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Cargobike-Sharing ist noch deutlich weniger verbreitet als Zeitnutzungsmodelle für Autos, Fahrräder oder E-Scooter. Stellschrauben gibt es bei den Fahrzeugen, den Zielgruppen – und den Finanzen. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


„Cargobikes sind wie Drogen“, so Tobias Lochen, Gründer von Sharing-Anbieter Sigo. In dieser Hinsicht hätten ihm wohl die meisten Redner*innen auf der Konferenz Cargobike-Sharing Europe am 24. Mai zugestimmt. Wer die fähige Mobilitätsalternative ausprobiert, wird schnell süchtig danach. „Unsere größte Mission muss es sein, die Menschen auf die Cargobikes zu bekommen“, so die Schlussfolgerung von Lochen. Die Sharing-Räder fungieren nicht nur als Einstiegsdroge für private Lastenradkäufe, sondern haben ihre ganz eigene Daseinsberechtigung. Sie lösen ein Problem, das Cargobikes und Autos gemeinsam haben. Beide sind die allermeiste Zeit ungenutzt.
In Köln fand Cargobike-Sharing Europe im Kontext der Polis Mobility auf dem Messegelände statt. Die Veranstaltung sei in der diversen Pendlerstadt gut aufgehoben, so Frederik Strompen. Er vertrat die Stadt Köln und stellte unter anderem das junge Cargobike-Programm der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) vor. Die KVB stellt zunächst 15 Lastenräder in drei Stadtteilen zur Verfügung. In Nahverkehrsabos sind 90 Freiminuten wöchentlicher Nutzung enthalten. Für die reguläre Nutzung fallen 9 Cent pro Minute oder maximal 27 Euro am Tag an. Arne Behrensen von Zukunft Fahrrad, der die Konferenz gemeinsam mit Cargobike.jetzt organisierte, kommentiert: „Wenn Sharing richtig organisiert ist, ist es effizienter. Mehr Leute können verlässlich zu günstigen Konditionen Zugriff auf hochwertige Lastenräder haben. Wenn man sich die KVB-Räder anschaut, wer sich solche Räder privat kauft, den Stellplatz und das Geld hat, das ist ein eingeschränkter, kleiner Kreis in der Großstadt. Das ist für KVB-Kunden eine interessante Sache.“

Auf der Konferenz waren einige Anbieter mit Ausstellungsrädern vertreten. Einspurige Lastenräder sind bei Sharing-Angeboten die Norm.

Knackpunkt Geld

Viele offene Fragen im Kontext geteilter Lastenräder betreffen die Finanzierung. Ein Podium zu der kon-troversen Geldfrage wurde sich nicht einig, ob Lastenrad-Sharing überhaupt kostendeckend oder profitabel betrieben werden muss. An einigen Orten ist der öffentliche Nahverkehr schließlich auch nicht kostendeckend. Gerade in der Implementierungsphase können öffentliche Subventionen helfen, Cargobike-Sharing ins Rollen zu bringen. „Das Schlagwort des Tages war für mich ,profitable public fundingʹ. Man kann nicht groß Geld verdienen mit Cargobike-Sharing. Es braucht eine öffentliche Finanzierung, aber die muss natürlich im Sinne der Gesellschaft investiert sein“, so Arne Behrensen. Öffentliches Geld hat den Nachteil, dass es bei politischen Veränderungen auch wegfallen kann und damit die Sharing-Projekte weniger resilient macht. In jedem Fall sei es wichtig, dass Lastenrad-Sharing günstiger als die Pkw-Alternative ist, um konkurrenzfähig zu sein. Der Markt für geteilte Lastenräder ähnele insgesamt eher dem Car- als dem Bike-Sharing. Das Transportieren der Räder innerhalb einer Stadt spielt eine deutlich geringere Rolle als bei gewöhnlichen Sharing-Rädern. Durch die längere Nutzungsdauer passiert es seltener, dass die Menschen die Räder unsauber und hastig parken.
Als soziale Innovation gibt es zudem Projekte, die Lastenräder kostenlos ausleihbar machen. Im Forum Freie Lastenräder sind Anbieter von insgesamt 1100 solcher Lastenräder organisiert. Diese können anstelle von ökonomischer Logik politischen und sozialen Zielen folgen. Projekte wie fLotte Berlin (und Brandenburg) bedienen nicht nur die Stadtzentren, sondern auch eher außerhalb gelegene Viertel. Das Land Brandenburg unterstützt solche Vorhaben mit einer besonderen Kaufprämie. 70 Prozent der Anschaffungskosten trägt die Regierung, wenn ein Cargobike öffentlich nutzbar ist, also als Commons funktioniert.

„Man kann nicht groß Geld verdienen mit Cargobike-Sharing. Es brauchte eine öffentliche Finanzierung, aber die muss natürlich im Sinne der Gesellschaft investiert sein.“

Arne Behrensen, Zukunft FAhrrad

Identifikationsobjekt Lastenrad

Entstanden war das Forum Freie Lastenräder im Nachgang des Pionierprojekts „Kasimir“, das freie Lastenräder in Köln anbietet. Mit Ausnahme eines historischen, dreirädrigen Kasimir-Lastenrads waren lediglich einspurige Modelle bei der Konferenz ausgestellt. Die Branche scheint sich einig zu sein, dass diese intuitiver nutzbar sind. Insgesamt ist die Suche nach dem perfekten Sharing-Rad aber noch nicht abgeschlossen. Die Räder sollten noch weniger wartungsintensiv werden.
Viele herkömmliche Hersteller sehen gerade noch nicht den Anlass, ein speziell fürs Sharing gedachtes Lastenradmodell zu entwickeln und zu produzieren, so Anita Benassi, Projektleiterin bei der „Transportrad Initiative Nachhaltiger Kommunen“. Gegen Vandalismus gab es einen praktischen Vorschlag. Lokale Inhalte, die das Lastenrad schmücken, helfen den Menschen, sich mit den Fahrzeugen zu identifizieren und sie zu schützen.
Sich mit dem Lastenrad zu identifizieren, gelingt Familien mit kleinen Kindern, der klassischen Zielgruppe von Lastenrädern, besonders gut. Im Marketing sollten Unternehmen sich also eher auf weniger offensichtliche Zielgruppen konzentrieren, so Jaron Borensztajn von Cargoroo. Das können Geschäftsinhaber, Menschen mit Hunden, Studierende oder ältere Menschen sein. Durch eine diversere Gruppe an Nutzer*innen entstehen gleichmäßigere Auslastungen. Sharing-Anbieter können Trainings anbieten und Botschafter in verschiedenen Zielgruppen finden. Lastenrad-Sharing kann sogar in kleinen Städten funktionieren. Das zeigen Erfahrungen aus der Schweiz, wo geteilte Mobilitätsangebote eine längere Tradition haben. Handlungsfelder gibt es also einige. Und auch klassischere Sharing-Angebote könnten sich im Vergleich zu den Cargobikes neu positionieren. „Wieso sollten die normalen Bikes im Bike-Sharing nicht auch eine Cargo-Komponente haben?“, fragt Arne Behrensen. Einige von ihnen arbeiten bereits mit größeren Gepäckträgern und gesteigerten Transportkapazitäten.


Bild: Sebastian Gengenbach

Die letzte Meile mit dem Lastenrad ist bereits Alltag für Logistiker. Wichtiger Umschlagplatz dafür sind Mikrodepots wie das der DB am Berliner Alexanderplatz. Anbieter sowie die Nutzer DPD und CityLog sagen: Das Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft – und wollen weiter ausbauen. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


Das Mikrodepot dient als letzter oder erster Umschlagpunkt für Sendungen, die meist per Cargobike räumlich nah ausgeliefert werden. Diese Zustellungsform gehört zu den emissionsfreien Lösungen im Wirtschaftsverkehr und könnte langfristig sogar betriebswirtschaftlicher Kostensenkung dienen. Seit 2021 stellt die Smart City DB dafür eigene Immobilien bereit. Der Standort am Alexanderplatz liegt unter einem historischen S-Bahnbogen. Die Stromversorgung des nur 40 Quadratmeter großen Areals wird durch Solaranlagen unterstützt. Als „Multi-User-Depot“ wird es von der DPD und der CityLog gemeinsam genutzt.

Bis zu 80 Pakete können mit einer Cargobike-Ladung zugestellt werden.

Emissionsfreie B2B-Lieferung fürs Handwerk

Wer die Anlieferung der ersten Pakete für die CityLog live erleben will, muss früh aufstehen. Deren Muttergesellschaft, die GC-Gruppe, ein Verbund europäischer Großhandelsunternehmen, bietet Waren im Bereich Sanitär, Heizung und Energie für eingetragene Handwerker. „Für unsere Kunden ist wichtig, dass wir aufgrund unserer Zustelldisposition sagen können: Der Fahrer kommt voraussichtlich 7:15 Uhr. Wenn jemand auf der Baustelle im siebzehnten Stock arbeitet, braucht er eine Weile, bis er unten ist“, erläutert Franz Hollfelder, Last-Mile-Manager. Wer am Vortag online bestellt, erhält seine Waren per Cargo Bike am nächsten Morgen. „Wir machen zuerst die Feindisposition im Softwaresystem, das optimale Touren auf das Smartphone spielt“, sagt Hollfelder. „Sie zeigen dem Zusteller Schritt für Schritt, wo er als Nächstes hinmuss.“ Weil das nicht immer mit der aktuellen Baustellenlage vor Ort übereinstimmt, kann nachjustiert werden.
Für ihre Transporte setzt das Unternehmen auf das Schwerlastenrad „Bring S“ des Augsburger Herstellers Bayk. Das dreirädrige Cargobike schafft eine Zuladung von bis zu 250 Kilo und fasst 1,4 Kubikmeter. Bayk betreibt in der Kommunikation mit CityLog die Weiterentwicklung der Fahrzeuge. „So kriegen wir zum Beispiel andere Scheiben und eine Vollfederung auf die Hinterachse. Das sind Sachen, die wir im täglichen Bedarf festgestellt haben.“ In der Praxis schaffen die Akkupakete rund 35 Kilometer. Deshalb wünscht man sich ebenso die Entwicklung leistungsfähigerer Akkus. Aber es gibt auch indirekte Wünsche an Politik und Verkehrsplaner. Hollfelder: „Innerstädtische Verkehre sind nicht überall auf fahrradgeeignete Wege ausgelegt. Es gibt Baustellen und Fahrspurverengungen. Wobei wir damit besser zurechtkommen als die Autofahrer. Und wir sind nicht alleine unterwegs: Andere Logistiker, Radfahrer, Autofahrer sowie Fußgänger teilen sich die Infrastruktur. Dass man sich die entsprechenden Freiräume und Plätze lässt, ist ein Lernprozess für alle.“
Im Durchschnitt werden etwa 1000 Stopps pro Tag angefahren. „Wenn man das hochrechnen würde, was wir sonst mit Lkws fahren, ist das schon eine signifikante Einsparung. Unabhängig davon, dass der Betrieb eines Fahrrads kostengünstiger ist als der eines Lkws.“
Die CityLog ist in zehn deutschen Städten präsent. Neben dem DB-Depot am Alexanderplatz werden sechs weitere Standorte in Berlin genutzt. Weil die Miete günstig ist, sind sie oft in den Abholexpressmärkten („Abex“) für Handwerker eingebaut. „Das Mikrodepot am Alex war ein Glücksfall“, schwärmt Hollfelder.
Elf Mitarbeiter sind in Berlin bisher beschäftigt. Zu den Herausforderungen gehört auch das Thema Fachkräftemangel. Hollfelder: „Arbeit im Freien, das merkt das Handwerk und das merken wir, ist kein sehr beliebtes Arbeitsumfeld. Mitarbeiter sind den Witterungsbedingungen ausgesetzt. Bei 30 oder 40 Stopps jedes Mal aussteigen, ob Regen, Schnee oder Hagel.“

Anton Auras, DPD-Zusteller:

„Für uns Fahrer ist das Cargobike eine absolute Erleichterung in der Berliner Innenstadt. Zum Beispiel mit den Einbahnstraßen, wie vorm Roten Rathaus, wo man vorne nicht richtig mit dem Auto reinkommt.
Ich kann über den Alexanderplatz fahren und in die kleinen Gassen. Das Lastenrad steht nicht im Weg oder in zweiter Reihe, sondern kann auf Fußgängerwegen parken. Auch die Zustellgeschwindigkeit ist in der Innenstadt besser als mit einem großen Sprinter. Und mit dem ONO habe ich sogar ein Dach überm Kopf, wenn es regnet.“

160 Privatpakete pro Lastenradtour

Etwas später trifft der DPD-Sprinter am Depot ein, der die Pakete für Privatkunden liefert. Zwischen 9 und 10 Uhr findet zügig der Umschlag statt, das Einsortieren der Pakete. Mit einer Cargobike-Ladung können im besten Fall rund 80 Pakete zugestellt werden. Zwei Mal täglich rollen zwei ONO-Bikes ab Depot zur Auslieferung los, damit die Auslieferer bei ihrer Zustellungstour auf die Menge kommen. „Dabei versuchen wir, ein maximales Gewicht von 25 Kilo einzuhalten“, erklärt Thomas Ihrke, Projektkoordinator der DPD. Pakete sollen möglichst klein sein und der so genannte Stoppfaktor, die Anzahl der Pakete je Stopp, möglichst hoch. „Es kommt vor, dass ein Fahrer 120 Stopps mit dem Lastenrad schafft. Multipliziert mit dem Stoppfaktor – mal bekommt ein Kunde auch zwei Pakete – können das an einem Tag schon mal 160 Pakete sein.“
Eine Voraussetzung bei der Suche nach neuen Mikrodepots ist, dass sie in Gebieten liegen, in denen der Privatkundenanteil hoch ist. Das Einzugsgebiet um den Alex gäbe noch ein drittes oder viertes Lastenrad her. Dabei stößt die Kapazität der geteilten Nutzung im Depot allerdings an räumliche Grenzen. Denn die Transporter werden über Nacht verschlossen, um sie vor Vandalismus zu schützen. Ihrke sagt: „Denkbar wäre die Anmietung von Stellplätzen etwa im nahen Parkhaus. Wir brauchen gute Flächen, deren Miete kostendeckend ist, sonst rechnet sich das nicht.“

Standorte hochfahren, betreiben und lernen

Mit dem zweiten Berliner Standort am Alex setzt die Smart City DB den Aufbau eines innerstädtischen Depot-Netzwerks auf eigenen, städtischen oder privaten Flächen fort. Smart-City-Mann Jan Kruska erklärt zum Vorhaben: „Wir verstehen uns als Infrastrukturunternehmen und gehen damit auf Entdeckungsreise. Wir wollen die Mikrodepots hochfahren, betreiben und lernen. Daraus wollen wir ein Betriebskonzept schreiben, das an allen Bahnhöfen eine Option darstellt.“ Hintergrund für neue Mikrodepot-Entscheidungen der Smart City bleibt auch die Unterstützung und Zusage der Kommunen.

Daniel Weiker, CityLog-Fahrer

„Ich fahre von montags bis freitags Pakete aus. Offizieller Start ist um 6:30 Uhr. Wir beladen Heizungs- und Sanitärartikel für Firmensitze oder Baustellen. Für meine Tour nutze ich die Logistik-App Connect Transport. Da klickt man sich von Stopp zu Stopp durch. Vorher plane ich die Route für Berlin am Computer, da kann ich Feinheiten für die Tour optimieren. Wir benutzen Radwege. Sind Radwege unzumutbar, dann die Straße. Das Feedback ist größtenteils positiv. Anfangs kamen sogar Leute und haben Selfies mit dem Lastenrad gemacht.“

Berliner Studie erkennt Potenziale, Logistiker preschen vor

Vielversprechend sind erste Ergebnisse der Mikrodepot-Studie des Landes Berlin, die das Fachmagazin Logistra nennt. Demnach zeigt die Analyse der Stadträume, dass Mikrodepots ein hohes Potenzial besitzen. Wichtig seien gemischte Ansätze mit Single- oder Multi-User-Konzepten wie am Alex. Hinzu kommt das Zusammenspiel von privaten und öffentlichen Playern. Gerade wo es um die Verfügbarkeit von Flächen gehe, kommen Länder und Kommunen, Groß- und Einzelhändler sowie Parkhausbetreiber ins Spiel.
Nach den ersten Erfahrungen blicken auch die Logistiker am Alex positiv in die Zukunft der Mikrodepots und setzen auf deren Ausbau. So ist CityLog mit Smart City in anderen Locations in Hamburg, Köln und Bremen präsent. Franz Hollfelder sagt: „Wir stellen bereits Fahrräder zur Verfügung, ohne dass wir eine Auslastung haben. Unser Gesellschafter ist stark dabei, uns für noch mehr Städte zu begeistern. Bis Ende 2024 wollen wir in Österreich, der Schweiz und Frankreich präsent sein. Wir sind am Anfang einer Entwicklung und werden Ende nächsten Jahres in Deutschland zwischen 60 und 80 Cargobikes auf der Straße haben.“
Die DPD will in der Hauptstadt bis 2030 emissionsfrei zustellen. „Darin ist das Thema Lastenrad Teil eines Gesamtkonzepts“, sagt Thomas Ihrke. Über Modellstufen ist man längst hinaus, versichert der Projektleiter: „Wir sind in Berlin gestartet und sind hier schon mit 29 Lastenrädern unterwegs. Und wir machen in jedem Fall weiter.“

Niedrigschwelliges Konzept

Interview mit Jan Kruska, Smart City, DB

Was sind die Pluspunkte von Mikrodepots?
Es gibt keine exklusiven Endladestationen in den Städten. Das große Fahrzeug braucht Platz zum Halten am jeweiligen Empfangsort. Die stehen oft in zweiter Reihe. Aus kommunaler Sicht haben wir damit ein Verkehrsflussproblem gelöst. Für Unternehmer, die Strafzettel erhalten, ist das ein finanzielles Thema. Mit einem Lastenrad haben sie das alles nicht: Sie können vorfahren, kleine Parkecken nutzen oder handbetrieben im Schritttempo bis zur Haustür rollen. Im hoch verdichteten Gebiet haben wir im Zustellprozess einen Zeit- und Kostenvorteil. Hinzu kommt, dass Fahrerinnen und Fahrer keinen Führerschein benötigen. Damit können neue Arbeitskräfte im Logistikbereich aufgenommen werden, die bisher nicht möglich waren. Betriebswirtschaftlich wird es immer interessanter in Richtung Vergleichsgröße des bestehenden Sprintermodells.

Welche Rolle spielt die Smart City DB bei der Einrichtung?
Bei den Depots schauen wir vermehrt auf unsere Immobilien. Das Verlockende an unserem Konzept ist, dass wir niedrigschwellig einsetzen. Baulich ist ein Depot ein sehr einfaches Konzept. Wir haben hier nur 40 Quadratmeter. In NRW bauen wir gerade an 400. Da sieht man die Spannbreite. Auch am S-Bahnhof Messe Nord, am Omnibusbahnhof ZOB, wollen wir einen Standort eröffnen. Daran merkt man, dass Begriffe wie Messegelände oder Busbahnhöfe eine gute Mischnutzung zum Thema Logistik bekommen. Wir erleben eine gewisse Renaissance des Güterbahnhofs in Verbindung mit städtischem Umfeld.
Die Umsetzung machen wir immer mit den Kommunen, die in dem Segment nicht unbedingt Fachwissen mitbringen. Fördervorhaben vom Bund und der EU kommen als „positive Störfaktoren“ hinzu. Am Ende versuchen wir, einen Plan zu erstellen. Was wir vorantreiben wollen, ist die Vernetzung, indem wir bundesweit mit allen Akteuren in den Dialog treten. Auf der städtischen wie auf der Nutzerseite. So waren die Berliner mal in Hamburg, um zu berichten, damit die nicht alles noch einmal erfinden müssen.

Waren besondere Abstimmungen am Alex nötig?
Wir haben uns im Vorfeld abgestimmt mit dem Senat und dem Bezirk Mitte. Rein praktisch auch mit dem Denkmalschutz. Der wollte das Depot nur zulassen, wenn die historische Baufläche sichtbar ist, die noch in Restfläche vorhanden ist. Sie sehen den Sandstein und den Schaufenstereffekt. Die Logistiker hätten gerne eine Milchglasfolie gehabt. Wir haben als DB gesagt: Man soll sehen, was Logistik ist. Und man soll auch die Cargobikes sehen. Gerade an einem Punkt, wo viele Touristen vorbeikommen, der auch Showcase ist.

Und wie sieht die bisherige Bilanz aus?
Seit 2021 haben wir schon eine gewisse Spielzeit am Alex. Erfahrungswert ist, dass die beiden Nutzer noch dabei sind und ihr Volumen eher gesteigert haben. Abgesehen von kleinen Veränderungen im betrieblichen Ablauf. Und wir sind sehr glücklich, dass eine Langfristperspektive eingebaut ist. Das heißt, dass die Projekte mit Ende des Förderzeitraums fortgeführt werden können. Die Chancen dafür sind größer, wenn ich mit drei, vier Jahren starte. Dann kann auch die Akzeptanz bei Bürgern und Anrainern hergestellt werden. Prinzipiell kann man sagen, dass dieser eher theoretische Ansatz, dass Ware über Nacht in die Stadt kommt, kurz gebrochen wird bei der Zustellung und dann mit einem zweiten, kleineren Fahrzeug zugestellt wird, jetzt durch verschiedene Praxisbeispiele bestätigt ist. 


Info Mikrodepot-Studie:

https://www.berlin.de/sen/uvk/mobilitaet-und-verkehr/verkehrspolitik/forschungs-und-entwicklungsprojekte/laufende-projekte/mikro-depots-1301035.php


Bilder: Wscher, Jan Kruska

Ein Mokka als Kaffeevariante ist kurz und kräftig und macht wach. Mit ganz ähnlichen Attributen lässt sich auch die neue Radmarke Moca beschreiben: Auf nur 120 mm Radstand hat deren Anbieter Messingschlager ein Cargobike realisiert, das trotz kompakter Abmessungen auch große Menschen und große Lasten nicht scheut. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2023, Juni 2023)


Menschen von 1,50 bis 1,95 Meter Größe können auf dem Moca Lasten bis zu 70 kg transportieren, verteilt auf die Front- und Heckgepäckträger. Dabei wurden nicht nur die robusten Gepäckträger für eine entsprechende Belastung ausgelegt. Der Doppelständer bietet beispielsweise mit 100 kg Traglast noch einige Sicherheitsreserven, genauso wie die 4-Kolben-Bremsanlage. Genug Reserven für schwere Lasten bietet zudem der EP6-Cargo-Motor von Shimano samt Batterie mit 630 Wh. Moca legt Wert auf die Feststellung, dass die Räder fertig montiert ankommen und keine weiteren Arbeiten notwendig sind.
Doch Tragfähigkeit ist im Alltag nur eine Qualität, auf die es ankommt. Das Moca bietet darüber hinaus auch eine besonders kompakte Bauweise, die durch einklappbare Pedale und Lenker noch unterstrichen wird. Mit einer Breite von maximal 25 cm passen die Bikes dann in jeden Haus- und Wohnungsflur.


Bilder: Moca

Mit dem Cargoline FS 800 stellt Kettler Alu Rad ein modular aufgebautes Lastenrad vor, das kaum einen Wunsch offen lassen möchte. So ist das elektrisch unterstützte Cargobike für den sicheren Kinder- und Las-tentransport einsetzbar. Mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 250 kg können Einkäufe, Getränkekästen, Kinder etc. mühelos befördert werden. Trotz der hohen Lasten verhält es sich laufruhig und wendig und ist damit stabil und sicher. Dafür ist unter anderem das moderne Lenksystem der ELIAN-Nabe in Verbindung mit einem Federelement unterhalb der Ladefläche verantwortlich. Das Cockpit kann zudem für Fahrerinnen und Fahrer mit einer Körpergröße von 1,60 bis 2,10 m per Schnellspanner angepasst werden. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2021, Dezember 2021)


Orientierung an modernen Verkehrskonzepten

Mit seiner Vielfalt will sich das das Cargoline FS 800 als Alternative zum Automobil etablieren und insbesondere in den Städten eine attraktive Form der Mobilität vorstellen. Dass das Bike bereits viele Menschen überzeugt hat, zeigt sich auch an der Auszeichnung mit dem Red Dot Award, bei dem Funktionalität, Innovationsgrad und Langlebigkeit prämiert wurden, oder dem Eurobike Award in Gold.
Technisch fährt das Bike mit dem Bosch-Motor Cargo Line Cruiser vor und wird von einem 625-Wh-Powertube-Akku mit Energie versorgt (erweiterbar auf 1250 Wh). Neben der Kettenschaltungsvariante gibt es noch eine Version mit Enviolo-Schaltung und eine mit Gates-Riemenantrieb. Gebremst wird mit hydraulischen Scheibenbremsen.


Bilder: Kettler

Cargobikes übernehmen einen immer größeren Anteil der Warenzustellungen in den Stadtzentren. Damit die Fahrerinnen und Fahrer nicht an Baustellen, Umlaufgittern oder zu hohen Bordsteinen scheitern, benötigen sie eine fahrzeuggerechte Navigation. Daran sollten Städte arbeiten. Denn bislang fehlen Anwendern die Daten. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2021, Dezember 2021)


Noch spielen Lastenräder in Innenstädten für den Wirtschaftsverkehr eine relativ kleine Rolle. Nach Einschätzung von Expert*innen und der Bundesregierung ändert sich das in den kommenden Jahren aber rasant. Fast ein Drittel der Waren könnten dann laut Bundesverkehrsministerium mit sogenannten Heavy Cargobikes zum Kunden gebracht werden. Die Infrastruktur ist dafür jedoch vielfach nicht ausgelegt. Momentan bremsen Hindernisse die Fahrerinnen und Fahrer auf vielen Strecken aus. Ansätze für digitale Lösungen gibt es. Das Projekt „SmartRadL“ oder die App „Cargorocket“ helfen dabei, die Routenplanung für Lastenräder zu optimieren.

17,5 %

Weniger als ein Fünftel der vom ADAC
in einer Untersuchung
gemessenen Radwege war
mindestens 1,60 Meter breit.

Pionierarbeit bei der Cargobike-Routenplanung

Steffen Bengel ist Geograf und Projektleiter am Institut für Arbeitswissenschaften und Technologiemanagement der Universität Stuttgart im Bereich Logistik und Fahrradmobilität. Er begleitet bis 2022 in dem Projekt „SmartRadL“ die Entwicklung einer integrierten Softwareanwendung für ein intelligentes Routen- und Auftragsmanagement für Lastenradverkehre. Dafür arbeitet er mit dem Software-Entwickler FLS und dem Logistikunternehmen velocarrier zusammen. Ein primäres Ziel ist, Lastenradlogistikern eine Software an die Hand zu geben, die Hindernisse in der Stadt von starken Steigungen bis zu hohen Bordsteinkanten bei der Routenplanung berücksichtigt und damit die Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Lastenradeinsatzes auf der letzten Meile verbessert. Dafür schaut sich Bengel die Radinfrastruktur genau an und stellt fest: „Auf den Lieferverkehr per Fahrrad sind die Kommunen überhaupt nicht vorbereitet.“ In den Städten ist es bereits heute eng auf den Radwegen. Seit dem ersten Corona-Lockdown sind rund 20 Prozent der ÖPNV-Nutzer und Nutzerinnen dauerhaft aufs Rad umgestiegen. Hinzu kommt, dass immer mehr Zusteller und Dienstleister vom Auto oder Lieferwagen aufs E-Bike oder Cargobike wechseln. Dazu gehören neben Essenszustellern wie Lieferando inzwischen auch Supermärkte wie Rewe oder Lebensmittelzusteller wie Getir, Flink oder Gorillas, die Lieferungen per E-Bike innerhalb von zehn Minuten versprechen. Allein Gorillas hat seit seiner Gründung im Jahr 2020 in neun Ländern ein Netz von 140 Lagern in großen Städten aufgebaut. „Entwicklungen wie diese verstärken den Radverkehr an den Hotspots rund um die Lager zu manchen Tageszeiten um teilweise mehr als 100 Prozent“, sagt Bengel. Es wird also immer enger auf den Radwegen. Außerdem fehlen in den Städten zusammenhängende Netze, und die Radwege, die es gibt, sind oft zu schmal. „Der Automobilclub ADAC hat 2020 in einer Untersuchung in zehn deutschen Landeshauptstädten auf 120 Strecken nachgemessen“, sagt Bengel. Das Ergebnis ist alarmierend. Gerade mal 17,5 Prozent aller gefahrenen Routen entsprachen demnach den Empfehlungen für den Radverkehr und waren mindestens 1,60 bis 2 Meter breit. An sicheres Überholen ist so kaum zu denken.

„Auf den Lieferverkehr

per Fahrrad sind die Kommunen überhaupt nicht vorbereitet.“

Steffen Bengel, Institut für Arbeitswissenschaften
und Technologiemanagement der Universität Stuttgart

Problem erkannt: Daten und Lösungen sind gefragt

In Interviews mit den Zustellern fand Bengel außerdem heraus: Poller, fehlende Bordsteinabsenkungen und Einbahnstraßen bremsen Cargobikes auf ihren Touren immer wieder aus. Aktuell kommen die Fahrerinnen und Fahrer mit den Tücken auf den Strecken klar. „Viele von ihnen sind Fahrradenthusiasten“, sagt Bengel. Sie kennen ihre Stadt, ihre Routen und Schleichwege, die sie selbst mit sperriger Ladung im Heck oder im Anhänger passieren können. Aber je mehr des Wirtschaftsverkehrs aufs Lastenrad verlegt wird, umso wichtiger wird eine zugeschnittene Tourenplanungssoftware. Denn die Hindernisse auf der Strecke sind vielfältig. Manchmal sind beispielsweise die Verkehrsinseln in der Mitte der Straße so schmal, dass die Lastenräder oder ihre Anhänger beim Stopp bis auf die Fahrbahn reichen. Auch in geöffneten Einbahnstraßen kann es für sie bei Gegenverkehr extrem eng werden. Ein Problem sind auch aktuelle Baustellen. Eine Routing-App für Lastenräder könnte diese Aspekte bei der Tourenplanung berücksichtigen. Aber dafür fehlen bislang noch die Daten. „Infrastrukturdaten von Radwegebreiten bis zu Bordsteinhöhen sind entweder gar nicht oder nur sporadisch vorhanden oder nicht frei zugänglich“, sagt Bengel. Das gelte auch für Live-Informationen zu Behinderungen wie Außenveranstaltungen, Baustellen oder Demonstrationen.
Im November 2020 schilderte Steffen Bengel beim Hackathon des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg das Problem mit der Datenlücke. Unter den Expertinnen für Verkehrsgestaltung, Daten-Providern und kreativen Entwicklerinnen waren auch Alexandra Kapp, David Prenninger und Henri Chilla. Die drei kannten einander nicht, wollten aber eine Routing-App für Lastenräder entwickeln. Das Verkehrsministerium in Baden-Württemberg unterstützte ihre Idee mit 25.000 Euro. Der Student und die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen gründeten das Start-up Cargorocket und veröffentlichten im Mai 2021 den bundesweit ersten „Cargobike-Index“, der inzwischen die Lastenradtauglichkeit vieler Straßen in ganz Deutschland zeigt. Ein paar Wochen später folgte ihre App. „Beides sind keine fertigen Produkte“, betont Entwickler David Prenninger. Das Trio habe damit einen Diskurs eröffnen und zeigen wollen, welche Standards Lastenräder brauchen, um als Autoersatz in der Stadt unterwegs sein zu können, und welche Daten für ein Routing notwendig sind.

„Infrastrukturdaten für Cargobikes sind entweder gar nicht oder nur sporadisch vorhanden oder nicht frei zugänglich.“

Steffen Bengel, Universität Stuttgart

Sammeln von Daten in Heimarbeit

Auch sie erkannten schnell: Infrastrukturdaten zu sammeln, ist in Deutschland schwierig. „Die Daten, die beim Bund, den Ländern und Kommunen existieren, sind kaum zugänglich“, sagt Alexandra Kapp, die im Team für die Geodaten zuständig ist. Allein um die Höhen von Baden-Württembergs Bordsteinen zu erfahren, hätten sie in jeder, der mehr als 1.000 Kommunen nachfragen müssen. Um sich Zeit und mögliche Absagen zu ersparen, nutzten sie die freie Weltkarte OpenStreetMap (OSM). „Viele Radwege, Bordsteine, Drängelgitter oder Poller sind dort bereits gemappt“, sagt Kapp. Was fehlt, sind die Informationen zu den Radwegebreiten, wie viel Platz rechts und links der Poller verbleibt oder ob die Oberflächen der Radwege glatt sind oder Holperpisten ähneln. Kurzum, es geht um Straßentypen, Oberflächen und Barrieren. Um die fehlenden Daten zu ergänzen, organisierte das Trio im April 2021 einen sogenannten Mapathon. Das ist ein koordiniertes Mapping-Event, bei dem Freiwillige in ihrer Stadt Informationen über die Wegbeschaffenheit sammeln und zu den OpenStreetMap-Daten hinzufügen.
Das Sammeln der Daten ist bislang Handarbeit. Die Mapper*innen messen vor Ort die Breite der Radwege oder die Höhe der Bordsteine und ergänzen die Werte in der OpenStreetMap. „Für die Barrieren gibt es eigene Tags wie ‚bollard‘ (Poller) oder ‚cycle_barrier‘ (Umlaufgitter)“, sagt Kapp. Neben der Art der Barriere kann zudem die maximale Breite über „width“ oder „maxwidth:physical“ sehr genau getaggt werden. Das System von OSM sei selbsterklärend und funktioniere gut, sagt Kapp. In Ulm wurde seit dem Mapathon aus ihrer Sicht relativ viel gemappt. Für 26 Radwege wurden die Daten ergänzt. „Die Tag-Vollständigkeit ist dort von 20 auf 32 Prozent gestiegen“, sagt Kapp. Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch: 68 Prozent der Radwege bleiben ungemappt.

Kommunen leisten mit einer geeigneten Infrastruktur und den nötigen Daten einen wichtigen Beitrag, um den Einsatz von Cargobikes im Wirtschaftsverkehr zu erleichtern.

Vorausschauende Planung durch Kommunen nötig

Die Standards, die Cargorocket entwickelt hat, inspirieren auch Steffen Bengel und sein Team für ihre Routingsoftware. Außerdem profitieren sie von den neuen Daten in OSM, die seit dem Mapathon hinzugekommen sind. Das gilt für alle Anbieter von Tourenplanungssoftware, die OSM nutzen. Hier wünscht sich Bengel künftig deutlich mehr Unterstützung durch die Kommunen. Denn indem sie ihre Daten zur Radwegeinfrastruktur zur Verfügung stellen, machen sie den Einsatz von Cargobikes im Wirtschaftsverkehr wesentlich leichter. „Am besten werden die Daten in ein offenes, bewährtes System wie OpenStreetMap eingespeist“, sagt Bengel. Dort kann jeder auf die Daten zugreifen und weitere Tools zum Einsatz von Lastenrädern für Gewerbetreibende oder auch für Privatleute entwickeln. Neben dem Routing ist für ihn auch das Parken beim Kunden relevant. „Momentan halten die Zusteller je nach auszuliefernder Ware alle 50 Meter auf dem Gehweg“, sagt er. Erreicht die Radlogistik tatsächlich einen Marktanteil von 30 Prozent der Warenzustellung in der Innenstadt auf der letzten Meile, kann das zum Problem werden. Um das Zuparken von Gehwegen durch Zusteller*innen auf Cargobikes zu vermeiden, sollten die Kommunen jetzt Strategien entwickeln, um das Parken in der Innenstadt zu erleichtern.

Fazit und Aufgaben

Dass der Anteil von Cargobikes am Gesamtverkehr steigt, ist notwendig, absehbar und gewünscht. Auch der Boom der Logistik durch E-Commerce und neue Lieferservices wird nach Meinung der Experten weitergehen. Projekte wie SmartRadL und Cargorocket helfen Radlogistikern dabei, die Vorteile der Cargobikes auf der Kurzstrecke effektiver auszuspielen. Die Kommunen können und sollten sie unterstützen, indem sie die passende Infrastruktur für Cargobikes von Lieferdiensten und privaten Anwendern in der Planung ab sofort immer mitdenken. Das gilt für die Erhebung und Freigabe von Infrastrukturdaten ebenso wie für die Planung von ausreichend bemessenen Radwegen oder Stellflächen im gesamten Stadtgebiet.


Cargorocket:
OpenStreetMap plus X

Die meisten Straßen im Cargobike-Index basieren weiterhin ausschließlich auf OSM-Datenmaterial. Das heißt: Sämtliche Straßen von der Bundesstraße über den Fußweg bis zum Feldweg sind dort erfasst. Die App Cargorocket übersetzt mit ihrem Index jede Straßenkategorie in eine Empfehlung für Lastenräder. Die App ermittelt dann anhand dieser und der getaggten Daten die beste Strecke durch die Stadt.


Bilder: stock.adobe.com – antoine-photographe, Steffen Bengel, Cargorocket

Als Alternative zu Transportern oder Lkws setzt auch der Logistikspezialist DB Schenker in Städten auf Lastenräder. Mehr als nur ein Hingucker in der Hamburger Cargobike-Flotte ist dabei das 6,50 Meter lange XXL-Lastenrad von Cargo Cycle. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2021, Juni 2021)


Innerhalb des Smart-Cities-Programms sind verschiedene Schwerlastbikes für DB Schenker in Berlin und Hamburg unterwegs. Ein nicht nur optisches Highlight ist dabei das intern „langer Lulatsch“ genannte Cargobike der Hamburger Lastenrad-Manufaktur Cargo Cycle. Eine halbe Tonne Nutzlast lässt sich mit dem 6,50 langen „Megaliner unter den Lastenrädern“ transportieren. Trotz der Länge verspricht Christian Rusche, Gründer von Cargo Cycle und Konstrukteur des motorunterstützten Cargobikes, eine überraschend hohe Wendigkeit. Das Unikat fährt seit 2019 durch die Hansestadt und hat dabei inzwischen über 4.000 Kilometer zurückgelegt. Neben dem praktischen Nutzwert ist sicher auch die Werbewirkung nicht zu unterschätzen. So greifen viele Passanten fast reflexartig zum Smartphone, wenn sie den Lastentransporter sehen.

DB Schenker liefert inzwischen vor allem in französischen Städten auch per Cargobike aus, zum Beispiel in Straßburg, Nizza und Lille. Mehr als 120.000 Lieferungen finden pro Jahr alleine in Frankreich umweltfreundlich statt. Darüber hinaus sind Lastenräder international auch in weiteren großen Städten für DB Schenker im Einsatz, zum Beispiel in Norwegen, Finnland, Schweden und Österreich.

Das Standardmodell und die Basis für das XXL-Rad ist das Cargo-Cycle-Modell Nanuk. Lieferbar in verschiedenen Varianten mit und ohne Nabenmotor und mit einer Nutzlast von 200 kg.

Bilder: Deutsche Bahn AG / Max Lautenschlaeger

Schwerlastfahrräder haben ein enormes Potenzial, den urbanen Wirtschaftsverkehr nachhaltig zu verändern. Mit neuen, hochbelastbaren Komponenten ausgerüstet liefern sie gute Argumente für die Ergänzung oder Umstellung des Warentransports: kompakt, flexibel, umwelt- und klimafreundlich, verlässlich und günstig in Anschaffung und Unterhalt. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2021, Juni 2021)


Dreirädrige Lastenräder mit Motor gab es schon zur Jahrhundertwende. Unterwegs: Fotograf August F.W. Vogt (1871-1922) im Jahr 1905 in Amsterdam.

Natürlich kann man nicht jede Fahrt mit dem Lkw, Sprinter oder Hochdachkombi im Wirtschaftsverkehr ersetzen. Andererseits zeigen Studien und Beispiele aus der Praxis, wie gut sich sogenannte Schwerlastfahrräder oder Heavy Cargobikes für urbane Regionen eignen und wie viele Fahrten sich damit vergleichsweise leicht und wirtschaftlich sinnvoll verlagern lassen. Schon vor Jahren schätzten Experten das Verlagerungspotenzial auf rund 20 Prozent der Fahrten. Angesichts neuer Erkenntnisse, entscheidender Verbesserungen der Fahrzeuge und einem zunehmenden Bewusstseinswandel schätzt der Radlogistik Verband Deutschland (RLVD) das Potenzial inzwischen sogar auf bis zu 30 Prozent, eine Einschätzung, die auch die Politik inzwischen teilt.

Hohe Anforderungen an die Technik erfüllt

Die Technik für Lastenräder befindet sich mittlerweile auf einem hohen technischen Niveau. Insbesondere bei Schwerlasträdern werden Komponenten wie Antrieb, Bremsen und Fahrwerk ständig weiterentwickelt, denn die Anforderungen sind extrem, vor allem im täglichen Lieferverkehr. „Schwerlastfahrräder unterscheiden sich maßgeblich von Cargobikes im privaten Sektor und müssen höchsten Beanspruchungen standhalten“, sagt Dirk Stölting, Head of Marketing & Design der Pinion GmbH aus Denkendorf bei Stuttgart. „Nutzungsintensität und Wirtschaftlichkeit erfordern entsprechende Komponenten.“ Pinion hat sich als Hersteller besonders leistungsfähiger, hochbelastbarer und gleichzeitig praktisch wartungsfreier Getriebeschaltungen seit der Gründung 2008 einen Namen in der Fahrradbranche gemacht. Das Ziel der beiden Pinion-Gründer und ehemaligen Porsche-Ingenieure Christoph Lermen und Michael Schmitz war von Beginn an das Beste aus Automobil- und Fahrradtechnologien zu verbinden. So entstand ein am Tretlager untergebrachtes vollständig abgedichtetes High-End-Getriebe. Zusammen mit Partnern aus der Radlogistik haben die Pinion-Macher die besonderen Anforderungen im Bereich professioneller Lastenräder eingehend untersucht und so eine noch mal robustere Produktlinie mit einigen Ex-tras für den besonderen Einsatzzweck, wie zum Beispiel einen Neutralgang entwickelt. Bei der neuen T-Linie, die für Transport steht, wurden laut Pinion sämtliche Bauteile auf sehr hohe Laufleistungen, geringen Verschleiß und maximale Beanspruchung ausgelegt. „Das Besondere am Getriebe ist, dass sich die Gänge auch bei hohen Nutzlasten in jeder Situation schalten lassen, ob im Stand oder während dem Pedalieren“, erläutert Dirk Stölting. „Bei plötzlichen Stopps oder beim Anfahren an Ampeln ist das ein enormer Vorteil.“ Dazu kommt, dass das Getriebe auf bis zu 250 Newtonmeter Eingangsdrehmoment ausgelegt ist und keinerlei Einstellung oder Justage benötigt. „Alle 10.000 Kilometer ein Ölwechsel – mehr muss man nicht tun“, so Stölting. „Zudem bieten wir auch Servicekonzepte für Gewerbekunden, wie zum Beispiel eine lebenslange Verlängerung der Mobilitätsgarantie.“ Für den Pinion- Launchpartner Tricargo sind das ganz wesentliche Anforderungen, denn professionelle Fahrer*innen bringen mehr Kraft mit und haben, wie in anderen Berufszweigen, ganz andere Ansprüche an die Robustheit ihres Arbeitsgeräts. Die konkreten Herausforderungen kennt das Hamburger Unternehmen Tricargo sehr genau. Zum einen als lokaler Dienstleister für Radlogistik und zum anderen als Entwickler und Flottenhersteller des Schwerlast-Cargobikes „Lademeister“.

Profi-Cargobikes passen in die Zeit und hervorragend zu wieder lebenswerten Städten und Quartieren.

Innovationen aus der Garage für die Straße

Viele heutige Marktführer haben mit neuen Ansätzen und neuem Denken quasi „aus der Garage heraus“ Innovationen entwickelt, die unser Leben verändert haben und heute nicht mehr wegzudenken sind. Bemerkung am Rande: Auch Apple hat in einer Garage angefangen und dem Zitat von Steve Jobs, „Computers are like a bicycle for the mind“, folgend, sollte sein erster kommerzieller Computer nicht nach der Apfelsorte „Macintosh“, sondern schlicht „Bicycle“ heißen.
Auch Tricargo ist aus einer Garage heraus entstanden, mit dem Anspruch, genau den Service anzubieten, der im Hamburger Umfeld benötigt wird: flexible und nachhaltige Logistik per Fahrrad. Wobei die Idee nicht neu, sondern nur in Vergessenheit geraten ist. Bis zum Zweiten Weltkrieg gehörten Lastenräder für den günstigen Transport von Waren und Gütern und dem Verkauf auf der Straße nicht nur in den europäischen Städten zum alltäglichen Bild. Begonnen hat die Renaissance der Lastenräder mit der Entwicklung leistungsfähiger Lithium-Ionen-Akkus, die sich heute praktisch überall finden, und der Kombination mit entsprechend leistungsstarken Komponenten. Dazu kommen Aufbauten, die sich an den industriellen Standard-Industriemaßen von Paletten und Kisten und die einfache Beladung per Hubwagen orientieren. Was in der Theorie einfach klingt, führte vor allem in der ersten Zeit zu Problemen, die aber inzwischen gelöst sind. „Die Beschaffenheit des Materials und die Verarbeitung und Stabilität der Komponenten sind enorm wichtig für die Haltbarkeit des Rades und die Sicherheit des Fahrenden“, betont Heinrich Berger von Tricargo. Das gab letztlich auch den Ausschlag zur Entwicklung eigener Lastenräder, zuerst für den Eigenbedarf, aber natürlich mit dem Ziel, auch andere davon profitieren zu lassen. So entstand der sogenannte Lademeister als robustes Nutzfahrzeug, das zuverlässig tägliche Transportaufgaben erledigt. „Im Lademeister stecken mehr als 150.000 Kilometer Praxiserfahrung aus unserer Radlogistik“, erläutert Heinrich Berger. „Dort entwickelten und testeten wir den Lademeister für die Feinverteilung von Gütern auf der letzten Meile.“ Die Pedalkraft wird beim Lademeister mittels Pinion-Getriebe übersetzt und wirkt auf das rechte Hinterrad. Zusätzlich unterstützt ein 250-Watt- Elektromotor in der Vorderradnabe bis 25 km/h. Rechtlich ist das große zweispurige Rad damit ein Pedelec und dem Fahrrad gleichgestellt. Die Vorteile: Fahrer*innen benötigen keinen Führerschein und können überall dort fahren, wo auch einspurige Fahrräder gemäß StVO unterwegs sein dürfen. Auch das Parken auf dem Fußweg ist erlaubt. Die Geschwindigkeit reicht laut Heinrich Berger völlig aus, nur bei der zugelassenen Leistungsangabe, also der Watt-Zahl im Dauerbetrieb, würde er sich eine schnelle Änderung der EU-weit gültigen Regularien wünschen. „In Regionen wie Hamburg, Köln oder Bonn, wo sich unsere Räder im Einsatz befinden, kommen wir mit 250 Watt Motorunterstützung gut klar, aber wir müssen auch an Regionen mit anspruchsvolleren Topografien denken. Deshalb setzen wir uns, wie die Verbände, für die Anhebung der Leistungsgrenze ein.“

„In Regionen wie Hamburg, Köln oder Bonn kommen wir mit 250 Watt Motorunterstützung gut klar, aber wir müssen auch an Regionen mit anspruchsvolleren Topografien denken.“

Heinrich Berger, Tricargo

Profi-Lastenräder sind eine echte Alternative

Ansonsten habe man inzwischen ein sehr ausgereiftes Produkt, das sich in der harten täglichen Praxis bestens bewähre. Dafür sorgen beispielsweise ein hochstabiler Stahlrahmen, der in der Nähe von Osnabrück speziell für Tricargo gefertigt wird, sowie Räder und Scheibenbremsen aus der Motorradtechnik. Das ist wichtig, denn das zulässige Gesamtgewicht beträgt 425 kg, bei einer Nutzlast von 210 kg. Wer den Zustand der Radwege und die Vielzahl der Hindernisse wie Bordsteinkanten kennt, kann sich die Belastungen im Alltag gut vorstellen. „Auch wenn Profi-Lastenräder damit in der Anschaffung teurer werden, die hohe Qualität wirkt sich auf die Zuverlässigkeit, die Standzeiten der Komponenten und die Haltbarkeit der Räder insgesamt positiv aus“, sagt Heinrich Berger. Das mache sich vor allem mit Blick auf die Gesamtkosten, also die Total Cost of Ownership (TCO) der Lastenräder bemerkbar. Deshalb setzt Tricargo seit jeher unter anderem auch auf das Pinion-Getriebe. Als Launchpartner von Pinion nutzen die Hamburger erste Serienmodelle des neuen Lastenradgetriebes mit großer Begeisterung schon seit über 10.000 Kilometern. „Nicht die Idee des Lastenradtransports an sich macht den Erfolg und eine Revolution im Wirtschaftsverkehr möglich, sondern die Kombination hochleistungsfähiger Komponenten“, betont Berger. „Ich bin davon überzeugt, dass wir gerade einen Durchbruch erleben. Cargobikes mit neuer Technik sind eine echte Alternative, nicht irgendwann in der Zukunft, sondern jetzt.“

Neue Geschäftsmodelle und Chancen

Auch veränderte Kundenerwartungen und neue Geschäftsideen dürften den Markt künftig weiter befeuern. Zu den Abnehmern des Tricargo Lademeisters gehört beispielsweise das im Raum Köln/Bonn tätige wertegetriebene Unternehmen „Himmel un Ääd“ – analog zum rheinischen Gericht Äpfel (Himmel) und Kartoffeln (Ääd/ Erde). Das Geschäftsmodell ruht dabei auf zwei Säulen: Radlogistik und ein Onlineshop für regionale Lebensmittel, die mit dem Lastenrad ausgeliefert werden. Ein weiterer Kunde und gleichzeitig Multiplikator ist die Memo AG. Der Spezialist für nachhaltigen Öko-Bürobedarf mit über 20.000 Produkten im Sortiment legt Wert darauf, dass Bestellungen auf der letzten Meile mit E-Lastenrädern ausgeliefert werden, die ausschließlich Ökostrom als Energie nutzen und so komplett emissionsfrei unterwegs sind. Um das zu gewährleisten stellt das Unternehmen Radlogistikern entsprechend gebrandete Räder zur Verfügung.
Generell sind die Einsatzgebiete von Profi-Cargobikes enorm vielfältig. Aktuell sind sie nicht nur technisch ausgereift, sie passen auch in die Zeit und hervorragend zu wieder lebenswerten Städten und Quartieren. Entsprechende Verbesserungen bei der Infrastruktur vorausgesetzt, zum Beispiel mit mobilen oder stationären Sammelpunkten für Pakete, sogenannten Micro-Hubs/Mikro-Depots, breiten Radwegen und ausreichend großen Park- und Halteflächen, verschiedenen Push- und Pull-Faktoren und neuen gesetzlichen Regelungen könnte hier ein völlig neuer, klimafreundlicher Multimillionen-Markt entstehen. Technologietreiber sind aktuell vor allem kleine und mittelständische Unternehmen. Sie aktiv zu fördern und neuen Entwicklungen für den nachhaltigen Lastentransport keine unnötigen Steine, wie bei der Begrenzung der Motorkraft, in den Weg zu legen, sollte mit Blick auf die Herausforderungen der Zeit eine Selbstverständlichkeit sein. Besonders wichtig für die Zukunft ist laut Experten unter anderem, dass die rechtliche Gleichstellung von Schwerlasträdern bis zu einem Gewicht von 500 kg zum Fahrrad erhalten bleibt. Eine umfangreiche Stellungnahme zum Nationalen Radverkehrsplan 3.0 mit Wünschen an die Politik hat der Radlogistik Verband Deutschland e.V. (RLVD) vorgelegt (www.rlvd.bike/nrvp3punkt0).

Steckbrief Lademeister

Das Schwerlastrad Lademeister von Tricargo ist optimiert für den Transport von Europaletten und allen kompatiblen Kistenformaten. Er lässt sich ergonomisch be- und entladen – auch per Gabelstapler. Die effektive Nutzlast beträgt 210 kg und das zulässige Gesamtgewicht 425 kg, bei 140 kg Leergewicht inkl. Box. Die Reichweite beträgt in der Praxis 40 bis 60 km. Für die Energie sorgt ein Greenpack-Wechselakku mit 1.456 Wh und einer Ladezeit von vier Stunden. Der Vorderradnabenmotor unterstützt mit 250 Watt und verfügt über eine Anfahr- bzw. Schiebehilfe. Die hintere Scheibenbremsanlage sowie die Laufräder kommen aus dem Motorradbau. Die optionale Transportbox hat ein Volumen von 2,17 Kubikmetern, Ladefläche in der Box 1522 × 815 × 1520 mm (L × B × H). Weitere Konfigurationen sind optional verfügbar.

Informationen: www.lademeister.bike
Informationen zur Pinion-Schaltung: www.pinion.eu


Bilder: Tricargo, Wikimedia Commons

„Nicht die Idee des Lastenradtransports an sich macht den Erfolg und eine Revolution im Wirtschaftsverkehr möglich, sondern die Kombination hochleistungsfähiger Komponenten“, betont Berger. „Ich bin davon überzeugt, dass wir gerade einen Durchbruch erleben. Cargobikes mit neuer Technik sind eine echte Alternative, nicht irgendwann in der Zukunft, sondern jetzt.“

Neue Geschäftsmodelle und Chancen

Auch veränderte Kundenerwartungen und neue Geschäftsideen dürften den Markt künftig weiter befeuern. Zu den Abnehmern des Tricargo Lademeisters gehört beispielsweise das im Raum Köln/Bonn tätige wertegetriebene Unternehmen „Himmel un Ääd“ – analog zum rheinischen Gericht Äpfel (Himmel) und Kartoffeln (Ääd/ Erde). Das Geschäftsmodell ruht dabei auf zwei Säulen: Radlogistik und ein Onlineshop für regionale Lebensmittel, die mit dem Lastenrad ausgeliefert werden. Ein weiterer Kunde und gleichzeitig Multiplikator ist die Memo AG. Der Spezialist für nachhaltigen Öko-Bürobedarf mit über 20.000 Produkten im Sortiment legt Wert darauf, dass Bestellungen auf der letzten Meile mit E-Lastenrädern ausgeliefert werden, die ausschließlich Ökostrom als Energie nutzen und so komplett emissionsfrei unterwegs sind. Um das zu gewährleisten stellt das Unternehmen Radlogistikern entsprechend gebrandete Räder zur Verfügung.
Generell sind die Einsatzgebiete von Profi-Cargobikes enorm vielfältig. Aktuell sind sie nicht nur technisch ausgereift, sie passen auch in die Zeit und hervorragend zu wieder lebenswerten Städten und Quartieren. Entsprechende Verbesserungen bei der Infrastruktur vorausgesetzt, zum Beispiel mit mobilen oder stationären Sammelpunkten für Pakete, sogenannten Micro-Hubs/Mikro-Depots, breiten Radwegen und ausreichend großen Park- und Halteflächen, verschiedenen Push- und Pull-Faktoren und neuen gesetzlichen Regelungen könnte hier ein völlig neuer, klimafreundlicher Multimillionen-Markt entstehen. Technologietreiber sind aktuell vor allem kleine und mittelständische Unternehmen. Sie aktiv zu fördern und neuen Entwicklungen für den nachhaltigen Lastentransport keine unnötigen Steine, wie bei der Begrenzung der Motorkraft, in den Weg zu legen, sollte mit Blick auf die Herausforderungen der Zeit eine Selbstverständlichkeit sein. Besonders wichtig für die Zukunft ist laut Experten unter anderem, dass die rechtliche Gleichstellung von Schwerlasträdern bis zu einem Gewicht von 500 kg zum Fahrrad erhalten bleibt. Eine umfangreiche Stellungnahme zum Nationalen Radverkehrsplan 3.0 mit Wünschen an die Politik hat der Radlogistik Verband Deutschland e.V. (RLVD) vorgelegt.

Steckbrief Lademeister

Das Schwerlastrad Lademeister von Tricargo ist optimiert für den Transport von Europaletten und allen kompatiblen Kistenformaten. Er lässt sich ergonomisch be- und entladen – auch per Gabelstapler. Die effektive Nutzlast beträgt 210 kg und das zulässige Gesamtgewicht 425 kg, bei 140 kg Leergewicht inkl. Box. Die Reichweite beträgt in der Praxis 40 bis 60 km. Für die Energie sorgt ein Greenpack-Wechselakku mit 1.456 Wh und einer Ladezeit von vier Stunden. Der Vorderradnabenmotor unterstützt mit 250 Watt und verfügt über eine Anfahr- bzw. Schiebehilfe. Die hintere Scheibenbremsanlage sowie die Laufräder kommen aus dem Motorradbau. Die optionale Transportbox hat ein Volumen von 2,17 Kubikmetern, Ladefläche in der Box 1522 × 815 × 1520 mm (L × B ×H).
Weitere Konfigurationen sind optional verfügbar. Informationen: www.lademeister.bike / www.pinion.eu.

Technisch einzigartig: Als einzige Schaltung am Markt sind Pinion T-Linien-Getriebe optional mit einem Neutralgang ausgestattet. Dieser ermöglicht ergonomisches Rückwärtsrangieren schwerer Cargo-Fahrzeuge.

Text: Reiner Kolberg

Bilder:

Tricargo, Wikimedia Commons, Pinion

Speziell für kleine Unternehmen wie Einzelhändler, Gastronomen, Handwerker, Pflegedienste etc. hat der E-Bike-Spezialist Riese & Müller ein neues Vermietkonzept entwickelt. Unternehmen können vorkonfigurierte E-Cargobikes für drei Monate zum Festpreis von, je nach Modell, 450 Euro oder 550 Euro mieten und diese danach wieder zurückgeben oder übernehmen. „Besonders in der aktuellen Zeit sehen wir einen hohen Bedarf an alternativen Liefermöglichkeiten, gerade für lokale Unternehmen“, so Heiko Müller, Gründer und Geschäftsführer von Riese & Müller. Das neue Konzept soll vor allem für kleine Unternehmen den schnellen und kostengünstigen Umstieg für den Warentransport ermöglichen. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 02/2020, Juni 2020)


Für die Vermietung bietet Riese & Müller die beiden E-Cargobike-Modelle Packster 60 und das größere, vollgefederte Load 75 als vorkonfigurierte Rent-Edition, inklusive Komfort Kit, Box, Persenning, Gepäckträger, zusätzlichem Kettenschloss, RX Chip und stufenloser Enviolo-Nabe mit Riemenantrieb. Beide Cargobikes sind mit einem Bosch-Antrieb und einem 1.000-Wh-Doppelakku ausgerüstet und eignen sich damit auch für weite und hügelige Strecken. Die Vermietung erfolgt in enger Kooperation mit dem lokalen Fachhandel.


Bilder: Riese & Müller

Mit zu den Pionieren bei professionellen Cargobikes zählt das Unternehmen Radkutsche mit seinem dreirädrigen „Musketier“. So wurde das multifunktionale Lastenrad bereits im Jahr 2014 vom ExtraEnergy e. V. als bestes Cargobike ausgezeichnet. Heute gehört es bei Radlieferdiensten mit zum Standard. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 01/2020, März 2020)


Fahrbar und mit wenig Grenzen für Kreativität auf drei Rädern: mobiler Marktstand, Crêperie, Espresso- oder Saftbar etc.

Das rund 2,60 m lange und nur knapp einen Meter breite Cargobike mit handgeschweißtem Stahlrohrrahmen und optisch auffälliger Doppelbrückengabel ist für ein maximales Gesamtgewicht von 300 Kilogramm ausgelegt und kann mit verschiedensten Aufbauten ausgerüstet werden. Von der großvolumigen Transportbox, die eine Europalette aufnimmt und optional auch mit Thermoeinsatz geliefert wird, über ein Gestell für Besen, Abfallkörbe etc. bis hin zu Pritschen, vorkonfigurierten Gastronomieaufbauten oder Rikscha-Lösung.
Einer der Vorteile des Radkutsche-Teams aus Nehren im Kreis Tübingen besteht darin, bei den modaleren Aufbauten mit Handarbeit und jahrelanger Erfahrungen auf individuelle Kundenwünsche einzugehen. Bis hin zu Beschriftungen oder LED-Werbeflächen. Die Cargobikes selbst werden in verschiedenen Ausstattungsvarianten in allen RAL-Farben angeboten – mit oder ohne Motor und mit vielfältigem Zubehör, wie Blinkern und Regenverdeck.


Bilder: Radkutsche