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Am 19. Mai fand die Micromobility Expo auf dem Messegelände in Hannover statt. Die eintägige Veranstaltung bot neben den Austauschmöglichkeiten mit den Ausstellern ein vielfältiges und prominent besetztes Konferenzprogramm. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)


Die Micromobility Expo versammelte rund 30 Aussteller. Die hochkarätigen Sprecher*innen, etwa Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay oder Prof Dr. Stephan Rammler, Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung, behandelten die Frage, wie der Mobilitätswandel flexibel, kosteneffizient und ressourcenschonend vonstattengehen kann. Eine große Rolle spielte die Vernetzung mit dem ÖPNV, den das diverse Angebot an Mikromobilitätslösungen von E-Scootern über Mono-Wheels und elektrischen Skateboards bis hin zu Sharing-Fahrrädern, ergänzen kann.

Viel Anklang für Katja Diehl

Nach der kurzen Eröffnung durch Michael Rose, den Protokollleiter der Deutschen Messe, setzte Katja Diehl (oben rechts) mit ihrer Keynote ein Leitbild. Die Autorin des Bestsellers „Autokorrektur“ entlarvte, wie eine verschobene Wahrnehmung die Abkehr vom Auto erschwert und forderte, dass Diversität Kernkompetenz der Verkehrs- und Mobilitätswende werden müsse. Dieser Einstieg, in dem sie auch aktuelle Ereignisse wie den Ukraine-Krieg oder das Neun-Euro-Ticket in die Mobilitätsdebatte einordnete, zog sich spürbar durch den Rest der Veranstaltung. Viele weitere Redner*in-nen nahmen Bezug auf die Keynote.

Während im Inneren des Hannoveraner Messepavillons die Zukunft der Mikromobilität besprochen wurde, konnte sie im Außengelände angefasst und getestet werden.

Mikromobilität mehr als E-Scooter

Von den verschiedenen Mobilitätslösungen, die auf der Expo ausgestellt und besprochen werden, genießen in erster Linie die viel kritisierten E-Kickscooter gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Bei diesen hat sich viel getan. Die Akkus sind mittlerweile meist wechselbar und viele der Sharing-Anbieter, etwa Voi und Bird, stehen im engen Austausch mit den Kommunen. Besonders gut funktioniere das zum Beispiel in Düsseldorf oder Paris. Apropos Frankreich: Dort ist der E-Scooter im Gegensatz zum deutschen Markt für weniger Menschen ein Sharing-Vehikel, über 900.000 Privat-Scooter wurden 2021 verkauft.
Dass viele Fahrzeugtypen im Schatten von E-Scootern, E-Bikes und elektrischen Rollern stehen, hemmt ihre Verbreitung und den potenziellen Beitrag, den sie zur Mobilitätswende leisten können. Markus Emmert vom Bundesverband eMobilität e.V. forderte deshalb, systemoffener zu denken und die diversen elektrischen Leichtfahrzeuge der Klassen L1e bis L7e mit einer individuellen Förderung zu stärken.
Die Veranstalter der Expo nahmen den Tag als erfolgreich wahr. „Ich bin beeindruckt, wie intensiv sich die ausstellenden Unternehmen, die Gäste und die Sprecher*innen untereinander vernetzt und damit einen Mehrwert gegeben haben. Da sind echt tolle und sehr konstruktive Gespräche entstanden“, so das Resümee von Projektleiter Florian Eisenbach am späten Nachmittag, an dem der Konferenztag mit dreiminütigen Projekt- und Produkt-Pitches einen lockeren Abschluss fand. „Ich war positiv überrascht von den sehr deutlich formulierten Forderungen und der Fülle an vorhandenen Lösungsmöglichkeiten, die klar gezeigt haben, dass eine Mobilitätswende machbar ist und dass Mikromobile und Leichtfahrzeuge einen wesentlichen Beitrag dazu leisten können.“ Das sonnige Wetter sorgte zudem dafür, dass die Testmöglichkeiten für die verschiedensten Mikromobile gut angenommen wurden.
Es bleiben noch einige Fragen übrig, die geklärt werden müssen, etwa wie die digitale Vernetzung der verschiedenen Verkehrsträger optimal vonstattengeht. Mikromobilität hat zudem viele Gesichter. Im Zweifel muss jede Variante bei Verteilungsfragen zu Wort kommen und in der Stadtplanung berücksichtigt werden. Diese Aufgabe scheint nicht einfach zu sein, ist aber wichtig, vor allem, da die Mikromobile Hand in Hand mit dem ÖPNV zum Zuge kommen. Auch im nächsten Jahr soll die Veranstaltung deshalb dem Thema Mikromobilität weiter Vorschub leisten. „Bei der Fülle des Angebotes und dem breiten Spektrum an Themen planen wir für das nächste Jahr wieder eine Zwei-Tages-Veranstaltung, die wieder Ende Mai oder Anfang Juni sein wird“, so Eisenbach.


Bilder: Micromobility Expo

Wie geht es weiter bei der überfälligen Mobilitätswende? Und was bewegt uns? Antworten will die Messe und Konferenz Micromobility Expo liefern, die vom 19. bis 21. Mai in Hannover stattfindet. Neben Produkten und Themen rund um Mikromobilität geht es um Nachhaltigkeit, sicheren Verkehrsraum und die Entwicklung der Städte. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2022, März 2022)


Die Micromobility Expo ist ein dreitägiges Event rund um die Themen Mikromobile & Leichtfahrzeuge, Mobilitätsinfrastrukturen sowie Mobilitätsdienstleistungen mit Konferenz, Ausstellung und einem großen Test-parcours. In diesem Jahr kommt die pandemiebedingt verschobene Messe FuturEmobility hinzu. Die FuturEmobility ist nach den Worten von Florian Eisenbach, Projektleiter der Micromobility Expo bei der Deutschen Messe AG eine perfekte Ergänzung zum Programm. „Sie unterstreicht die hohe Bedeutung der elektrischen, emissionsfreien und geräuscharmen Fortbewegung und wird der Mobilität der Zukunft neuen Schub verleihenˮ, sagt Eisenbach.

Konferenz erörtert neue Mobilität

Die Veranstaltung versteht sich als Plattform für die Mobilität der Zukunft, präsentiert die neuesten Lösungen, Anwendungen und Trends in der Mikromobilität und hat das Ziel, die Verkehrswende im urbanen Raum voranzutreiben. Von der Notwendigkeit einer Neuerfindung der Mobilität spricht Prof. Dr. Stephan Rammler, Wissenschaftlicher Direktor des Messepartners IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung. Es sei erforderlich, Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und ökonomische Effizienz miteinander zu verbinden. Im Konferenzprogramm, für das inzwischen führende Experten aus der Praxis zugesagt haben, werden diese Fragen erörtert. Die Idee einer „15 Minute Cityˮ bringt Stephan Boelte, Regional General Manager des E-Scooter-Sharers Voi Technology, ein und erläutert, welchen Beitrag die Mikromobilität dazu leisten kann. Über leichte Elektrofahrzeuge spricht Mascha Katharina Brost, Projektleiterin des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt), die in einer Studie das große Potenzial von Light Electric Vehicles (LEV) zur CO2-Reduzierung aufgezeigt hat. Markus Emmert, Vorstand des Bundesverbands eMobilität (BEM) spricht über Mikromobilität und Leichtfahrzeuge als Fundament für eine gelungene Verkehrswende. Dr. Daniela Wühr, Fachreferentin für Mobilitätsverhalten und Trendforschung beim ADAC befasst sich mit der Frage, ob E-Scooter eine Chance für Intermodalität darstellen, und Iona Freise, Head of Cities Germany bei Tier Mobility, plädiert für eine intelligente Vernetzung verschiedener Verkehrsträger und Angebote im ÖPNV und liefert Ansätze, um dem unverantwortlichen Parken von E-Scootern mithilfe neuer Technologien zu begegnen.

Interessant für Kommunen und Unternehmen

Mit ihrem breiten Spektrum an Angeboten und einer Vielzahl an Herstellern aus allen Bereichen von E-Scootern über Lastenräder und Anhänger, B2B- und B2C-Lösungen bis hin zu Microcars ist die Micromobility Expo in Deutschland bislang sicher einzigartig. Sie bietet eine hervorragende Plattform für Kommunen und Unternehmen, um sich einen Überblick zu verschaffen und mit Herstellern ins Gespräch zu kommen. Dazu bietet die Messe reichlich Platz, um unterschiedliche Modelle gleich vor Ort zu erproben. Die ersten beiden Veranstaltungstage sind dem Fachpublikum vorbehalten, am Samstag, 21. Mai öffnet die Messe ihre Tore auch für Privatbesucher*innen. Partner der
Micromobility Expo sind das IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung in Berlin und die Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg.

Das Thema Mikromobilität umfasst viel mehr als nur E-Scooter.


„Der Bedarf für alternative Mobilität ist da und er wächst weiter“

Bei den über 900 einzelnen Organisationseinheiten der Caritas ist die E-Mobilität nicht nur ein Mittel zur Klimaneutralität, sondern auch ein wichtiger Baustein, um neue Mitarbeiter*innen zu gewinnen, erklärt Christoph Hermann, E-Mobilitäts-Experte der Caritas Einkaufsgenossenschaft CDG.

Christoph Hermann sucht unter anderem auf der Micromobility Expo nachhaltige Mobilitätslösungen für die Caritas.

Warum sind für die Caritas E-Mobilität und neue Fahrzeuge ein großes Thema?
Vorweg etwas zur Funktion der Caritas Dienstleistungs- und Einkaufsgenossenschaft CDG: Wir sind 2018 gegründet worden, um wichtige Zukunftsthemen wie die E-Mobilität voranzubringen. Hintergrund ist das Caritas-Ziel, bis 2030 klimaneutral zu werden. Die Umstellung der Fahrzeugflotten ist hier ein zentraler Faktor.

Was sind Ihre konkreten Aufgaben und wo gibt es Vorteile für die Caritas?
Die Caritas ist an vielen Stellen dezentral organisiert. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, für die einzelnen Verbände Know-how aufzubauen, zu bündeln und sie zielgerichtet zu unterstützen. Konkret geht es zum Beispiel aktuell darum, ideal geeignete neue Fahrzeuge zu identifizieren und Rahmenvereinbarungen mit den Herstellern zu treffen. Damit schaffen wir Vorteile in der Administration und natürlich können wir so auch andere Konditionen aushandeln. Angesichts der aktuellen Lieferschwierigkeiten bei vielen Herstellern sichern wir uns im Einzelfall dort, wo wir absehbar Bedarf haben, auch größere Kontingente und verteilen sie dann an die Verbände.

Wie sieht der Bedarf bei der Caritas aus im Bereich Mobilität und um welche Größenordnungen geht es?
Die einzelnen Verbände haben zum Teil mehrere Hundert Fahrzeuge im Einsatz. Dabei geht es vor allem um mobile Pflegedienste, aber auch andere Zwecke, wie zum Beispiel Werksverkehre und Lastentransporte. Von den Verbänden und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt es eine merkliche Nachfrage nach Alternativen zu herkömmlichen Pkws, dabei geht es neben Elektroautos vor allem um E-Bikes und zunehmend auch andere Formen von Mikromobilität, wie E-Roller, Microcars oder Lastenräder.

Warum sind E-Bikes und andere Formen von Mikromobilität für Sie bzw. die Caritas ein wichtiges Thema?
Neben dem Klimaschutz ist für uns Employer Branding sehr wichtig, also Mitarbeitende durch gute Arbeitsbedingungen zu gewinnen und zu halten. Hier ist ein möglichst breites Angebot an Mobilitätsalternativen vorteilhaft – vom klassischen Pkw über Elektromobilität bis zum E-Bike. Bei den E-Bikes wird beispielsweise neben den praktischen Vorteilen, Stichwort Parkplatzsuche, auch berichtet, dass Mitarbeitende sich teilweise gerne an der frischen Luft bewegen. Dies geht natürlich auch mit einem gesundheitlichen Nutzen einher. Dazu kommt, dass wir auch junge Menschen beschäftigen, die keinen Führerschein haben und den auch nicht mehr als Selbstverständlichkeit ansehen. Hier bieten E-Bikes, E-Roller der 45-km/h-Klasse oder Microcars, die ebenfalls ohne Pkw-Führerschein gefahren werden können, aus unserer Sicht ganz neue Chancen.

Sie besuchen die Micromobility Expo in Hannover, was ist für Sie hier besonders interessant?
Messen, die ein großes Mobilitätsangebot mit unterschiedlichen Fahrzeugen an einem Ort abbilden, sind für uns eine wichtige Plattform, um neue Fahrzeuge oder Fahrzeuggattungen kennenzulernen, auszuprobieren und direkt mit den Herstellern ins Gespräch zu kommen. Die Micromobility Expo bündelt Mobilitätsalternativen zum Pkw an einem Ort. Für uns ist das ideal, denn damit können wir uns einen sehr guten Überblick verschaffen über das, was es aktuell gibt, und was in Zukunft noch kommt. Um es ganz klar zu sagen: Uns geht es nicht nur um einen Marktüberblick, sondern ganz konkret um Produkte, Preise und die Lieferfähigkeit. Der Bedarf ist bei der Caritas auf jeden Fall da und er wird künftig sicher noch deutlich wachsen.

Sehen Sie bei der Caritas ein Wachstum in Bezug auf mehr nachhaltige Mobilität oder allgemein einen höheren Mobilitätsbedarf?
Beide Bereiche wachsen bei uns aktuell und sicher auch in der Zukunft sehr stark weiter. Mit dem demografischen Wandel müssen wir uns als Gesellschaft um immer mehr ältere Menschen kümmern. Damit das funktioniert, brauchen wir viel mehr mobile Angebote, damit die Menschen so lange wie möglich zu Hause gut versorgt bleiben. Der Bedarf an mobilen Pflegediensten, Essen auf Rädern und weiteren Angeboten wird also deutlich zunehmen. Unser Ziel ist, orientiert am Bedarf vor Ort, nachhaltige Mobilität zu schaffen, die auch von den Mitarbeitenden sehr gut angenommen wird. Aus unserer Sicht braucht es dazu schon jetzt ein sehr breit gefächertes Angebot an Elektrofahrzeugen aller Klassen.

Was sind Wünsche von Ihnen an die Hersteller?
Wir müssen die Fahrzeuge vorab und dann im Realeinsatz testen können. Bei manchen Kategorien, zum Beispiel bei E-Bikes, brauchen wir kleine Ergänzungen, wie Packtaschen. Generell wichtig ist für uns das Thema Verlässlichkeit bei der Lieferung. Ich freue mich, wenn Hersteller auf uns zukommen und uns Angebote machen. Der Bedarf für alternative Mobilität ist wie gesagt da und er wächst weiter.

Über die Caritas Dienstleistungs- und Einkaufsgenossenschaft eG (CDG)

Die Caritas besteht aus über 900 einzelnen Organisationseinheiten – die meisten davon als selbstständig eingetragene Vereine. Rund 690.000 Menschen arbeiten bundesweit beruflich in rund 25.000 Einrichtungen und Diensten. Die Caritas Dienstleistungs- und Einkaufsgenossenschaft eG (CDG) wurde 2018 gegründet mit dem Ziel, Know-how und Kapazitäten zu bündeln, administrative Erleichterungen für die Mitgliedsorganisationen zu schaffen und durch den gemeinsamen Einkauf bzw. Rahmenverträge, Größenvorteile zu nutzen. Eine der Kernaufgaben ist die Förderung der E-Mobilität mit dem Ziel der Klimaneutralität bis 2030.


Bilder: micromobility expo – Deutsche Messe Hannover, Caritas-CDG