Es dürfte inzwischen niemandem entgangen sein, dass mit dem Beginn der Corona-Pandemie die Fahrradbranche ihre ohnehin seit Jahren positive Entwicklung nochmals dramatisch beschleunigen konnte. Die Dimensionen dieser Entwicklung sind aus wirtschaftlicher Sicht beeindruckend und bringen in der Folge das Fahrrad insgesamt deutlich voran. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022


Schon die steigende Zahl an verkauften (und in der Folge dann meist auch genutzten) Fahrrädern bedeutet Handlungsdruck in einer ohnehin zumeist fragwürdigen Infrastruktur für dieses Verkehrsmittel. Inzwischen besitzen die Bundesbürgerinnen und -bürger 81 Millionen Fahrräder, davon 8,5 Millionen Pedelecs. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Zahl weiter ansteigen wird, denn der Trend zum Fahrrad besteht schon länger.
Bereits vor Corona konnte sich die Fahrradwirtschaft und damit insbesondere der Fahrradfachhandel ein neues Rekordergebnis in die Jahrbücher eintragen. Im Jahr 2019 erzielte der stationäre Fahrradfachhandel, also alle Händler, die ihre Einnahmen mit dem Verkauf von Fahrrädern, Teilen und deren Reparatur erzielen, zusammen einen Umsatz von fast 4,9 Milliarden Euro.
Innerhalb eines Jahrzehnts hat der Handel damit sein Ergebnis von damals 2,4 Milliarden Euro mehr als verdoppelt. Der Höhenflug des Handels hat damit schon lange vor Corona angefangen, seit 2005 gibt es jedes Jahr steigende Umsätze. Doch mit dem darauffolgenden Satz in neue Dimensionen hat dennoch niemand gerechnet. Plötzlich war das Fahrrad nicht nur cool, sondern mehr oder weniger die einzige übrig gebliebene Freizeitbeschäftigung, die man sicher durchführen konnte. Die Branche konnte nach anfänglichen Sorgen ein Rekordjahr einfahren.

Mit fast sieben Milliarden Euro Umsatz eroberte der Fahrradhandel im ersten Corona-Jahr ein bisher unbekanntes Umsatzniveau.

Unerwartetes Rekordjahr 2020

Insgesamt erzielte der stationäre Fachhandel dann im Jahr 2020 mit Fahrrädern in Deutschland einen Umsatz von fast sieben Milliarden Euro. Ein Plus von 42,12 Prozent binnen eines Jahres. Über alle in der Statistik aufgeführten Branchen bedeutete das den ersten Platz und führte zu einer Erwähnung in der Vorstellung der Zahlen durch das Statistische Bundesamt. Für die meisten anderen Branchen waren die Umstände nicht so günstig. In Deutschland gingen über alle Wirtschaftszweige hinweg die Umsätze 2020 im Vergleich zu 2019 um 3,9 Prozent zurück. Am anderen Ende des Spektrums stehen etwa die Mode- und Schuhhändler, die Umsatzrückgänge von 19,4 beziehungsweise 19,7 Prozent zu verkraften hatten.
Der Erfolg des Fahrradhandels verteilt sich allerdings nicht gleichmäßig. Während die Zahl der kleineren Handelsbetriebe und auch ihre wirtschaftliche Bedeutung abnahm, konnten die großen Händler überproportional zulegen. Ab einer halben Million Euro Jahresumsatz findet man sich im Fahrradhandel zumeist auf der Sonnenseite des Marktes.
Die Größenklassen ab 500.000 Euro konnten wie gewohnt an Mitgliederstärke zulegen. Besonders stark ist der Zuwachs bei Betrieben mit Umsätzen zwischen fünf bis zehn Millionen Euro. Ihre Zahl hat sich fast verdoppelt von 60 auf 115. Im Jahr 2015 lag ihre Zahl noch bei 21.
Nicht minder eindrucksvoll lesen sich die Zahlen der Beletage des hiesigen Fahrradhandels. Inzwischen gibt es sieben Unternehmen, die Umsätze zwischen 100 und 250 Millionen Euro erwirtschaften. Diese vereinen 1,18 Milliarden Euro des gesamten Umsatzes auf sich. Ihr Umsatz hat sich damit binnen Jahresfrist fast verdoppelt. Glatte 17 Prozent des stationären Fachhandelsumsatzes gehen auf das Konto dieser Groß-Händler, ein Jahr zuvor waren es noch etwas über 13 Prozent. Der Konzentrationsprozess geht also auch in Boomphasen unvermindert weiter.
Nach wie vor stellen die Händler mit Umsätzen bis 500.000 Euro die Mehrheit in der Handelslandschaft. Allerdings hat sich ihre Bedeutung über die Jahre stark verschoben: 2009 stellten sie noch 81 Prozent der Händlerschaft, im Jahr 2020 waren es nur noch 58 Prozent. Noch deutlicher wird es bei den Umsätzen: 2009 trugen sie noch 31,5 Prozent zum Gesamtumsatz bei, im Corona-Rekord-und-Krisenjahr 2020 waren es nur noch 7,9 Prozent.
Im anschließenden Jahr 2021 konnten Handel und Fahrradindustrie an die Sonderkonjunktur durch Corona zwar anknüpfen, die Erfolge aber nur teilweise wiederholen.
Vergangenes Jahr konnte statt des Handels vor allem die hiesige Fahrradindustrie vom fortgesetzten Fahrradtrend profitieren. Wie der Indus-trieverband ZIV (Zweirad Industrie Verband) im Frühjahr mitteilte, konnte die deutsche Fahrradindustrie 2,37 Millionen Fahrräder produzieren, ein Plus von bemerkenswerten 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, als die 2,15 Millionen Räder bereits ein dickes Plus zum Vor-Corona-Zeitalter darstellten. Es ist zwar kein Allzeithoch, aber in den vergangenen zehn Jahren lag die Produktion nicht so hoch wie jüngst. Die aktuelle Fahrradproduktion hat auch qualitativ in jeder Hinsicht neue Höhen erreicht. Damit hat die Industrie relativ erfolgreich die Probleme durch grassierende Lieferengpässe bewältigen können.
Bemerkenswert ist etwa, dass in Deutschland inzwischen deutlich mehr E-Bikes als normale Fahrräder produziert werden. 1,4 Millionen Räder der hiesigen Produktion sind inzwischen mit einem Motor ausgestattet, 900.000 Fahrräder sind bio. Noch vor zwei Jahren war das Verhältnis in etwa ausgeglichen, davor hatten normale Räder deutliches Übergewicht. Es ist klar, dass sich diese Verschiebung nicht wieder zurückdrehen wird, eher wird sie sich noch weiter ausbauen. Die 0,9 Millionen Normalräder sind auch insofern bemerkenswert, als sie zum ersten Mal eine Steigerung der Produktionsmenge seit vielen Jahren darstellen (um 13 Prozent). Davor ging es Jahr für Jahr mitunter steil bergab.

Die Produktion der deutschen Fahrradindus­trie erreichte ein neues Zehnjahreshoch. Für die guten Zahlen entscheidend ist das E-Bike.

Sinkender Fahrradverkauf

Eine etwas kompliziertere Geschichte sind die Zahlen zum Fahrradverkauf, die insbesondere den Handel interessiert. So sank die Zahl der verkauften Fahrräder und Pedelecs von knapp über 5 Millionen Stück im Rekordjahr 2020 auf nun 4,7 Millionen in 2021. Wie passt das zur ZIV-Darstellung, die Industrie habe deutlich zugelegt? Die Erklärung geht so: Zur genannten Inlandsproduktion von 2,37 Millionen Rädern kommt der Import von weiteren 4,14 Millionen Fahrrädern, von denen zusammen wiederum 1,57 Millionen exportiert wurden. Was übrig bleibt, ist die sogenannte Inlandsanlieferung von 4,94 Millionen Fahrrädern und Pedelecs in Deutschland. Diese Zahl entspricht der Menge an Ware, die in die verschiedenen Vertriebskanäle in Deutschland geflossen ist. Aber verkauft wurden doch nur 4,7 Millionen Räder? Die Differenz von 240.000 Rädern wird als Lagerbestandsveränderung verbucht. Der Handel hätte die Räder sicher gerne auch verkauft, aber leere Ladenflächen sind auch kein schöner Anblick. Ein Mindestbestand an Lagerware muss stets vorhanden sein, was seit 2020 oft nicht gegeben war. ZIV und VDZ (Verband des deutschen Zweiradhandels) weisen darauf hin, dass mehr Fahrräder und Pedelecs hätten verkauft werden können, wäre mehr von der besonders nachgefragten Ware verfügbar gewesen. Wann sich die Warenverfügbarkeit wieder normalisiert, hängt wesentlich davon ab, wann sich die inzwischen weltberühmten Lieferengpässe auflösen. Spontan wirkende Hafenschließungen und umfassende Lockdowns in Fernost machen verbindliche Aussagen schwierig bis unmöglich. Die Schätzungen reichen von Jahresende bis hin zu mehreren Jahren, bevor Normalität einkehrt. Je nach Produktgruppe können andere Zeiträume eintreffen.

Durchschnittspreise steigen weiter

Über alle Segmente lag der Durchschnittspreis für Fahrräder und Pedelecs in Deutschland bei 1395 Euro, ein Anstieg von über 100 Euro binnen eines Jahres und mehr als 40 Prozent Plus im Vergleich zu 2019. Das ist eine rasante Entwicklung und bereitet manchen Marktbeobachtern auch Sorge. Zwar ist die Preissteigerung vor allem von den Absatzrekorden bei den E-Sortimenten getrieben, dennoch lautet die Frage, wie weit sich diese Preisschraube noch drehen kann und wird. Der VDZ errechnete einen Durchschnittspreis von 3332 Euro brutto für Elektroräder und 654 Euro brutto für unmotorisierte Fahrräder. Das ist eine riesige Lücke zwischen Bio und Elektro. Zumindest die nächsten Aussichten sind leicht bewölkt bis freundlich: Für diese neue Saison wird zwar eine immer noch angespannte Warenversorgung erwartet, aber auch erneut gute Absatzzahlen dank bleibender Nachfrage.

Gewinner Lastenrad

Besonders profitiert hat von den jüngsten Marktentwicklungen also das Elektrofahrrad insgesamt, in den einzelnen Segmenten gibt es jedoch manche interessante Ausreißer zu beobachten. Wieder einmal lag das Wachstum in der Abteilung Lastenrad binnen eines Jahres bei satten 50 Prozent. Das ist über alle Kategorien der größte Sprung nach vorne. Insgesamt 120.000 Lastenräder mit Motor wurden 2021 verkauft (Vorjahr: 78.000). Die Rolle der Lastenräder im E-Segment sollte spätestens jetzt nicht länger unterschätzt werden. Sechs Prozent des E-Verkaufs gehen auf das Konto von Lastenrädern.
Dazu kommen weitere 47.000 Einheiten ohne Antrieb (Vorjahr: 25.200). Dies ist laut ZIV überhaupt die einzige nichtelektrifizierte Radgattung, die ihre Stückzahlen ausbauen konnte. Selbst wenn sich die Dynamik demnächst abflachen sollte, sind die nächsten Rekorde bereits absehbar. Es lohnt, sich die Bedeutung dieser Zahlen zu verdeutlichen: Mit den aktuellen Stückzahlen haben Lastenräder (E und Non-E) das Segment Jugendrad eingeholt, ebenso wie die nichtmotorisierten Mountainbikes, einst seinerseits eine tragende Stütze des Fahrradverkaufs, heute aber schon deutlich abgehängt von seinem Nachfahren E-MTB. Das nächste Segment in Reichweite ist der Bereich der Rennräder und Gravelbikes.


Bilder: Daniel Hrkac, Statistisches Bundesamt (Destatis), ZIV

Wohl alle Radfahrenden kennen die unangenehme Situation, wenn ihnen Autos beim Überholen zu nahe kommen. Wo es früher nur Empfehlungen zum Abstand gab, wurden vor zwei Jahren verbindliche Zahlen in der Straßenverkehrsordnung ergänzt. Wird die Regelung auch kontrolliert und durchgesetzt? (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022


Bei manchen Radfahrenden löst ein Auto, das ohne Sicherheitsabstand überholt, Wut aus – wilde Gesten und Beschimpfungen folgen. Andere reagieren eher verängstigt und zögern beim nächsten Mal vielleicht, überhaupt aufs Rad zu steigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Person am Steuer des Autos unachtsam ist oder aus Groll handelt. Denn die gefühlte Bedrohung birgt immer reale Gefahren. Weicht etwa eine Radfahrerin im Moment des Überholvorgangs einem Schlagloch aus, kann es zu einer folgenschweren Kollision kommen, wenn ein Auto zu nahe ist. Seitenwind oder zappelnde Kinder als Passagiere eines Lastenradlers können ein einspuriges Fahrzeug zum Schlingern bringen. Die Unfallgefahr beschränkt sich nicht auf den Stadtverkehr. Auch auf Landstraßen ohne Radweg kommen Autos oder gar Busse Radfahrenden oft gefährlich nah.

Mindestens 1,5 Meter sind vorgeschrieben

Das Gefühl vieler Radfahrender, häufig zu eng überholt zu werden, konnten verschiedene Erhebungen bestätigen. In Berlin hatte der Tagesspiegel in dem Projekt „Radmesser“ bereits 2018 für zwei Monate 100 Radfahrerinnen mit Abstandsensoren ausgestattet. Die Messungen von fast 17.000 Überholvorgängen ergaben, dass mehr als die Hälfte aller Fahrzeugführer ohne ausreichenden Sicherheitsabstand überholten. Im Jahr 2021 führten die Stuttgarter Nachrichten ein ähnliches Projekt durch und konnten dabei sogar in drei Viertel aller Fälle zu geringe Abstände messen. In beiden Studien wurden Überholvorgänge als zu knapp gewertet, wenn der Abstand zwischen Auto und Radfahrerin kleiner als 1,5 Meter ausfiel.
Das ist der Mindestabstand, den die Straßenverkehrsordnung (StVO) seit einer Novellierung im Frühjahr 2020 vorschreibt. In Paragraf 5 heißt es: „Beim Überholen mit Kraftfahrzeugen von […] Rad Fahrenden […] beträgt der ausreichende Seitenabstand innerorts mindestens 1,5 m und außerorts mindestens 2 m.“ Zuvor war nur von „ausreichendem Seitenabstand“ die Rede. Das ist ein sogenannter unbestimmter Rechtsbegriff. Das Problem daran: Um eine Ordnungswidrigkeit zu ahnden, muss das Nichteinhalten des geforderten Mindestabstands nachweisbar sein. Das Bußgeld, das Kraftfahrer*innen droht, wenn sie überführt werden, beträgt 30 Euro.

Wer die Bedeutung dieses Schildes kennt, ist auf der Höhe der Zeit: Das Überholen von Fahrrädern und Motorrädern ist hier verboten.

Die Polizei kontrolliert

Die Herausforderung bei Kontrollen des Überholabstandes ist die Messung. Messtechnik an Fahrrädern, wie sie für die Studien in Stuttgart und Berlin verwendet wurde, kommt aus praktischen Gründen nicht infrage. Aber die Polizei kann stattdessen indirekte Messverfahren anwenden, wie Roland Huhn, Rechtsreferent des ADFC, erklärt: „Rechtssicher lässt sich das Unterschreiten des Mindestabstands bisher so nachweisen, dass man die Straßenbreite zugrunde legt und den Platzbedarf der beteiligten Fahrzeuge.“ Die Polizeidirektion Dresden setzt das bereits mithilfe von Videodokumentation um. Neben der Fahrbahnbreite wird das Bildmaterial auch nach weiteren Bezugsgrößen ausgewertet, wie zum Beispiel der Breite des betreffenden Autos. Die Breiten zugelassener Fahrzeugmodelle sind beim Kraftfahrt-Bundesamt hinreichend genau erfasst. Seit der Novellierung der StVO vor zwei Jahren wurden in Dresden nach Angaben der Stadt 111 Anzeigen bearbeitet.
Dabei sind Schwerpunktkontrollen nicht die einzige Option der Polizei. In München wurden seit Mai 2020 immerhin 58 Vorfälle im Rahmen der allgemeinen Verkehrsüberwachung im Streifendienst angezeigt. Auch die Polizeidienststellen in Berlin und Hamburg gaben auf Nachfrage an, die Abstände überholender Kraftfahrzeuge während des regulären Streifendienstes zu kontrollieren. „Insbesondere unsere Fahrradstaffeln führen regelmäßig zielgerichtete Kontrollen durch. Festgestellte Verstöße werden dabei konsequent geahndet“, so Cindy Schönfelder von der Polizei Hamburg.
Die Polizei in Baden-Baden führte im Mai 2021 eine Stichprobenkon-trolle durch. Dazu wurde auf einem Straßenabschnitt eine gelbe Hilfsmarkierung parallel zum Fahrradschutzstreifen angebracht. Das Ergebnis fiel ernüchternd aus: Über 95 Prozent der Autofahrenden überholten ohne den geforderten Seitenabstand.
An vielen Stellen braucht es keine Hilfsmarkierungen. Denn addiert man zum Sicherheitsabstand von 1,5 Meter noch eine durchschnittliche Fahrradbreite von 0,7 Meter und den empfohlenen Abstand von mindestens 0,8 Meter zum Fahrbahnrand, dann landet man mit 3 Metern oft schon am oder jenseits des Mittelstreifens. Auf mehrspurigen Straßen muss der Autofahrer dann auf die nächste Spur ausweichen und in den meisten Fällen den Gegenverkehr abwarten. Tut er das nicht und überholt innerhalb der ersten Spur, liegt ein Regelverstoß vor. Auf entsprechend schmalen, einspurigen Straßen ergibt sich daraus de facto ein Überholverbot, das sich deutlich einfacher kon-trollieren lässt. Ein Umstand, den sich die Polizei Stuttgart schon mehrfach zunutze gemacht hat. So wurden im März 2021 bei einer Schwerpunktkontrolle auf einem schmalen Straßenabschnitt innerhalb von zwei Stunden 23 Kraftfahrer*innen verwarnt und im März 2022 in anderthalb Stunden am gleichen Ort fünf Anzeigen ausgestellt. Dass bei der zweiten Kontrolle deutlich weniger regelwidrige Überholmanöver festgestellt wurden, dürfte auf ein Überholverbotsschild zurückzuführen sein, das einige Monate zuvor angebracht wurde.
Wie sich zeigt, sind die Ergänzungen in der StVO keine völlig leeren Worte in Gesetzesform. Die Polizei kontrolliert die Einhaltung des Mindestabstandes von 1,5 Meter tatsächlich, bisher allerdings nur in sehr begrenztem Umfang. Den hier genannten Stichproben gegenüber stehen zum Beispiel knapp 2,8 Millionen Geschwindigkeitsverstöße, die laut Kraftfahrt-Bundesamt allein im Jahr 2020 bei Kontrollen erfasst wurden.


Bilder: Martin Dinse

Der urbane Verkehr ist nicht nur ein Mitverursacher der Klimakatastrophe, sondern etwa durch Abgas- und Lärmemissionen auch Auslöser von gesundheitlichen Schäden. Nachhaltige Mobilität mit dem Fahrrad hat den umgekehrten Effekt: Wer mit dem Fahrrad pendelt, lebt nachweislich gesünder. Die Mobilitätswende kann somit auch eine Gesundheitswende sein. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)


2017 hat eine Studie des Beratungsunternehmens EcoLibro zusammen mit der Goethe-Universität Frankfurt herausgefunden, dass fahrradfahrende Mitarbeitende im Schnitt etwa ein Drittel weniger Krankheitstage aufwiesen als ihre Kollegen und Kolleginnen, die mit anderen Verkehrsmitteln zur Arbeitsstelle kamen. 3,35 Krankheitstage standen 5,3 bei den Benutzerinnen des eigenen Pkws oder öffentlicher Verkehrsmittel gegenüber. Am besten schnitten darunter wiederum jene Radfahrenden ab, die nicht nur gelegentlich, sondern das ganze Jahr über mit dem Fahrrad oder E-Bike zur Arbeit kamen. Ein weiterer interessanter Aspekt: Sie schnitten in Sachen Krankheitstage sogar besser ab als Mit-arbeiterinnen, die regelmäßig Sport treiben. Außerdem sind zwar laut EcoLibro die Krankheitstage der Rad-pendler*innen nach Unfällen rechnerisch etwas höher als bei verunfallten Autofahrenden, trotzdem waren die Krankheitstage bei der Radfahr-Gruppe insgesamt noch die geringsten. Das lässt auf einen deutlichen Zusammenhang zwischen aktiver Mobilität, wie Zufußgehen und Radfahren, und dem Gesundheitszustand der Mitglieder dieser Gruppe schließen.
Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO werden viele der häufigsten Krankheiten, wie Erkältungs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Diabetes und Adipositas, von Bewegungsmangel verstärkt. Tatsächlich ist es also einfach, diese Krankheiten einzudämmen. Mehr aktive Mobilität bedeutet mehr Gesundheit.
Das gilt übrigens genauso für die mentale Gesundheit: Schon vor acht Jahren wurde in einer britischen Langzeitstudie mit 18.000 Probanden und Probandinnen an der East Anglia University in Norwich festgestellt, dass sich Menschen, die mit dem Auto zur Arbeit fahren, deutlich weniger zufrieden fühlten als solche, die mit anderen Verkehrsmitteln pendelten. Das mag mit den täglichen Staus auf den Straßen zu tun haben, aber auch mit der aktiven Form des Pendelns. Ein überraschendes Ergebnis war auch, dass Zu-Fuß-Pendler und -Pendlerinnen sich zufriedener fühlten, je länger ihre Pendel-Strecke war.

Leben auch E-Bike-Nutzende gesünder?

Wie sieht das für Pedelec-Fahrer und -Fahrerinnen aus? Sie bewegen sich mit weniger Krafteinsatz als Radfahrende ohne Motor. Ernten sie daher eher weniger Zufriedenheit und Gesundheit? Das könnte man vermuten, stimmt aber nicht ganz: Eine europäische Studie mit älteren Menschen hat 2019 nachgewiesen, dass Pedelec-Nutzer und -Nutzerinnen im Schnitt etwa 35 Prozent längere Strecken zurücklegen als die Vergleichsgruppe mit normalen Fahrrädern. Die Schlussfolgerung: Zwar ist der Kraftaufwand auf dem E-Bike geringer, doch Menschen, die Pedelec fahren, bewegen sich dafür häufig mehr auf dem Fahrrad. Zudem kommen viele Menschen überhaupt erst zum Radfahren respektive Pendeln, weil ihnen E-Bike-Fahren mehr Spaß macht als Radfahren ohne Unterstützung. Sie trauen sich eine bestimmte Entfernung erst mit dem Zusatzschub durch den E-Motor zu. All diese Punkte untermauern die These: Fahrradfahren ob mit oder ohne Motor kann – und sollte – Teil eines gesellschaftlichen Gesundheitsmanagements sein.

Der VCÖ sieht einen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit letaler Herz-Kreislauf-Erkrankungen und dem Anteil aktiver Mobilität am Modal Split.

Wie können Städte gesünder werden?

Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) forderte im Herbst 2020: „Mehr Gesundheit in die Städte!“ Im Institut gibt es bereits seit 2002 die Arbeitsgruppe Gesundheitsfördernde Gemeinde- und Stadtentwicklung (AGGSE), die fünf Thesen zur nachhaltigen und gesundheitsfördernden Verkehrspolitik aufgestellt hat. „Nachhaltig kommunale Gesundheitsförderung braucht eine hinreichend soziale, technische und grüne Infrastruktur“, heißt es da in These fünf. Ein wichtiger Beitrag dazu seien die Priorisierung des Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehrs und die Reduzierung des motorisierten Individual- und Güterverkehrs.

Bessere Infrastruktur – mehr gesellschaftliche Gesundheit

Was bedeutet das für den Bund und die Kommunen? Vor allem eines: für die Existenz, Sicherheit und den Komfort von Fahrrad-Infrastruktur zu sorgen. Ganz im Sinne von: Wer Radwege baut, wird Radverkehr ernten (Hans-Jochen Vogel, damals Münchner OB, prägte den Satz: „Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten!“). Dazu muss das Fahrrad zunächst in den Köpfen der Entscheiderinnen und Planerin-nen als Verkehrsmittel angekommen sein – ein Vorgang, der derzeit noch im Wachsen begriffen scheint.
Heißt das, dass die komplette Infrastruktur verändert werden muss, um mehr Autofahrende auf das Fahrrad zu bekommen? Nicht unbedingt und vor allem nicht überall.
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club ADFC hat einen Leitlinien-Katalog für den Ausbau einer nachhaltigen Fahrrad-Infrastruktur herausgegeben. Darin geht es nicht nur um geschützte Radverkehrsanlagen wie Protected Bike Lanes, wie wir sie bereits aus der Corona-Zeit in Berlin kennen, sondern auch grundsätzlich um das Zusammenspiel verschiedener Verkehrsmittel. In Tempo-Dreißig-Zonen etwa könne man getrost auf Radspuren verzichten und Mischzonen schaffen, in denen alle Verkehrsmittel parallel existieren. Besondere Aufmerksamkeit verdienen auch Kreuzungen und Schnittstellen. Hier wird das Plus an Gesundheit von Radfahrenden bedroht von gesteigertem Unfallrisiko. Grundsätzlich gilt allerdings: Je mehr sich die Verkehrsteilnahme vom Auto zum Fahrrad und E-Bike verschiebt, desto weniger unfallträchtig sind Letztere unterwegs. Beispiel Niederlande: In Städten mit sehr hohen Zahlen an Fahrradfahrenden gibt es eine signifikant geringere relative Verunfallung von Radlern und Radlerinnen.

Win-Win-Situation für die aktive Mobilität

Als wie weitreichend man den Zusammenhang zwischen gesunder Mobilität und gesellschaftlicher Gesundheit sehen kann, zeigt die Veröffentlichung „Gesunde Städte durch gesunde Mobilität“ des Österreichischen Verkehrsclubs VCÖ. Hier steht unter anderem ein Fakt im Vordergrund: Wenn wir unsere Mobilität auf Gesundheit der Verkehrsteilnehmenden ausrichten, gewinnen wir auch automatisch an Klima-Gesundheit, denn der Großteil der gesundheitsbelastenden Schadstoffe und Treib-hausgas-Emissionen wird vor allem von Verbrennungsmotoren verursacht, die auch die nächsten Jahre bei Weitem das Gros der Personenbeförderung bestimmen werden.
Jedenfalls führt die gesunde, weil aktive Mobilität als Konsequenz aus den angeführten Punkten erwartungsgemäß wieder zu weiterer gesellschaftlicher Gesundheit. So wie umgekehrt die Automobilität, vor allem auf die kurzen Strecken bezogen, uns bislang nicht nur aus Mangel an Bewegung krank gemacht hat, sondern auch einen Großteil der krank machenden klimatischen Veränderungen verursacht hat. Noch ein Grund mehr, auf die neue Velo-Mobilität zu setzen – und entsprechende Infrastruktur bereitzustellen.


„Gesundes Mobilitätsmanagement ist auch Arbeitgeberattraktivität“

Die Berliner Agentur für Elektromobilität eMO unterstützt kostenlos Berliner Unternehmen und Betriebe, die ihr Mobilitätsmanagement verbessern wollen. In Sachen Unternehmensmobilität informiert die eMO unter anderem über die Vorteile wie Nachhaltigkeit und Gesundheit, die zunehmend wichtigere Bedingungen für eine zeitgemäße Mobilität der Mitarbeitenden sind, und begleitet Unternehmen bei der Umsetzung.Darüber haben wir mit Luisa Arndt, Projektmanagerin in der Agentur, gesprochen.

Warum ist auch gesunde Mobilität für die Unternehmen, die Sie unterstützen, ein Thema?
Mobilität kann mit gesunder Fortbewegung verbunden sein – etwa indem immer mehr Mitarbeitende mit E-Bike oder Fahrrad zum Betrieb fahren. Gleichzeitig ist diese Mobilität umweltfreundlicher und oft wirtschaftlicher. Zudem fördert die aktive Fortbewegung die Gesundheit, was sich in weniger Krankheitstagen äußert, wie Studien belegen. Hinzu kommt: Gesunde Mobilitätsangebote wie das Dienstradleasing steigern auch die Arbeitgeberattraktivität deutlich.

Ist in den Betrieben ein Umdenken hin zu nachhaltigeren, gesünderen Formen der Mobilität bereits in Gange?
Das ist unterschiedlich. Manche Betriebe sehen, dass sie innerbetriebliche Mobilität strukturell angehen müssen. Andere wollen zunächst einfach nur Veränderungen im Detail schaffen, indem bestimmte Strecken nicht mehr mit dem Dienstauto, sondern per Dienstrad zurückgelegt werden sollen. Unsere Aufgabe ist es zunächst, den Blick des Unternehmens auf ihr eigenes Mobilitätsmanagement zu schärfen. Dazu ist eine ganzheitliche Betrachtung der Unternehmensmobilität notwendig.

Stichwort Arbeitswege-Mobilität. Wie kann der Betrieb seine Mitarbeiter motivieren, per E-Bike oder Fahrrad in die Arbeit zu kommen?
Das kann mit ganz kleinen Dingen anfangen – der Luftpumpe am Empfangstisch, das Schaffen von sicheren Abstellmöglichkeiten für E-Bikes im Betrieb, aber auch Umkleideräume im Unternehmen oder die Teilnahme an Aktionen wie „Wer radelt am meisten?“ oder „Stadtradeln“ können für Mitarbeitende motivierend wirken. Oft ist aber auch die Belegschaft vor dem Arbeitgeber sensibilisiert, wenn es etwa um die Akzeptanz des Jobradleasings im Unternehmen geht. Dusch- und Garderoberäume werden oftmals von Mitarbeitenden angeregt. Allgemein kann man sagen, es gibt beide Richtungen beim Anstoß von Veränderungsprozessen, Top-Down wie auch Bottom-Up.

Macht sich die Verkehrswende denn tatsächlich im betrieblichen Mobilitätsmanagement breit?
Jein. Es gibt ein zunehmendes Bewusstsein für nachhaltige Mobilität, sowohl von Geschäftsführenden als auch Mitarbeitenden. Oft spüren größere Betriebe mehr Druck, sich zu verändern. Hier braucht es allerdings oft Zeit, bürokratische Strukturen zu verändern. Bei kleinen Betrieben hängt Veränderung andererseits oft von einzelnen, hoch motivierten Personen ab, die diese Tätigkeiten übernehmen, dann jedoch auch schneller etwas erreichen können. Zukünftig könnte die von der EU eingeführte Berichtspflicht zur Nachhaltigkeit einen weiteren Beitrag zur Einführung von nachhaltigen Mobilitätsformen leisten.


Bilder: Georg Bleicher, VCÖ 2021, Berlin Partner

Mobilität für eine lebenswerte Welt

von Katja Diehl

Mobilität ist für alle da. Anstatt sich auf technische Fragen zu fokussieren, blickt Katja Diehl in ihrem Buch besonders gründlich auf die menschliche Seite der Fortbewegung. Das Verhalten der Gesellschaft macht die Mobilität – und kann sie ändern. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)


Wer die Vergangenheit versteht, kann die Zukunft ändern. Katja Diehls Buch baut in dieser Hinsicht auf einer soliden Grundlage auf. Sie stellt die Frage, wie unsere Mobilität am Status quo, einem überbordenden, von Privilegien und Lobbyismus geprägten Autoverkehr, angekommen ist. Und beantwortet sie natürlich auch. Sie erklärt das System Auto, wie es seinen Weg in die Mentalität und den öffentlichen Raum gefunden hat und wie es wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden anrichtet.
Mit Auszügen aus zahlreichen Gesprächen stellt Katja Diehl diverse Lebensrealitäten dar. Ihre Leitfrage lautet dabei: „Willst oder musst du Auto fahren?“ Es kommen unter anderem Menschen zu Wort, die im ländlichen Raum leben und arbeiten, Transpersonen sind, solche die von Armut betroffen oder krank sind. Warum diese Perspektiven wichtig sind? Weil sie beim Aufbau unseres Verkehrssystems keine oder kaum eine Rolle gespielt haben.
Mit dem Blick auf weniger privilegierte Lebenswelten und die dazugehörige Mobilität lässt Diehl es nicht bewenden. Sie entlarvt gegen Ende des Buches viele der vermeintlichen Unmöglichkeiten, mit denen sie oft konfrontiert wird, und rundet das Buch mit Lösungsansätzen ab. Diehl verfolgt mit ihrem Buch das Ziel einer gerechten Mobilität, die die Welt lebenswerter macht und ihre Menschen in den Mittelpunkt stellt.


Autokorrektur: Mobilität für eine lebenswerte Welt | von Katja Diehl | Illustratrionen von Doris Reich |
S. Fischer Verlag | 1. Auflage Februar 2022 | 272 Seiten, Softcover | ISBN 978-3-10-397142-2 | 18,00 Euro


Die Fliese mit dem Namen Tiler ist kein gewöhnlicher Bodenbelag. Über einen speziellen Ständer kann sie E-Bikes kabellos mit Strom versorgen. Der Hersteller hat auch für andere Mobilitätslösungen große Pläne. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)


Die Ladestation gibt es als Fliese, die nahtlos zwischen dem normalen Bodenbelag integriert werden kann, oder als additive Plattform. Die Installation soll ohne schweres Equipment gelingen. Mit der separaten Plug-and-Play-Version ist die Lösung auch in Innenräumen nutzbar. Der Ladestrom wird den Fahrrädern induktiv zugeführt. Dafür genügt es, den speziellen Ständer auszuklappen und auf dem markierten Bereich abzustellen.
Der Hersteller Tiler gibt an, dass die Lade-Fliese nicht mehr Strom verbraucht als ein reguläres Ladekabel. Es können Spannungen von 36 bis 48 Volt erzeugt werden, Leistungswerte bis zu 200 Watt sind auch möglich. Der Output wird smart gesteuert und an den jeweiligen Bedarf einzelner Fahrzeuge angepasst. Für das dritte Quartal plant Tiler neue Funktionen, zum Beispiel angepasste Ladezyklen, die zu Stoßzeiten schnell und über Nacht langsam und schonend laden sowie die Integration in Apps.
Die Lösung sei bereits mit mehr als 80 Prozent der E-Bikes kompatibel. Die niederländische Firma arbeitet daran, auch die restlichen 20 Prozent bedienen zu können. Tiler soll zur Universallösung werden und in Zukunft auch Cargobikes, E-Scooter oder Roller versorgen können.
Erste Pilotprojekte sind bereits im Gange, etwa mit Rent-a-Bike van Dam, einem lokalen Fahrradverleih, und Bondi, einem Shared-Mobility Anbieter, der in mehreren niederländischen Städten aktiv ist. In diesem Jahr will die Firma die Pilotversuche abschließen und das Produkt kommerziell auf dem Markt einführen. Ab 2023 sollen die Ladeplatten in größerem Umfang produziert werden.


Bilder: Tiler

Mit seinen Bike-Jeans zählt Alberto schon seit geraumer Zeit zu den Trendsettern für alltagstaugliche Fahrrad-Bekleidung. Nun will das Modeunternehmen aus Mönchengladbach mit der Linie Born & Finished nicht nur funktionell, sondern auch bei der Nachhaltigkeit der Fahrradhosen neue Maßstäbe setzen. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)


Statt auf Chlor-Bleaching, Stonewash- oder Scraping-Verfahren setzt Alberto bei der Bike-Jeans der neuen Linie Born & Finished auf einen Veredelungsprozess, der vom ebenfalls in Mönchengladbach beheimateten Start-up 140Fahrenheit entwickelt wurde. Dessen Unternehmensgründern Felix und Max Holtgrave ist es dank ökologischer Laser-, Wasch- und Wasserrecycling-Technologien gelungen, die konventionelle Denim-Veredelung durch Laser, GOTS-zertifizierte Enzyme und Ozon zu ersetzen. Der hierfür benötigte Wasserverbrauch liegt um 75 Prozent niedriger als bei herkömmlichen Prozessen. Und die dafür benötigte Energie wird ausschließlich aus regionalen Windparks und demnächst aus hauseigenen Solaranlagengezogen.
Ungeachtet dessen soll die neue Bikehose aus 98 Prozent Organic Denim und 2 Prozent recyceltem Elasthan auch technisch und funktional keinerlei Wünsche offenlassen. Das bi-elastische Material, die im Gesäßbereich hoch angesetzte Schnittgebung und der dehnbare Bund sind auf die Bewegungsabläufe von Radfahrer*innen abgestimmt. Nicht nur markentypisch, sondern auch ein Komfort- und Sicherheitsmerkmal sind die an den Umschlägen positionierten Reflektoren, die mit Frottee gefütterten Hosentaschen und das in den Bund integrierte Anti-Rutsch-Band, das das lästige Herausrutschen des Shirts verhindern soll.


Bilder: Alberto

Rund um einen GPS-Tracker hat It’s my bike eine digitale Servicewelt für E-Bike-Besitzer erschaffen. Neben dem Diebstahlschutz mit Wiederbeschaffungsservice bietet die Firma einen Notfallassistent und Versicherungsoptionen an. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)


Ob Einzeldiebstahl oder Großeinbruch beim E-Bike-Händler, der Kundenservice von It’s my bike ist mittendrin im Geschehen. Mittels GPS ermittelt It’s my bike den Standort des gestohlenen Fahrrads. Über die App können Fahrer oder Fahrerin die Polizei verständigen. Anhand der verfügbaren Daten wird der Fall zunächst genau rekonstruiert, um dann gemeinsam mit der Polizei die Verfolgung aufzunehmen. Das geschieht manchmal, während die Räder noch in Bewegung sind.
Das Team von It’s my bike arbeitet beim Suchen und Finden eng mit den örtlichen Beamten zusammen. Die Firma schafft es in drei von vier Fällen, das Fahrrad wiederzuerlangen, und reagiert dafür auch in der Nacht und am Wochenende. Das Restrisiko kann mit einer vergünstigten E-Bike-Versicherung mit GPS-Schutz von Alteos abgedeckt werden. Dass auf der Suche nach den getrackten Fahrrädern regelmäßig auch größere Lager mit gestohlener Ware gefunden werden können, ist dabei ein willkommener Nebeneffekt.

Über die Unterstützung bei Diebstählen hinaus können in der App Fahrdaten abgerufen und ein digitaler Notfallassistent dazugebucht werden. Mit dem WayGuard-Notfallprozess von Axa bietet die Firma schnelle Hilfe am richtigen Ort. Der Prozess wird von einer Dekra-geprüften Unfallerkennung bei einem Sturz automatisch ausgelöst und Rettungskräfte von einer Leitstelle alarmiert. Nutzer und Nutzerinnen können den Ablauf im Bedarfsfall aber auch manuell aktivieren. Der monatlich kündbare Service ist zunächst in Deutschland verfügbar.


Bilder: It’s my bike, SHAOLIN TRAN

Mit der rasant steigenden Zahl von Lastenrädern wächst auch deren Bedarf nach geeigneten Abstellanlagen. Der niederländische Anbieter Falco bietet mit der FalcoCargoBox nun die erste Fahrradgarage speziell für Lastenräder sowie für Fahrräder mit Anhänger in seinem Sortiment. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)


Der Trend zum Lastenrad ist nicht nur in den Niederlanden ungebrochen, er ist längst auch in Deutschland angekommen. Wurden hierzulande 2020 bereits rund 25.000 Lastenräder ohne und 78.000 Lastenräder mit Elek-trounterstützung abgesetzt, sind die Zahlen im letzten Jahr noch mal enorm gestiegen auf 47.000 bzw. 120.000 Lastenräder mit und ohne E-Motor. Im Gegensatz zu den Niederlanden gibt es in Deutschland allerdings noch zu wenige geeignete Abstellmöglichkeiten für Lastenräder. Falco, Spezialist für innovatives Fahrradparken mit 70-jähriger Erfahrung und nach eigenen Angaben niederländischer Marktführer in diesem Segment, hat als Antwort auf diese Herausforderung nun mit der FalcoCargoBox eine geräumige Lastenradgarage entwickelt.
Herkömmliche Fahrradparksysteme entsprechen nicht den Anforderungen beim Parken eines Lastenrads, wie etwa genügend Raum und Bewegungsfläche, eine abschließbare Unterbringung und letztendlich einen besonderen Schutz vor Wind und Wetter. Die FalcoCargoBox bietet als Garage für Spezial- und Lastenfahrräder zwei abschließbare Vordertüren, die im Zusammenspiel mit dem gasdruckunterstützten Deckel einen besonders komfortablen Zugang ermöglichen. Neben Lastenfahrrädern ist die Fahrradgarage ideal geeignet auch für die Unterbringung von anderen Fahrrädern, die nicht den Standardabmessungen entsprechen, wie z. B. adaptive Fahrräder, Liegeräder, Tandems, Dreiräder, Cargo Bikes sowie Fahrradanhänger.
Die FalcoCargoBox ist als sichere, abschließbare Einheit zudem auch eine ideale Lösung für den öffentlichen Raum. Die Lastenradgarage kann in der eigenen Entwicklungsabteilung und Produktion in den Niederlanden individuell an Gegebenheiten vor Ort und gestalterische Vorstellungen angepasst werden. So integriert sich die FalcoCargoBox in die jeweilige Umgebung und bietet eine optimale Freiraumgestaltung.


Bilder: Falco

Straßenzulassung, eine Nutzlast von 250 Kilogramm und eine Reichweite von bis zu 90 Kilometern: Mit dem elektrischen Zustellfahrzeug HopOn präsentiert die Carit Automotive GmbH & Co. KG eine Transportlösung speziell für die letzte Meile. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)


Das jüngst vom Kraftfahrtbundesamt zugelassene vierrädrige Fahrzeug wurde insbesondere für Kurier-, Express- und Paketdienstleister (KEP) entwickelt. Die Modellversion „Classic“ verfügt über eine Ladefläche von den Abmaßen einer Standard-Europalette, mit der Version „Long“ können sogar zwei Paletten transportiert werden. Dabei ist der HopOn besonders wendig und darf laut Hersteller über sämtliche städtischen Verkehrsflächen bewegt werden. Nach dem kürzlichen Start der offiziellen Markteinführung plant das Unternehmen aus Münster, noch in diesem Jahr 200 Exemplare zu produzieren.
Ein weiteres Merkmal des HopOn sind seine kompakten Maße: Mit einer Breite von nur 84 Zentimetern kann er bei eingeklapptem Steuerstand in einem Kastenwagen mitgenommen werden. Dieser dient dann beispielsweise als Minidepot, sobald das jeweilige Zustellgebiet erreicht und der HopOn abgeladen wurde.
Das Laden des 48-Volt-Batterieblocks kann dank eines inte-grierten Ladegeräts über eine haushaltsübliche Steckdose erfolgen. Voll aufgeladen bietet der HopOn, der über ein kombiniertes Fahr- und Bremspedal verfügt, eine Reichweite bis zu 50 Kilometer bei einer Maximalgeschwindigkeit von 30 km/h. Die Reichweite kann zudem durch eine zusätzliche Batterie verdoppelt werden. „Das deckt die Strecke, die ein durchschnittlicher Paketzusteller in einer Schicht zurücklegt, mehr als ab“, erläutert Carit-Geschäftsführer Andreas Knappheide.
Die Produktion der ersten 20 Serienfahrzeuge erfolgt derzeit durch Partner und Fachbetriebe in Nordrhein-Westfalen. Die größte Herausforderung sieht Knappheide in den aktuellen Lieferengpässen einzelner Komponenten. „Dennoch gehe ich davon aus, dass wir die Serienfertigung entsprechend unseren Plänen hochfahren können“, so Knappheide. Für das laufende Jahr plant er mit der Produktion von 200 Fahrzeugen. Im ersten Halbjahr 2023 sollen dann 300 Einheiten ausgeliefert werden.


Bilder: HopOn

Der parlamentarische Abend Vivavelo bewies nicht zuletzt durch die Anwesenheit von Bundesverkehrsminister Wissing, welchen hohen Stellenwert das Fahrrad in Deutschland hat. Die Veranstalter*innen verwiesen aber auch auf Handlungsfelder, denen politisch und branchenintern begegnet werden muss. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2022, Juni 2022)


Am 7. April veranstalteten der Verbund Service & Fahrrad (VSF), der Bundesverband Zukunft Fahrrad und der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) den parlamentarischen Abend Vivavelo. In der Landesvertretung Nordrhein-Westfalens in Berlin kamen hochrangige Vertreter*innen aus Industrie und Politik zusammen.
Darunter befand sich auch Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing, der die wichtige Stellung des Verkehrsmittels Fahrrad in einer Keynote bestätigte. Darin erkannte er Nachholbedarf in den politischen Rahmenbedingungen an, berichtete von eigenen Erfahrungen mit fehlenden Radwegen und betonte, dass selbst eine kleine Lücke einen kilometerlangen Radweg entwerten könne.
Seitens der Gesetzgebung gibt es einiges zu tun. Ein wichtiger Treiber für die Branchenentwicklung ist das Leasing von Diensträdern. Dies müsse mit eigenständigen Gesetzen stabilisiert werden. Auch die finanziellen Förderungen von Infrastruktur müssen stetig und damit für die Planung verlässlich sein. „Damit sich der Fahrrad- und E-Bike Boom fortsetzt, wollen wir, dass die Politik die Nutzung unserer Produkte fördert, und dies tut sie am besten, indem sie Radinfrastruktur und lückenlose Radnetze fördert. Deshalb begrüßen wir das Versprechen des Bundesverkehrsministers, das Sonderprogramm Stadt & Land über 2023 hinaus zu verstetigen“, so Burkhard Stork, Geschäftsführer des ZIV.
Als weitere Herausforderung gilt fehlendes Personal in der Radverkehrsplanung, aber auch im Tiefbau, der Entwicklung von Infrastruktur und dem Fahrradhandel. Im Pressegespräch vor der Veranstaltung verwiesen die Verbände auf zwei weitere förderungswürdige Themen: intermodale Mobilität und die betriebliche Verkehrsteilnahme mit Mobilitätsbudgets.
Weitere Einblicke in Industrie, Dienstleistung und Handel wird es am 22. und 23. September beim Vivavelo-Kongresses im Langenbeck-Virchow-Haus in Berlin geben.

V. l.: Dirk Zedler (BVZF), Burkhard Stork (ZIV), Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing, Staatssekretär Dr. Hendrik Schulte, Uwe Wöll (VSF)Foto © Bernd Lammel – Telef.: +49 (172) 311 4885 – DEU / Berlin / 2022 /

Bild: Bernd Lammel