegebenheiten und die In-frastruktur. In Wohngebieten leiden Fußgänger und Radfahrer oft unter zu viel und zu schnellem Autoverkehr. Das gilt sowohl für Kleinstädte wie für Großstädte. Eine relativ einfache, aber effektive Lösung, um den ungewollten Autoverkehr zu reduzieren oder komplett auszusperren, sind sogenannte modale Filter. Dazu gehören Poller, Blumenkübel, aber auch Verkehrsschilder für Einbahnstraßen. Die Idee dahinter ist, einzelne Straßen oder Wohnviertel gezielt zu beruhigen. Hochbeete und Pflanzkübel werden so platziert, dass die Straße oder der Platz für zu Fuß Gehende und Radfahrende gut passierbar bleibt, Autos aber nicht durchkommen. Für sie wird die Straße durch das Hindernis zur Sackgasse beziehungweise sie werden auf einen Umweg geleitet. Werden Blumenkübel nur am Seitenrand aufgestellt, bremsen sie den Autoverkehr durch die verringerte Fahrbahnbreite ab. Das bietet sich an, wenn beispielsweise Busse und Rettungsdienste Nebenstraßen passieren sollen. Autofahrende, die Nebenstrecken ansonsten gerne im Alltag als Abkürzung nutzen, werden durch das verringerte Tempo oder die erfolgte Umleitung erfolgreich abgeschreckt. Mithilfe der Modalen Filter können aber auch kleinräumige Fußgängerzonen in Stadtvierteln angelegt werden. Das lohnt sich beispielsweise vor Schulen oder öffentlichen Einrichtungen wie Schwimmbädern, Marktplätzen oder Theatern. Die Verkehrsberuhigung wertet diese Orte häufig auf. In Wien ist auf diese Weise zum Beispiel vor einer Schule eine große Fläche für Roller- und Radfahrende entstanden. Manchmal wird der Abschnitt auch in einen sogenannten Pocket Park verwandelt. Das sind Miniatur-Grünflächen zwischen dicht gebauten Häusern.

„Gute Park&Ride- und Bike+Ride-Anlagen sind ein Schlüsselelement, um den Autoverkehr aus der Stadt herauszuhalten“

Martin Niebendahl, Radverkehrskoordinator der Region Hannover

Anreiz für Umsteiger: Bike+Ride-Anlagen im Umland

„Gute Park+Ride- und Bike+Ride-Anlagen sind ein Schlüsselelement, um den Autoverkehr aus der Stadt herauszuhalten“, sagt Martin Niebendahl, Radverkehrskoordinator der Region Hannover. Damit potenzielle Fahrradpendler und -pendlerinnen tatsächlich umsteigen, sollten die Bike+Ride-Anlagen im Umland strategisch platziert werden und modernen Sicherheits- und Qualitätsstandards entsprechen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts hat die Region Hannover eine moderne Bike+Ride-Abstellanlage entwickelt und im vergangenen Jahr an zwei Haltestellen entlang einer Schnellbuslinie im Umland aufgestellt. In Langenhagen (33.000 Einwohner) nördlich von Hannover und in Pattensen (13.000 Einwohner) 15 Kilometer südlich der Landeshauptstadt wurden jeweils für rund 150 Fahrräder überdachte abschließbare Garagen mit Doppelstockparkern und einigen Bügelstellplätzen für Lastenräder, Anhänger und Liegeräder gebaut. Außerdem gibt es vor Ort Schließfächer und fest installierte Luftpumpen. Die beiden Anlagen sind Pilotprojekte für die weiteren Anlagen, die in den kommenden Jahren entstehen sollen. 1,5 Millionen Euro investiert die Region Hannover jährlich für ihre Bike+Ride-Offensive an Haltestellen im Umland. An einigen Bus- und Bahn-Haltestellen sollen erstmals Stellplätze für Fahrräder entstehen oder die vorhandenen Anlagen deutlich verbessert werden. „Ein Kernpunkt der Anlagen ist das digitale Zugangssystem“, so Martin Niebendahl. Die Türen werden über eine Karte oder per App geöffnet. Damit will die Region Hannover den Kommunen Arbeit ersparen. Die Region baut zwar die Anlagen, aber die Kommunen betreiben sie anschließend. Die Digitalisierung soll Vorgänge wie die Schlüsselvergabe oder die Prüfung der Monatskarte ersetzen.

Umsteigen leicht gemacht. B+R-Anlagen sind praktisch und bringen Bahn und ÖPNV mehr Kunden.

Carsharing mit Dienstwagen im ländlichen Raum

Carsharing ist in kleinen Städten und in ländlichen Kommunen oft unrentabel, weil die meisten dort sowieso einen eigenen Wagen besitzen. Der Mitinhaber der Mobilitätsberatung EcoLibro, Michael Schramek, will dort trotzdem das Teilen von Autos eta-blieren, vor allem, um den Kauf von Zweit- und Drittwagen zu reduzieren. Deshalb hat er 2016 mit anderen Experten „Regiomobil“ gegründet. und verschiedene Modelle für den ländlichen Raum entwickelt. Eins wird bereits im Rahmen des Pilotprojekts „Betriebliches Mobilitätsmanagement im Schwalm-Eder-Kreis“ umgesetzt.
Seit rund zwei Jahren teilen sich die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung Homberg, der dortigen Kreisverwaltung, der Kreissparkasse des Schwalm-Eder-Kreises sowie der KBG Kraftstrom-Bezugsgenossenschaft Homberg ihre Dienstwagen. Momentan sind sieben Autos des Carsharing-Anbieters Regio.Mobil im Einsatz. Einige werden abends von Mitarbeitenden der Kreisverwaltung in die benachbarten Kleinstädte wie Treysa (ca. 8.700 Einwohner) und Malsfeld (ca. 4.000 Einwohner) gefahren, wo sie das bestehende Carsharing-Angebot ergänzen oder die ersten Carsharing-Fahrzeuge vor Ort sind. Am Wohnort und am Arbeitsplatz stehen die Carsharing-Dienstwagen an festen Stationen, wo sie außerhalb der Arbeitszeiten von jedermann gebucht werden können. Die Mitarbeitenden, die mit den Dienstfahrzeugen unterwegs sind, benötigen für den Arbeitsweg keinen eigenen Pkw mehr. Eine Mitarbeiterin hat bereits ihren Privatwagen verkauft. Das Angebot kommt gut an und soll ausgeweitet werden.
In Thüringen sind außerdem elf Fahrgemeinschaften mit rund 80 Personen unterwegs, die Schrameks Modell des „pulsierendes Carsharing“ nutzen. Dort stellt Regio.Mobil den Unternehmen 7- oder 9-Sitzer-Autos zum Teilen für den Arbeitsweg zur Verfügung. Die Mitarbeiter „mieten“ dabei lediglich einen Sitzplatz im Fahrgemeinschaftsbus. „Der Betrag ist deutlich günstiger als die Nutzung eines eigenen Pkw“, sagt Schramek. Während der Arbeitszeit stehen die Fahrzeuge dem eigenen Unternehmen oder auch den umliegenden Firmen zur Verfügung. Abends oder am Wochenende werden die Mehrsitzer unter anderem von Vereinen für gemeinsame Fahrten genutzt. Von dem Angebot profitieren die Partner und Privatpersonen. Die Unternehmen und Verwaltungen senken ihre CO2– Bilanz, insbesondere, wenn ihre Mitarbeitenden Fahrgemeinschaften bilden. Außerdem senken sie ihre Fuhrparkkosten durch die Privatnutzung abends und am Wochenende.

Fazit: gute Lösungen sind da

Die eine Lösung, die für jede Kommune passt, gibt es nicht. Aber die Ansätze und Angebote sind mittlerweile so vielseitig, dass selbst kleinere oder ländliche Kommunen Lösungen finden, um den Menschen vor Ort nachhaltige Mobilität leichter zu machen. Für viele Projekte gibt es zudem momentan finanzielle Unterstützung vom Bundesverkehrsministerium.

Tink: So funktioniert Sharing mit Lastenrädern

Wo sind die besten Stellplätze für Cargobikes im Sharing in einer Stadt und wie schützt man die Räder vor Vandalismus? Antworten auf diese und viele weitere Fragen kennt die Transportrad Initiative nachhaltiger Kommunen (Tink) und gibt sie gerne weiter. Seit 2015 sammelt das Tink-Team um Marco Walter und Dr. Friederike Wagner Erfahrungen mit kommunalen Mietradsystemen für Lastenräder. In Norderstedt sind inzwischen 39 Tink-Lastenräder mit und ohne Motorunterstützung im Verleih und in Konstanz am Bodensee 26 Räder. Am Bodensee kommt das Angebot besonders gut an. Dort ersetzt die Hälfte der Nutzer*innen Autofahrten mit den Transporträdern. Deshalb soll ihre Zahl 2022 auf 70 aufgestockt werden. Die Förderanträge laufen noch. Mittlerweile berät das Tink-Team Kommunen beim Aufbau von Mietsystem für Lastenräder, entwickelt für sie passgenaue Sharing-Konzepte und unterstützt beim Erstellen von Förderanträgen. Die Informationen haben sie in einem Ratgeber für Kommunen zusammengefasst. Die Infobroschüre kann auf der Tink-Webseite bestellt werden: www.tink.bike


Bilder: Martin Randelhoff, Cargobike Roadshow – Katja Täubert, Cargobike Roadshow – Andreas Lörcher, Region Hannover – Ines Schiermann, Philipp Böhme, Ajuntament de Barcelona

Im Zuge der Klima- und Verkehrswende muss auch die Zustellung von Waren und Paketen neu geregelt und auch auf Lastenräder verteilt werden. Pilotprojekte und Vorschläge aus der Branche gibt es genug, doch bislang scheitern sie meist an den Widerständen der Entscheider. Im Ausland ist man bereits weiter. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2021, Juni 2021)


Es ist eng in den Innenstädten und es wird immer enger. Jedes Jahr wächst die Flotte der Privatwagen um 500.000 bis 700.000 Fahrzeuge. Der Anteil der Kurier-, Express- und Paketdienste (KEP) ist mit rund sechs Prozent am Gesamtverkehr in den Städten relativ gering. Trotzdem geraten die Zusteller zunehmend in die Kritik. Kein Wunder. Sie fallen auf, wenn sie in zweiter Reihe parken oder in schmalen Straßen die Wege versperren. Im Rahmen der Mobilitätswende sollen auch ihre Wege in der Stadt klimafreundlicher werden. Die Logistikexperten haben dafür eine Vielzahl von Konzepten in der Schublade. Ihre Vorschläge scheitern oft an den Entscheidern in den Städten, die keine Flächen zur Verfügung stellen oder in der Pilotprojektphase stecken bleiben. Einige Städte im Ausland sind deutlich weiter. Sie haben den Privat- und den Wirtschaftsverkehr längst neu geordnet.

Erfolgreiche Konzepte in Gent

Wie so etwas aussehen kann, macht die belgische Stadt Gent vor. Dort wurde 2017 ein ehrgeiziger Mobilitätsplan umgesetzt. Der sogenannte Circulatieplan (Umlauf oder Zirkulationsplan) sperrt den Autoverkehr aus einem Teil der Innenstadt aus. In die angrenzenden sechs Quartiere können Autos zwar weiterhin hineinfahren, aber nicht mehr in die Nachbarquartiere wechseln. Die Verbindungsstraßen sind nur noch frei für Radfahrer, Fußgänger, Busse, Handwerker und bestimmte Dienstleister. Autofahrer, die von einem Viertel ins andere wechseln wollen, müssen einen Umweg über die Ringstraße in Kauf nehmen. Mit dem „Circulatieplan“ wurde auch die Innenstadtlogistik neu geordnet. Bis elf Uhr morgens können die Zusteller ihre Waren in der Innenstadt selbst abliefern. Wer später in die Stadt muss, nutzt dafür die städtische Vertriebsplattform GentLevert (Gent liefert). Verschiedene Transport- und Logistikdienstleister für Straße, Schiene und Wasser liefern als Partner der Stadt rund um die Uhr Trocken- und Kühlwaren an die Gastronomie, Händler und Privatpersonen im Zentrum. Dafür werden die Waren, Pakete und Lebensmittel zunächst in Depots und Lagerhallen am Stadtrand gebracht, vorsortiert und dann multimodal und nachhaltig per Lastenrad, E-Transporter oder Schiff zum Bestimmungsort transportiert. Um die Zustellung weiter zu optimieren, testen die GentLevert-Partner zudem neue Zustellkonzepte. Beispielsweise wurden die Baumaterialien für eine neue Turnhalle per Schiff angeliefert, um die Straßen und die Anwohner entlasten.

„Hinter jeder Wohnungstür befindet sich inzwischen ein Einkaufscenter.“

Carsten Hansen, Bundesverband Paket & Expresslogistik (BIEK)

Lieferverkehr und Paketaufkommen steigen drastisch

Wie in Gent sind auch in vielen deutschen Städten und Quartieren die Straßen für den hohen Durchgangsverkehr und die vielen Pendlerverkehre nicht gemacht. Gerade zu den Stoßzeiten haben sie ihr Limit längst erreicht. Ein großes Problem ist, dass neben immer mehr fahrenden und parkenden Pkws auch immer mehr Lieferdienste und KEP-Dienstleister (Kurier-, Express- und Paketdienste) unterwegs sind. Der Online-Handel ist beliebter denn je und die Zahl der Zustellungen steigt enorm weiter. „Hinter jeder Wohnungstür befindet sich inzwischen ein Einkaufscenter und die Leute kaufen ein“, sagt Carsten Hansen, Leiter Grundsatzfragen/ Innenstadtlogistik beim Bundesverband Paket & Expresslogistik (BIEK). Seit 2000 hat sich die Menge von KEP-Sendungen von 1,69 Milliarden auf 3,65 Milliarden Sendungen im Jahr 2019 mehr als verdoppelt. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend noch einmal beschleunigt. Allein im ersten Halbjahr 2020 ist das Sendungsvolumen laut einer Marktanalyse im Auftrag des BIEK um 7,4 Prozent gestiegen. Das sind täglich über 800.000 Sendungen mehr als im Vorjahr. Die Prognose für das gesamte Jahr 2020 ist noch deutlich höher und Experten gehen inzwischen davon aus, dass sich die mit der Pandemie deutlich beschleunigte Entwicklung weiter fortsetzen wird.

Hubs und nachhaltige Fahrzeugflotten für das drastisch steigende Transportaufkommen.
Ein Konzept, das funktioniert: In der Mariahilferstraße hat die Stadt Wien großzügige Ladezonen eingerichtet. Die Parkraumüberwachung kontrolliert hier regelmäßig.

Gewerbliche Ladezonen fehlen

Die zunehmenden Paket- und Warenlieferungen in der Innenstadt sehen Planer und Politiker oft als Problem an. Wenn Fahrzeuge in zweiter Reihe parken oder Rad- und Gehwege zustellen, sind beispielsweise Radfahrer gefährdet, wenn sie beim Umfahren die Spur wechseln. Die Logistikexperten haben dafür eine Vielzahl von Lösungen entwickelt. Eine einfache und schnelle Möglichkeit sind ausreichende gewerbliche Ladezonen für Zusteller und andere Lieferfahrzeuge. In der Stadt- und Verkehrsplanung wurden sie allerdings lange Zeit nicht mitgedacht oder nicht an den aktuellen Bedarf angepasst. Wien macht vor, dass Ladezonen selbst in autofreien Zonen gut funktionieren. Ein Beispiel ist die Mariahilferstraße. Lange Zeit war der rund 1,8 Kilometer lange Abschnitt der beliebten Einkaufsstraße die Hauptverkehrsader für Autofahrerinnen vom Westbahnhof in die Innenstadt. Links und rechts neben der zweispurigen Fahrbahn reihten sich parkende Pkw Stoßstange an Stoßstange. Die Fußgänger drängelten sich auf viel zu schmalen Gehwegen aneinander vorbei. 2015 wurde die Straße umgebaut. Seitdem sind hier alle gleichberechtigt – Auto-, Rad- und Rollerfahrer und die Fußgänger. Die großzügigen Ladezonen, die es in regelmäßigen Abständen auf beiden Seiten der Begegnungszone nun gibt, dürfen die Lieferdienste rund um die Uhr nutzen. „Die Lieferzonen werden durch die Parkraumüberwachung kontrolliert“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Die regelmäßigen Stippvisiten zeigen: Die Ladezonen sind bis auf die Zeiten der Zustellung in der Regel frei. In Deutschland ist das anders. Hier sind die bestehenden Ladezonen auch für nicht-gewerbliche Ladetätigkeiten offen und werden so immer wieder von Falschparkern versperrt. Der Bundesverband hat deshalb vorgeschlagen, rein gewerbliche Ladezonen einzuführen und diese durch ein neues Verkehrszeichen für Privatwagen zum absoluten Halteverbot zu erklären. „Das Halteverbot kann zeitlich begrenzt sein“, sagt Hansen. Außerhalb der Zustellzeiten kann die Fläche dann von allen Verkehrsteilnehmern genutzt werden. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat das schon vor Jahren vorgeschlagen. Im Zuge der Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) hat der BIEK den Vorschlag eingereicht, aber das Bundesverkehrsministerium hat ihn abgelehnt.

„Der Fahrradzusteller schafft dieselbe Menge an Paketen wie der Zusteller mit dem Transporter.“

Rainer Kiehl, Projektmanager City Logistik UPS

Politik und Planer gefordert: Logistiker brauchen Flächen für Mikro-Depots als Zwischenlager für die Feinverteilung.

Förderung von Mikro-Depots notwendig

Eine Alternative zum rollenden Transporter als Depot sind stationäre Mikro-Depots. Das können Lagerräume sein oder Container, die morgens in einem Parkhaus, einer Tiefgarage oder auf einem Parkplatz in der Stadt abgestellt werden. Von dort beginnt dann die Feinverteilung der Pakete etwa mit Sackkarre oder E-Lastenrädern. Pionier der Branche ist UPS. Rainer Kiehl, Projektmanager der Abteilung City Logistik bei UPS, startete 2012 in Hamburgs schicker Flaniermeile zwischen Rathaus und Alster das erste Lastenradprojekt. Die Grundstückseigentümer hatten ihn damals um Hilfe gebeten, weil immer mehr Zusteller mit ihren Transportern die Gehwege versperrten oder in zweiter Reihe parkten. Das minderte das Kaufvergnügen. Um das Quartier zu verschönern und aufzuwerten, sollte Kiehl den Lieferverkehr reduzieren. Das hat geklappt. UPS stellte morgens vor zehn Uhr in einer Sackgasse auf ehemaligen Parkplätzen einen Lkw-Container als sogenanntes Mikro-Depot ab. Von dort brachten die Zusteller die Ware zu Fuß oder per Rad zum Kunden. „Der Fahrradzusteller schafft dieselbe Menge an Paketen wie der Zusteller mit dem Transporter“, sagt Rainer Kiehl. Das funktionierte bis vor ein paar Monaten. Da hat die Stadt die Sondergenehmigungen ohne Vorankündigungen und Begründungen gekündigt. Auf Nachfrage hat die Behörde für Wirtschaft und Innovation bis Redaktionsschluss nicht reagiert. Inzwischen hat Kiehl zwar Ausweichflächen in Parkhäusern gefunden, trotzdem ist die Kündigung für ihn ein herber Rückschlag. Mehr noch: Sie gefährdet das Konzept als Ganzes. Denn wenn ein eta-bliertes System wie in Hamburg ohne Begründung aufgekündigt werde, zögerten die Entscheider in den Logistikunternehmen, weitere Mikro-Depots einzurichten, sagt der Projektmanager, „einfach, weil ihnen die Planungssicherheit fehlt“. In 30 Städten gibt es bundesweit inzwischen Mikro-Depots von UPS. Viele weitere Städte würden das Modell gern kopieren, aber die Umsetzung scheitert immer wieder am Platz. „Es fehlen Stellflächen im öffentlichen Raum“, sagt Kiehl.
Dem Projektmanager fehlt eine klare Strategie von den Entscheidern, wie die Logistik in ihrer Stadt langfristig nachhaltig organisiert werden soll. Der Beweis, dass Mikro-Depots funktionieren, sei längst erbracht. In Berlin haben 2018 acht KEP-Dienstleister die gemeinsame Nutzung eines Mikro-Depots getestet. Ihr Fazit nach einem Jahr: Es hat sich bewährt. Ein Jahr später hat das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) eine Studie dazu vorgelegt. Die Wissenschaftlerinnen haben in den Städten Mönchengladbach, Neuss und Krefeld untersucht, ob Mikro-Depots Sinn machen und wie sie aussehen müssten, um den Lkw-Verkehr und die Emissionen in der Stadt zu reduzieren. Das Ergebnis: Mikro-Depots funktionieren. Ihre Erkenntnisse, die Leitlinien und Rahmenbedingungen zum Aufbau von Depots haben sie in einem Handbuch für Kommunen festgehalten. Trotz aller Untersuchungen und positiven Ergebnisse bleibt es bislang aber bei Pilotprojekten. In Berlin startete im Herbst ein weiteres am Tempelhofer Damm, in Dortmund eins in der City am Ostwall und Hamburg eröffnete ein Reallabor für die Warenlogistik per Lastenrad. Kiehl organisiert seit zehn Jahren Mikro-Depots für UPS und meint „jetzt muss es in die Umsetzung gehen“. Weitere Pilotprojekte brauche es nicht. Was es vielmehr brauche, sei ein bundesweit gültiger Leitfaden zur Citylogistik der Zukunft, der auf nationaler Ebene von den Entscheiderinnen sowie den Expert*innen aus der Verwaltung und der Logistik gemeinsam entwickeln wird.

30 Prozent der Waren auf die Räder

Der Anteil der Waren, die vom Laster aufs Lastenrad verlagert werden können, ist groß. 2016 berechneten Forscher der Abteilung Verkehr vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in einer Studie, dass bis zu 23 Prozent der Sendungen per Cargobike zum Kunden gebracht werden können. Das Bundesverkehrsministerium geht im Nationalen Radverkehrsplan 3.0 sogar von 30 Prozent aus. Neben der Kombination von verschiedenen Systemen spielt allerdings auch die ständige Weiterentwicklung der Transporträder eine Rolle. Ihre Boxen und Container haben inzwischen ein Fassungsvermögen von bis zu zwei Kubikmeter. Mit speziellen Anhängern können die Fahrer*innen das Volumen auf vier Kubikmeter erweitern. Zudem macht die Standardisierung der Container auf Europalettenbreite die Kombination mit Transportern und anderen Verkehrsmitteln leicht möglich.

Logistik neu denken

Neben einer platzsparenden und klimafreundlichen Zustellung geht es den KEP-Dienstleistern auch stets darum, sogenannte Mehrfachzustellungen zu vermeiden. „Dafür muss man Logistik neu denken“, sagt Hansen. Die Zustellung kann ganz unterschiedlich aussehen: Privatempfänger können ihre Bestellungen in Paketshops, am Arbeitsplatz oder an Paketstationen in Empfang nehmen. Einen neuen Service hat Hamburg 2020 zusammen mit der Deutschen Bahn eingerichtet. Die „Hamburg Box“ bietet jeweils 100 Fächer an 22 S-, RE- und U-Bahnhöfen. Alle Paketdienste, Händler und Unternehmen können die Stationen nutzen und ihre Waren in die Boxen liefern. „Der kontinuierliche Anstieg der Sendungen in den letzten Monaten deutet darauf hin, dass offene Abholstationen an ÖPNV-Standorten einen wichtigen Beitrag zu einer effizienteren und nachhaltigeren logistischen letzten Meile leisten können“, sagt dazu eine Sprecherin der Bahn.
Ein großes Problem ist bislang, dass die Logistik bislang weder bei der Verkehrs- noch bei der Bauplanung von Straßen und Quartieren mitgedacht wurde. Das müsse sich aus der Sicht von Hansen dringend ändern. „Bei der Planung von Neubauquartieren können Flächen für logistische Zwecke von Beginn an berücksichtigt, beziehungsweise für Mehrfachnutzungen vorgesehen werden“, sagt Hansen. Sein Verband plädiert dafür, die Logistik ins Baugesetz zu integrieren.

Attraktivitätsgewinn für den ÖV: An 22 Bahnstationen gibt es die „Hamburg Box“.

Warenzustellung über Tunnelsysteme und Trams?

Manche Logistikexperten wollen die Warenzustellung in den Untergrund verlegen. In Hamburg soll die Idee Smart City Loop getestet werden. Dahinter verbirgt sich ein Tunnel, der vier Meter unter der Elbe den Stadtteil Hamburg Wilhelmsburg auf der linken Elbseite mit Altona auf der rechten Elbseite verbindet. Durch unterirdische Röhren sollen die Waren auf Paletten die fünf Kilometer lange Strecke in Minutenschnelle passieren. 1500 Lastwagen könnten auf diesem Weg im Zentrum eingespart werden und 21 Tonnen CO2. Das haben die Experten der Smart City Loop GmbH herausgefunden, die die Machbarkeitsstudie erstellt haben. Der Logis-tikexperte Hansen ist skeptisch. „Wenn die Gütermengen wieder oben ankommen, müssen sie verteilt werden“, sagt er. Der Platzbedarf dafür sei immens. Schließlich müssen die Waren von 1500 Lastwagen auf viele kleinere Transporter verteilt werden, die sie dann in die verschiedenen Stadtteile bringen, wo die Feinverteilung weitergeht. Laut Ingrid Janßen, Sprecherin von Smart City Loop, sollen größtenteils Lastenräder diesen Part übernehmen. Der Shared-City-Hub in Altona soll außerdem weit mehr werden als ein reiner Warenumschlagplatz. Dort soll ein City-Hub entstehen, der verschiedene Funktionen vereint. Dazu gehören Paket- und Click&Collect-Stationen sowie Aufenthaltsräume für die Fahrer der E-Autos und Transporträder. Außerdem sollen die Waren nicht nur in die Stadt hineingebracht werden, sondern das recycelbare Leergut über das Tunnelsystem auch wieder aus dem Zentrum zurück an den Stadtrand transportiert werden. Momentan sucht das Unternehmen Investoren. Wenn die Finanzierung steht, könne der Bau ganz schnell gehen. „Das Planfeststellungsverfahren dauert etwa ein Jahr“, sagt die Sprecherin. Die Bauzeit des Tunnels etwa ebenso lange. „2025 wollen wir die erste Palette durchschieben“, sagt sie. Die Stadt Hamburg selbst will sich bislang allerdings nicht an der Finanzierung beteiligen.
Eine andere Option ist die emissionsfreie Zustellung im Zentrum per Straßenbahn und Cargobike. In Hessen und Baden-Württemberg gab und gibt es dazu bereits verschiedene Pilotprojekte. Im Frühjahr haben außerdem der Berliner Cargobike-Hersteller Onomotion, die Frankfurter University of Applied Science mit einer Gruppe von Logistikexperten in einem Whitepaper gezeigt: Die Kombination aus Lkw, Tram und E-Transportrad ist günstiger als die Zustellung per Sprinter und reduziert zudem noch die Emissionen.

„Essen auf Rädern“ per Lastenrad im Zentrum die schnellste und günstigste Lösung.

Umsetzung liegt bei der Politik

Schlussendlich entscheidet immer die Politik, wie die Logistik in ihrer Stadt organisiert wird. Der Spielraum einzelner Unternehmen für eine klimafreundliche Zustellung auf der letzten Meile ist begrenzt. Dennoch finden sie immer wieder Alternativen, wenn der Wille da ist oder man mit dem Auto in der Stadt nicht mehr weiterkommt. So liefert beispielsweise in Wien der Samariterbund seit 2017 „Essen auf Rädern“ in den Innenstadtbezirken per E-Cargobike aus. „Der Parkplatzmangel ist dort groß und die Zustellung so einfach effizienter“, sagt Edina Imamovic, die den Bereich leitet. Aber in manchen Gebieten kommen inzwischen selbst die Transporträder an ihre Grenzen, so wie in Hamburg-Ottensen. „In den schmalen Straßen von Ottensen verursacht jeder Zusteller und jeder Pkw, der auf der Straße hält, einen Mi-krostau“, sagt Björn Fischer, Gründer und Vorstandsmitglied von Tricargo. Der Radlogistikverband beliefert seit 2016 unter anderem Hamburger Kindertagesstätten mit Essen oder leert Briefkästen im Auftrag der Post. In Ottensen steht Fischer mit seinem Lastenrad manchmal selbst im Stau. Dort gibt es keine Radwege und die Gehwege sind zu schmal, um das Rad während der Zustellung dort abzustellen. Für ihn ist das zentrale Pro-blem der motorisierte Individualverkehr (MIV). „Es stehen zu viele Autos rechts und links am Fahrbahnrand in den engen Straßen. Der Schlüssel ist, den MIV aus diesen Gebieten auszusperren“, sagt er. Das wurde 2019 mit dem Projekt „Ottensen macht Platz“ getestet. „Für uns war das ein Treiber des Geschäftsmodells“, sagt er. Apotheken, Bäckereien und Einzelhändler fragten, ob Tricargo ihre Waren per Lastenrad an- und ausliefern könne. Sie konnten, und Fischer ist sich sicher: Von autofreien Vierteln würden auch die KEP-Dienstleister profitieren. „Die 1.200 Transporter, die täglich in Hamburg unterwegs sind, fallen kaum auf“, sagt er. „Transporter sind kein Problem, wenn der MIV nicht länger die Straßen versperrt.“
Nachhaltige Lieferdienste und KEP-Dienstleister allein können das Verkehrsproblem in den Zentren nicht lösen. Sie sind ein wichtiger Teil der Mobilitätswende und können ihren Teil beitragen. Konzepte für eine deutlich umwelt- und klimafreundlichere Citylogistik haben sie. Die Umsetzung liegt nun bei der Politik. Im Bund, in den Ländern und vor Ort in den Kommunen.

Förderung von Mikro-Depots und Cargobikes

Das Bundesumweltministerium (BMU) fördert seit dem 1. März im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative Mikro-Depots und E-Lastenfahrräder. Der innerstädtische Verkehr soll dadurch entlastet, die Luftqualität verbessert und vor allem die CO2-Emissionen gemindert werden. Die Förderprogramme richten sich unter anderem an große Logistik-Unternehmen, Baumärkte, Möbelhäuser, mittelständische Unternehmen und Lieferdienste. Weitere Informationen auf der Webseite des BMU.


Bilder: SmartCity Loop, Tricargo, Andrea Reidl, UPS, Hamburger Hochbahn AG, Smart City-DB, Samariterbund, Urban Arrow

Kommunen haben es in der Hand: Sie können es Eltern und Kindern schwer oder auch leicht machen, gesund und nachhaltig unterwegs zu sein. Von familienfreundlichen Angeboten profitieren letztlich alle. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2021, Juni 2021)


In Städten wie Amsterdam oder Kopenhagen ist das Fahrrad über Jahrzehnte ein Teil der Alltagskultur geworden. Schulkinder, junge Familien und Schwangere sind dort ganz selbstverständlich mit dem Rad unterwegs. Das ist in Deutschland ganz anders. „Bei werdenden Familien ist der Kauf des ersten Autos oder Zweitwagens schon fast die Regel“, sagt Hannah Eberhardt, Verkehrsplanerin aus Heidelberg. Dabei geht es auch anders, vorausgesetzt die Angebote stimmen. Mit ihrer Kollegin Anna Gering hat die Inhaberin des Büros „Verkehr mit Köpfchen“ untersucht, was junge Familien davon abhält, nach der Geburt ihrer Kinder weiterhin das Fahrrad zu nutzen. Im Rahmen ihres Forschungsprojekts „Radfahren mit Baby“ haben sie Alternativen entwickelt, um diesen Trend zu brechen. Herausgekommen ist eine breite Palette an Empfehlungen und Maßnahmen für Städte und Kommunen.

Nachwuchs: Sorge um Gesundheit und Sicherheit

Die Aussicht, anfangs unkompliziert ein Auto nutzen oder mieten zu können, sei zentral für junge Eltern, sagt Hannah Eberhardt. Sie könnten sich nicht vorstellen, ihre Babys auf dem Fahrrad mitzunehmen. Sie sorgen sich beispielsweise, dass die Schadstoffbelastung auf dem Rad oder im Kinderanhänger höher sei als im Auto. Exakte wissenschaftliche Untersuchungen dazu gibt es kaum, aber Zwischenergebnisse eines Studienprojekts der Hochschule Karlsruhe zeigen, dass die Abgas- und Lärmbelastung für Radfahrende und Kinder im Anhänger nicht höher ist als im Innenraum eines Autos. Besorgten Eltern rät die Verkehrsexpertin, mit dem Fahrrad Nebenstraßen zu nutzen. Dort sei die Luft meist besser und es sei dort auch viel ruhiger. Zudem fürchten manche jungen Eltern, dass ihr Kind Rückenschäden davontrage, wenn sie mit ihrem Rad über aufgebrochene Radwege oder nicht abgesenkte Bordsteine holpern. Die Ärzte und Hebammen, die Hannah Eberhardt dazu befragt hat, empfehlen, Babys erst ab dem dritten Lebensmonat in Sitzschalen im Lastenrad oder einem – idealerweise gefederten – Kinderanhänger mitzunehmen. Wer vorher darauf angewiesen sei, könne spezielle Babyschalen oder Halterungen nutzen, die wie Hängematten funktionieren.
Ein großes Problem auch für die Eltern selbst ist die subjektive Sicherheit. Selbst erfahrene Radfahrerinnen und Radfahrer fühlen sich als junge Eltern unwohl, wenn sie ihr Kind auf dem Rad dabeihaben und Autos nur wenige Handbreit an ihnen vorbeirauschen. „Sie wünschen sich sichere Wege und eine deutliche Trennung vom Autoverkehr“, sagt die Verkehrsexpertin. Deshalb ist ihre zen-trale Forderung: mehr Platz fürs Rad. Dazu gehört, dass sowohl die Rad- wie auch die Fußwege zu deren Nutzung Kinder bis zum achten Lebensjahr ja verpflichtet und bis zum zehnten Lebensjahr berechtigt sind, konsequent freigeräumt werden. „Mütter und Väter müssen ihre Kinder stets im Blick haben. Auch, wenn sie auf ihren Lauf- oder Fahrrädern unterwegs sind. Theoretisch dürfen sie ihren Nachwuchs sogar auf dem Gehweg begleiten.“ In der Praxis ist auf dem Gehweg für das Überholen oder den Begegnungsverkehr, geschweige denn Lastenräder oder Kinderanhänger aber kein Platz. Schon deshalb ist für Familien eine konsequente Parkraumüberwachung durch die Kommunen wichtig.

Verhaltenswechsel und Angebote zum Ausprobieren

Mit 700 jungen Vätern und Müttern haben Hannah Eberhardt und Anna Gering im Rahmen ihres Forschungsprojekts „Radfahren mit Baby“ gesprochen. Einige berichteten, dass ihnen das alte Auto ihrer Eltern angeboten wurde, als sie ein Kind erwarteten. „Es ist in Deutschland gesellschaftlicher Konsens, dass Familien mit Kind ein Auto brauchen“, sagt Hannah Eberhardt. Städte und Kommunen können aber mit einem vielseitigen Mobilitätsangebot speziell für Eltern gegensteuern. Ein Beispiel ist das Programm „Go!Family – mit Baby unterwegs“ (gofamily-muenchen.de) mit dem die Stadt München Radfahren, ÖPNV-Nutzung und Carsharing für junge Eltern bewirbt. Mit dem zweiten Platz in der Kategorie Kommunikation beim Deutschen Fahrradpreis 2021 wurde kürzlich der aus dem Forschungsprojekt der beiden Expertinnen hervorgegangene Heidelberger Verein Fahrrad & Familie (fahrrad-und-familie.de) ausgezeichnet: Mit Proberadel-Angeboten können Familien hier Fahrradanhänger, Lastenräder, Kindersitze, Lauf- und Kinderräder kostenlos testen – bei einem Aktionstag oder für einige Wochen im Alltag. Wichtige Bestandteile sind zudem eine hersteller- und händlerunabhängige Beratung und Informationsmaterialien in verschiedene Sprachen, u.a. Russisch, Rumänisch, Türkisch, Englisch, Spanisch und Französisch. „Das Besondere ist, dass wir Familien mit Babys oder Paare bereits vor der Geburt des Kindes unterstützen, um in dieser Umbruchsituation Hemmnisse abzubauen.“

Informationsbedarf zu bestehenden Lösungen

Wer mit einem Kind unterwegs ist, braucht meist mehr Stauraum. Und spätestens bei zwei Kindern macht der Kauf eines geeigneten Cargobikes oder Kinderanhängers Sinn. Die Fahrradbranche hält hier inzwischen ein reichhaltiges Angebot bereit, und vor allem die Motorunterstützung bedeutet in vielen Regionen einen Quantensprung und macht Begleitmobilität per Rad mit Kindern überhaupt erst möglich. Allerdings kennen sich nur wenige Mütter und Väter mit den Fahrzeugen aus. Hier braucht es Aufklärung, Informationen und auch die Möglichkeit, entsprechende (E-)Cargobikes oder Kombinationen von Fahrrad, E-Bike und Anhänger erst einmal auszuprobieren, bevor man mehrere Tausend Euro investiert. Gerade Hebammen sind nach den Erfahrungen von Hannah Eberhardt hier sehr gute Multiplikatorinnen. Viele Mütter suchten bei ihnen Rat zum Unterwegssein mit dem Baby. Deshalb hat sie mit ihren Kollegen einen Workshop für Hebammen entwickelt mit einem theoretischen Part und Testfahrten. Im Rahmen eines Förderprojekts hat sie in Heidelberg zudem den Verein „Fahrrad & Familie“ mitgegründet. Der informiert und verleiht Räder und Anhänger an Familien, die damit die Alltagstauglichkeit am Wohnort testen können.

Der Verein „Fahrrad & Familie“ verleiht Cargobikes und Lastenräder für den Alltagstest. Schließlich müssen die Fahrzeuge am Wohnort auch sicher abgestellt werden können.

Radfahren und Sharing bei Neubauten mitdenken

„Wer mehr Radverkehr will, der muss dafür auch die Bedingungen am Wohnort schaffen“, betont Hannah Eberhardt. Beim Neubau müsse der Radverkehr stets mitgedacht werden. Das kann sich für Bauherren sogar lohnen. Denn wenn Stellplätze für Autos in Fahrradstellplätze verwandelt werden, sparen sie viel Geld. Oberursel hat 2019 deshalb die Stellplatzsatzung geändert. Die Bauherren waren die Wegbereiter für den Wandel. „Sie haben darauf hingewiesen, dass teilweise zwischen 25 und 50 Prozent der Stellplätze leer stünden, die sie laut Satzung bauen mussten“, sagt Uli Molter, Abteilungsleiter der Verkehrsplanung in Oberursel. Stellplätze sind mit bis zu 25.000 bis 35.000 Euro ziemlich teuer in der 47.000-Einwohner-Stadt im Taunus. Die neue Satzung macht es Bauherren deutlich leichter, auf Stellplätze zu verzichten oder sie beispielsweise in Fahrradstellplätze zu verwandeln. Um den Investoren auf einen Blick zu zeigen, was auf ihren Grundstücken möglich ist, hat Ina Steinhauer, Verkehrsplanerin von Oberursel, das Stadtgebiet in ein Drei-Zonen-Netz eingeteilt. „Je besser der Wohnort an den ÖPNV angeschlossen ist, umso weniger Stellplätze müssen hergestellt werden“, sagt Ina Steinhauer. In der grünen Zone können die Bauherren auf 20 Prozent der Stellplätze verzichten, in der gelben Zone zehn Prozent und in der roten Zone noch fünf Prozent. Legen die Investoren zusätzlich ein qualifiziertes Mobilitätskonzept vor, erweitert sich das Einsparpotenzial um weitere 30 Prozent. Im Gegenzug verpflichten sie sich, Alternativen zu schaffen. Etwa indem sie Sharing-Angebote für Autos oder E-Bikes anbieten oder Fahrradstellplätze einrichten. Für Letztere hat das Land Hessen einen eigenen Leitfaden mit den dazugehörigen Qualitätsstandards erstellt. „Die Abstellanlagen müssen ebenerdig und einsehbar sein und ab 20 Rädern außerdem überdacht werden“, sagt Uli Molter.

„Wer mehr Radverkehr will, muss dafür auch die Bedingungen am Wohnort schaffen.“

Hannah Eberhardt

Selbstständigkeit der Kinder entlastet Eltern

In ihren Gesprächen hat Hannah Eberhardt zudem festgestellt, dass Familien mit Blick auf die Alltagsmobilität und ihr knappes Zeitbudget stark gestresst sind. Dabei liegt die Lösung auf der Hand: „Wenn Kinder selbstständig zur Schule gehen oder fahren, gewinnen Eltern Zeit im Alltag und die Zahl der Elterntaxis vor den Schulen sinkt.“ Auch die Kombination von ÖPNV und Radverkehr ist ein wichtiger Baustein für eine familienfreundliche Mobilität. „Wenn Kinder und Jugendliche selbstständig mit Bus und Bahn unterwegs sind, stärkt das ihr Selbstvertrauen und entlastet außerdem die Familien.“ Berlin macht den Familien den Umstieg leicht. Seit August 2019 gibt es dort ein kostenloses Schülerticket für den ÖPNV. „Das entlastet die Familien auch finanziell und fördert eine nachhaltige Verkehrserziehung“, sagt Eberhardt. Wer früh an die Verfügbarkeit öffentlicher Transportmittel gewöhnt werde, sei vermutlich auch später ökologischer unterwegs. Aber immer noch scheuen viele Eltern davor zurück, ihre Kinder allein zur Schule oder in der Freizeit zu Aktivitäten und Freundinnen gehen oder fahren zu lassen. „Bundesweit liegt die Quote an Elterntaxis vor Schulen bei rund 30 Prozent“, so Nico Rathmann, im Heidelberger Verkehrsamt zuständig für den Fußverkehr. In seiner Stadt sei die Quote vor Schulen deutlich niedriger. „An den städtischen Grundschulen zwischen drei bis fünf Prozent“, sagt er. Dafür tut Heidelberg einiges. In jedem der 15 Stadtteile sind 30 Kinderbeauftragte unterwegs. Sie kümmern sich dort um die Belange der Jüngsten, auch um ihre Mobilität. „Sie haben beispielsweise mit der Polizei, den Schulen und den Elternvertretern Kinderwegepläne für jeden Stadtteil erstellt“, sagt Rathmann. Für ihn sind sie ein wichtiges Bindeglied im Quartier. „Die Anwohner sprechen die Kinderbeauftragten an, wenn ihnen Stellen im Viertel auffallen, die verbessert werden sollten“, sagt er. Außerdem bringen sie immer wieder eigene Verbesserungsvorschläge ein. „Das können Poller sein an Knotenpunkten, eine Mittelinsel auf einer Straße oder eine Schwelle auf der Fahrbahn“, sagt Rathmann. Alles Dinge, die Kindern das Queren erleichtern. „Fußverkehr ist immer eine Detailarbeit. Es sind die kleinen Stellschrauben, an denen man dreht, um etwas zu verändern“, sagt er. Seit 1996 gibt es die Kinderbeauftragten in Heidelberg. Inzwischen sind sie wichtige Beraterinnen für die Verwaltung. „Wir wissen, sie prüfen die Beschwerden. Äußern die Kinderbeauftragten Kritik, ist sie fundiert und berechtigt. Entsprechend schnell prüfen wir ihre Vorschläge“, betont Rathmann. Für Hannah Eberhardt ist ein Perspektivwechsel in der Stadt- und Verkehrsplanung notwendig, um Schwachstellen zu identifizieren und neue, passgenaue, nachhaltige Mobilitätsangebote zu schaffen. Die Expertin sagt: „Was Familien nutzt, nutzt auch allen anderen.“

Vorreiter Wien

In Wien gehört die ganzheitliche Planung von Radverkehr und ÖPNV-Anbindung bei Neubaugebieten praktisch zum Standard. So entsteht zum Beispiel am ehemaligen Nordbahnhof bis zum Jahr 2025 ein neuer Stadtteil, der rund 10.000 Wohnungen für 22.000 Bewohner*innen und ebenso viele Arbeitsplätze bieten soll. Eine besondere Attraktion dieses Stadtteils ist die sogenannte Bike City. Hier kommen auf rund 100 Wohnungen 320 Fahrradstellplätze. Neben Stellplätzen direkt vor der Haustür gibt es in manchen Etagen Abstellräume für Fahrräder und Kinderwagen. Das funktioniert, weil die Fahrstühle so groß sind, dass bequem drei Fahrräder und drei Personen hineinpassen. Eine Vorreiterrolle hat Wien auch beim ÖPNV. Das Jahresticket für Erwachsene kostet hier nur 365 Euro; Jugendliche zahlen pro Jahr nur 19,60 Euro für Fahrtwege zur Schule oder zur Ausbildungsstelle oder 70 Euro für das unbegrenzte Top-Ticket. Zum Vergleich: Das Azubi-Ticket in Berlin kostet 30,42 Euro – pro Monat.


Bilder: Verkehrslösungen, Verkehr mit Köpfchen, Fahrrad & Familie

Das heutige Verkehrssystem ist laut Untersuchungen von Experten und Expertinnen nicht nur klimafeindlich, sondern auch sozial ungerecht. Die Mobilitätswende besitzt das Potenzial, die Verkehre fairer zu organisieren. Vorschläge aus Verbänden und kommunale Beispiele liegen vor. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2021, Juni 2021)


Das Thema Verkehrsgerechtigkeit spannt ein weites Feld: So weist der Verkehrsclub Deutschland (VCD) in einem Factsheet „Die Verkehrswende ist sozial gerecht“ auf die Schieflage hin zwischen Verursacher und Leidtragende klimaschädlicher Mobilität: „Auf der einen Seite sind die Menschen, die sehr mobil sind – die regelmäßig pendeln, mehrmals im Jahr in den Urlaub fliegen, dienstlich fahren oder fliegen…“ Diese häufig besser verdienenden „Hypermobilen“ gestalteten ihre Freizeit mobilitätsintensiv mit einem hohen CO2-Fußabdruck.
Im Gegensatz dazu nutzten einkommensschwächere Haushalte häufiger Bus und Bahn (Anteil 29 Prozent) als Haushalte mit höheren Einkommen (18 bis 24 Prozent). Menschen mit geringem Einkommen investieren entweder einen großen Anteil ihres Budgets in Mobilität. Oder sie sind weniger mobil. Auf dem Land können viele Ziele schwer ohne Auto erreicht werden. Der Mangel an alternativen Verkehrsmitteln kann dann zu einem „erzwungenen Autobesitz“ führen, heißt es in dem Factsheet weiter.

„Auf dem Weg zur Arbeit sind es die SUVs der Reichen, die sich durch die Quartiere der Abgehängten schieben.“

Stephan Rammler und Oliver Schwedes (Mobilität für alle!)

Doppelt ungerecht: Die schlechtere Wohnqualität der Mobilitätsarmen

Damit nicht genug: Der Berliner Umweltgerechtigkeitsatlas bestätigt, dass einkommensarme Bevölkerungsschichten in Quartieren mit wenig Grünflächen überproportional von Luft- und Lärmemissionen betroffen sind. Denn bezahlbare Wohnungen oder Sozialwohnungen liegen häufiger entlang viel befahrener Magistralen. Bürgerliche Grundstücke und Eigentumswohnungen finden sich dagegen vor allem im Grünen. In einem Papier der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) spitzen Stephan Rammler und Oliver Schwedes die daraus folgende Gerechtigkeitslücke wie folgt zu: „Auf dem Weg zur Arbeit sind es die SUVs der Reichen, die sich durch die Quartiere der Abgehängten schieben, die dann deren Emissionen einatmen.“ Hinzu kommt, dass Quartiere mit hohem Autoverkehrsaufkommen Einschränkungen der Lebensqualität durch Verkehrsgefährdungen bergen: „Spielräume für Kinder aus schwachen sozialen Lagen werden zerschnitten, eigene Wege der Kinder sind in solchen Quartieren tendenziell gefährlicher.“
Deutlich sichtbar wird die Ungleichgewichtung bei der räumlichen Auto-dominanz. Rammler und Schwedes verweisen auf Ergebnisse des Austrian Mobility Research der Forschungsgesellschaft Mobilität für die Stadt Graz. Dort gibt es Radabstellflächen auf zwei Prozent der öffentlichen Fläche. Jeweils weitere drei Prozent entfallen auf Haltestellen und Bahnhöfe sowie ruhenden Fußgängerverkehr (Straßencafés, Parkbänke.). Ganze 92 Prozent beansprucht das Parken von Kraftfahrzeugen im Straßenraum. Dieses Verhältnis sei europäisch übertragbar. Im Durchschnitt steht ein Auto 23 Stunden am Tag im öffentlichen Raum: „Es ist also seinem eigentlichen Wesen nach genau genommen mehr ein Stehzeug als ein Fahrzeug.“ Angemessene Preise für die Nutzung des knappen öffentlichen Gutes Raum? Bisher Fehlanzeige – weil politisch nicht gewollt.

Der VCD hat im Factsheet „Die Verkehrswende ist sozial gerecht“ (11/2020) zentrale Daten übersichtlich zusammengestellt. Zum Download unter vcd.org

Unfaire Subventionen: Geld für Dienstwagen, höhere ÖPNV-Preise

Auf der anderen Seite stiegen die Preise zwischen 2000 und 2018 im ÖPNV doppelt so stark wie die Kosten für den Kauf und die Unterhaltung von Kraftfahrzeugen. Darauf weist Dirk Messner hin in einem Positionspapier des Umweltbundesamtes (UBA): „Seit der Jahrtausendwende sind die Kosten für Anschaffung und Unterhalt eines Kfz um etwa 36 Prozent gestiegen, die ÖPNV-Preise hingegen um knapp 80 Prozent. Das verstärkt die Ungerechtigkeit zwischen den Verkehrsarten noch mehr und bestraft gerade die, die sich umweltfreundlich verhalten.“ Zusätzlich profitierten reichere Haushalte überproportional von umweltschädlichen Subventionen wie dem Dienstwagenprivileg und der Entfernungspauschale. Messner: „Das Dienstwagenprivileg ist ein besonders offensichtlicher Fall von sozialer Ungerechtigkeit. Von diesem profitiert nur ein kleiner, meist privilegierter Teil der Bevölkerung, während die Kosten dafür alle Steuerzahlenden tragen müssen.“

Viele Haushalte mit niedrigem Einkommen besitzen kein Auto. In Städten mit hohem Mietniveau können sie sich das oft auch gar nicht leisten.

Alternative Unterstützung: Mobilitätsprämie für alle

Bereits vor dem Autogipfel im Frühjahr 2020, als die Autoindustrie Kaufprämien zur Kompensation Pandemie-bedingter Ausfälle forderte, konterte ein breites Bündnis aus Verbänden und Unternehmen mit der Idee, eine Mobilitätsprämie für alle einzuführen. Das Ziel: der wahlweise Kauf von Fahrrädern, E-Bikes, ÖPNV-Tickets oder Bahn-Abos. Der damalige ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagte dazu: „Auch der Kauf eines E-Lastenrads oder eines ÖPNV-Abos scheitert bei vielen Menschen am Geld. Wir wollen nicht, dass die Regierung den Bürgerinnen und Bürgern die Verkehrsmittelwahl diktiert, sondern ihnen alle Optionen ermöglicht!“ Daraus wurde vorerst nichts.
Bis heute wird selbst der Kauf ökologisch bedenklicher Plug-in-Hybridfahrzeuge mit bis zu 6.750 Euro „Umweltbonus“ (E-Autos bis 9.000 Euro) belohnt. Zwar bieten Bund und Länder Kaufprämien an für gewerbliche Cargobikes. Aber eine, klimatechnisch sicher sinnvollere bundesweite Prämie für private Fahrräder, E-Bikes oder Lastenräder steht noch aus. Auch der jüngste Vorschlag von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, Fahrräder oder Pedelecs bis zu einem Betrag von 1000 Euro steuerlich zu begünstigen, berücksichtigt zunächst nur Menschen, die auch Einkommensteuer zahlen.

Für eine sozial gerechte Mobilitätswende

Ein Bündnis aus Umweltverbänden, Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Sozialverbänden sowie der Evangelischen Kirche fordert eine sozial gerechte und ökologische Mobilitätswende und stellt Handlungsempfehlungen für die Bundesregierung vor. Das Bündnis identifiziert dabei vier Dimensionen, in denen gehandelt werden muss:


Dimension 1: Daseinsvorsorge und gesellschaftliche Teilhabe

Mobilität muss als Teil der Daseinsvorsorge anerkannt werden. Maßnahmen dafür umfassen die Erhöhung der Regelsätze der Grundsicherung für Mobilität, eine gesetzliche Verpflichtung aller Verkehrsanbieter zu Barrierefreiheit, einheitliche Bedienstandards für den öffentlichen Personennahverkehr, verständliche Preis- und Buchungssysteme, eine integrierte Planung von Versorgung und Mobilität, eine sichere Infrastruktur für Fuß- und Radverkehr, die solidarische Senkung und Reduktion auf null Emissionen und die Bereitstellung von Geldern für die Finanzierung der Mobilitätswende.

Dimension 2: Lebensqualität und Gesundheit

Das Verkehrssystem muss verändert werden, damit Lebensqualität und Gesundheit nicht länger eingeschränkt werden. Hierfür braucht es konsequente Strategien zur Senkung von Schadstoff- und Lärmemissionen, verkehrsberuhigende Maßnahmen und die Umgestaltung von Quartieren für lebenswerte Wohngebiete, eine soziale Wohnungspolitik und Maßnahmen für das Ziel von null Verkehrstoten („Vision Zero“).

Dimension 3: Mobilitätswirtschaft

Die Mobilitätswirtschaft trägt zu Beschäftigung und Wertschöpfung in Deutschland bei. Damit die Transformation nicht zu ökonomischen oder sozialen Verwerfungen führt, braucht es Maßnahmen wie rechtliche Rahmensetzungen für klimafreundliche Mobilität und Zukunftstechnologien, eine industrie- und strukturpolitische Begleitung der Transformation des Automobilsektors, die Etablierung des Leitbilds „Gute Arbeit“ im gesamten Mobilitätssektor sowie umfassende Weiterbildungsinitiativen und eine visionäre Qualifikationspolitik.

Dimension 4: Kulturwandel

Ohne eine Veränderung der Mobilitätskultur kann die Mobilitätswende nicht gelingen. Für eine solche Veränderung braucht es Reallabore, um neue Mobilitätskultur erfahrbar zu machen, die Entwicklung von Mobilitätsstrategien durch sämtliche Unternehmen und Institutionen, ein kritisches Hinterfragen von Konsumgewohnheiten, die Beteiligung von Bürger*innen und Mobilitätsbildung für alle Altersklassen.

Das komplette Papier gibt es u.a. beim VCD zum download unter vcd.org

Vorreiter Kommunen: Die neuen Sozialen Tickets

Einzelne Kommunen preschen inzwischen vor. So beschloss die Kleinstadt Telgte bei Münster die Unterstützung einkommensschwächerer Familien. Mit einem Gehalt bis 37.000 Euro werden zusätzlich 30 Prozent auf die Lastenradfördersumme (30 Prozent) geschlagen. In Stuttgart beträgt die Förderquote für Familien mit mindestens einem Kind bis zu 90 Prozent des Anschaffungspreises eines E-Cargobikes. In Freising stehen sogar Pedelecs bis 30 Prozent der Nettokosten auf dem Programm. Die Hürden stecken jedoch im Detail: Nicht nur muss ein mit Benzin oder Dieselkraftstoff betriebenes Fahrzeug ersetzt werden. Auch wird der Fahrzeugtyp diktiert: S-Pedelecs sind ebenso ausgeschlossen wie E-Mountainbikes oder E-Rennräder. Dass sämtliche Förderungsanträge zwingend den Bezug von Öko-strom zur Voraussetzung machen, blendet die Möglichkeiten von Geringverdienenden aus. Damit auch finanzschwache Haushalte einen niederschwelligen Zugang zu Cargobikes erhalten, geht das Land Brandenburg mit gutem Beispiel voran. Wer privat eine Kaufprämie erhalten will, muss das Fahrzeug kostenfrei „der Allgemeinheit“ zur Verfügung stellen. Bis zu 80 Prozent des Kaufpreises sind drin. Lastenradinitiativen werden so unterstützt.

Breit informieren: Kommunikation an alle

Um alle bei der Verkehrswende erfolgreich mitzunehmen, müssen auch alle kommunikativ erreicht werden. Alexander Kaas Elias, Sprecher für klima- und sozialverträgliche Mobilität beim VCD, kritisiert die Kommunikation am Beispiel von Berlin. Anders als etwa bei Bundessteuermitteln für den E-Autokauf, waren die Lastenradfördermittel 2018 in Höhe von 200.000 Euro bereits zwei Tage nach Ankündigung erschöpft: „Wenn die zuständige Senatsverwaltung dazu eine Pressemeldung herausgibt, und das dann vielleicht in den großen Tageszeitungen steht: Erreiche ich damit alle Leute, die ein Lastenrad benötigen? Da würde ich eher sagen: schwierig!“

Bis heute wird selbst der Kauf ökologisch bedenklicher Plug-in-Hybridfahrzeuge mit bis zu 6.750 Euro „Umweltbonus“ (E-Autos bis 9.000 Euro) belohnt.

Attraktiver Angebotsmix: Dienstfahrrad, Mikromobilität und ÖPNV-Jahresticket

Als Basisangebot verlangt eine gerechte Neuverteilung der Verkehrsräume eine hochwertige Fuß- und Radwegeinfrastruktur. Und zwar auch in Gegenden mit ärmeren Bevölkerungsanteilen. Wie dabei die Verlagerung der Verkehrsmittel vom Auto zum Fahrrad gelingt, zeigt die positive Entwicklung beim Dienstfahrrad seit seiner Einführung 2012. Allein im letzten Jahr wurde mit 350.000 neuen Diensträdern über eine Milliarde Euro Umsatz im Fachhandel gemacht, schätzt Wasilis von Rauch vom Bundesverband Zukunft Fahrrad e. V. Davon profitiert allerdings nur, wer auch eine Beschäftigung hat.
Flexible E-Scooter gelten als Ergänzung im Mix der Verkehrsmittel. Eine Potenzialanalyse am Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin (DLR) ergab, dass rund 20 Prozent aller Pkw-Wege unter vier Kilometern durch E-Scooter ersetzt werden könnten. Mobilitätsforscher Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin betont im „Spiegel“ ihre Rolle als Zubringer zum öffentlichen Nahverkehr. („Was vom E-Scooter-Hype geblieben ist“, Spiegel 14.06.2020): „Es müssen gemeinsame Preismodelle mit dem ÖPNV her, die den Weg zur Haltestelle, die S-Bahn-Fahrt und die letzte Meile abdecken.“ Und die Anbieter müssten ihre Roller auch in Randlagen anbieten. Manch Ärger von Fuß- und Radnutzern über die Roller ließe sich über eine gerechtere Raumaufteilung lösen: Für Knie stehen nicht die Roller im Weg, sondern die Autos. So passen auf einen Pkw-Parkplatz etwa 20 Roller.
Für den ÖPNV fordert der VCD Sozialtickets, die nicht den dafür vorgesehenen Satz im Arbeitslosengeld II (etwa 35 Euro) übersteigen. Ein 365-Euro-Jahresticket gehört zu den Ad-hoc-Maßnahmen, wie sie das FES-Papier fordert. Nach Wien wurde das für die Stadt Leipzig beschlossen – beschränkt auf einen einkommensschwachen Personenkreis.
Die Friedrich-Ebert-Stiftung nennt als weiteres Beispiel für einen gerechten Ausgleich zwischen allen Verkehrsteilnehmern auch das Berliner Mobilitätsgesetz. Damit bekamen verkehrspolitische Ziele unter anderem zugunsten des Radverkehrs erstmals Rechtsverbindlichkeit. Das könnte wiederum als Blaupause dienen, um den Rechtsrahmen auf Bundesebene neu zu gestalten.

„Die Verkehrswende ist sozial“

Alexander Kaas Elias. Der VCD-Projektleiter „Verkehrswende: klimaverträglich und sozial gerecht“ und Sprecher für klima- und sozialverträgliche Mobilität hat am Papier des Bündnisses für sozialverträgliche Mobilitätswende mitgearbeitet.

Wie gehen Klimaschutzziele und eine soziale Verkehrswende zusammen?
Klimaschutz ist ohne Verkehrswende nicht machbar. Wir halten die Verkehrswende für sozial, weil vielen Menschen, die kein Auto haben oder besitzen wollen, damit Mobilität ermöglicht wird. Im unteren Einkommensfünftel haben 53 Prozent gar kein Auto. Wenn ich höre, Autofahren ist auch eine soziale Frage, frage ich mich: Was ist eigentlich die soziale Frage bei Menschen, die gar kein Auto besitzen? Von daher ist eine gute Anbindung mit Bus, Bahn und Rad- und Fußverkehrsinfrastruktur, Leihrad und Lastenrad ganz wesentlich, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.

Was halten Sie von Kaufprämien?
Die Förderung für E-Autos ist leider noch einmal erhöht worden. Selbst für Plug-in-Hybride, die wir ökologisch nicht für sinnvoll halten. Der VCD hatte ja das grüne Startgeld Mobilität gefordert. Wo wir gesagt haben, jeder soll einen bestimmten Beitrag bekommen für ein ÖPNV-Ticket oder einen Zuschuss zum Lastenrad. Das hätten wir für zielführender gehalten als die ganzen speziellen Prämien. So schön der Boom der Elektromobilität im Bereich des motorisierten Individualverkehrs ist. Die Menschen, die jetzt schon sozial abgehängt sind, erreicht man damit nicht.

Worin besteht die soziale Ungleichheit bei den Prämien?
Von den Autokaufprämien profitieren in der Regel nur die Leute, die sich ohnehin ein Auto leisten können. Wir haben das Dienstwagenprivileg, die Entfernungspauschale, die jetzt sogar nochmals erhöht wurde. Wenn ich z.B. wegen meines geringen Einkommens keine Steuern zahle, kann ich die Entfernungspauschale nicht abbuchen. Zwar gilt sie auch für den ÖPNV. Aber ich muss auf die entsprechenden Beiträge kommen. Bin ich zum Beispiel im ALG-II-Bezug, zahle ich keine direkten Steuern. Dann fällt diese Förderung ohnehin für mich weg. Insofern ist es unfair verteilt.

Der Lastenradkauf wird auf bundes- und kommunaler Ebene gefördert…
Die bestehende Lastenradförderung ist überwiegend gewerblich. Berlin hatte sie vor zwei, drei Jahren für jeden geöffnet. In zwei Tagen waren die Mittel abgerufen. Da stellt sich die Frage: Wenn die zuständige Senatsverwaltung dazu eine Pressemeldung herausgibt und das vielleicht in den großen Tageszeitungen steht: Erreiche ich damit alle Leute, die ein Lastenrad benötigen? Da würde ich eher sagen: schwierig!

Also spielt auch die Kommunikation eine wichtige Rolle?
Die Frage ist, wie erreiche ich Leute, die nicht die klassischen Strukturen nutzen? Das ist genau der Punkt, den das Projekt „MobileInclusion“ festgestellt hat. Dort wurden Interviews mit Betroffenen geführt, die wenig Einkommen haben, ohne Berufsausbildung und im Bezug vom Arbeitslosengeld II sind oder einen Migrationshintergrund haben. Was für viele Menschen alltäglich ist: Ich brauche mal eben ein Leihrad, greife ich halt zur App, fällt für sie weg. Weil es etwas kostet. Selbst Projekte wie „fLotte Berlin“, wo Fahrräder kostenlos verfügbar sind und sie sich nur anmelden müssen: Für Menschen, die nicht täglich in dem Bereich unterwegs sind, ist das schwierig. Ich bekomme mit, dass Menschen teilweise noch keinen Internetanschluss haben. Mobilitätsangebote laufen nicht groß über das Jobcenter. Abgesehen davon, dass das nicht der Ort ist, wo sich die Menschen mit diesem Problem vertrauensvoll hinwenden würden. Da braucht es eine Alternative. Wie etwa ein Stadtteilzentrum, wo man auch mal auf die Leute zugeht.

Zum Vertiefen

Informationen und Argumente


MOBILITÄT FÜR ALLE!
Gedanken zur Gerechtigkeitslücke in der Mobilitätspolitik

Stephan Rammler und Oliver Schwedes
Friedrich-Ebert-Stiftung: library.fes.de/pdf-files/dialog/14779.pdf


Verkehrswende für ALLE – So erreichen wir eine sozial gerechtere und umweltverträglichere Mobilität

UBA: umweltbundesamt.de/publikationen/verkehrswende-fuer-alle


MobileInclusion – Forschung zu Mobilität und sozialer Ausgrenzung

TU Berlin: mobileinclusion.projects.tu-berlin.de


Bilder: stock.adobe.co – Kara, VCD, Erik Marquardt