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Wohin mit den schnellen Pedelecs?

Sie haben das Zeug dazu, Autofahrten zu ersetzen. Aber in Deutschland sind S-Pedelecs für die Bundesstraße zu langsam und für den Radweg zu schnell. Nun testen erste Kommunen, wie sie die Räder in den Alltagsverkehr besser integrieren können. Das Ausland ist da schon weiter. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2024, März 2024)


Mit Tempo 70 und schneller ziehen die Autos auf der Bundesstraße an Anja Herz vorbei. Sie schneiden die Radfahrerin, hupen anhaltend und zeigen wild gestikulierend auf den parallel verlaufenden Radweg. Der ist leer, Anja Herz würde gerne auf ihn ausweichen. Aber das verbietet die Rechtslage, denn Anja Herz fährt ein schnelles Pedelec.
Die schnellen Pedelecs, auch Speed-Pedelec oder S-Pedelec genannt, gelten als Kleinkraftrad, weil sie bis zu 45 Kilometer pro Stunde schnell fahren können. Jedenfalls in der Theorie. In der Praxis sind ihre Fahrerinnen und Fahrer eher mit 30 bis 35 Kilometern pro Stunde unterwegs. Trotzdem gelten für sie die gleichen Regeln wie für Autos: Gefahren werden darf nur auf der Fahrbahn.
In Belgien, der Schweiz oder Dänemark ist es umgekehrt. Dort müssen die schnellen Räder zwingend die Radwege nutzen – auch in den Zentren. Ob diese Regelung sinnvoller ist, bezweifeln viele Radverkehrs-expertinnen. Aber auch sie finden: Die Rechtslage in Deutschland sollte angepasst werden. Umfragen und erste Studien zeigen: S-Pedelecs können Autofahrten ersetzen, wenn ihre Nutzerinnen sicher unterwegs sind. Das 2023 gegründete Bündnis „Allianz Zukunft S-Pedelecs“ will dafür die Rahmenbedingungen schaffen. Seit vergangenem Jahr initiieren seine Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verbänden Studien und organisieren regelmäßige Diskussionsrunden mit Experten. Der Blick in die Nachbarländer zeigt, wie Lösungen aussehen könnten. Aber nicht nur jenseits der Grenzen gibt es Vorbilder, auch in Deutschland gibt es erste Versuche, die Nutzung von S-Pedelecs zu liberalisieren.
Die Unistadt Tübingen in Baden-Württemberg gehört dabei zu den Vorreitern. Dort gibt es seit 2019 das erste und bislang einzige S-Pedelec-Netz bundesweit. Auf einer Strecke von rund 80 Kilometer verbindet es sämtliche Ortsteile mit der Kernstadt. Die Idee für die Planung kam aus der Stadtregierung. „Einige Gemeinderäte und der Oberbürgermeister, Boris Palmer, waren damals bereits mit herkömmlichen, aber auch mit schnellen Pedelecs unterwegs“, sagt Daniel Hammer, Verkehrsplaner und zuständig für den Radverkehr in Tübingen. Die baden-württembergische Landesregierung unterstützte das Vorhaben und führte das Zusatzzeichen „S-Pedelec frei“ ein.
Damit begann die Netzplanung. Der Grundsatz war: Das Fahren mit S-Pedelecs im Stadtgebiet muss einfach und intuitiv sein. „Wir haben keine festen Standards definiert“, sagt Hammer. Stattdessen haben sie vor Ort entschieden, auf welcher In-frastruktur die schnellen Rad-fahrerinnen sicher unterwegs sind. Das können Radwege sein, Radfahrstreifen, Fahrradstraßen, verkehrsberuhigte Zonen und Wirtschaftswege. Der Aufwand war groß. Jeder Teil der Route wurde begutachtet. Insbesondere für kritische Stellen mussten sie Lösungen finden. Dazu gehört beispielsweise eine Unterführung im Zentrum. „10.000 Radfahrende sind dort täglich unterwegs und ebenso viele Fußgänger“, sagt Hammer. Die Unterführung ist sechs Meter breit und hat einen getrennten Fuß- und Radweg. Um die schnellen S-Pedelecs zu bremsen, haben sie dort ein Tempolimit von 20 Kilometern pro Stunde für alle Fahrräder eingeführt. Eine spätere Geschwindigkeitsmessung zeigte, dass Rennräder und Pedelecs dort bergab mit 30 bis 35 Kilometern pro Stunde unterwegs sind – ohne andere zu gefährden. Bislang funktioniert das Miteinander der schnellen und langsamen Radfahrerinnen und Radfahrer recht gut. Laut Hammer gab es weder mehr Unfälle noch sonstige Beschwerden. „Wenn sich das ändert, passen wir die Infrastruktur an“, sagt er. Momentan ist das Tübinger Modell nur eine Insellösung. Spätestens am Ortsschild der Nachbarstädte wie Reutlingen oder Rottenburg endet für die schnellen Pendlerinnen das entspannte Fahren. Der Radverkehrsplaner bedauert, „dass S-Pedelecs generell auf die Straße müssen, auch wenn Tempo 100 gilt“. Das schrecke potenzielle Umsteiger ab. Er plädiert für ein landkreisweites S-Pedelec-Netz auf geeigneten Wegen.

Mit maximal 30 Kilometern pro Stunde dürfen die Radfahrer durch den Tunnel fahren. In den Niederlanden sind Tempolimits auf vielen Radwegen üblich. In Deutschland ist Tübingen damit Vorreiter.

Speed-Pedelecs sind mit einer Tretunterstützung bis 45 km/h und einer Motorleistung bis zu 4 kW rechtlich betrachtet kene Fahrräder, sondern Kleinkrafträder der Klasse L1e. Damit sind bisher nicht nur Radwege tabu, sondern auch Feld- und Waldwege, die mit Verbotschildern für Motorfahrzeuge gekennzeichnet sind.

S-Pedelec-Netze für Landkreise

Diese Idee ist besonders für Radregionen interessant, wie etwa den Bodensee. Viele Berufstätige fahren dort täglich 20 oder auch 30 Kilometer zur Arbeit. Von Singen und Radolfzell etwa nach Konstanz oder auch in die Schweiz. „Das ist eine ideale Distanz für S-Pedelecs“, sagt der Radverkehrsplaner der Stadt Kon-stanz, Georg Gaffga. Bislang müssen die schnellen Radfahrerinnen an einigen Stellen die Bundesstraße nutzen. Die wird gerade auf vier Fahrspuren ausgebaut und führt zudem durch einen Tunnel. „Selbst für versierte Radfahrende kommt ein Fahren dort nicht infrage“, sagt Gaffga. Für diese Streckenabschnitte braucht es Ausweichrouten. Mit seinen Kolleginnen plant Gaffga seit vergangenem Jahr das neue Radwegenetz der Stadt. Die S-Pedelecs haben sie dabei stets im Blick. „Wir suchen auf den Hauptachsen ins Umland die Lücken im Netz“, sagt Gaffga. Wo das Fahren auf den Straßen für die schnellen Radfahrer zu gefährlich ist, sollen sie auf Radwege neben der Fahrbahn ausweichen können. Vorausgesetzt, sie sind breit genug und es sind dort nur wenige Fußgänger und Radfahrende unterwegs.

„Unsere Mobilitätsstrategie ist der autofreie Haushalt“

Georg Gaffga, Stadt Konstanz

S-Pedelec: Ein Baustein zum autofreien Haushalt

Innerorts sieht der Radverkehrsplaner Gaffga nahezu keinen Handlungsbedarf in seiner Stadt. In Konstanz’ Zentrum könnten die schnellen Radler bei Tempo 30 oder 50 auf der Fahrbahn mitrollen. Aber es gibt auch Ausnahmen. Im vergangenen Jahr hat er eine Anliegerstraße, die auch Fahrradstraße ist, für S-Pedelecs freigegeben. „Die Straße hat den Charakter einer Außerortsstraße, sie führt durch ein Waldgebiet geradewegs zum Fähranleger Richtung Meersburg“, sagt er, eine wichtige Pendelroute. Auch dort funktioniert das Miteinander. Bislang gab es keine Beschwerden.
Angesichts der geringen Zahl an S-Pedelecs im Straßenverkehr erscheint der hohe Aufwand, den Gaffga mit seinem Team betreibt, unverhältnismäßig hoch. Insbesondere weil sie kein konkretes S-Pedelec-Netz planen, sondern vorerst nur die Möglichkeiten ausloten, potenzielle Lücken im Netz zu schließen. Gaffga hält dagegen: „Unsere Mobilitätsstrategie ist der autofreie Haushalt“, sagt er. Das S-Pedelec ergänze das aktuelle Angebot an Sharing und öffentlichem Verkehr. Deshalb wollen sie die junge Fahrzeuggattung fördern. Das funktioniere allerdings nur, wenn die Fahrer*innenr sich wohlfühlen und sicher unterwegs sind. Die benachbarte Schweiz zeige zudem, dass bei attraktiven Bedingungen die Verkaufszahlen von S-Pedelecs steigen und ihr Anteil am Gesamtverkehr zunimmt.

S-Pedelecs ersetzen das Auto

Hierzulande ist die Fahrzeuggattung bislang nur eine Randerscheinung. Gerade mal 11.000 Stück wurden im Jahr 2022 verkauft. In Belgien, den Niederlanden oder der Schweiz sind S-Pedelecs deutlich populärer. Allein in der Schweiz mit ihren knapp neun Millionen Einwohnerinnen wurden im Jahr 2022 rund 23.000 der S-Pedelecs aus den Läden geschoben. Expertinnen führen das auf die Rechtslage zurück: Schließlich dürfen sie dort die Radinfrastruktur nutzen. Das hat zur Folge, dass 75 Prozent der Strecken, die dort mit schnellen E-Bikes zurückgelegt wurden, Arbeitswege waren. Im niederländischen Rotterdam waren es 2021 rund 60 Prozent.
Für Anke Schäffner vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) sind die Zahlen ein Indiz für das große Potenzial der S-Pedelecs für die Verkehrswende. Sie hat Ende vergangenen Jahres die ZIV-Studie „Wo fahren S-Pedelecs?“ vorgestellt. Die beschreibt, wie die Nachbarländer die Elektroräder in den Verkehr integrieren und wie sich das unter anderem auf die Verkaufszahlen auswirkt.
In Belgien etwa können die Fahrerinnen zwar innerorts wählen, ob sie die Radinfrastruktur oder die Fahrbahn nutzen, dagegen ist außerorts für sie die Radwegbenutzung ab Tempo 50 Pflicht. Diese Regelung kommt in der Bevölkerung anscheinend gut an. Von 2017 bis 2021 sind die Zulassungszahlen der S-Pedelecs von rund 5.300 auf 51.000 gestiegen. In den Niederlanden gelten für die schnellen Elektroräder die gleichen Bestimmungen wie für Mopeds. Ihre Fahrerinnen dürfen Radwege benutzen, die für Mopeds freigegeben sind. Innerorts ist das fast jeder Radweg in einer Tempo-50-Zone. Allerdings gilt dort für sie ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern.

Die Fahrradstraße ist für Radpendler*innen von großer Bedeutung. Sie ist die schnellste Verbindung von Konstanz zum Fähranleger Richtung Meersburg.

Ausnahmegenehmigungen für Radwege

Auch beim S-Pedelec zeigt sich: Die Niederlande sind Fahrradland. Seit Jahren testen die verschiedenen Regionen, wie sie die Räder in den Alltagsverkehr integrieren können. Die Provinz Gelderland hat bereits 2018 im Rahmen einer Studie 16 Radwege im Stadtgebiet erst temporär und dann dauerhaft freigegeben. Andere Provinzen wie Groningen und Overijssel folgten dem Beispiel. In Rotterdam, Amersfoort und Utrecht können S-Pedelec-Fahrerinnen mittlerweile Ausnahmegenehmigungen beantragen, wenn sie die Radwege nutzen möchten. Allein in Rotterdam wurden im Jahr 2020 für die 384 angemeldeten Räder 275 Genehmigungen beantragt. Für Tobias Klein vom Team „Nahmobilität“ beim Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) ist das Vorgehen zeitgemäß. „Die Niederlande und auch Dänemark testen seit Jahren, wie sie die Alternativen zum Autoverkehr in ihre Verkehrsinfrastruktur integrieren können“, sagt er. Vor vielen Jahren bauten sie die ersten Radschnellwege, heute geben sie Radwege frei, damit die S-Pedelec-Nutzerinnen sicher unterwegs sind. „Ihre Lösungen sind nicht sofort perfekt, aber sie entwickeln die Systeme weiter und passen sie an“, sagt er. Deutschland hingegen sei bei Neuerungen im Verkehr eher darauf bedacht, nichts falsch zu machen, und bremse damit neue Entwicklungen. Das gelte für die Radinfrastruktur ebenso wie für die Integration neuer Verkehrsmittel wie S-Pedelecs.
Insbesondere außerorts sieht der Mobilitätsexperte verschiedene Möglichkeiten, Radinfrastruktur wie Wirtschaftswege oder auch Radschnellwege für sie freizugeben. „Die Radschnellverbindungen sind darauf ausgelegt, dass die Menschen dort mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs sein können“, sagt er. Die Freigabe per Zusatzschild sei nie ein Freifahrtschein zum Rasen. Im Gegenteil. „Die S-Pedelec-Fahrer müssen ihre Geschwindigkeit auf den Radschnellwegen anpassen, wenn dort viel Verkehr ist“, sagt er. Der Mobilitätsexperte ist zuversichtlich, dass das funktioniert.

Fahrzeiten: Pedelec versus S-Pedelec

Aber lohnt es sich überhaupt, vom normalen, dem Fahrrad rechtlich gleichgestellten E-Bike auf ein Speed-Pedelec umzusteigen? Das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) in Österreich, eine der führenden Institutionen der Unfallprävention, wollte es genau wissen und hat im Jahr 2021 die Studie durchgeführt „Potenzial von S-Pedelecs für den Arbeitsweg“.
Fünf Wochen dauerte der Feldversuch. 98 Berufstätige nahmen teil und zeichneten auf, wie viel Zeit sie für ihren Arbeitsweg mit den verschiedenen Fahrzeugen brauchten. Ab einer Strecke von fünf Kilometern kamen die Speed-Pedelecs stets schneller ans Ziel als ihr langsameres Pendant. Konkret benötigten die Berufstätigen für eine Strecke von 15 bis 20 Kilometer mit dem Auto durchschnittlich etwa 23 Minuten, mit dem S-Pedelec 34 Minuten und mit dem Pedelec rund 45 Minuten. Das herkömmliche Pedelec war demnach fast doppelt so lange unterwegs wie das Auto. Für die Forscherinnen ist dieser Zeitunterschied entscheidend. Eine Verdoppelung der Fahrtzeit zur Arbeit ist aus ihrer Sicht unattraktiv. Das S-Pedelec kann diese Differenz aber auf allen Strecken bis etwa 25 Kilometer in etwa halbieren. Damit ist das S-Pedelec für die Wissenschaftlerinnen eine echte Alternative zum Auto. Insbesondere auf langen kreuzungsfreien Strecken wie Radschnellwegen.
Allerdings wird die Freigabe von Radschnellwegen für S-Pedelecs seit Jahren kontrovers diskutiert. Vornehmlich die Vertreter*innen des ADFC waren strikt dagegen. Inzwischen weichen sie von dieser starren Haltung ein wenig ab. Inzwischen befürwortet der Fahrradclub die Freigabe der Radinfrastruktur in Einzelfällen – etwa außerorts, auf breiten, wenig frequentierten Radwegen. Damit sind viele geplante Radschnellwege bereits aus dem Rennen.

„Nur weil mein S-Pedelec 45 km/h fahren kann, fahre ich die Menschen nicht über den Haufen.“

Anja Herz

Klimafreundliche Fahrzeuge dürfen passieren, dazu gehören Busse, Taxen, Fahrräder und S-Pedelecs.

Zentrale Verbindungen in Tübingen wie diese Fahrradbrücke haben die Verkehrsplaner*innen ebenfalls für die Speed-Pedelec-Fahrer freigemacht.

Geschwindigkeit anpassen möglich?

Für die S-Pedelec-Fahrerin Anja Herz ist die ADFC-Haltung nur schwer nachzuvollziehen. Sie lebt außerhalb Münchens. Das S-Pedelec nutzt sie für fast jede Gelegenheit. Mit einer Freundin hat sie damit die Alpen überquert. 400 Kilometer sind die beiden von Garmisch bis zum Gardasee gefahren, die meiste Zeit auf Radwegen. Probleme mit den anderen Radfahrerinnen gab es aus ihrer Sicht keine. „Ich passe meine Geschwindigkeit immer den Gegebenheiten an“, sagt sie. Auf den Radwegen, aber auch, wenn sie beispielsweise an einer Fahrradsternfahrt teilnehmen. „Nur weil mein S-Pedelec 45 km/h fahren kann, fahre ich die Menschen nicht über den Haufen“, sagt sie. Sie bedauert, dass ausgerechnet der Fahrradverband ihr und vielen anderen S-Pedelec-Fahrerinnen die Bereitschaft und Fähigkeit abspricht, ihr Tempo anzupassen.

„Porschefahrenden traut man zu, in einer Tempo-30-Zone 30 km/h zu fahren, S-Pedelec-Fahrern nicht.“

Martina Lohmeier, Hochschule RheinMain Wiesbaden

Fehlende Erfahrungen schüren Vorurteile

Die Vorurteile gegenüber Pedelec-Fahrern kennt Martina Lohmeier, Professorin an der Wiesbadener Hochschule RheinMain. „Mit S-Pedelecs verbinden viele Menschen Überholvorgänge“, sagt sie. Konventionelle Radfahrende fürchten, von ihnen an den Bordstein gedrängt zu werden oder dass sie sich erschrecken, wenn die schnellen Radler*innen an ihnen vorbeijagen. Eltern sorgen sich zudem um ihre Kinder, wenn Schulstraßen oder Tempo-30-Zonen für S-Pedelecs freigegeben werden.
Die Ursache für all diese Bedenken sind laut der Professorin fehlende Erfahrungen. „S-Pedelecs sind noch eine sehr junge Fahrzeuggattung“, sagt sie und anders als die herkömmlichen Pedelecs sind sie in Deutschland immer noch eine Seltenheit. Allein die mögliche Spitzengeschwindigkeit von 45 km/h schüre Ängste. Sie lacht und sagt: „Es ist paradox, dass man Porschefahrenden zutraut, in einer Tempo-30-Zone 30 km/h zu fahren, S-Pedelec-Fahrern aber nicht.“
Im Rahmen eines Feldversuchs erforscht die Radprofessorin mit Kolleginnen und Kollegen der Hochschule Darmstadt und RheinMain, ob diese Sorgen berechtigt sind. Sie untersuchen, wie schnell die S-Pedelecs tatsächlich unterwegs sind, ob Konflikte auf dem Radweg entstehen und wenn ja, welche. Im Winter 2023 starteten die ersten elf Teilnehmerinnen und Teilnehmer den ersten Testlauf. Der dauert für sie und alle weiteren Gruppen jeweils sechs Wochen. Die Wissenschaftler tracken die GPS-Daten und die gefahrenen Geschwindigkeiten. Nach dem Praxisteil befragen sie die Teilnehmenden dann zum Radwegenetz und zu ihren Erfahrungen mit dem Elektrorad als Pendelfahrzeug.
Die Ergebnisse sollen laut Martina Lohmeier interessierten Kommunen dabei helfen, einen Leitfaden für die Integration von S-Pedelecs in den Alltagsverkehr zu entwickeln. Dazu gehört auch, Kriterien für die Freigabe von Radinfrastruktur für S-Pedelecs zu definieren. Der Leitfaden kommt genau zur richtigen Zeit. Seit vergangenem Sommer dürfen Kommunen in Nordrhein-Westfalen ebenfalls ihre Radinfrastruktur für schnelle Elektroräder freigeben. Das Potenzial ist riesig. Dort wird der Radschnellweg RS1 gebaut. Er soll 100 Kilometer lang werden.


Bilder: www.haibike.de – pd-f, Universitätsstadt Tübingen, www.flyer-bikes.com – pd-f, Stadt Konstanz – Gregor Gaffga