Die Probleme unserer Zeit sind komplex und das Beharrungsvermögen vielfach groß. Keine leichte Aufgabe also, Dinge zu verändern und Neues zu denken. Komplex? Ja! Aber nur, weil es komplex ist, lassen wir ja auch nicht die Astrophysik sein oder die Forschung nach Impfstoffen. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2021, Juni 2021)


Große Herausforderungen und neues Denken stehen auch im Bereich Mobilität und Verkehr an. Vor allem, wenn man sich nicht nur darauf konzentriert, Menschen möglichst schnell von A nach B und zurück zu bringen, sondern andere Dimensionen mitdenkt. Ein entschlossener Kurs Richtung Klimaneutralität gehört ebenso dazu wie die Herausforderungen der Urbanisierung, die Bewegungsarmut von Kindern, die in wenigen Jahren massiv wachsende Gruppe der Älteren (Stichwort geburtenstarke Jahrgänge) und nicht zu vergessen die sozialen Komponenten der Mobilität. Zudem braucht es verstärkt eine weibliche Perspektive, denn Mobilität, oder das, was wir darunter verstehen, wurde und wird weiterhin vor allem von Männern gedacht und geplant, wie Kritiker*innen immer wieder anmerken. Die Probleme sind bekannt und die Konzepte liegen auf dem Tisch. Vernetztes Denken und praktische Lösungen, die nicht mehr das private Auto oder den Lieferwagen in den Mittelpunkt stellen, findet man bislang allerdings vor allem in den Nachbarländern. Vielfach scheint es so, als würden wir in einem Denken, das uns über Jahre geprägt hat, feststecken. Würden wir sonst den weiteren Zuwachs von im Schnitt immer größeren und schnelleren Fahrzeugen zulassen und sogar noch fördern und auf der anderen Seite neuen, umweltfreundlichen und eher am menschlichen Maß ausgerichteten oder besser „angemessenen“ Mobilitätsformen generell erst einmal kritisch gegenüberstehen?

„Es muss den Menschen Freude machen sich anderes zu verhalten.“

Ines Imdahl, Rheingold-Salon

Umparken im Kopf

Vor zwei Jahren wurde bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Mikromobilität zum Beispiel ernsthaft die Frage diskutiert, wohin denn die ganzen neuen Fahrzeuge sollten. Für Professor Thomas Sauter-Servaes, Mobilitätsforscher und Leiter des Studiengangs Verkehrssysteme an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, zeugen solche Diskussionen und „das Gemecker über den Platz, den E-Trottis (E-Tretroller in der Schweiz) verstellen“ von einer „komplett verschobenen Wahrnehmung“. „Die am Fahrbahnrand parkierten Blechlawinen werden derweil als normal wahrgenommen.“ Ihm zu widersprechen fällt schwer, wenn man mit offenen Augen durch die Städte und Quartiere geht, sich alte Bilder von Plätzen und Straßen anschaut, die noch zum Flanieren und Verweilen einluden oder sich mit statistischen Daten befasst. Wie verändern wir also unser Umfeld und die Gewohnheiten? Mit dem wiederholten Ausrufen von Zielen, wie „mehr Güter auf die Schiene“, „Deutschland wird digitaler Vorreiter“ oder „Deutschland wird Fahrradland“ wird erfahrungsgemäß noch kein Wandel angestoßen, obwohl ein öffentliches Commitment natürlich wichtig ist. Aber dann muss es auch weitergehen. Und die Zeit drängt: „Die Welt befindet sich bereits im Klimanotstand, und das Autoabhängige Verkehrssystem ist dafür ein fataler Treiber“, heißt es dazu als Fazit in unserem Buchtipp „Nachhaltige Mobilität für alle“ (S. 80). Zu wissen, wohin die Reise gehen soll, sei der erste notwendige Schritt. „Der nächste sollte sein, mit der Reise unverzüglich zu beginnen.“
Expertinnen, Politikerinnen und Verbände beschäftigen sich aktuell intensiv auf vielen Ebenen damit, die Rahmenbedingungen an die Herausforderungen der Zeit anzupassen. Reicht das? Letztlich kommt es wohl vor allem auch darauf an, die Menschen mitzunehmen und dabei auch diejenigen nicht zu vergessen, die dem erst einmal eher ablehnend gegenüberstehen. Denn sonst ist schnell das Tor geöffnet für Populisten, die gezielt auf die Ängste der Menschen setzen. Kommunikativ lässt sich eine Menge erreichen, wenn man kreativ ist und wirklich will. Viele werden sich noch an „Umparken im Kopf“ erinnern. Die groß angelegte und viel beachtete Kampagne ließ 2014 erst einmal den Absender offen und stellte sich auf eine sympathisch-humorige Art generell gegen Vorurteile und warb so für eine andere innere Einstellung. Dabei ging es weder um die Mobilitätswende noch um den Klimawandel, sondern „nur“ um einen Imagewandel bei der angestaubten Automarke Opel. Nach Brancheneinschätzung ein „Himmelfahrtskommando“, das die frisch ernannte Marketing-Chefin Tina Müller trotzdem mit Bravour und Jürgen Klopp als positiv-sympathisch Andersdenkendem glaubhaft löste. Das Rezept, aus der Not eine Tugend zu machen, ging voll auf. Lax formuliert: Wenn man es beim Opel-Image schafft umzudenken, dann sollte es doch auch bei der Mobilitätswende möglich sein mit dem Umparken im Kopf.

Oft vergessen oder ausgeblendet: Ältere, Frauen und Bürger*innen mit Migrationsgeschichte (2019: 26 %).

Die Zukunft und den Wandel umarmen

Wie bringt man auf den ersten Blick völlig unterschiedliche Bereiche wie Verkehr, Soziales, Gesundheit, Städteplanung und Umwelt-/Klimaschutz zusammen? Wie vermeidet man Endlos-Diskussionsschleifen und wie bringt man Menschen zu Verhaltensänderungen? Leadership-Experten empfehlen, die Zukunft und den Wandel zu „umarmen“, positive Bilder zu schaffen und den Menschen einen neuen Sinn, neudeutsch Purpose zu geben. „Einfach nur etwas im Kopf zu ändern, reicht nicht aus“, diagnostiziert auch die Psychologin Ines Imdahl, Mitgeschäftsführerin der auf qualitative Marktforschung, tiefenpsychologische Erkenntnisse und strategische Umsetzungen spezialisierten Agentur Rheingold-Salon. Es müsse eine Vision geben. „Wozu tun wir das? Was wollen wir bewegen?“ Das gelte universell, denn letztlich ginge es immer um die Menschen und ihre Bedürfnisse, und die seien aus dem Blickfeld geraten. „Nur wenn ich verstehe, was die Menschen davon haben, sich so zu verhalten, wie sie sich verhalten, kann ich überlegen, gibt es Alternativen? Wenn ich einfach nur sage, wir müssen das ändern, dann ist das ein Schritt zu schnell.“ Entscheidend sei die Frage nach dem Warum. Erst danach könne man sagen „wie kann ich das ändern und was sind die Hebel?“ Psychologisch gesehen sei es schlicht so, dass die Menschen zuallererst an sich dächten. Zentrale Motive seien Selbsterhalt und die Vergrößerung der eigenen Wichtigkeit. „Die enorme Kulturleistung, auch an die anderen zu denken, müssen wir tagtäglich neu leisten.“ Wichtig sei ein neuer Blick auf das große Ganze und eine Abkehr vom sogenannten Silo-Denken, also der Fixierung auf Teilausschnitte. Die Sinnfrage könne helfen, Zusammenhänge wiederherzustellen. Dazu komme eine andere wichtige Komponente: Spaß und Lustgewinn. „Es muss den Menschen Freude machen, sich anders zu verhalten. Sie müssen Spaß daran haben, die Perspektive des anderen einzunehmen, und das muss belohnt werden.“ Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch das Thema Diversität, zum Beispiel mit Blick auf die unterschiedlichen Strategien und Denkmuster von Männern und Frauen. „Diversität hilft, andere Perspektiven einzunehmen und einen Zusammenhang herzustellen.“

„Wir müssen Männer, Frauen und Kinder aus unterschiedlichen sozialen Schichten, mit verschiedenen kulturellen Hintergründen und Erfahrungen ansprechen.“

Anna Weiß

Freude am Fahren

Lustgewinn ist also ein guter Antrieb, und so wundert es nicht, dass der Autohersteller BMW schon seit den 1970er-Jahren mit dem Motto „Freude am Fahren“ lockt. Auch die Politik hat in Deutschland viel dafür getan und tut es noch, damit der Spaß am Autofahren aktiv gefördert und möglichst wenig getrübt wird. Praktisch als gedankliches Grundrecht hat sich zudem das Motto „Freie Fahrt für freie Bürger“ in vielen Köpfen etabliert, mit dem der ADAC über Jahrzehnte erfolgreich gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen opponierte. Freude am Radfahren und freie Fahrt für Radfahrerinnen und Radfahrer, Junge, wie Alte, sucht man dagegen oft vergebens. Genauso erfolglos sucht man vielerorts auch nach Freude am entspannten Zufußgehen, nach der Freiheit für kleine Kinder, ungefährdet auf dem Bürgersteig Rad zu fahren, in einer ausgewiesenen „Spielstraße“ wirklich spielen zu können oder überhaupt ohne Auto mobil zu sein. Natürlich kann man in diesem Zusammenhang fragen, ob nicht die Infrastruktur grundsätzlich anders gestaltet und anders genutzt werden müsste, oder warum der in der Straßenverkehrsordnung angelegte Schutz der „Flüssigkeit des Verkehrs“ höher wiegt als die Sicherheit der Menschen. Und natürlich kann man auch fragen, ob nicht die Reduzierung der in den 1950er-Jahren eingeführten Regelgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts noch zeitgemäß ist, wenn wir doch wissen, dass sich seit 1970 sowohl der Fahrzeugbestand als auch die Fahrleistung verdreifacht hat, die Verkehrsteilnehmer immer älter werden und die Lebensqualität in den Quartieren bei geringerem Tempo deutlich zunimmt.

Typisch Mann – typisch Frau

Männlichkeit sei in unseren Gesellschaften historisch sehr stark mit Unverletzlichkeit verknüpft, sagt die Soziologin Sabine Hark. Sie zeichne sich nach wie vor auch durch ein Verhalten aus, das einschließt, sich selbst und andere Risiken auszusetzen, statt sie zu vermeiden. Mit Blick auf Raser und illegale Autorennen in der Stadt – es säßen immer Männer am Steuer. Frauen würden dagegen stärker dazu erzogen, die Bedürfnisse von anderen wahrzunehmen und in das eigene Verhaltensrepertoire einzubeziehen.

Perspektiven wechseln und out of the box denken

Wie schafft man es aus dem „Silo-Denken“ herauszukommen, Perspektiven von anderen mitzudenken und neue Ansichten zu entwickeln? „Man muss die Entscheidungsträger selbst die Stadt ‚erfahren‘ lassen, in einem geführten Rahmen“, sagt die Expertin für Design Thinking Anna Weiß, die in ihrer Arbeit immer den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Dabei sollten die Bedingungen so realitätsnah wie möglich sein. „Wie fühlt es sich an, auf dem Fahrrad unterwegs zu sein, und wie zu Fuß? Wie schaut es bei schlechtem Wetter aus, wie mit Gepäck oder in Begleitung von Kindern oder einem Hund?“ Für Perspektivwechsel sorgt sie als Veranstalterin von Workshops in den Alpen zum Beispiel, indem sie Mountainbiker*innen und Wandernde die Rollen tauschen lässt. Wie fühlt es sich für eine wandernde Familie an, wenn unvermittelt ein Mountainbike von hinten vorbeischießt und wie sieht die gleiche Situation aus Sicht des Mountainbikers aus? „Bitte Rücksicht nehmen, ist leicht gesagt, aber vielen sind die Probleme gar nicht bewusst.“ Ebenso wenig präsent sei bei Entscheidern und vor allem in der Kommunikation nach außen ein realistisches Bild der Menschen und Kundengruppen. „In den Medien abgebildet werden meist junge sportlich-schlanke Models, gerade bei den Frauen. Die Menschen in der Realität sind aber messbar nicht nur älter, sondern auch viel diverser, als wir es in den Medien der Touristiker, in Fachzeitschriften, Publikumsmedien aber auch von den Verbänden sehen.“
Mit dieser verschobenen Realitätswahrnehmung sei es auch nicht verwunderlich, dass viele Entscheider Ältere, Übergewichtige oder Menschen aus anderen Kulturen weder auf dem Schirm hätten noch ihre Bedürfnisse und Probleme nachempfinden könnten. In Outdoor-Workshops nutzt Anna Weiß gern sogenannte Adipositasanzüge zur konkreten Simulation von Fettleibigkeit. „Der Aha-Effekt, der damit entsteht, schlägt jede theoretische Wissensvermittlung um Längen.“ Einen noch größeren Effekt sieht sie im Hinblick auf die stark alternde Bevölkerung in der Nutzung von sogenannten Alterssimulationsanzügen, die unter anderem das Hör- und Sehvermögen, das Gesichtsfeld und die Beweglichkeit von Kopf, Rumpf und Armen einschränken und durch Gewichte selbst einfache Bewegungen deutlich anstrengender machen. „Man muss ganz klar sagen, dass es schon für normale Radfahrerinnen und Radfahrer echt gefährlich auf den Straßen ist“, stellt Anna Weiß fest. „Wie schaut es dann erst für Kinder und Alte aus?“ Die Infrastruktur für den Radverkehr sei im Gegensatz zur Autoinfrastruktur so eingerichtet, dass sie hohe Anforderungen an die Nutzer stellt. Das müssten wir komplett umdrehen. „Wir brauchen einen Rahmen, in dem sich auch Unerfahrene und Unsichere aufs Rad trauen, einen Rahmen der Fehler verzeiht und der den Menschen vor allem wieder den Spaß an der Bewegung neu vermittelt.“ Um mehr Menschen zu motivieren, aufs Rad umzusteigen müsse man konkret auf die Menschen zugehen, sie beobachten und befragen. „Wir müssen Männer, Frauen und Kinder aus unterschiedlichen sozialen Schichten, mit verschiedenen kulturellen Hintergründen und Erfahrungen ansprechen.“

„Wir brauchen mehr Frauen als Entscheiderinnen und vor allem muss die weibliche Perspektive stärker in Betracht gezogen werden.“

Dr.-Ing. Ines Kawgan-Kagan

Chancengleichheit für „weibliche“ Mobilität

Ein nach wie vor bestehendes Problem ist Analysen zufolge, dass Mobilität weiterhin vor allem aus männlicher Sicht gedacht wird. „Wenn wir echte Veränderungen wollen, dann müssen wir uns viel stärker als bislang mit den Bedürfnissen und spezifischen Sozialisierungen und Rollen von Männern und Frauen beschäftigen“, betont Dr.-Ing. Ines Kawgan-Kagan, Geschäftsführerin des AEM Institute. Für Kommunen, Mobilitätsanbieter, Young Professionals und NGOs bietet sie Gender- und Accessibility-Beratung und unterstützt in der Umsetzung von gerechter und umweltfreundlicher Mobilität. „Es ist wichtig, das Thema Mobilität ganzheitlicher und diverser zu betrachten.“ Ein aktuelles Problem sei beispielsweise, dass das Denken stark technologisch geprägt ist. „Es wird weniger gefragt, welche Probleme haben wir und welche Lösungen gibt es dafür, sondern was ist technisch möglich und was könnte man damit machen?“ Letzteres sei der Technikfaszination von Männern ebenso geschuldet wie den Geldmitteln der Technologie-Fonds. Frauen hätten aus ihrer Sozialisation heraus dagegen ein ganz anderes Verständnis und andere Bedürfnisse. „Frauen wollen praktische und intuitiv bedienbare Produkte und Services.“ Viele Komponenten kämen in der männlichen Erlebniswelt gar nicht vor, deshalb hätten Entscheider sie oft auch nicht auf der Liste. Ganz oben: Sicherheit. Ein Begriff der im englischen Sprachraum deutlich differenzierter und treffender sei: Safety für körperliche Unversehrtheit und der oft zu wenig betrachtete Begriff Security – also die persönliche Sicherheit vor Angriffen. Zweites spiele im Alltag von Frauen eine besondere Rolle, zum Beispiel was bestimmte Routen, Orte oder besonderen Zeiten angeht, zum Beispiel mit Blick auf Haltestellen, Parkhäuser oder menschenleere Straßen. „Allgemein gilt: Mobilität und die dazugehörigen Verkehrsmittel, die Orte und die Infrastruktur dürfen nicht für Mutige gemacht sein.“ Umgekehrt dürften die Mutigen (sozialisationsbedingt meist Männer) ihr Umfeld nicht beeinträchtigen und für Angst sorgen. „Wichtig ist ein gesamtgesellschaftliches Umdenken.“
Handlungsbedarf gibt es aber noch in vielen anderen Feldern. Das fange schon bei Umfragen und Statistiken wie der Auswertung „Mobilität in Deutschland“ an, bei denen beispielsweise Berufspendler priorisiert würden. Besonders auffällig sei das Missverhältnis zeitweise beim Thema Elektromobilität. „Umfragen müssen ja nicht zwangsweise repräsentativ sein, aber was soll man bei einem Männeranteil von 96 Prozent erwarten?“
Ein Thema, das bei Untersuchungen zudem vielfach ausgeblendet werde, sind kulturelle Unterschiede und Besonderheiten, auch im Hinblick auf die hohe Zahl der Bürger mit Migrationsgeschichte. „In einigen Kulturen gilt der Fahrradsattel zwischen den Beinen einer Frau als unschicklich und für Männer ist Radfahren Ausdruck eines niedrigen sozialen Status.“ Solche Vorurteile könne man mit gezielten Maßnahmen aber aufbrechen. Ein großes Problem sei weiterhin auch die Infrastruktur. „Frauenmobilität ist meist Alltagsmobilität. Das wird vielfach weder gesehen noch gemessen.“ Geschlechtsspezifische Studien aus San Francisco hätten beispielsweise gezeigt, dass sich die Zahl der Radfahrerinnen durch die Verbesserung der Infrastruktur verdoppelte. Wie kann die Situation künftig insgesamt besser werden? „Wir brauchen eine Chancengleichheit auf einer gemeinsamen Ebene. Wir müssen die Unterschiede adressieren. Wir brauchen mehr Frauen als Entscheiderinnen und vor allem muss die weibliche Perspektive stärker in Betracht gezogen werden.“
Es lohnt sich also, Neues zu denken. Positive Beispiele, die inspirieren und motivieren, gibt es reichlich. So, wie der elektrische Anlasser die automobile Revolution möglich gemacht hat, schicken sich heute vor allem leistungsfähige Akkus, Elektromotoren und Apps an, den Markt mit neuen Mobilitätsformen zu revolutionieren. Ein entscheidendes Kriterium: die Angemessenheit. Die Produkte, Konzepte und Best-Practice-Lösungen sind längst da und es macht Spaß, sich damit zu beschäftigen und sie auszuprobieren, wann immer sich die Gelegenheit bietet.

Problem: rapide wachsende Zahl älterer Menschen

Der Anteil der über 65-Jährigen liegt hierzulande laut Statista in diesem Jahr bei 23,1 %. 2030 sind es aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge bereits 27,8% und 2034 dann 30 %. Ältere sind als Verkehrsteilnehmer besonders gefährdet, einen tödlichen Unfall zu erleiden. Vor allem in Innenstädten und hier zu Fuß oder mit dem Fahrrad. 2019 starben rund 43 % der innerorts im Verkehr getöteten Menschen über 65 Jahren als Fußgänger*innen. Ein Hauptgrund: die altersbedingte Schwierigkeit, das Tempo von Fahrzeugen und Lücken im Verkehr richtig einzuschätzen. Der Anteil der tödlichen Unfälle per Fahrrad/Pedelec betrug hier 32,5 %. In Frankreich werden die Themen Mobilität bzw. Mobilitätsarmut im Alter inzwischen ganzheitlich als Querschnittsfunktion betrachtet. „Das Fehlen oder die fehlende Eignung des Mobilitätsangebots kann ein ‚soziales Sterben‘ älterer Menschen bewirken“, sagt die Interministerielle Delegierte für Verkehrssicherheit, Maria Gautier-Melleray.

Quellen: Statista, DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2021


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