Verkehrswende, Gesundheit und Lebensqualität in der Stadt: Mit einem breiten Mix an Maßnahmen geht Wien die Herausforderungen der Zukunft in Richtung Klimaneutralität entschlossen an. Das Fahrrad spielt dabei eine immer wichtigere Rolle. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2022, März 2022)
Klimaschutz, Ressourcenschonung sowie Nachhaltigkeit stehen auf der Agenda der neuen Smart-Klima-City-Strategie und des Wiener Klima-Fahrplans. Um die Stadt bis 2040 CO2-neutral zu machen, investiert man auch in eine zeitgemäße Mobilität: Seit diesem Jahr sind jährlich 20 Millionen Euro mehr im Topf für Radinfrastrukturprojekte. Noch sind die Kfz-Verbrenner im Verkehr für rund 43 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Dabei erledigen zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger der 1,9-Millionen-Metropole ihre Alltagswege längst mit alternativen Verkehrsmitteln. 42 Prozent der Wiener Haushalte besitzen kein Auto.
Schon 2018 beobachtete eine Studie der Universität Wien den Rückgang des Auto-Pendelns und einen konstant hohen Anteil an Fußgänger*innen. Denn traditionell ist Wien eine Stadt des ÖPNV, der Öffis, wie man hier sagt. Im Pandemiejahr 2020 ist die Fahrgastzahl allerdings um mehr als zehn Prozentpunkte auf 27 Prozent gesunken. Das zeigt eine Befragung im Auftrag der Wiener Linien. Der Anteil des MIV am Modal Split beträgt weiterhin ebenfalls konstant 27 Prozent. Bei der Fortbewegungsart der Stunde triumphieren die Flaneure: Ihr Anteil stieg von 28 auf 37 Prozent. Da ist es konsequent, dass sich die Kulturstadt des Gehens eine eigene Fußwegebeauftragte gönnt.
Das Fahrrad boomt wie nie zuvor
Die anderen wichtigen Trendsetter sind die Wiener Radfahrer*innen: Im Modal Split 2020 liegt ihr Anteil noch bei neun Prozent (plus 2). Angesichts neuer Zahlen aus 2021 spricht die Wiener Mobilitätsagentur von einem Rekordjahr für den Radverkehr. An den automatischen Zählstellen wurden 9,3 Millionen Radfahrerinnen und Radfahrer registriert. Seit 2019 stieg ihre Zahl um 13 Prozent. Deutlich zeigt sich zum Beispiel an der Verbindung zwischen Sonnwendviertel, Hauptbahnhof und Zentrum, der Argentinierstraße, dass Pendlerwege zunehmend mit dem Velo erledigt werden. Dort verdoppelte sich die Zahl der Radfahrenden von 2013 bis 2021 auf über 962.000.
Zukunftsprojekt Verbindung Praterstraße: Radfahrende nutzen hier künftig eine Spurbreite von insgesamt fast sechs Meter Breite.
Kühle, gendersensible und sichere Straßen
Zu den Instrumenten im Klimafahrplan gehören Verkehrsberuhigung, Sicherheit („Vision Zero“), zunehmende Einführung von Tempo 30 vor allem in Wohngebieten sowie die Realisierung von Superblocks, die in Wien „Supergrätzel“ heißen. 25.000 neue Stadtbäume sollen im Straßenraum Fahr- und Parkstreifen ersetzen. Und weil mit einer Stadtausdehnung von fast 30 Kilometern die Kombination von Fahrrad und ÖPNV wichtig ist, soll die Fahrradmitnahme im ÖPNV erleichtert werden. Derzeit dürfen Fahrräder in der U-Bahn nur außerhalb der Stoßzeiten und an Wochenenden ohne zusätzliche Kosten transportiert werden.
Gegenwärtig weist die Donaume-tropole 168,6 Kilometer Radwege und 41,3 Kilometer Radfahrstreifen aus. Das Radfahren gegen Einbahnstraßen ist auf einer Länge von 321,4 Kilometer erlaubt – Tendenz steigend. Zudem verdoppelte sich seit 2010 die Zahl der öffentlichen Radabstellplätze auf derzeit rund 50.700. An der Verdichtung des noch lückenhaften Wiener Hauptnetzes wird gearbeitet. Die Qualität befindet sich im Umbruch hin zu breiteren Spuren sowie der baulichen Trennung vom motorisierten Verkehr. Jüngstes Beispiel ist der Umbau der Praterstraße zu einem sechs Meter breiten Fahrrad-Highway.
Ausdrücklich soll der Straßenraum neu verteilt und umgestaltet werden, nach dem neuen Klimapapier „grüner, schattiger und kühler, gendersensibel, sicher und alltagstauglich und mit mehr Platz für aktive Mobilität.“
„Die Mariahilfer Straße zeigt, dass man auf einer staugeplagten Straße den Kfz-Verkehr komplett rausnehmen kann.“
Martin Blum, Stadt Wien
Öffentliche Wasserspender, Sprühnebel und verkehrsberuhigte Viertel sorgen für mehr Stadt- und Lebensqualität.
Von der Begegnungszonebis zum Supergrätzl
Wie Straßen im Handumdrehen klimafreundlicher werden und zur sozialen Begegnungszone avancieren können, bewies Wien bereits mit Pop-up-Aktionen wie temporär autofreie, „coole Straßen“ (s.Veloplan 4/20): Dafür bringen Anwohner Liegestühle, Planschbecken oder Grünpflanzen. Die Stadt sponsert zum Beispiel Wasserstelen, deren Sprühnebel erfrischen. Vier Straßen dieser Aktion wurden 2021 dauerhaft verkehrsberuhigt. Künftig wird das Projekt mit weiteren Plätzen, allerdings ohne für den Autoverkehr gesperrte Straßen fortgesetzt.
Seit 2013 gibt es in Wien Begegnungszonen, in denen Auto-, Rad- und Fußverkehr gleichberechtigt sind. Höchstgeschwindigkeit hier: Tempo 20. Berühmt wurde der Umbau der Mariahilfer Straße. Wie der Standard Mitte 2020 berichtete, mauserte sie sich in der öffentlichen Wahrnehmung von der befürchteten „Berliner Mauer mitten in Wien“ zum lebendigen Stadtzentrum. An einem durchschnittlichen Wochentag flanieren dort mehr als 50.000 Passanten, im Jahr kommt man auf 17 Millionen. Die Wiener Wirtschaftskammer (WKW) schwenkte um vom Opponenten zum Fürsprecher verkehrsberuhigter Zonen. Der Wiener Radverkehrsbeauftragte Martin Blum resümiert: „Die Mariahilfer Straße zeigt, dass man auf einer staugeplagten Einkaufsstraße mit beiderseitigen Parkstreifen den Kfz-Verkehr komplett rausnehmen kann. Es funktioniert trotzdem.“
Von der Mariahilfer Straße aus wurden benachbarte Bezirke verkehrsberuhigt. Mehr als ein Dutzend solcher Zonen finden sich heute in Wien. Mit der Thaliastraße soll bis 2025 auch die wichtigste Einkaufsstraße Ottakrings als „Klimaboulevard“ in neuem Glanz erstrahlen: Auf einer Länge von 2,8 Kilometer werden Bäume gepflanzt, der Asphalt reduziert und mehr Aufenthaltsqualität geschaffen.
Nach der Superblock-Pilotstudie im Volkertviertel soll dort 2022 ein Supergrätzl umgesetzt werden. Das Konzept nach Vorbildern aus Barcelona fasst mehrere Wohnblocks zu verkehrsberuhigten Bereichen zusammen, in denen der Durchgangsverkehr unterbunden wird. Auch für das Supergrätzl Josefstadt gab die zuständige Bezirksvertretungssitzung grünes Licht. Vor der Umsetzung sollen die Wünsche der Bevölkerung in die Planung integriert werden.
Weniger Pendelverkehr, höhere Lebensqualität
Nach Feierabend noch viele Extrarunden drehen, um das eigene Auto abzustellen? Heute wünscht sich kaum jemand diese Situation vor der „Parkpickerl“-Einführung in den 1990er-Jahren zurück. Weniger Lärm, Staub und CO2-Ausstoß erhöhte die Lebensqualität in den Quartieren und sorgte für mehr Platz für Flaneure und Radfahrende. Nach Umfragen der Stadt Wien stieg die Akzeptanz in den Bezirken nach der Einführung von 46 auf 67 Prozent. Schon damals wurden im Westen Wiens bis zu 8.000 Pkw-Fahrten pro Werktag vermieden. Ab März 2022 gilt in ganz Wien eine Kurzparkzone, in der man nur als „Hauptwohnsitzer“ samt „Parkpickerl“ (Parkschein) seinen Pkw parken darf. Die Kosten betragen zehn Euro pro Monat. Die Maßnahme verhindert einen Verdrängungseffekt auf parkscheinfreie Bezirke und zielt auf eine Reduktion des einpendelnden Pkw-Verkehrs. Wer nicht in Wien wohnt, muss jetzt auf eine Garage ausweichen – oder löst einen Kurzparkschein. Hinzu kommen Zonen zur Reduktion des „Binnenverkehrs“ innerhalb der Bezirke durch Preis- oder Berechtigungsstaffelungen. Alle Einnahmen daraus fließen zweckgebunden in den Umweltverbund.
Wien ersetzt die alten „City-Bikes“ durch ein flächendeckendes Bikesharing-Modell für den multi-modalen Wegemix. Privatleute können kostenlos Lastenräder leihen.
Stadträume mit dem Privatauto okkupieren ist nicht kostenlos: Das Wiener Parkpickerl richtet sich besonders gegen Pendlerverkehre.
Sympathische Lufttankstellen. Neben Bikes werden hier auch Kinderwagen oder Rollis aufgepumpt.
Breite Sharing-Palette
Das Wiener Bikesharing-System befindet sich im Wechsel: „Das Citybike-Modell war international Vorbild für städtische Leihradsysteme, von Paris bis Sevilla oder Brisbane. Nach 18 Jahren erfolgt jetzt der Startschuss für ein modernes und flächendeckendes Bikesharing-Modell“, sagt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ). Im April startet „WienMobil Rad“ mit den ersten 1.000 Fahrrädern. Bis zum Vollbetrieb im Herbst dieses Jahres werden es 3.000 sein. 185 physische Stationen sind für Leihräder reserviert und über die „WienMobil“-App zu finden. 50 digitale Stationen können temporär für Events eingerichtet werden. Hanke: „Das neue Bikesharing-Konzept bringt in Zukunft doppelt so viele Räder wie bisher, viele neue Standorte und das in allen 23 Bezirken.“
Kombiniert werden die Rad-Sharing-Stationen mit den „WienMobil“-Stationen. Sie bieten den Mobilitäts-Mix aus Öffis und Leihangebote für E-Autos, Scooter und Bikes. Aktuell gibt es neun Stationen. 100 sollen es bis 2025 sein. Bisher wurde an den WienMobil-Stationen Platz für 12 E-Autos, 56 Scooter und 36 Mopeds zum Ausleihen, 5 Radservicestationen sowie 15 Radboxen zum sicheren Abstellen von Fahrrädern geschaffen. Wichtig: Rund zwei Drittel der geplanten WienMobil-Stationen werden außerhalb des Gürtels und über der Donau entstehen. So werden Außenbezirke mit weniger dicht besiedelten Gebieten in die umweltfreundliche Mobilität einbezogen.
Ähnliches gilt für das städtische Regelwerk für E-Scooter. Für eine multimodale Wegekette sollen Anbieter eine gleichmäßige Versorgung nicht nur in der City, sondern auch in Außenbezirken berücksichtigen. Nach Angaben der Stadt werden rund 4.000 frei stehende Leih-E-Scooter genutzt. Die E-Roller sind Fahrrädern gleichgestellt, die auf Radwegen sowie in Begegnungszonen gefahren werden. Fünf Anbieter sind derzeit dabei. Plus die neuen „Wheels“-Fahrgeräte – flexible E-Bikes mit Fußrasten statt Pedale.
Lastenräder als Teil des Alltags sichtbar
Als klimaschonendes Kindertaxi oder für den Alltagstransport beim Shopping können Wiener*innen Lastenräder leihen. Das Ausborgen eines Grätzlrads ist kostenlos; reserviert wird telefonisch oder per E-Mail. Martin Blum betont den nachhaltigen Aspekt des Projekts: „Das Grätzlrad bewirkt, dass der klimaschonende Transport mit Lastenrädern Teil des städtischen Alltags wird. Einerseits sind die Transportfahrräder in der Stadt sichtbar, andererseits werden Menschen motiviert, auf Cargobikes umzusteigen.“ Das bestätigt auch eine Evaluierung des Projekts im Jahr 2019. Demnach spricht das Angebot eine große Zahl von Personen an, die erstmals ein Transportrad nutzten. Fazit: Der überwiegende Teil möchte zukünftig wieder ein Lastenrad nutzen.
Vorbild bei Radfahrkampagnen
Auch unscheinbare „Gimmicks“ machen Stadtradeln attraktiver. So hat die Mobilitätsagentur Wien an zehn wichtigen Radverkehrsverbindungen öffentliche Luftpumpen aufgestellt. Eine befindet sich am Praterstern, unweit der Haustür des Radverkehrsbeauftragten: „Fahre ich dort vorbei, sehe ich häufig Radfahrende ihre Reifen aufpumpen. Das sind kleine Dinge, die oft vergessen, aber gerne angenommen werden.“ Selbstverständlich für die Wiener Fahrradstadt ist eine schicke Webpräsenz (fahrradwien.at) mit Radwegen, Routenplaner, Fahrradgeschäften und Leihstationen.
Als Wien auf dem Copenhagenize Index 2019 unter 115 Mitbewerbern auf Platz neun hinter Paris landete, attestierte die dänische Agentur der Stadt Vorbildfunktion für andere Städte in Sachen Radverkehrskampagnen. Auffallend wendet sie sich an Ein- und Umsteiger. So porträtierte die 2018er-Kampgane #warumfährstDUnicht? lokale Testimonials, die ihre Motivation zum Radfahren im Alltag aufzeigen. Dabei ist es kein Zufall, dass die Kampagne Motive wie Individualität und Freiheit triggert – aus der Autowerbung gut bekannt. Martin Blum: „Für neue Zielgruppen ist es wichtig, andere Attribute anzusprechen. So haben wir uns beim Radfahrmarketing einiges von der Autowerbung abgeguckt.“ Die jüngste Kampagne #gofuture setzt diesen lebensbejahenden Impuls fort: „Lust auf Glücksgefühle? Fahr auch im Winter Fahrrad und geh zu Fuß. So tust du dir und der Stadt etwas Gutes.“
„Stadt funktioniert auch anders“
Veloplan-Interview mit Martin Blum, Radverkehrsbeauftragter der Stadt Wien
Wie sehen die Herausforderungen aus bei der Fahrradinfrastruktur?
Mit 27 Millionen Euro pro Jahr gibt es derzeit in Wien so viel städtisches Budget für den Radwegebau wie nie zuvor. Dabei stehen wir heute vor zwei Herausforderungen: Einerseits das Radwegenetz, das etwas in die Jahre gekommen ist, was die Breite anbelangt. Zweitens: Die Lücken im Radverkehr schließen, sodass die Wege durchgängig sind. Es hat unterschiedliche Planungsparadigmen gegeben. Ende der 1990er- bis 2000er- Jahre war das Mitfahren im Fließverkehr Thema, Stichwort „Vehicular Cycling“. Dann kam der Radfahrstreifen, der in Wien „Mehrzweckstreifen“ heißt. Der darf auch vom Auto genutzt werden. Mittlerweile geht es klar in die Richtung: auf Hauptstraßen gute, getrennte und ausreichend breite Radwege. Auf Nebenstraßen verkehrsberuhigte Bereiche, Begegnungszonen oder Fahrradstraßen.
Seit zwei, drei Jahren gibt es immer mehr Fahrradstraßen. Oder „fahrradfreundliche Straßen“, wie wir sie auch nennen. Das ist ein Spezifikum: Die Fahrradstraße in Österreich ist rechtlich streng gefasst. Da dürfen Autos, außer zufahrende Anliegerverkehre, überhaupt nicht bis zur nächsten Kreuzung durchfahren.
Was macht Wien bei Radfahrkampagnen anders als andere Städte?
Natürlich ist das Fahrrad das klimaschonendste Fahrzeug in der Stadt. Aber wer aus Umweltmotiven fährt, nutzt sowieso schon das Fahrrad. Für neue Zielgruppen ist es wichtig, andere Attribute anzusprechen. So haben wir uns beim Radfahrmarketing einiges von der Autowerbung abgeguckt. Und wir haben uns angeschaut, was das Radfahren in der Stadt ausmacht. Das sind im Wesentlichen die Themen Freiheit und Individualität. Radfahren ist praktisch und flexibel. Der Fehler wird oft gemacht, dass man zu sehr den Sicherheitsaspekt anspricht. Aber es geht um diese Lebensfreude: Man bewegt sich wie auf einer Bühne durch die Stadt, zeigt sich und erlebt die Stadt hautnah mit allen Sinnen. Das alles sollte zum Ausdruck kommen, will man neue Zielgruppen ansprechen.
Wie integriert die Donau-Metropole neue Sharing-Anbieter für Mikromobilität?
Wir haben relativ früh ein Regulativ gefunden: Wir begrenzen die Scooter mit einer Verordnung mengenmäßig pro Anbieter. Zudem verpflichten sich die Scooter-Betreiber dazu, sich in den Bezirken unterschiedlich aufzustellen. Das heißt: Sie müssen auch einen bestimmten Anteil in äußeren Bezirken aufstellen und nicht nur in der City. Zudem braucht es gewisse Regeln, damit man beim Zufußgehen nicht darüber stolpert. So ist auf Gehsteigen, die schmaler sind als vier Meter, das Abstellen der Scooter nicht gestattet.
Welche Bedeutung besitzt die Begegnungszone in der Mariahilfer Straße?
Veränderungen sind oft kaum vorstellbar. Gibt es ein Umbauprojekt, kommt es zu einem Aufschrei und Vorbehalten. Die Mariahilfer Straße zeigt, dass man auf einer staugeplagten Einkaufsstraße mit beiderseitigen Parkstreifen den Kfz-Verkehr komplett rausnehmen kann. Es funktioniert trotzdem – und zwar auf 1,6 Kilometer Länge. Die Menschen haben einfach andere Fortbewegungsarten genutzt. Und die Straße boomt mehr als vorher. Das zeigt: Stadt funktioniert auch anders.
Welche Projekte packt die Verkehrsplanung als Nächstes an?
Große Projekte, wo es in Richtung zukünftige Stadtgestaltung und Mobilität geht, betreffen die Flächenkonkurrenz einzelner Verkehrsmittel. Dazu gehört das aktuelle Projekt in der Praterstraße. Ein Boulevard, wo die Radwegbreite – beide Seiten zusammengezählt – mehr als sechs Meter betragen wird. Radwege an Hauptachsen sind wichtig, weil sie zeigen, wie komfortabel Radfahren sein kann, wenn die entsprechende Qualität da ist. Da gibt es dann den Ruf nach mehr. Gerade wenn es um getrennte Radwege geht, heißt es: „Den wollen wir jetzt auch an der anderen Straßenseite.“ Und Nebenstraßen sollten so gestaltet sein, dass sich Autos zu Gast fühlen. Dort braucht es eine Qualität, wie man sie von den Fahrradstraßen in den Niederlanden kennt.
In Wien gibt es eine hohe Nahversorgungsdichte, das heißt, man kann viel zu Fuß erledigen. Das kann man noch weiterdenken und mittlere Strecken fürs Fahrrad übersetzen. Dazu hat Wien eine Strategie verabschiedet, den Klimafahrplan, in dem die 15-Minuten-Stadt verankert ist. Wenn das, was dort festgeschrieben ist, in den Zielen der Stadt, um Klimaneutralität zu erreichen, umgesetzt wird, dann braucht man nicht mehr so viel Vision.
Wiener Infrastruktur in Zahlen
Radwege: 168,6 km
Geh- und Radwege: 169,3 km
Radfahrstreifen: 41,3 km
Mehrzweckstreifen: 145,2 km
Radfahrerüberfahrten: 27 km
Fahrradstraßen: 7 km
Radfahren gegen die Einbahn: 321,4 km
Radfahren auf der Busspur: 18,5 km
Radroute: 276,4 km
Radfahren in Fußgängerzonen: 8,8 km
Wohnstraße: 38,1 km
Verkehrsberuhigter Bereich: 361,4 km
Mountainbike-Strecke: 72,4 km
Öffentliche Radabstellplätze: 50.700
Bilder: Mobilitaetsagentur Wien – Peter Provaznik, Wiener Linien, zoom vp – Mobilitätsagentur Wien Digital, Mobilitätsagentur Wien, Fuerthner, PID, Gewista, Mobilitätsagentur – Christian Fürthner, Regina Hügli