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Digitalisierung in der Radverkehrsplanung – wie sieht das eigentlich aus? Katja Krause, Geschäftsführerin von infraVelo in Berlin, erklärt im Interview, wie digitale Lösungen in der Stadt helfen, den Radverkehr voranzubringen. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2022, März 2022)


Was macht infraVelo in Berlin? Wer steht hinter dem Unternehmen?
infraVelo wurde Mitte 2017 als Tochtergesellschaft der landeseigenen Grün Berlin GmbH gegründet. Wir unterstützen das Land Berlin dabei, neue Radinfrastruktur zu schaffen und den Umweltverbund zu stärken. Diese Aufgabe ist im Mobilitätsgesetz festgeschrieben. Hier ist auch die Unterstützung durch ein landeseigenes Unternehmen für die überbezirklichen Projekte enthalten. Wir entwickeln, planen und bauen neue Radwege und Fahrradabstellanlagen und kümmern uns auch nach der Fertigstellung um den Betrieb und den Unterhalt. Damit trägt infraVelo zur neuen Mobilität und zur Verkehrswende bei.

Wo liegen die besonderen Herausforderungen in Berlin für die Planenden?
Berlin ist in Bezirken organisiert, die sehr eigenständig sind. Gleichzeitig müssen sie sich mit dem Senat abstimmen, wenn es um größere Projekte geht. Zudem hat die Stadt in den letzten Jahren einen sehr starken Personalzuwachs für den Radverkehr bekommen. Das erfordert erst einmal, sich zusammenzufinden, alle Vorhaben zu koordinieren und auf ein gemeinsames Ziel auszurichten.

Warum braucht es überhaupt Digitalisierung bei der Radverkehrsplanung?
Digitalisierung ist zwingend erforderlich, um die wachsende Komplexität zu bewältigen. Berlin will noch grüner, mobiler und klimafreundlicher werden. In Berlin wird mit dem Mobilitätsgesetz und dem Radverkehrsplan eine deutliche Ausweitung des Radverkehrsnetzes geplant. Stellen Sie sich vor, dass 360 Kilometer nun zu 865 Kilometern werden. Das ist mehr als eine Verdopplung nur der Haupt- beziehungsweise Vorrangwege und dabei soll noch der Querschnitt der Radwege deutlich verbreitert werden. Das ist ein großes Arbeitspaket, für das es Lösungen braucht – wie beispielsweise eine direkte und gemeinsame Datenbasis. Dafür bietet sich eine Business-Intelligence-Softwareentwicklung an, wie wir sie für Berlin umgesetzt haben. Eine Information kann damit mehrfach und für verschiedenste Zwecke genutzt werden. Das kann ein Bericht sein oder Kennzahlen für die Öffentlichkeitsarbeit. Wir können Daten sammeln, auswerten und einheitlich darstellen. Der Kern ist, zusammen und cloudbasiert in einer Datenbank zu arbeiten.

Wie viele Projekte laufen derzeit über infraVelo?
Unsere Datenbank umfasst derzeit mehr als 500 bezirkliche Projekte. Dazu kommen 37 aktuelle Projekte von infraVelo. Damit schaffen wir einen hohen Grad an Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit, aber auch der Verwaltung, den Haushaltsausschüssen und allen anderen, die sich dafür interessieren.

Berlin will mehr Radwege. Mit zahlreichen Projekten soll das Netz von 360 auf 865 Radwegekilometer wachsen.

Welche Effekte können bisher erzielt werden?
Es geht darum, im Projektmanagement-Geschäft schnell zu agieren, Effizienz zu steigern, Transparenz herzustellen, Einheitlichkeit zu fördern und Fehler zu minimieren. Das Datenmanagement hilft bei zahlreichen Projekten immens. Wir haben beispielsweise auch Schnittstellen geschaffen, um Karten, Bilder und Informationen zusammenzuführen. Das schafft einen leichten Überblick.
Die Digitalisierungen, die wir geschaffen haben, wirken sich auf vielerlei Prozesse aus, wie beispielsweise auf Abstimmungen. Bei Besprechungen zwischen Senat und Bezirk sehen wir, dass sich der Gesprächsaufwand halbiert hat. Da kommt schon eine Menge eingesparte Arbeitszeit zusammen.
Zeitgleich entstehen weitere Effekte durch die Zusammenführung von Informationen. So können Projekte priorisiert werden. Bei ungefähr 2000 Projekten für die Umsetzung des Vorrangnetzes und des Radverkehrsplans in Berlin muss man überlegen, wo man anfängt. Zur Bewertung und Auswahl von Straßen sind objektive Kriterien notwendig. Eine hoch digitalisierte Datenbank macht das möglich.

Wie lange braucht Berlin aktuell, um ein Radverkehrsprojekt umzusetzen?
Dazu gibt es keine Standardantwort, denn es kommt sehr darauf an, um welche Art von Radverkehrsanlage es sich handelt. Wenn wir als Bauherr gesetzlich verpflichtet sind, bestimmte Verfahren einzuhalten und Dritte einzubinden, sind mindestens zwei Jahre erforderlich, um eine Anlage zu planen, Genehmigungen einzuholen und zu bauen. Bei den sogenannten Pop-up-Bikelanes geht es schneller, aber um eine dauerhafte Anlage daraus zu machen, braucht es weitere Prozesse. Wir haben in diesem Jahr auch mehrere Radwegsverbreiterungen, Protektionen und Grünmarkierungen innerhalb von mehreren Monaten ausgeführt, aber da hatten wir schon Rahmenverträge mit ausführenden Bauunternehmen, und besondere Genehmigungen waren hierfür nicht erforderlich.

„Bei ungefähr 2000 Projekten […] muss man überlegen, wo man anfängt.“

Katja Krause, Geschäftsführerin von infraVelo

Wer kann alles auf das neue Datenbank-Tool zurückgreifen?
Bei infraVelo arbeiten 50 Personen, die darauf zugreifen. Dazu kommen Verantwortliche im Senat und in den Bezirken, die einen sehr engen Austausch pflegen müssen. In den zwölf Bezirken gibt es jeweils mehrere Personen, die mit dem Radverkehr beauftragt sind, in der Senatsverwaltung ebenfalls. All diese Menschen nutzen die Datenbank.

So eine Datenbank muss auch gepflegt und gespeist werden. Ist das ein großer Aufwand und wie gut funktioniert das?
Der Aufwand gehört für unsere Projektmanagerinnen und -manager dazu und sie sehen auch den Mehrwert. Denn wenn eine Information, wie gesagt, für unterschiedliche Zwecke oder Anfragen genutzt werden kann, spart das viel Aufwand an anderer Stelle.

Auch die Öffentlichkeit kann den Fortschritt der Arbeiten verfolgen. Wie wichtig ist das?
Das ist unglaublich wichtig. Die Informationen aus der Datenbank werden direkt auf eine Karte auf unserer Website übertragen. Das hilft, um Projekte besser verständlich und transparenter zu machen. Diese Rückmeldung haben wir auch im Rahmen unserer Beteiligungsprozesse von Teilnehmenden bekommen. Die Karte liefert detaillierte Informationen über anstehende, laufende und vergangene Maßnahmen. Auch Machbarkeitsstudien, Planungsunterlagen oder Ergebnisse von Bürgerbeteiligungen stehen allen zur Verfügung. Letztendlich wollen wir Transparenz schaffen und die komplexen Prozesse nachvollziehbarer machen, denn es gibt hohe Erwartungen der Berlinerinnen und Berliner, dass ihre Stadt noch fahrradfreundlicher und lebenswerter wird.

infraVelo Berlin:
Ordnen, Digitalisieren, Priorisieren, Umsetzen


Bis 2030 soll der Radverkehr in Berlin auf einen Anteil von 23 Prozent aller zurückgelegten Wege steigen. Um das zu erreichen, soll nach den Plänen des Senats ein Radverkehrsnetz durch die Stadt mit einer Gesamtlänge von 2371 Kilometern festgelegt werden. Davon bilden 865 Kilometer ein Vorrangnetz auf den wichtigsten Verbindungen für Radfahrerende – überwiegend aus baulich vom übrigen Verkehr getrennten Radwegen oder geschützten Radfahrstreifen und mit einer Regelbreite von 2,50 Metern. Vor der Um-setzung kommt die systematische Planung.
Seit 2020 unterstützt die infraVelo Digitalisierungsaktivitäten des Landes Berlin. Zusammen mit der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz und den Bezirksämtern arbeitet das Unternehmen am digitalen Management der Projekte, um Prozesse effizienter und transparenter zu machen und die Mobilitätswende zu beschleunigen. Herausgekommen ist eine cloudbasierte Datenbank – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer modernen Verwaltung. Das Vorhandene zu sammeln und zu systematisieren ist dabei die Basis für weitere Auswertungen, Projektmanagement und Controlling.


Bilder: infraVelo – Thomas Rafalzyk, Peter Broytman

Allen Forderungen und Empfehlungen von Lobbyverbänden, Stadt- und Verkehrsplanern sowie Umweltexperten zum Trotz: Bei Veränderungen im Mobilitätsverhalten und der Abkehr vom privaten Pkw mit Verbrennungsmotor stockt es bislang. Die um sich greifende Digitalisierung könnte das allerdings rasant ändern. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2019, Dezember 2019)


Wirtschaftsexperten und Wissenschaftler sprechen von einer dritten industriellen Revolution und disruptiven Veränderungen. Während sich Änderungen in vielen Lebensbereichen früher eher in Jahrzehnten abspielten, macht sich heute eine neue Dynamik breit. Sowohl die technischen Innovationen selbst, wie auch gesellschaftliche Veränderungen und globale Entwicklungen beschleunigen die Veränderungsprozesse inzwischen in einem Tempo, das kaum jemand für möglich gehalten hätte. Auch und gerade im Bereich Verkehr.

„Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung.“

Kaiser Wilhelm II. (um 1900)

Alte Mobilitätskonzepte in der Sackgasse

Das Festhalten großer Teile der Bevölkerung und der Politik an alten Verkehrskonzepten und dem Wunschdenken nach automobiler Freiheit, billigem Treibstoff und immer mehr Leistung ist nachvollziehbar, nach aber Expertenmeinung aber nicht nur unlogisch, sondern auch kontraproduktiv. Da helfen weder ein Elektroantrieb, noch simple Formen der Digitalisierung, wie „intelligente“ Ampelschaltungen, die, so die Versprechung, den Verkehr verflüssigen helfen sollen. Städte und Straßen sind übervoll und auch die Zunahme der schädlichen Emissionen fordert ein Umlenken. Aber wohin?

Mobilität as a Service: Per Smartphone werden alle verfügbaren Optionen angezeigt und nach Nutzung abgerechnet.

Umbrüche sind längst sichtbar

Mit aktuellen Szenarien, Chancen, Hinderungsgründen und Risiken beschäftigen sich die Mobilitätsforscher Dr. Weert Canzler und Prof. Dr. phil. Andreas Knie in ihrem Buch „Die digitale Mobilitätsrevolution: Vom Ende des Verkehrs, wie wir ihn kannten.“ Ihre Erkenntnis: „Digitale Techniken eröffnen neue Möglichkeitsräume und erleichtern – im Fall des Verkehrs – eine einfache, günstige und zugleich ökologisch schonendere Mobilität, weil sie einen neuen Blick auf die materielle Wirklichkeit ermöglicht.“ Dabei gehen die beiden Experten davon aus, dass durch die Nutzung der Smartphones die Wünsche und Bedürfnisse und mit ihnen das Konsumentenverhalten unbewusst verändert werden. Man entscheide sich nicht mehr primär für einen Verkehrsträger, eine Automarke oder einen Anbieter, sondern setze seine Prioritäten neu. Nach pragmatischen Kriterien und der unmittelbaren Verfügbarkeit. „Die ursprünglichen Entscheidungskriterien wie Marken oder spezifische technische Eigenschaften werden zurückgedrängt oder verschwinden ganz“, so die Autoren.
Die simple Logik: Reserviert wird einfach das nächstbeste und in der jeweiligen Situation praktischste Fahrzeug. Typ, Ausstattung, konventioneller oder E-Antrieb? Eher zweitrangig. Vor diesem Hintergrund scheint es nur logisch, dass sich auch für andere Mobilitätsformen, wie Schiene und ÖPNV, Bikesharing, Scooter, Tretroller und Fahrdienste wie Uber bislang ungeahnte Chancen und Optionen ergeben. Zukunftsmusik? Keineswegs. Die Technik ist längst da – und bei genauerer Betrachtung sind viele Umbrüche bereits heute deutlich sichtbar.

„Reserviert wird einfach das nächstbeste und in der jeweiligen Situation praktischste Fahrzeug.“

Neue Mobilitätswelt per Smartphone

Das wohl größte Potenzial der Digitalisierung ist, komplexe Systeme für die Kunden einfach nutzbar zu machen und Informationen individualisiert bereitzustellen. Auf Anbieterseite können Daten zu Standorten von Fahrzeugen und Personen, Tarife und Routenauskünfte verknüpft und so neue, vernetzte Angebote geschaffen werden. „Auf Anwenderseite ist dabei vor allem die inzwischen erfolgte Durchdringung der Gesellschaft mit Smartphones als Schnittstelle zum Menschen wichtig“, betont die Journalistin und Autorin des Fachbuchs „Digitalisierung in Mobilität und Verkehr“ Dagmar Rees. „Vor rund fünf Jahren wären die aktuellen Entwicklungen noch nicht denkbar gewesen.“ Tatsächlich eröffnet das Smartphone inzwischen auch eine vollkommen neue Mobilitätswelt: Jüngst sichtbar geworden bei den E-Scootern, die in einem kaum für möglich gehaltenen Tempo nicht nur in Deutschland die Großstädte geflutet haben. So gehören beispielsweise die beiden aus der kalifornischen Tech-Szene finanzierten Roller-Sharing-Anbieter Lime und Bird laut Presseberichten zu den am schnellsten wachsenden Unternehmen aller Zeiten. In 14 Monaten haben sie zusammen fast eine Milliarde US-Dollar eingesammelt und werden aktuell mit mehr als einer bzw. zwei Milliarden Dollar bewertet.

Was heißt eigentlich „Digitalisierung im Verkehr“?

Nach Meinung der Journalistin und Fachbuchautorin Dagmar Rees löst das Zusammenspiel von vier Faktoren aktuell eine Welle aus:

  1. Künstliche Intelligenz durch enorm gewachsene Kapazitäten in der Datenverarbeitung, die eine tiefgehende Datenauswertung ermöglichen.
  2. Unbelebte Gegenstände bekommen „Sinne“ durch Kameras und Sensoren.
  3. Die Möglichkeit der exakten Verortung von Gegenständen in Ort und Zeit über Satellitensysteme (z.B. GPS).
  4. Die Vernetzung von allem – in der physischen Welt und mit dem Menschen über drahtlose Netzwerke/Mobilfunk.

BMW-Tochter Designworks: Wandel verläuft extrem schnell

„Befeuert von der Digitalisierung und gestiegenen Kundenerwartungen, der Urbanisierung und der gesellschaftlichen und politischen Einflüsse, lösen sich die Grenzen zwischen Branchen wie Automobil-, Zug- oder Luftfahrtindustrie zugunsten eines ganzheitlichen Ecosystems auf“, stellt Tim Müller, Director Creative Consulting bei Designworks, einer Tochter der BMW Group fest. Auch das Fahrrad würde in diesem System „seine Rolle und seinen Beitrag erweitern und neu erfinden“. Das exponentielle digitale Wachstum sorge für eine nur schwer vorstellbare Beschleunigung der Veränderung. „Deshalb erwarten viele in der Branche in den nächsten fünf Jahren dasselbe Maß an Wandel, wie in den vergangen 30 Jahren“, so Tim Müller.
Die BMW-Group-Tochter Designworks arbeitet industrieübergreifend in Europa, Asien und Nordamerika an Mobilitätskonzepten für die Zukunft. Das Portfolio der Design- und Beratungsagentur reicht dabei vom Auto über Motorräder, E-Bikes und Wasserstofftanksäulen bis zu E-Ladestationen für die Langstreckenmobilität, neue Mobilitätskonzepte für die Stadt Berlin oder ein Hyperloop-Konzept für Abu Dhabi. In Zusammenarbeit mit renommierten Herstellern und Marken denkt Designworks auch über die Gestalt und die zukünftige Rolle des Fahrrads nach.

„Das eigene Auto ist eine vorübergehende Erscheinung“

Der Tagesspiegel 2019

Mobilität as a Service: Per Smartphone werden alle verfügbaren Optionen angezeigt und nach Nutzung abgerechnet.

Neue Mobilitätsanbieter investieren Milliardenbeträge

In einem kaum von der Öffentlichkeit beachteten Joint-Venture haben die BMW Group und die Daimler AG Anfang des Jahres nicht nur ihre Carsharing-Töchter DriveNow und Car2go zusammengelegt, sondern gleichzeitig mehr als eine Milliarde Euro in einen gemeinsamen Mobilitätsdienstleister investiert. „Wir schaffen einen weltweit führenden Gamechanger. Er wird unseren heute bereits rund 60 Millionen Kunden Mobilität in einem nahtlos vernetzten, nachhaltigen Ökosystem aus CarSharing, Ride-Hailing, Parking, Charging und Multimodalität ermöglichen“, so Harald Krüger, bis August 2019 Vorsitzender des Vorstands der BMW AG.
Vernetzung und Mobilität on demand heißen dabei die Schlagworte, mit denen die beiden Konzerne ein europäisches Pendant schaffen wollen zum gerade mal 10 Jahre alten und inzwischen über 80 Milliarden Dollar schweren Fahrdienstanbieter Uber. Bei dem rasant wachsenden Unternehmen aus dem Silicon Valley, gehen die Pläne aber noch viel weiter: Zusammen mit dem Verleih von E-Bikes, Tretrollern und weiteren Angeboten, wie zum Beispiel im Bereich Food Delivery, in die kräftig investiert wird, setzt Uber dazu an, zu einem zentralen Mobilitätsanbieter zu werden.

ÖPNV + Fahrrad + Auto:
Augsburg führt Mobilitätsflatrate ein

Was es in einigen europäischen Städten wie Helsinki bereits seit kurzem gibt, hatte im September in Augsburg Premiere. Die Stadtwerke Augsburg (SWA) haben ein Jahr lang eine Mobilitätsflatrate getestet und daraus zwei Paketpreise entwickelt. Für 79 Euro im Monat können Kunden den ÖPNV im zentralen Tarifgebiet unbegrenzt nutzen. Die Leihräder der SWA können jeweils bis zu 30 Minuten kostenlos gefahren werden, auch mehrmals am Tag. Und Carsharing-Fahrzeuge können bis zu 15 Stunden oder 150 Kilometer genutzt werden. Zahlt der Bürger 109 Euro, kann er bis zu 30 Stunden pro Monat ohne Kilometerbeschränkung Autofahren. „Wir gehen mit der Flatrate völlig neue Wege im Nahverkehr“, so SWA-Geschäftsführer Dr. Walter Casazza. „Zusammen mit neuen Abrechnungsmodellen für den ÖPNV ist das die Zukunft im Nahverkehr.“

Mehr Informationen: www.sw-augsburg.de

Umdenken essenziell für Hersteller und Automobilregionen

Unternehmensberatungen entwerfen längst konkrete Szenarien für die neue Rolle der Automobilhersteller: „Urbanisierung, Digitalisierung und autonomes Fahren entziehen den Geschäftsmodellen teilweise die Grundlage“, betont zum Beispiel die Unternehmensberatung Deloitte, mit über 280.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 43 Mrd. USD in 2018 einer der Big Player in der Branche. In einer 2017 erschienen Sonderbeilage der Automobilwoche entwerfen die Berater verschiedene Szenarien für das Jahr 2025: Die gesamte Wertschöpfung müsse neu gedacht und ausgerichtet werden. Umsätze könnten „im besten Fall um über 70 Prozent steigen, sofern OEMs es schaffen, sich als Manager von Daten- und Mobilitätsdienstleistungen zu positionieren.“ Wenn das nicht gelänge, könnten andererseits in einem Worst-Case-Szenario bis zu 50 Prozent der Belegschaft ihre Arbeit verlieren.

Verkehrswende bietet Chancen für Verbünde

Eine Verkehrswende ist nach der Überzeugung vieler Experten lediglich zum Teil eine Frage der Technologien, sondern eher des politischen Willens. Dabei ergeben sich bei genauer Betrachtung viele Lösungsansätze und neue Verdienstmöglichkeiten – in der Stadt, wie auf dem Land. Free-floating-Angebote im Bereich Car-, Bike- oder Scooter-Sharing, Ridesharing und Ridepooling-Systeme und vieles mehr machen das private Auto zunehmend verzichtbar, wenn nicht überflüssig. Neue Chancen ergeben sich auch für Kommunen und Verkehrsverbünde, zum Beispiel mit der Einführung von Rufbus-Systemen, Mobilitätsabos, bestehend aus Monatsfahrkarte, Mietradangebot und Carsharing oder der Attraktivitätssteigerung von Bahn und ÖPNV durch bessere Informations-, Buchungs- und Abrechnungssysteme, schnelles Internet und digitale Entertainmentangebote.

Zum Vertiefen: Buchtipp

Dagmar Rees:
„Digitalisierung in Mobilität und Verkehr – Schiene und öffentlicher Verkehr“,
PMC Media House 2018

Stephan Rammler:
„Schubumkehr – Die Zukunft der Mobilität“,
Fischer Verlage 2014


Bilder: BMW Group / Daimler AG, SWA