Herr Eisenbach, 2021 ist viel über die Produkte und Ausrichtungen der Messen Eurobike und IAA Mobility diskutiert worden. Wo unterscheiden Sie sich von den anderen?
Der wichtigste Punkt: Die micromobility expo ist systemoffen. Darauf legen wir großen Wert. Wenn wir von Mobilität der Zukunft sprechen, dann müssen wir alles berücksichtigen und mitdenken und uns von den über Jahrzehnte gelernten Kategorien freimachen. Der Kontext wird breiter, das intelligente Zusammenspiel der Fahrkategorien und die komplette Palette der Leichtfahrzeuge wird hochrelevant und kann eine echte Rolle in der Mobilitätswende spielen.

Micromobility Expo - Florian Eisenbach

„Es geht um die Neuerfindung der Mobilität”

Florian Eisenbach, micromobility expo

Bei der Premiere 2019 drehten sich viele Gespräche ja noch um die damals neue Kategorie der E-Kickscooter. Was verändert sich 2022?
Durch den Neuigkeitswert haben die Scooter relativ viel Raum eingenommen, aber auch 2019 ging es schon um viele andere Produkte, Dienstleistungen und Lösungsanbieter, zum Beispiel Lastenräder für Business-Anwender, Microcars, E-Mopeds, Sharing-Systeme und allgemein Mobility as a Service. Diese Bereiche werden in diesem Jahr deutlich stärker in den Vordergrund rücken.

Was hat sich in den letzten drei Jahren im Umfeld verändert?
Wir stehen heute vor einer ganz anderen Situation. Experten sind sich sicher, dass Mikromobilität ein Grundpfeiler künftiger nachhaltiger Mobilität sein wird. Und auch in der Gesellschaft und in großen Unternehmen gibt es ein Umdenken: Ein Beispiel ist die Caritas, die auf der Messe explizit nach neuen Mobilitätslösungen für ihre Mitarbeiter*in-nen, unter anderem im mobilen Pflegebereich sucht. Diese müssen klimafreundlich, kostengünstig und flexibel sein.

Auch auf der technischen und finanziellen Seite ist die Dynamik ja extrem hoch.
Wir sehen, dass weltweit viele institutionelle Investoren erhebliche Summen in klimafreundliche Lösungen investieren – auch im Bereich Mobilität. Davon profitieren die Anbieter, und das verleiht neuen Entwicklungen und dem Markt insgesamt einen kräftigen Schub. Die Fahrzeuge haben sich deutlich weiterentwickelt, es gibt neue Ladeinfrastruktur und neue Kooperationen. Wir erwarten über 100 Aussteller und schaffen den Raum für Diskurs und für Netzwerke. So kann man gemeinsam an neuen Lösungen arbeiten.

Welchen Stellenwert sehen Sie künftig für die Mikromobilität?
Prof. Dr. Stephan Rammler vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung und sein Team begleiten das Konferenzprogramm, das dieses Jahr wieder hochkarätig besetzt sein wird. Sein Credo: Vor dem Hintergrund einer dynamisch wachsenden Weltbevölkerung ist es erforderlich, Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und ökonomische Effizienz miteinander zu verbinden. Es geht um die Neuerfindung der Mobilität des 21. Jahrhunderts. Hier sehen wir uns als die eigentliche Zukunftsmesse.

Eine Neuerfindung der Mobilität würde ja auch viele Umbrüche bedeuten. Warum sollten Unternehmen und Kommunen zur Messe kommen?
Der erste Grund: Die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Diskussionen um die Mobilität von morgen werfen Fragen auf, die micromobility expo liefert Antworten und führt Industrie, Politik und Anwender zusammen. Unser Anspruch ist, die zentrale Anlaufstelle für Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch zu sein. Bei unserem Call for Speakers haben wir Rückmeldungen nicht nur von Mobilitätsexperten, sondern unter anderem auch von Stadtplanern und universitären Einrichtungen und zu den Themen Stadt-Land-Entwicklung, Sicherheit und New Work bekommen. Das sind alles wichtige und hoch spannende Themen. Der zweite Grund ist, dass wir auf dem großen und teilweise überdachten Freigelände eine hervorragende Möglichkeit bieten, die unterschiedlichsten Produkte zu testen. Unsere Erfahrung ist, dass persönlicher Austausch, eigene Eindrücke und Networking enorm wichtig sind. Wir werden einen Teil der Veranstaltung streamen, aber das ist nur eine Ergänzung.


Das Interview mit Florian Eisenbach hat VELOPLAN Chefredakteur Reiner Kolberg im November 2021 geführt. Erschienen in Ausgabe 4/21.

Mehr zum Thema in unserem Beitrag “From Zero to Hero – Mikromobilität 2.0”

Über die Messe micromobility expo 2022

In eigener Sache: VELOPLAN ist als Medienpartner und mit einem Stand auf der micromobility expo präsent.
Die micromobility expo in Hannover richtet sich an Kommunen und Städte, Stadtplanungsämter, Verkehrsämter sowie Politik. Zudem werden Einkäufer, Händler, Logistikunternehmen, Flottenmanager, Bahnhofsmanager, Werkstätten, Pflegedienste und Endverbraucher angesprochen.
Die Messe gliedert sich in drei Themenbereiche: Mikromobile, Mobilitätsinfrastrukturen und Mobilitätsdienstleistungen. Das Konzept aus Forum, Ausstellung und Parcours bietet ein breites Erlebnisspektrum. Im Forum diskutieren Experten und Anwender aus Industrie, Verwaltung und Politik über Innovationen, Best-Practice-Beispiele und Lösungsansätze. Auf einem großen Parcours im Freigelände und in den Pavillons können Fachbesucher und Endverbraucher unterschiedliche Mikromobile testen.
Messegelände Hannover, 19. – 21. Mai 2022; 19./20. nur für Fachpublikum
micromobilityexpo.de

Bild: Deutsche Messe

Interview: Stefan Gelbhaar MdB, Verkehrspolitiker bei Bündnis 90/Die Grünen
und ehemaliger Sprecher für Verkehrspolitik und Radverkehr


Herr Gelbhaar, kommt es mit der Ampelkoalition zu einer Mobilitätswende?
Eins ist klar: Die Ampelkoalition muss sich unterscheiden. Darin waren wir uns in den Koalitionsgesprächen alle einig. Und wir alle sehen die Probleme und Herausforderungen. Die Verkehrswende ist nach der Energiewende mit das wichtigste Projekt, um das wir uns kompetent und intensiv kümmern müssen. Das ist nun mit dem FDP-Verkehrsministerium in beständiger Zusammenarbeit nach vorne zu entwickeln. Einfach wird das mit so unterschiedlichen Partnern natürlich nicht – aber dass es einfach wird, hat ja auch niemand gedacht.

Inwiefern wird es Unterschiede geben zur alten Bundesregierung?
Die Ziele, die sich die Bundesregierung in den vergangenen Jahren gesetzt hat, sind nicht ansatzweise erfüllt worden. Wir haben, je nachdem, wie wir es interpretieren wollen, die letzten vier, acht oder zwölf Jahre verschenkt. Das betrifft auch, aber nicht nur den Bereich Verkehr. Es ist in den Gesprächen klar geworden, dass es nicht ausreicht, nur hier und da einen Akzent zu setzen.

Welche konkreten Ziele sehen Sie mit der Ampelkoalition in Reichweite?
Im Bereich Verkehrssicherheit sind wir beispielsweise nah beieinander, was die Zielbeschreibung Vision Zero angeht. In der Vergangenheit haben sich die Hersteller erfolgreich um die Insassensicherheit in Fahrzeugen gekümmert. Vernachlässigt wurde allerdings die Umfeldsicherheit. Da gibt es ganz viele Ansatzpunkte auf der Bundes-, aber auch auf der EU-Ebene. Was die Sicherheit angeht, ist die EU ja normalerweise Treiber. Bei Technologien wie Lkw-Abbiegeassistenten kann und sollte die Bundesregierung – auch in der EU – mehr Druck machen.

Wo sehen Sie allgemeine Schwerpunkte in der Verkehrspolitik?
Viele Punkte finden sich im Koalitionspapier. Ein wichtiges Feld, das zu bearbeiten ist, ist neben der Verkehrssicherheit und der Antriebswende die Vernetzung der Mobilität. Bei der geteilten Mobilität etwa besteht die gemeinsame Einschätzung: Das ist ein großer Baustein der künftigen Mobilität. Die Zeit ist reif, die vorhandenen Angebote viel stärker zu vernetzen. Wir müssen uns generell fragen: Was haben wir schon? Was können wir wie besser nutzen?

Was braucht es konkret?
Wir brauchen bessere rechtliche Regelungen, Zuschüsse, mehr Personal, mehr Forschungsgelder und mehr Freiheiten für die Kommunen. Wir müssen ran an das Verkehrsrecht und den Bußgeldkatalog, und wir brauchen Forschungsgelder, nicht nur, wie in der Vergangenheit, für die Belange des Autos, sondern beispielsweise auch beim ÖPNV und im Bereich Mikromobilität. Natürlich brauchen wir auch mehr Radinfrastruktur, zum Beispiel entlang von Bundesstraßen, und eigenständige Radnetze. Und ganz wichtig: Wir müssen die Kommunen befreien und empowern.

Wo liegen die Herausforderungen in den Kommunen?
Alle sind sich beispielsweise über die Probleme im Klaren mit dem zunehmenden Wirtschaftsverkehr im städtischen Raum. Dazu kommt, dass wir auch die Infrastruktur schnell anpassen müssen, wenn wir mehr Radverkehr wollen. Der Bund kann beispielsweise bei der Finanzierung von Fahrradbrücken, Radparkhäusern oder beim Aufbau von zentralisiertem Know-how helfen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Förderung und der Kompetenzaufbau bei der DB für Fahrradparkhäuser an Bahnhöfen.

Wie stehen Sie als Berliner zur Zunahme der E-Kickscooter in der Stadt?
Ich denke, E-Scooter sind in der Mobilität eine gute Ergänzung, und oft habe ich das Gefühl, dass die Debatte schief ist. Wir empfinden über 1,2 Millionen zugelassene Pkw in Berlin als normal, einige Tausend E-Scooter sind dagegen ein Aufreger. Was wir aus meiner Sicht aber brauchen, ist eine gute Evaluation, aus der wir dann gezielt Maßnahmen ableiten können.

Welche Aufgaben sehen Sie in der Bundespolitik über das Verkehrsministerium hinaus?
Wir sehen aktuell beispielsweise die Versorgungsengpässe der Fahrradindus-trie. Hier könnte es eine Aufgabe des Wirtschaftsministeriums sein, dabei zu helfen, Teile der Produktion wieder nach Deutschland oder in die EU zu holen. Auch das betriebliche Mobilitätsmanagement und das Thema Mobilitätsbudget gehören mit auf die bundespolitische Agenda. Umweltfreundliche Mobilität sollte beispielsweise nicht länger steuerlich benachteiligt werden.

Was sagen Sie Kritikern, denen es nicht schnell genug geht?
Wir haben die Wahl nicht mit 51% gewonnen. Deshalb geht es darum, immer wieder Wege und auch zufriedenstellende Kompromisse mit den Ampelpartnern zu finden. Das gehört mit zur Wirklichkeit und es ist klar, dass wir da auch einen seriösen Umgang mit Konflikten finden. Mit zur Wirklichkeit gehört aber genauso: Mobilität ist nicht statisch. Das Thema ist schon aus Klimasicht enorm wichtig. Wir sind in der Pflicht. Paris, die 1,5-Grad-Grenze gelten für diese Ampelkoalition, das müssen wir gestalten – und wir werden den künftigen Verkehrsminister dabei unterstützen, den Pfad zum Klimaschutz seriös und zügig zu beschreiten.


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Das Interview mit Stefan Gelbhaar hat VELOPLAN Chefredakteur Reiner Kolberg im November 2021 geführt. Erschienen in Ausgabe 4/21.

Bild: Stefan Kaminski

Von Kaufprämien über Pop-up-Bikelanes bis hin zu Gesetzesänderungen und „offenen“ Straßen und Plätzen. Italien nimmt Spanien als Vorbild und setzt auf mehr Lebensqualität, nachhaltige Mobilität und das Fahrrad als neues Alltagsverkehrsmittel. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2021, Dezember 2021)


Italien – Radsportnation, Land der Motorroller und Sportwagen jenseits aller CO₂-Limits? Selbst Italiener prägten solche Bilder. Aber das war gestern. Spätestens seit Corona. Statt von einer Mobilitätswende spricht man in Italien jetzt von „Rivoluzione“. Allen voran Verkehrsminister Enrico Giovannini. „Wir stehen vor einer Revolution“, sagte der Minister mit Blick auf Anreize zur Erneuerung der Fahrzeuge in Italien gegenüber der römischen Tageszeitung „La Repubblica“ im Juni dieses Jahres. Die Regierung um den neuen Premier Mario Draghi will 41 Milliarden Euro ausgeben für Infrastruktur und Mobilität aus dem EU-Wiederaufbauprogramm „National Recovery and Resilience Plans“ (PNRR). Allein 600 Millionen Euro sollen in neue Radwege investiert werden. Schon vor der Klimakonferenz in Glasgow wurde angekündigt, ab 2040 keine Fahrzeuge mit Benzin- oder Dieselmotoren mehr neu zuzulassen. Schnell und erfolgreich umgesetzt wurden Fahrrad-Kaufprämien, Pop-up-Bikelanes sowie ein neuer Gesetzeskodex.

Niederlande oder Dänemark? Der Blick geht nach Spanien

Zur Einordnung, wie beträchtlich der Umbruch ist, muss man ihn ins Verhältnis setzen. Zwar blicken Mobilitätsevangelisten auch in Italien gerne auf nördliche Best-Practice-Spitzenreiter wie die Niederlande oder Dänemark. Mitnehmen lässt sich die italienische Gesellschaft damit aber kaum. Zu groß wird der Unterschied zwischen den nord- und südeuropäischen Ländern empfunden. So ist es Machern wie Alessandro Tursi, Präsident des italienischen Fahrradlobby-Verbands „Federazione Italiana Amici della Bicicletta“ (FIAB), sehr recht, wenn in Spanien Städte und das Land bei der Mobilitätswende, der Unfallprävention und beim Thema Tempo 30 vorlegen. „Wenn man hier mit den Niederlanden oder Dänemark kommt, winken die Leute ab und sagen: ‚Okay, das ist Dänemark.´ Deshalb ist das spanische Beispiel wichtig für uns. Spanien ist uns viel näher.“

Corona und Kaufprämien befeuern Fahrradboom

Italien war als erste europäische Nation schwer von Covid-19 betroffen. Die Pandemie gilt als Auslöser für die Wende der römischen Verkehrspolitik im Oktober 2020. Millionen von Berufspendlern sollten in den ohnehin überlasteten Metropolen nicht vom ÖPNV aufs Privatauto umsteigen. Gleichzeitig sollte der Wirtschaft mit Sonderdekreten geholfen werden. Zu den wichtigen Maßnahmen noch unter Ministerpräsident Giuseppe Conte gehörte der „Bonus Bici“. Eine Fahrradprämie in Höhe von bis zu 500 Euro – ausdrücklich auch für den Kauf von E-Bikes und E-Scootern. Dabei erhalten Bürger einmalig einen Gutschein. Fahrradhändler ziehen den Zuschuss vom Preis ab und holen ihn sich vom Staat wieder zurück. 315 Millionen Euro stellte die Regierung dafür bereit. Nach einer Untersuchung der italienischen Umweltorganisation „Legambiente“ wuchs der Fahrradbestand 2020 zum Vorjahreszeitraum enorm. Über 600.000 Fahrräder und Roller wurden neu erworben. Mit einem Plus von 48,4 Prozent katapultierte die Kaufprämie Italien im europäischen Vergleich an die Spitze der Zuwächse. Auch die Fahrradnutzung stieg 2020 drastisch. Besonders im Mai (plus 81 Prozent) und im September und Oktober (plus 73 Prozent).

Mobil per Rad: „BikeMi“ heißt das 2008 ins Leben gerufene öffentliche Fahrradverleihsystem in Mailand. Das System umfasst über 4.600 Fahrräder an 280 Stationen, darunter 1.000 E-Bikes sowie Fahrräder für Kinder.

Pop-up-Radwege und verordneter Umbau in Städten

Kombiniert wurde die Bike-Prämie mit der Erlaubnis für Kommunen, schnell und kostengünstig Pop-up-Radwegen zu schaffen. Die Umweltorganisation Legambiente errechnete über 193 Kilometer neue temporäre Radwege. Vorreiter sind die Städte Mailand (35 km) und Genua (30 km). Dahinter folgen Rom mit rund 16 Kilometern sowie Turin und Brecia mit je rund 15 Kilometern. Das mag wenig erscheinen. Angesichts der Kürze der Zeit wird der Streckenfortschritt im Dossier „Covid Lanes“ von Legambiente aber positiv gewertet. FIAB-Mann Alessandro Tursi ist sich zudem sicher, dass der quantitative Ausbau der Radinfrastruktur nach der Pandemie auch qualitativ weitergeht. „Für mehr Sicherheit werden die Pop-up-Wege später baulich vom Autoverkehr getrennt.“ Sinn ergibt der symbolträchtige Umbau vor dem Hintergrund der Forderung bzw. dem Ziel, in allen Städten auf einen zweistelligen Prozentsatz des Fahrradanteils im Modal Split zu kommen. Dabei erreichen einige Städte in Italien schon heute Amsterdamer Niveau. In Bozen, Pesaro und Ferrara überschreiten die Radverkehrsanteile teils die 30-Prozent-Marke.
Langfristig hat sich die italienische Regierung hohe Ziele gesetzt. Dazu sollen in den nächsten fünf Jahren die Radwegkilometer in italienischen Städten verdoppelt werden. Dies entspricht auch den EU-Plänen für nachhaltige urbane Mobilität (SUMP), die Städte in Italien unter dem Namen PUMP ausgestalten. Unter Androhung des Entzugs staatlicher Finanzierungen ist die PUMP seit August 2019 für alle Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern verpflichtend. Insgesamt sollen so zu den bestehenden 2.341 Radwegkilometern noch einmal 2.626 Kilometer in 22 Städten hinzukommen.

Gesetzesänderungen ermöglichen Wandel

Um die Infrastruktur zu verbessern, wurde zuerst der notwendige gesetzliche Rahmen geschaffen. Der neue Kodex beinhaltet fahrradfreundliche Änderungen der Straßenverkehrsordnung, wie man sie aus anderen europäischen Nationen und Städten kennt. Zur Verbesserung der Sicherheit wurden nicht nur Pop-up-Radwege erlaubt, sondern beispielsweise auch aufgeweitete Radaufstellstreifen (ARAS), die es Radfahrenden ermöglichen, sich an Kreuzungen und Ampeln vor den Autos aufzustellen. In Tempo- 30-Zonen können die Gemeinden nun Einbahnstraßen in Gegenrichtung für Radfahrer freigeben.

+100 %

Langfristiges Ziel:
In den nächsten fünf Jahren
sollen die Radwegkilometer
in italienischen Städten verdoppelt werden.

Starke Nachfrage bei Sharing und Mikromobilität

In Italien nutzen aktuell mehr als acht von zehn Personen private Fahrzeuge. Der öffentliche Personennahverkehr nimmt ab, gleichzeitig nimmt die geteilte Mobilität in den Städten zu. Das geht aus der ersten Ipsos-Legambiente-Umfrage zum Neustart hervor. Neben dem Boom von E-Bikes, nicht zuletzt im Zuge der Bonus-Gutscheine, spielt die Mikromobilität in Italien eine stark wachsende Rolle. Die meisten Dienste starteten nach den harten Lockdowns im Juni und September 2020. So werden nach dem jüngsten Bericht der „Sharing Mobility Observatory“ allein in 38 italienischen Provinzhauptstädten Sharing-Dienste angeboten. Am weitesten verbreitet ist das stationäre Bikesharing, gefolgt von E-Tretrollern, Free-Floating-Bikes sowie Scootern. Spitzenreiter ist Mailand mit 14 Mikromobilitäts-Sharingdiensten, gefolgt von Rom mit 11 und Turin mit 7 Diensten. Die Zahl der geteilten E-Tretroller in italienischen Städten hat sich in nur wenigen Monaten mehr als verfünffacht. Insgesamt wuchs die Fahrzeugflotte von 4.650 im Jahr 2019 auf 27.850 in 2020.

Pionierstadt Mailand: „offene Straßen und Plätze“

Norditalienische Städtchen wie Ferrara oder Cesena genießen über Italien hinaus den Ruf, Fahrradstädte zu sein. Zu den neuen fahrradfreundlichen Pionierstädten zählt die Metropole Mailand. Mit dem im April 2020 verkündeten Programm „Strade Aperte“ (offene Straßen) setzt man auf eine fahrrad- und fußgängerfreundliche Stadt. Zu den Maßnahmen gehört die Pop-up-Fahrradinfrastruktur mit 35 Kilometern neuen Radwegen. Bereits vorhandene Tempo-30-Zonen werden ausgeweitet. Die Bürgersteige wurden infolge des Abstandsgebots während der Pandemie verbreitert, vorhandene Fußgängerzonen ausgebaut. Neben den Strade Aperte gehören die „Piazze Aperte“ (offene Plätze) zur Strategie der lombardischen Metropole. Dabei geht es um nichts weniger als die Rückeroberung städtischer Räume für die Bewohner der 1,4-Millionen-Einwohner-Stadt. Nach Angaben der Kommune wurden bereits 15 Plätze umgestaltet, weitere 10 sieht der Strategieplan vor. Schon vor der Pandemie führte die Stadt eine City-Maut ein. Für die Zufahrt zur historischen Altstadt innerhalb des Stadtmauerrings ist tagsüber an Werktagen ein gebührenpflichtiges Ticket erforderlich. Die Zufahrten werden mit Kameras überwacht.
Zum umkämpften Symbol der Veränderung wurde der acht Kilometer lange Corso Buenos Aires im Stadtzentrum. Mit als Erstes wurden auf der populären Einkaufsstraße Radspuren markiert und die Fußwege verbreitert. Wie in anderen europäischen Städten gab es vor der Umgestaltung heftige Debatten. Dass sich das Bewusstsein ändert, sobald sich die Vorteile offenbaren, zeigten die Lokalwahlen Anfang Oktober 2021. Rechten Parteien gelang es nicht mehr, mit einer autozentrierten Mobilitätspolitik an den Urnen zu punkten. Darauf weist auch Fahrrad-Lobbyist Tursi hin. „Die Rechten stellten sich dagegen. Sie sagten: ‚Die Straße gehört den Leuten‘, und meinten, den Autos. Sie organisierten einen Flashmob, indem sie symbolisch die Fahrradroute zertrümmerten. Aber sie haben die Wahlen haushoch verloren.“ Dem Mailänder Bürgermeister Beppe Sala, der für die fahrradfreundliche Verkehrspolitik steht, bescherten die Wähler dagegen eine weitere Amtszeit. Und auch düstere Wirtschaftsprognosen infolge seiner Politik erwiesen sich als falsch. Die Neue Züricher Zeitung berichtet im Oktober 2021 in einem Artikel: „… den Ausbau des Radwegnetzes in Mailand, unter Salas Führung gegen heftigen Widerstand aus Rechts- und Autokreisen vorangetrieben, hat die Wirtschaft bisher anscheinend ohne Schaden überstanden.“

Bei den Lokalwahlen in Mailand im Oktober gehörte die Fahrradinfrastruktur zu den zentralen Themen. Zum umkämpften Symbol für Veränderungen wurde die Hauptverkehrsstraße Corso Buenos Aires.

Maßgaben für die Planung: Neue Radwege, Verengung auf zwei Autospuren und Tempo 30.

Autostadt Turin: Ritterschlag von Fahrradlobbyisten

Mit über 214 Radkilometern liegt die weltberühmte italienische Autostadt Turin nach der „Clean Cities“-Legambiente-Umfrage auf dem vierten Platz unter den Städten mit der höchsten Anzahl von Radwegen. Hinter Bologna, Rom und Mailand. Zählungen ergaben, dass der Fahrradverkehr 2021 sogar gegenüber dem Pandemie-Monat Mai 2020 um 50 Prozent gestiegen ist. Das darf sich auch die lokale Politik anrechnen. Entsprechend erhielt die piemontesische Hauptstadt einen kleinen Ritterschlag von der FIAB. Der Radverband kürt fahrradfreundliche Städte regelmäßig nach Kriterien wie „urbane Mobilität“, „Governance“ oder „Kommunikation“. Hervorgehoben wurde neben der Erweiterung der Tempo-30-Zonen die Umsetzung der neuen Radwege, Aufstellstreifen vor Ampeln und Kreuzungen sowie Geschwindigkeitsbegrenzungen bis auf 20 km/h quasi über Nacht.
Die Basis für eine nachhaltige Mobilität legten dabei bereits die Vorgängerregierung unter der Stadträtin für Verkehr und Infrastruktur Maria Lapietra und der „Biciplan“ (Fahrradplan) aus dem Jahr 2013. Der sieht unter anderem die Steigerung des Modal Split von 3 auf 15 Prozent sowie die Schaffung von 10 Haupt- und 4 Kreisrouten vor. Auch der frisch gewählte Bürgermeister Stefano Lo Russo setzt darauf, den immer noch hohen Anteil der städtischen Fahrten mit dem Auto von 42 Prozent durch die Förderung der Nutzung von Fahrrädern und ÖPNV zu senken. Deshalb soll der Turiner Biciplan erweitert werden. Mit einer besser vernetzten Radinfrastruktur und Ausweitung der Tempo-30-Zonen. Großes Vorbild ist dabei Frankreich. Bis Weihnachten wird die beispielhaft verkehrsberuhigte Zone im Viertel Vanchiglia fertig, in der Fußgänger und Fahrräder priorisiert werden. Das Projekt umfasst neue Fußgängerzonen, Verbreiterung der Bürgersteige, markierte Radwege, Fahrradabstellplätze sowie Begrünungen.

Vorbild Barcelona: „Piazze Aperte“ (offene Plätze) sollen auch in Mailand neue Räume schaffen für die Einwohner*innen. 15 Plätze wurden bereits umgestaltet, weitere 10 sollen noch kommen.

Bologna: „Bikemania“ und bald Tempo 30

Bologna in der Emilia-Romagna besitzt eine fahrradfreundliche Tradition. Die Zeitung La Repubblica spricht inzwischen sogar von einer regelrechten „Bikemania“. Wie in Mailand gibt es eine Verkehrsbeschränkte Umweltzone. Für die Schaffung neuer Radwege setzt die Kommune 1,8 Millionen Euro ein. „Dank solcher Ressourcen verändert die Stadt langsam ihr Gesicht“, beschreibt die Zeitung die neue Raumordnung. Auch hier knüpft der Pandemie-Schub an bestehende Projekte an. Ein Meilenstein ist die 2015 vollendete 8,4 Kilometer lange Ringroute. Beliebt vorrangig bei Pendlern und „auf bestem europäischen Niveau“ – so Stadtrat Andrea Colombo. Bereits seit zehn Jahren werden an sogenannten T-Days regelmäßig drei T-förmig aufeinander zulaufende Hauptstraßen im historischen Stadtzentrum komplett für den motorisierten Verkehr gesperrt. Der nächste Meilenstein soll die stadtweite Einführung von Tempo 30 sein. Unterstützt wird das Projekt von der Kampagne „Bologna 30“, die dafür mehr als 5.000 Unterschriften sammelte.

Veränderungen auch in Mittel- und Süditalien

Nicht verleugnen lässt sich das in vielerlei Hinsicht zu beobachtende Nord-Süd-Gefälle in Italien. Auch aufgrund klimatischer und topografischer Bedingungen wurde das Fahrrad bisher unterschiedlich stark als urbanes Verkehrsmittel genutzt. Doch selbst die Römerinnen und Römer haben das Radfahren als Verkehrsmittel in der Pandemie entdeckt. 150 Kilometer neue Radwege sind für die Kapitale zudem angekündigt. Auch Richtung Bari lohnt ein Blick. Das städtische Post-Lockdown-Projekt „Open Space“ umfasst hier die Umgestaltung öffentlicher Plätze, Ausweitung von Parkzonen und Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs, während gleichzeitig das Angebot der E-Mikromobilität als Sharing verstärkt wird. Zusätzlich werden neue Tempobegrenzungen eingeführt. Und selbst im heißen Palermo auf Sizilien ist man auf den Geschmack gekommen und will die bestehen 48 Radkilometer auf 155 km ausbauen. Eine City-Maut gibt es dort übrigens schon länger.

Der Lockdown führte in Bari „zu einer allgemeinen Krise wirtschaftlicher, kultureller und sozialer Art, mit vorhersehbaren kurz-, mittel- und langfristigen negativen Auswirkungen“. Dem begegnet die Stadt mit einem umfassenden Programm für nachhaltige Mobilität und öffentlichen Raum.


„Es ergibt sich ein neues Bewusstsein für Fortbewegung, Gesundheit und Umwelt.“

Alessandro Tursi, FIAB

„Wie der Beginn einer Revolution“

Interview mit FIAB-Präsident Alessandro Tursi

Signore Tursi, wie verhalf die Pandemie den Italienern aufs Fahrrad?
Es ist noch gar nicht lange her, da betrachtete man das Fahrrad in Italien als Sportmaschine oder Freizeitspielzeug. Aber wir waren auch die erste Nation in Europa, die hart von der Pandemie getroffen wurde. Zwei Monate verbrachten wir zu Hause in der Wohnung. Mit harten Restriktionen. Ich habe diese Lage für ein Bild benutzt: Stellen Sie sich vor, Menschen sind daran gewöhnt, sich mit Whiskey zu betrinken. Für zwei Monate können sie keinen bekommen, fangen an Wasser zu trinken und sagen sich: „Das ist doch viel gesünder!“ Übertragen ergibt sich ein neues Bewusstsein für Fortbewegung, Gesundheit und Umwelt.

Welchen Beitrag leistete die Politik?
Regierungsinstitutionen begannen die Radinfrastruktur zu finanzieren. Mit mehr als 300 Millionen Euro zum privaten Kauf von Fahrrädern, E-Bikes und E-Kickscootern. In Rom, Mailand, Turin, Bologna, Florenz und Genua sorgten die Bürgermeister für neue Pop-up-Radwege, die einfach auf die Straße gemalt wurden. Zur gleichen Zeit änderte die Regierung die Straßenverkehrsordnung. Neben den neuen Radwegen gab man Einbahnstraßen für Radfahrer frei, erlaubte Radaufstellstreifen vor Ampeln. Italien rief 600 Millionen Euro von der Europäischen Union für den Radverkehr ab. Selbst wenn das nur zwei Prozent von dem Budget sind, das Italien von der EU wegen der Pandemie erhält. Bezogen auf die Verhältnisse hier erhielten die großen Städte auf einmal viel Geld zur Förderung der Radinfrastruktur. Alles zusammengenommen war das wie der Beginn einer Revolution.

Welche Bedeutung hat das Beispiel Mailand?
Der Corso Buenos Aires gilt als Fallstudie. Dort wurde ein Anstieg täglicher Radfahrten von 4.000 auf 10.000 registriert. Gerade hat man damit begonnen, die für Mailand symbolische Fahrradroute als getrennte Spur zu befestigen. Bei den Lokalwahlen Anfang Oktober gehörte die Fahrradinfrastruktur zu den zentralen Themen. Die Rechten stellten sich dagegen. Sie sagten: „Die Straße gehört den Leuten“ und meinten, den Autos. Sie haben die Wahlen haushoch verloren. Daher bin ich zuversichtlich, dass sich auch im rechten Spektrum die Erkenntnis durchsetzt, dass der Krieg gegen Radfahrer ein Bumerang ist.

Wie steht es aktuell um Tempo 30 in Italien?
Im Moment liegt die gesetzliche Höchstgeschwindigkeit bei 50 km/h. Wir drängen auf Gesetzesänderungen für Tempo 30 in Wohngebieten. Derzeit ist es eine freiwillige Entscheidung der Bürgermeister, die Geschwindigkeit weiter zu reduzieren. Das spanische Beispiel ist sehr wichtig für uns. Wenn man in Italien mit den Niederlanden oder Dänemark kommt, winken die Leute ab. Uns ist Spanien viel näher. Was in Spanien möglich ist, ist auch in Italien vorstellbar.

Welche Rolle spielt die Mikromobilität?
Die E-Kickscooter heißen bei uns „Monopattini“. Anders als in Deutschland kamen sie spät in Italien an, erst kurz vor Corona. Während der Pandemie wuchs das Thema gigantisch. Jetzt sind sie auch in mittelgroßen und kleinen Städten präsent. Ich lebe selbst in einer Stadt an der adriatischen Küste, Giulianova – mit nur 24.000 Einwohnern. Selbst wir haben so ein Sharing-System.

Wie nachhaltig ist die neue Radverkehrspolitik?
Während der Pandemie nutzen die Menschen lieber private Fahrzeuge als öffentliche Verkehrsmittel. Deshalb haben wir einerseits mehr Radfahrer, andererseits mehr Autofahrer. Die neu eingeführten Regeln gelten jedoch dauerhaft. Alle Kommunen können jetzt die Infrastruktur erweitern. Mit wenig Geld werden Pop-up-Radwege umgesetzt. Auch die bleiben dauerhaft. Für mehr Sicherheit werden diese Pop-up-Wege später baulich vom Autoverkehr getrennt.
Ich glaube, dass es auch in der Regierung ein neues Bewusstsein für eine andere Mobilität gibt. Verkehrsminister Enrico Giovannini hat angekündigt, für den nächsten Haushalt weitere 100 Millionen Euro für touristische Radreiserouten und für urbane Radwege bereitzustellen. Wir sind sehr optimistisch, dass die Draghi-Regierung weiter an dem fahrradfreundlichen Kurs festhält. Ich glaube, Italien verändert sich.


Bilder: stock.adobe.com – Frédéric Prochasson, Qimby.net – Markus-Fedra, Cumune di Milano, Cumune di Milano, Cristina Santoni, Comune di Bari

Die Mobilitätswelt wandelt sich in rasantem Tempo. Innovative Produkte und vor allem ihr konsequenter Einsatz können Teil der Lösung hin zu weniger Autoverkehr und mehr Umweltverträglichkeit sein. Wir haben uns unter anderem auf den Messen Eurobike und IAA Mobility umgeschaut und viele smarte Bike-basierte Lösungen für die Mobilitätswende entdeckt. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2021, Dezember 2021)


Lastenräder: Boom und enorme Vielfalt

Während die Politik die beliebten „Schweizer Messer der Fahrradmobilität“ noch kritisch beäugt, boomen Lastenräder aktuell in zwei Bereichen: einmal bei Familien und Kleinunternehmen und zum Zweiten bei professionellen Anwendungen, zum Beispiel als Schwerlastrad (Heavy Cargobike) für Lieferdienste. Während man im ersten Bereich mit aktuell über 100.000 verkauften Rädern pro Jahr von einem Markthochlauf sprechen kann, der sich durch Sharingmodelle und Fördersysteme sicher noch befeuern lässt, befindet sich der zweite Markt gerade erst am Anfang – wobei die Aussichten mehr als vielversprechend sind. Was beide Märkte auszeichnet, ist die enorme Vielfalt an Produkten, technischen Lösungen für alle Anforderungen und eine Vielzahl von Anbietern. Aktuell verwischen dabei auch die Grenzen. So werden zum Beispiel äußerlich fast normale Fahrräder mit langem Radstand und besonders belastbaren Komponenten so ausgelegt, dass gleich zwei Kinder auf dem verlängerten Gepäckträger mitgenommen werden können, wie beim Modell Multicharger Mixte vom deutschen E-Bike-Spezialisten Riese & Müller (r-m.de). Andere Modelle kommen als besonders schmales Dreirad, wie vom Kölner Anbieter Chike (chike.de) oder als vollgefederte Premiummodelle mit aufwendigen Lenkkonstruktionen, wie das frisch mit dem Eurobike-Award in Gold ausgezeichnete Cargoline FS 800 von Kettler (kettler-alu-rad.de). Familien sind begeistert, und auch Sebastian Schweinsteiger als Werbegesicht der erfolgreich neu etablierten Kettler Alu-Rad GmbH findet diese Art der Mobilität super.

Gleam: Familienausflug im Nutzfahrzeug

Zu den bekannten Konzepten kommen mehr und mehr neue Entwicklungen, wie das dreirädrige Pedelec-Modell Escape des jungen Wiener Unternehmens Gleam. Es soll für handwerkliche Unternehmerinnen mit Familie oder aufwendigem Hobby eine Alternative zum Auto bieten. Der Vorteil: Das Chassis nimmt auf der etwa 60 cm breiten und bis 120 cm langen Ladefläche im Heckbereich verschiedene Transportmodule auf. Auch ein hoher Planenaufbau ist möglich. Mit dem Aufbaumodell Life kann man zum Beispiel mit zwei Kindern unter einer klassischen Kinderanhänger-Plane mit Sichtfenstern durch die Stadt oder ins Grüne rollen. Das Schöne an den Modulen: Sie lassen sich dank Schnellverschlüssen in wenigen Minuten wechseln. Ein technisches Schmankerl ist die aufwendige Neigetechnik. Durch das System kann man sich mit dem Dreirad wie mit einem einspurigen Fahrzeug in die Kurve legen. Auch Höhenunterschiede lassen sich dadurch dynamisch ausgleichen. Ermöglicht wird so auch beladen eine harmonische, intuitive Fahrweise mit viel Fahrspaß und eine sehr hohe Kippsicherheit. Das Gleam wiegt 70 Kilogramm, das maximale Systemgewicht beträgt 270 Kilogramm. Bei einem Fahrerinnen-Gewicht von 75 Kilogramm kann die Fracht also bis zu 125 Kilogramm wiegen. Und dann geht’s flott am Stau vorbei.

Mehr: gleam-bikes.com

Carette: echter Kofferraum fürs Fahrrad oder E-Bike

Selbst der Transport von kleinen Gütern auf dem Fahrrad kann eine hohe Hürde im Alltag darstellen, wenn man das Fahrrad oder E-Bike unbeaufsichtigt abstellen muss. Mit speziellen abschließbaren Boxen für Lastenräder ist das kein Problem. Aber auch Fahrradanhänger können hier mithalten. Damian Corby stellte auf der Eurobike 2021 den „Kofferraum ohne Auto“ vor. Ein Anhänger mit Holzchassis, 40 Kilogramm Nutzlast, 70 Litern Inhalt und in verschiedenen Ausstattungsvarianten. Ein wesentlicher Punkt ist der Schutz der Fracht durch die steife Konstruktion: Die Basis des Carette bildet ein robuster Alu-Käfig, die Form geben ringsum stabile Seitenwände und eine Bodenplatte aus witterungsbeständigem Furnierholz. Die Carette-Version mit Holzdeckel kann mit einem Vorhängeschloss gesichert werden. Im Gegensatz zum klassischen Stoffanhänger kommt ein potenzieller Dieb hier nicht per Aufschlitzen des Gewebes an Beute. Innerhalb der Box sorgt eine Lkw-Plane für Wasserdichtigkeit. Das Ganze besticht nicht nur optisch, sondern auch durch eine sehr einfache Handhabung.

Mehr: carette.bike

Bicylift: Palette ans E-Bike

Klassische Transportpaletten sind aus dem Warenverkehr nicht wegzudenken. „Eine Bike-Alternative zum Lkw-Transport muss Paletten-Kompatibilität aufweisen“, schlussfolgerte der Franzose Charles Levillain und gründete vor fünf Jahren die Firma Flexilift. Mit dem Fahrradanhänger Bicylift lassen sich Europaletten mit dem Standardmaß 80 x 120 Zentimeter und bis zu 200 Kilogramm Zuladung ohne weitere Hilfsmittel aufladen und transportieren. Die Palette muss nicht von einem Gabelstapler oder Hubwagen auf den Hänger gehievt werden. Dazu wird zunächst eine Art Gabel quer in die Aussparungen der Palette eingelegt. Die beiden Arme des einachsigen Hängers greifen dann diese Gabel links und rechts auf. Also einfach ankoppeln und losfahren. Beim Verzögern verhindern automatische Auflaufbremsen an beiden Rädern, dass schwere Fracht das Fahrrad oder E-Bike weiterschiebt. So kann man per Bike Palettengebinde zustellen, die sonst aufwendig umgepackt werden müssten. Weiterer Vorteil: Mit dem Bicylift darf man sich auch in für Fahrrad-Lieferverkehr freigegebenen Fußgängerzone bewegen. Und für die letzten Meter lässt sich der innovative Schwerlastanhänger auch als Handkarren nutzen.

Mehr: fleximodal.fr

Podbike Fricar: Pedelcar als neue Pendlerlösung

Hindernisse, das Auto in größerem Stil durch E-Bikes zu ersetzen, sehen viele hauptsächlich in geringerem Komfort, weniger passiver Sicherheit und eingeschränkten ransportkapazitäten. Hier können „Pedelcars“ Problemlöser sein: Meist vierrädrige Fahrzeuge mit E-Bike-Technik und schützender Karosserie. Die norwegische Firma Podbike stellte gerade ihr erstes Modell vor. Unternehmensgründer Per Hassel Sørensen konzipierte 2016 das Fahrzeug in seiner Masterarbeit: Der „Frikar“ ist ein Vierrad, die Motoren unterstützen die Tretkraft bis 25 Stundenkilometer. Das etwa 80 Kilogramm schwere, futuristisch anmutende Fahrzeug hat einen seriellen Hybrid-Antrieb. Die Pedale treiben hier einen Generator an, der Strom in den Akku einspeist. Der wiederum gibt die Energie an die beiden Motoren im Hinterrad ab. Der Frikar ist gefedert, sein Fahrgestell ist aus Aluminium, die Karosserie aus recyceltem und wiederum recycelbarem thermoplastischen Kunststoff. „Wir wollten ein Fahrzeug, das wirklich nachhaltig ist. Und der wesentliche Faktor dafür ist die Produktion“, sagt Podbike CTO Sørensen. So sind Verbindungen im Alu-Chassis nicht energieintensiv geschweißt, sondern vernietet und geklebt. Hinzu kommt, dass der Frikar ein europäisches Produkt ist. „Wenige Komponenten kommen aus Asien. Ein Großteil der Zulieferer sitzt in Europa“, erklärt Åge Højmark, der als Co-CEO fungiert. „Wir wollten in vielerlei Hinsicht zeigen, dass man auch nachhaltig produzieren kann.“ 1.800 Frikar-Exemplare sollen 2022 in Deutschland produziert werden. Als Partner dazu fand man den Fahrradhersteller Storck. Seine Fachhandelspartner werden auch die Wartung des neuen Pedelcars übernehmen.
„Das Fahrzeug zielt ab auf Komfort und Spaß und braucht extrem wenig Platz“, sagt Per Hassel Sørensen. Bei der kürzlichen Launch-Tour durch Deutschland konnten Fachjournalisten den Frikar erstmals testfahren. Erster Eindruck: Einstieg bei nach hinten geschwungener Kanzel, Sitz, Bedienung – tatsächlich ist der Komfort des Pedelcars enorm hoch und auch eine Heizung ist optional erhältlich. Anders als viele Velomobile hat der Frikar einen geschlossenen Boden, sogar mit Teppich. Die Zuhause-Atmosphäre gehört zum Autonahen Konzept: „Der Frikar ist kein Pedelec für Menschen, die ohnehin Rad fahren. Es ist ein Fahrzeug für Menschen, die kein Fahrrad benutzen wollen.“ Das Gefühl der Sicherheit in der geschlossenen Kanzel entspricht in etwa dem eines kleinen Autos. Die Rundumsicht durch das Kunststoffglas-Dach ist sehr gut. Der Frikar setzt sich leichtfüßig in Bewegung, die 80 Kilogramm kommen zügig auf Tempo und das Lenken ist intuitiv und einfach. Die Trittfrequenz wird automatisch, ohne Schaltung, geregelt. Auch die Federung ist enorm komfortabel. An allen vier Rädern gibt es hydraulische Scheibenbremsen, die definiert verzögern. Insgesamt erinnert vieles ans Auto, ist aber simpler – etwa der Rückwärtsgang, der beim Zurücktreten automatisch eingelegt wird. Hinter dem Fahrersitz gibt es Platz für einen Kindersitz oder den großen Einkauf. Highlight beim Parken: Der Frikar kann auch hochkant abgestellt werden. Bis zu acht Fahrzeuge sollen laut Hersteller so auf einen Autoparkplatz passen. Der Einstiegspreis des Frikar soll bei knapp 5.000 Euro liegen, also ungefähr auf der Höhe eines guten Lastenrads.


Mehr: podbike.com

Heavy Cargo: Autozulieferer Mubea steigt aufs Rad

Auch bei Schwerlasträdern lohnt sich sowohl für Kommunen wie auch für Unternehmen als Anwender oder Dienstleister ein genauer Blick auf neue Produkte, den Markt und die Technik. Denn stadtverträgliche, umweltfreundliche und CO₂-neutrale Citylogistik wird ein immer wichtigeres Thema. Die nötigen Produkte dafür sind inzwischen da und sie werden schnell weiterentwickelt. Neu ist, dass auch ein weltweit tätiger Automobilzulieferer wie Mubea, nach Unternehmensangaben Weltmarktführer für die Entwicklung und Herstellung von Fahrwerks-, Karosserie- und Motorkomponenten, mit dem Schwerlastrad „Urban_M CARGO“, ernsthaft in das Thema einsteigt. Das inhabergeführte Familienunternehmen aus Attendorn im Sauerland erwirtschaftet mit weltweit 14.000 Mitarbeitenden einen Jahresumsatz von über zwei Milliarden Euro. Dr. Stefan Cuber, Kopf der neuen Mubea Business Unit Micromobility erläutert im Gespräch auf der IAA Mobility, dass Mubea als Leichtbauspezialist für hoch beanspruchbare Federkomponenten und verwandte Produkte das notwendige Know-how mitbringe, um Lastenräder für Business-Anwendungen zu entwerfen und zu bauen. Für einen aller Voraussicht nach hochdynamischen Markt noch wichtiger: Das Hochskalieren, also die Produktion in großer Stückzahl, sprich einigen Tausend oder Zehntausend Einheiten pro Jahr an unterschiedlichen Standorten in Deutschland, Europa und weltweit, sei in den bestehenden Werken problemlos on demand möglich. Erste Schritte würden mit der Kleinserienfertigung aktuell bereits gemacht. Neu sei laut Dr. Cuber beim Mubea Cargobike, dass hier Know-how aus dem Automobilbau und Leichtbau mit hochleistungsfähigen Komponenten zu einem neuen Gesamtsystem verbunden wird: GFK-Zentralmodul, Doppel-Querlenkerachsen mit Feder-Dämpferbein und Stabilisatoren, eigenentwickelte Siebenspeichenfelgen mit Mopedreifen, viel davon selbst entwickelt und generell „so wenig Fahrradteile wie möglich“, so Dr. Cuber. Denn für die hohen Belastungen im Alltag seien Fahrradteile nicht ausgelegt. Jakub Fukacz, Head of PR/Marketing, berichtet über sehr positive Rückmeldungen aus einem laufenden Praxistest bei Hermes. Ein Eindruck, der sich auf dem Schotter-Testtrack der Messe inklusive Steigung bestätigte. Das Fahren ist erstaunlich leicht, der Wendekreis klein, und es macht einfach Spaß, mit dem Urban_M CARGO, das es als offene Variante und mit Fahrerkabine geben soll, selbst schwieriges Gelände und engste Kurven zu meistern. Gesamteindruck: Zusammen mit neuen Komponenten und Konzepten hat Mubea, neben Unternehmen wie Onomotion, Citkar, A-N.T. Cargo und vielen anderen, sicher das Potenzial zum echten Gamechanger.

Mehr: mubea.com/de/urban-m

Pendix: vom Fahrrad zum E-Bike mit Doppelmotor

Ein Fahrrad zum E-Bike nachzurüsten, ist dank ausgereifter Lösungen wie vom vielfach ausgezeichneten Hersteller Pendix heute kein Problem mehr. Sinn macht das Update mit dem Mittelmotor-System nach Einschätzungen von Experten und angesichts des vergleichsweise hohen Preises natürlich nicht für jedes Fahrrad. Aber es gibt genügend passende Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel für Lastenräder, die sich mit Motorunterstützung deutlich besser fahren lassen, aber auch das Lieblings-Tourenbike, Spezialräder für besonders große oder kleine Menschen, Spezialräder für Radfahrende mit Handicap usw. Für Erstausrüster auf der IAA Mobility vorgestellt wurde ein neues Antriebskonzept mit Heckmotor. Der Pendix eDrive IN kommt dabei als Standardsystem sowie als Seriell-Hybridvariante auf den Markt. Bei der seriellen Variante haben die Pendix-Ingenieure den Mittelmotor zu einem Generator umfunktioniert. Damit entfallen zum einen viele mechanische Komponenten und zum anderen können so bei Lastenrädern parallel auch zwei Heckmotoren angesteuert werden. Das neue Antriebssystem verfügt über 70 Nm Drehmoment, bietet eine Anfahrhilfe sowie die Möglichkeit, rückwärts zu fahren. Durch die Produktion im sächsischen Zwickau sowie die Zusammenarbeit mit lokalen und europäischen Lieferanten können sich Kunden laut Pendix auf kurze Wege und kurze Lieferzeiten verlassen.


Mehr: pendix.de

VeloHUB: Reclaim Urban Space

Nach einem viel beachteten Auftritt auf der Münchner Messe IAA Mobility ist der Prototyp des sogenannten VeloHUB inzwischen auf einer Roadshow durch verschiedene deutsche Städte. Das mit dem German Design Award ausgezeichnete und für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominierte modulare System schafft unter dem Motto Reclaim Urban Space auf „zwei SUV-Stellplätzen“ neue Räume in Städten. Begehbar und erlebbar wurde der voll funktionsfähige Prototyp, der mit Standardkomponenten individuell konfigurierbar ist, am Eingang zum erweiterten Messegelände in der Münchner Innenstadt. Von der Dachterrasse aus, die zum Beispiel mit Solarmodulen und Beeten ausgestattet werden kann, gab es ganz neue Ausblicke – unter anderem im Gespräch mit den Mit-Initiatoren Danusch Mahmoudi von Designit und Andreas Hombach vom Metallbauer WSM. „VeloHUB ist ein modulares System, das sich an die unterschiedlichen Bedürfnisse in unseren Städten anpasst, einen Mehrwert für die Bürger schafft und unsere innerstädtische Kultur aufwertet“, so Danusch Mahmoudi. „Es ermutigt die Menschen, alternative Mobilitätslösungen zum Auto zu nutzen, und positioniert das Fahrrad als die wichtigste urbane Mobilitätslösung.“ Ausgestattet ist der Prototyp aktuell mit intelligenten Schlössern von Abus Security Tech, einer Ladebank, Lade-Schließfächern und einer Bike-Repairstation. „Das System kann dank eines ausgeklügelten Konzepts und dem Einsatz von hochbelastbaren und haltbaren Standardkomponenten schnell produziert, aufgebaut und bei Bedarf schnell versetzt werden“, erläutert Andreas Hombach von WSM. Der Metallbauer WSM gehört unter anderem im Bereich Fahrradabstellanlagen zu den führenden Anbietern und erarbeitet zum Beispiel auch Konzepte für Microhubs in der Fahrradlogistik. Fazit: Eine tolle Lösung, um eine Stadt wieder anders zu erleben, oder auch für Unternehmen, zum Beispiel als Mobilitätshub, aber auch als Treffpunkt, Bühne, Showroom etc.

Mehr: designit.com


Bilder: Riese & Müller, Kettler Alurad, Chike, Gleam, Carette, Fleximodal, Georg Bleicher, Reiner Kolberg, Pendix

Wege und Irrwege zu einem nachhaltigen Verkehr

von Benedikt Weibel

Wer schon immer einen fundierten Abriss der Mobilität über alle Dimensionen und die Grundbedürfnisse des Menschen haben wollte, wird mit diesem Buch fündig. Benedikt Weibel, selber seit Jahrzehnten in führenden Stellen in der Mobilitätsbranche tätig, leuchtet alle Bereiche aus und leitet daraus die Konturen einer – für ihn absolut zwingenden – Verkehrswende ab. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2021, Dezember 2021)


„Mobilität ist Freiheit; Mobilität ist Grundbedingung für den Wohlstand; Mobilität nimmt permanent zu; Mobilität verursacht ein Viertel des globalen CO2-Ausstoßes – kurz: Die Bewältigung künftiger Mobilitätsströme ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit“, so der Klappentext des im September 2021 erschienenen Buchs. Anders als die meisten anderen Autorinnen und Expertinnen analysiert Benedikt Weibel die Gesamtheit der Verkehrsakteure – privat, öffentlich und im Transportwesen – in ihren komplexen Zusammenhängen.
Sein gut begründetes Fazit: „Die Verkehrswende ist zwingend und dringend. Sie ist machbar, auch finanziell, und in einer Weise umsetzbar, dass die Freiheit der Mobilität erhalten bleibt und die Lebensqualität steigt.“ Die Zutaten, die es seiner Meinung nach für die Umsetzung braucht, seien „politischer Wille, Bewusstsein für die Dringlichkeit, technischer Fortschritt sowie tatkräftige, kluge Köpfe in einer effizienten Umgebungsorganisation.“ Seiner Auffassung nach führt allerdings nur „eine konzertierte Aktion, die den ganzen Werkzeugkasten einsetzt“, zum Erfolg. Wie die nötigen Werkzeuge aussehen und wie sie einzusetzen sind, beschreibt er dabei ebenso wie die unterschiedlichen Aktionsfelder und Ziele.

Benedikt Weibel ist promovierter Betriebswirtschaftler, Manager und Publizist. In seinem Berufsleben war er unter anderem als Generaldirektor der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), als Präsident des Verwaltungsrats der Schweizerischen Rheinhäfen sowie als Honorarprofessor an der Universität Bern tätig. Seit 2008 ist er Präsident des Aufsichtsrats der privaten österreichischen Westbahn. 2013 wurde er mit dem European Rail Award ausgezeichnet.


Wir Mobilitätsmenschen Wege und Irrwege zu einem nachhaltigen Verkehr | von Benedikt Weibel | Verlag NZZ Libro, Basel | Sept. 2021 | ca. 200 Seiten, gebunden | ISBN 978-3-907291-56-6 | 34,00 Euro


Bilder: NZZ Libro, Michael Stahl

Im Mai letzten Jahres haben wir mit dem Experten für strategische Personalarbeit im öffentlichen Sektor Rolf Dindorf ein Interview zum Thema Mitarbeitergewinnung geführt. Denn überall in den öffentlichen Verwaltungen fehlt Personal. Sein Credo: Kommunalverwaltungen müssen mit einem strategischen Personalmanagement langfristig gezielt planen. In seinem aktuellen Gastbeitrag geht es nun um das wichtige Thema Mitarbeiterbindung – vom „Onboarding“ neuen Personals bis zum Thema „Arbeit mit 67“. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2021, Dezember 2021)


In Zeiten von Fachkräftemangel und demografischem Wandel gewinnt die Mitarbeiterbindung in den Kommunen deutlich an Bedeutung. In den nächsten zehn Jahren scheiden etwa 30 Prozent der kommunalen Bediensteten aufgrund ihres Alters aus dem Dienst. Aktuell werden Angaben des dbb Beamtenbundes zufolge in den Kommunalverwaltungen etwa 145.000 Mitarbeitende gesucht. Da der Wettbewerb um Fachkräfte auf dem Markt enorm ist, gilt es stark umworbenes Personal wie z.B. Bauingenieure zu halten. Neben der Personalgewinnung wird somit auch das Binden von Beschäftigten ein zentraler Bestandteil der Personalstrategie.

29,4 %

Rund ein Drittel der Mitarbeitenden
in den Kommunalverwaltungen
scheidet in den nächsten zehn Jahren aus.

Warum das Thema Personalbindung von Bedeutung ist

„Land unter“ wird es in den nächsten Jahren verstärkt in Kommunalverwaltungen heißen. Fachkräftemangel in Bereichen wie Radverkehrsplanung, Kindergarten, Pflege, Landschaftsarchitektur, IT usw. führen zu hoher Arbeitsbelastung, schlechter Stimmung, schleppenden Planungs- und Prüfungsprozessen, unzufriedenen Bürgerin-nen und Fluktuation in den Rathäusern. Auch die Verkehrswende kommt nur langsam voran. Sorgenfalten erzeugen schon heute die Planung und der Bau von Qualitätsradwegen und zusammenhängenden Radwegenetzen. Die Personallage in den Ländern und Kommunen wird sich durch veränderte Mobilitätskonzepte noch verschärfen. Die Zahl der Neueinstellungen wird rapide steigen. Gleichzeitig reicht die Zahl der Berufsanfän-gerinnen nicht, damit der Nachfrage Rechnung getragen werden kann. Häufig unterschätzt wird in den Verwaltungsspitzen der wachsende Wettbewerb um Mitarbeitende innerhalb des öffentlichen Sektors. Wer sich frühzeitig auf die Entwicklung einstellt und geeignete Bindungsmaßnahmen einleitet, wird sich beim Kampf um die besten Köpfe auf der Gewinnerseite wiederfinden. Weiterhin lohnt sich die Mitarbeiterbindung auch aus wirtschaftlicher Perspektive: Wenn weniger Mitarbeitende wechseln, entfallen die Kosten für Personalgewinnung und Einarbeitung. Führungskräfte müssen seltener Bewerbungsgespräche führen und Mitarbeitende weniger Zeit für aufwendige Einarbeitungsprozesse aufbringen. Auch die Einschaltung eines Headhunters – über die Kommunen zunehmend nachdenken – entfällt.

Totengräberstimmung beim Arbeitgeberimage?

Ein attraktives Arbeitgeberimage als Teil einer Personalstrategie fällt nicht vom Himmel. Es erfordert einen Marathon aus Fleiß, Disziplin, Strategie, Innovation, Geld und Willen seitens der Verwaltungsleitung. Das Angebot an attraktiven Ausbildungsplätzen ist eine Möglichkeit, sein Arbeitgeber-image aufzuwerten. Doch für ein solches Angebot muss auch systematisch geworben werden. Nicht jeder Jugendliche (und deren Eltern) kennt die angebotenen Jobs wie beispielsweise Fachkraft für Straßen- und Verkehrstechnik. Positives Beispiel: Gelsenkirchen. Die Stadt wirbt unter anderem auf Instagram mit einer attraktiven Personalgewinnungskampagne.
Klappern gehört zum Handwerk, haben sich mehrere deutsche Städte gesagt. Unter dem Dach der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. (FGSV) wurde der Animationsfilm „Das Berufsbild als BauingenieurIn oder VerkehrsingenieurIn in der kommunalen Bauverwaltung“ produziert (Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=ZkxECFxKS5g). Illustriert wird die Vielseitigkeit der Aufgaben im Umfeld von kommunaler Mobilität, Verkehrsplanung und Straßenbau.

Woher nehmen? Deutschlandweit herrscht in den kommenden Jahren ein hoher Mangel an Fachkräften. Alarmierend sind die Zahlen für den öffentlichen Sektor. Mitarbeitergewinnung und -bindung kann man deshalb gar nicht hoch genug einschätzen.

Mitarbeiterbindung – 10 praxisorientierte Lösungen

Wie lässt sich eine verbesserte Mitarbeiterbindung in Landes- und Kommunalbehörden erreichen? Auf der Höhe der Zeit agieren Verwaltungsspitzen mit einer ausgefeilten Personalstrategie, die sowohl Personalgewinnungsstrategien als auch Mitarbeiterbindungslösungen umfasst.
Erfahrungsgemäß haben sich folgende Ansätze bei der Personalbindung bewährt:

  1. Statt Vogel-Strauß-Politik gilt es Ursachenforschung in den Rathäusern und Landesämtern zu betreiben. Warum verlassen uns qualifizierte Mitarbeitende? Was haben wir falsch gemacht? Wo können wir uns verbessern? Das verlangt eine systematische Analyse und konsequente Umsetzung der Schlussfolgerungen.
  2. Jede öffentliche Verwaltung muss eine glaubhafte Mission besitzen. „Egal, wie sehr die Welt sich verändert, die Menschen haben immer noch das elementare Bedürfnis, ein Teil von etwas zu sein, auf das sie stolz sein können. Sie haben ein elementares Bedürfnis nach Leitwerten und Zielen, die ihrem Leben und ihrer Arbeit Sinn geben.“ (Prof. Peter Drucker: Die fünf entscheidenden Fragen des Managements. Weinheim 2009. S.51.) Gerade in der immer komplexeren Arbeitswelt suchen Beschäftigte nach Sinn in der Arbeit. Punkten Sie daher mit einer Mission und sinnstiftenden Führungskultur. Das untermauert die Mitarbeiterbindung.
  3. Setzen Sie eine Duftnote beim Bewerbungsprozess. Eine effiziente Mitarbeiterbindung beginnt schon mit dem Bewerbungsprozess. Im Vorfeld der Einstellung sollte geprüft werden, ob der oder die Bewerbende zur Kreisverwaltung passt. Hat derjenige etwa zu hohe Erwartungen oder gänzlich andere Bedürfnisse, stimmt die Passung zwischen Dienstherr und Bewerbendem nicht. Demotivation oder Kündigung sind absehbar.
  4. „Am ersten Tag gab es keinen Schreibtisch und Stuhl für mich.“ Ein geschickter Schachzug liegt im richtigen Einarbeiten (Onboarding) neuer Mitarbeitender. Die Erfahrung zeigt, dass hier noch viel Luft nach oben liegt. Personalgewinnung endet nicht mit der Zusage. Der Prozess umfasst ein umfassendes Onboarding-Programm. Ein effektiver Einarbeitungsprozess (gerade auch in Zeiten von Corona) trägt deutlich zur Mitarbeiterbindung bei.
  5. Ein wesentlicher Bestandteil der Roadmap zur erfolgreichen Mitarbeiterbindung ist ein modernes Arbeitsumfeld. Manche Amtsräume verströmen den Charme der 80er-Jahre. Die Arbeitsplätze (technische Ausstattung) und Raumkonzepte sind digital, flexibel und teamorientiert umzugestalten. Damit die moderne Arbeitsweise in der kommunalen Bauverwaltung gelingt, bedarf es auch der steten (!) technologischen IT-Ausstattung. Eine technische Frischzellenkur – nicht nur in den Gesundheitsämtern – ist zwingend erforderlich. Dabei gilt es gedanklich einen Grundpfeiler einzurammen: Die digitale Transformation einer wissensbasierten Verwaltung erfordert ein regelmäßiges Update der digitalen Infrastruktur. Entsprechendes muss im Haushaltsplan berücksichtigt werden.
  6. Greifen Sie durch: Zeigen Sie individuelle Entwicklungsmöglichkeiten auf. Fehlende Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten führen zur Frus-tration. Eine Fachlaufbahn ohne Personalverantwortung ist ein weiteres Beispiel für Mitarbeiterbindung. Die hybride Arbeitswelt braucht digitale Kompetenzen. Was versteht man unter digitalen Kompetenzen? Etwa die Umwandlung eines Word-Dokumentes in ein PDF? Oder doch mehr? Wer verfügt über welche digitalen Kompetenzen in welchem Umfange (Stichwort: strategischer Fort- und Weiterbildungsplan)? Sind die Ausbildungsinhalte noch zeitgemäß? Deutlich wird, dass man nicht am falschen Ende sparen darf. Investitionen in die Fort- und Weiterbildung der Führungskräfte und Mitarbeitenden (strategische Kompetenzen, Medienkompetenz, Selbstmanagement, Eigenverantwortung, hybrides und agiles Führen, Informations- und Datenkompetenz, Veränderungsbereitschaft, Problemlösungskompetenzen, Vertrauen) sind zwingend über Jahre erforderlich, damit die nötige Breitenwirkung erzielt wird. Ergänzend müssen Verwaltungsspitzen über Anreize nachdenken, wie sich die Beschäftigten in den Amtsstuben für ein digitales Mindset öffnen.
  7. Verfolgt man die Diskussion um den Fachkräftemangel im öffentlichen Sektor, geht es rasch darum, wie sich (junge) Fachkräfte der Generation Z gewinnen lassen. Wo bleibt die Generation Silberhaar? Wer „Arbeiten bis 67“ beschließt, muss auch entsprechende Anstellungsangebote machen. Lippenbekenntnisse allein reichen da nicht. Beim Blick auf die demografische Entwicklung wird klar, dass die Generation Z nicht reichen wird, die Lücken der Babyboomer in der öffentlichen und privaten Wirtschaft zu schließen. Die strategische Personalentwicklung im öffentlichen Dienst wird sich daher verstärkt der Generation 50plus zuwenden müssen. „Jung schlägt Alt“ ist immer noch in den Köpfen zahlreicher Führungskräfte auf der Kommandobrücke des öffentlichen Dienstes. Dabei hat ein 50-jähriger Radverkehrsplaner noch 17 Jahre zu arbeiten. „Jung und Erfahren – Hand in Hand“ lautet die zukunftsorientierte Zusammenarbeit zur Steigerung der Produktivität, Vermeidung von Fehlzeiten und zum Erhalt wertvollen Erfahrungswissens. Doch wie gelingt der erfolgreiche Schulterschluss zwischen der Generation Z und den Babyboomern? Die Praxis zeigt: Durch kombinierte Teams aus Jung und Erfahren steigern Sie Ihre Produktivität und Mitarbeiterbindung. Durch die Verknüpfung unterschiedlicher Stärken und Kompetenzen in altersgemischten Teams nutzen Sie die vorhandenen Potenziale der Mitarbeitenden optimal. Die Mitarbeitermotivation wächst.
  8. Transparenz, Mitbestimmung und mehr Eigenverantwortung fordern die Mitarbeitenden auch im öffentlichen Dienst. Es sind keineswegs nur die jüngeren Verwaltungsangestellten der Generation Z, die so denken. Die wachsenden Ansprüche an den Arbeitgeber sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Wer Mitarbeiterbindung ernsthaft angehen möchte, kommt um ein Hinterfragen der Verwaltungskultur nicht herum. Sicherheit allein ist für (hoch) qualifizierte Fachkräfte wie Bauingenieurinnen oder IT-Spezia-listinnen kein ausreichender Grund zu bleiben. Ansätze agiler Verwaltungskultur einschließlich agiler Werte sind ein Weg zur Steigerung der Personalbindung. Agile Methoden (u.a. Kanban, Design Thinking, Daily Stand-up Meetings), Führen auf Augenhöhe, sinnorientierte Tätigkeit, Innovation, individuelle Fortbildung oder Projektarbeit sind hier nur einige Schlagworte des Wertewandels der wissensorientierten Beschäftigten. Der Aufbruch in die Zukunft einer modernen Verwaltung erfordert Mitarbeitende in den (Bau-)Ämtern mit digitalen, beruflichen und fachübergreifenden Kompetenzen (Soft Skills) und Einstellungen (Mindset). Damit aus der agilen Verwaltung kein Strohfeuer wird, braucht es eine strategische und nachhaltige Personalentwicklung. Es reicht nicht mehr, nur Fortbildungskataloge vorzulegen.
  9. Machen Sie Ihre Führungskräfte fit, damit die Köpfe und Herzen Ihrer Mitarbeitenden erreicht werden. Die beste Form von Führung lässt sich nur durch ein stets aktuell gehaltenes Führungskräfteentwicklungsmodell erreichen. Sie erkennen beispielsweise Chancen und Nutzen digitaler Angebote. Daher agieren Führungskräfte als Vorbilder digitaler Anwendungen (Register, Datenbanken, E-Akte usw.). Oder wie formulierte es Reinhold Messner treffend: „Es fehlt an Visionen. Wir brauchen keine neuen Religionen und Sekten, wir brauchen starke Persönlichkeiten, die zeitbezogene Lebenshaltungen verbreiten können, weil sie sie selbst verkörpern, vorleben.“ (Reinhold Messner: Berge versetzen. 2010. S. 234.)
  10. Bazooka Homeoffice: Erkenntnisse aus der Krise aufarbeiten. Zum Lackmustest wird die Zeit nach der Pandemie. Was bleibt davon (Homeoffice und mobiler Arbeit) übrig? Wie wird es weiterentwickelt? Mitarbeitende setzen auf Verlässlichkeit. Systematisch gilt es eine teilweise durch Zufall entstandene Führungs- und Arbeitskultur in den Regelbetrieb zu transformieren. Dazu bieten sich Dienstvereinbarungen wie in Speyer (Dienstvereinbarung zur Modernisierung und Digitalisierung in der Stadtverwaltung Speyer) an.

Fazit: In Mitarbeiterbindung investieren lohnt sich!

Wer es noch nicht getan hat, sollte spätestens jetzt damit anfangen: Die Mitarbeiterbindung in den personalpolitischen Fokus nehmen. Es gilt eine Kultur der Personalbindung in den Verwaltungen zu etablieren. Je länger jetzt noch gewartet wird, desto härter wird der Fachkräftemangel die einzelnen Behörden treffen.



Rolf Dindorf

unterstützt den öffentlichen Dienst und angelehnte Dienstleistungsbranchen seit über 15 Jahren bei der strategischen Personalarbeit. Er kennt die aktuellen Herausforderungen und Rahmenbedingungen öffentlicher Organisationen und weiß, wie die Führungskräfte und Mitarbeitenden ticken. Er kämpft dafür, Personal so wichtig wie Finanzen zu sehen.
Praxisnah und mit einer übergreifenden, ganzheitlichenPerspektive hilft er öffentlichen Einrichtungen, strategisches Personalmanagement neu zu denken. Themenschwerpunkte unter anderem: agile Verwaltung, digitales Führen und mobiles Arbeiten, demografischer Wandel sowie sinnstiftende Unternehmenskultur.

Mehr Informationen unter rolf-dindorf.de


Bilder: Bild: stock.adobe.com – Andrey Popov, dbb 2021

Kommentar von Reiner Kolberg


Wenn es um Radfahrende geht, dann greifen Kolleginnen aus dem Journalismus, aus Pressestellen oder Teilen der Bevölkerung gern zu Pauschalisierungen. Oft verbunden mit einem leicht spöttischen Unterton „mit dem Drahtesel ins Büro“, oder mitleidig, wenn zum Beispiel wieder ein Mensch auf dem Rad „unter einen Lkw geraten“ ist. Und in den sozialen Medien gehören Diffamierungen und falsche Informationen, bis hin zu offener Aggression längst zum Standard. Radfahrende (alternativ Menschen mit E-Scooter) sind allesamt „Rüpelraser, die sich ohnehin nie an die Regeln halten“ oder überhaupt, „die sollen erst mal Steuern zahlen…“. Das Internet ist voll von solchen Äußerungen, also wieso sollte man sich darüber aufregen? Die Tatsache, dass Autobesitzerinnen mit ihrem Steueranteil die Infrastruktur und Folgeschäden gar nicht vollständig finanzieren und Radfahrende, ebenso wie Menschen mit E-Scootern etc. selbstverständlich ebenfalls Steuern zahlen – geschenkt. Die Analyse, dass Autofahrende mindestens genauso lax mit Verkehrsregeln umgehen, wie Falschparken, Handynutzung, zu hohe Geschwindigkeiten, Missachtung von Stoppschildern, Gelb/Rot-Fahrten etc. – ebenfalls geschenkt. Was dagegen tatsächlich verstört sind die vielen Aufnahmen im Netz, vor allem auf Twitter, in denen Radfahrende augenscheinlich mutwillig geschnitten oder ausgebremst werden, ihnen die Vorfahrt genommen oder sogar offen Jagd auf sie gemacht wird, weil sie beispielsweise mit dem Rennrad auf einer Bundesstraße unterwegs sind. Jeder, der/die häufiger mit dem Rad unterwegs ist, kennt ähnliche Situationen und vielfältige Beschimpfungen – auch ich. Was hilft eine gute Infrastruktur, wenn wir Aggressionen in Worten und Taten und Gefährdungen billigend in Kauf nehmen? Was helfen gut meinende Appelle für „mehr Rücksicht“ und „Radeln fürs Klima“, wenn es auf der anderen Seite an klaren Worten, stringenten Kontrollen und spürbaren Sanktionen fehlt? Die Änderungen der StVO und des Bußgeldkatalogs sind sicher kein schlechter Anfang. Weiterhin braucht es den Willen aller Beteiligten, die Dinge politisch und gesellschaftlich nachhaltig positiv zu verändern. Der allgemeine Sprachgebrauch gehört sicher ebenso dazu wie gezielt wirkende positive Kommunikationsstrategien und auch Vorbildfunktion und starke Worte von ganz oben, zum Beispiel aus den Ministerien, von Minister-präsidentinnen, Bürgermeister*innen etc. Der ehemalige Verkehrsminister Scheuer hat hier einen guten Punkt gemacht, als er sich zuletzt verstärkt auch als Fahrradminister inszenierte. Nils Weiland, Verkehrsplaner aus Bremen und Hamburg, hat in unserer letzten VELOPLAN-Ausgabe geschätzt, dass 80 Prozent der Verkehrswende Kommunikation sei. Es gibt also noch viel zu tun für alle Beteiligten, wenn es mit den gesetzten Zielen in der Mobilität, also einem deutlich höheren Radverkehrsanteil und gleichzeitig weniger Unfallopfern klappen soll. Gute Kommunikation ist machbar und kostet nicht die Welt. Also packen wir’s an.

Tweet von Markus Söder parallel zur IAA Mobility zur Förderung von Lastenrädern. Antwort von Wasilis von Rauch, Bundesverband Zukunft Fahrrad (BVZF): „Was ist damit gemeint? Dass die nachhaltige Mobilitätswirtschaft eine Verschwörung ist? Wenn, dann jedenfalls eine praktische (keine theoretische). Über 800.000 Arbeitsplätze lassen grüßen.“


Bild: Tweet Markus Söder

Deutschland will Fahrradland werden. Im Winter scheint dieser Vorsatz aber vergessen zu werden: Schnee türmt sich auf den Radwegen, der Pendelverkehr mit dem Bike geht um die Hälfte zurück, auch aus Angst vor Stürzen. Roland Huhn, Verkehrsexperte des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), erklärt, woran das liegt und was sich ändern muss. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2021, Dezember 2021)


Der Verkehrsexperte und Jurist Roland Huhn ist seit 2004 hauptamtlicher Rechtsreferent des ADFC.

Herr Huhn, laut verschiedenen Erhebungen reduziert sich der Fahrradverkehr hierzulande im Winter um mindestens 50 Prozent. Woran liegt das?
Untersuchungen zeigen, dass in Städten mit gut ausgebauter Radin-frastruktur der Alltagsradverkehr bei schlechtem Wetter nur wenig zurückgeht. In Oldenburg oder Münster sind es zum Beispiel weniger als fünf Prozent. In Städten mit schlechten Radwegen sind es dagegen bis zu 30 Prozent. Auch der Rückgang im Winter ist beim Alltagsverkehr generell gar nicht so hoch, nur kommt in den Sommermonaten der enorme Freizeitverkehr dazu. Das lässt darauf schließen, dass noch viel mehr Menschen das ganze Jahr über mit dem Rad fahren würden, wenn es gute Radwege gibt, die im Winter zuverlässig geräumt werden.

Tatsächlich hat laut Umfragen jeder Zweite, der im Winter fährt, Angst vor Stürzen durch Glätte und Rollsplitt. Wie lassen sich Fahrradwege effektiv und für die Fahrenden sicher winterfest machen?
Am sichersten ist ein schwarz geräumter oder trockener Radweg. Das erreicht man am besten, wenn man frischen Schnee mit der Kehrmaschine beseitigt. Das muss allerdings schnell gehen: Wenn die Schneedecke dicker und festgefahren wird und gefriert, wird es aufwendiger. Das beste Streumittel ist Sole. Im Vergleich zu Streusalz hat sie viel weniger Salzanteil, sie haftet gut, verweht nicht und kann vorbeugend eingesetzt werden. Und man kann nicht ausrutschen wie auf Rollsplit. Der sollte nach frostigen Phasen sofort entfernt werden.

Wäre hier die Stadt zuständig, wie weit geht deren Räumpflicht für Radwege?
Radwege werden hier oft zuletzt geräumt, obwohl Kommunen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs dazu verpflichtet sind, verkehrswichtige innerörtliche Radwege an gefährlichen Stellen zu räumen und zu streuen. Eis und Schnee sind für Radfahrerinnen und Radfahrer aber gefährliche Rutschfallen. Kommunen sollten daher Radwegen ebenso wie Fußwegen beim Winterdienst Priorität einräumen. Für ungeschützte Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer sind rutschige Wege eine viel größere Gefahr als für Autoinsassen. Wenn Deutschland ein Fahrradland werden will – und das ist politisch gewollt – dann müssen wir den Spieß umdrehen. Die Wege der verletzlicheren Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer müssen als Erstes geräumt werden.

Wie sieht es auf dem Land aus? Sind auch private Anwohner, vor deren Haustür ein Radweg verläuft, dafür verantwortlich, dass dieser geräumt und nutzbar ist?
Für Radwege über Land gibt es keine Streupflicht, allenfalls am Stadtrand. Auf Gehwegen vor Häusern müssen die Anwohnerinnen und Anwohner auch auf dem Dorf für den Winterdienst sorgen. Das gilt aber nicht für Radwege. Bei gemeinsamen Geh- und Radwegen muss nur ein Streifen für den Fußverkehr geräumt werden.

Oft sieht man, dass das so gehandhabt wird – und der Schnee von Gehweg oder Straße auf den Radweg geschoben wird. Woran liegt es, dass anscheinend nicht einmal der offizielle Winterdienst Radwege als Verkehrswege auf dem Schirm hat?
Die oft angewandte Praxis, Schnee von den Autospuren auf Rad- und Fußwege zu räumen, ist absolut inakzeptabel. Es liegt oft an mangelnder Koordinierung durch die Kommune, wenn nach dem kleinen Räumfahrzeug für Radwege der Schneepflug für die Autospuren kommt. Das muss dringend besser werden.

Warum ist das so? Hat das Fahrrad zu wenig Relevanz?
Bei manchen hält sich das Vorurteil, Radverkehr sei verzichtbarer Freizeitverkehr. Es ist aber andersherum: Wenn die Radwege bequem und auch im Winter sicher zu befahren sind, entscheiden sich mehr Menschen fürs Rad, zum Beispiel zum Pendeln zur Arbeit, Schule oder Ausbildung.

Können Radfahrer, die auf einen dieser Art blockierten Radweg treffen, dies irgendwo melden?
Melden kann man nicht geräumte Radwege bei den Kommunen, und das sollten Radfahrende auch nutzen, um auf Gefahren aufmerksam zu machen.

Welche Rolle spielt Infrastruktur wie Beleuchtung der Fahrradwege, witterungsgeschützte Unterstellmöglichkeiten an U- und S-Bahnhöfen dabei, dass die Menschen auch bei Kälte, Nässe und Schnee Rad fahren?
Überdachte und gut beleuchtete Abstellanlagen sind für Pendlerinnen und -pendler, die zum Bahnhof fahren, zu allen Jahreszeiten ein Muss. Im Winter fallen die Spitzenzeiten des Schüler- und Berufsverkehrs in dunkle Tagesstunden, daher sollten Radwege angemessen beleuchtet sein. Die Fahrradbeleuchtung hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Sie ist heller geworden und fällt nur noch selten aus.

In anderen Ländern, z. B. Finnland, Holland oder Dänemark, fahren deutlich mehr Menschen im Winter mit dem Fahrrad. Was machen diese Länder bzw. Städte wie Oulu, Amsterdam oder Kopenhagen anders?
Die Niederlande zum Beispiel zeigen, dass man mit einem fantastischen Radwegenetz und einem sehr guten Winterdienst das Fahrrad zu einem Ganzjahresverkehrsmittel für alle machen kann. Da muss Deutschland noch aufholen und von der „Auto-first“-Denke wegkommen.

Was ist der Status quo in Sachen Winterradfahren in Deutschland?
Es gibt schon einige gute Beispiele: In Hannover existiert bereits seit einigen Jahren ein Beschluss, dass 200 Kilometer Radwege in erster Priorität geräumt werden müssen, und dafür wird auch Geld bereitgestellt. Rostock und Karlsruhe haben ebenfalls erkannt, dass das Fahrrad auch im Winter ein großes Potenzial hat, Autoverkehr zu verlagern. Kommunen können hier viel beitragen.
Wichtig ist aber auch die Bundesebene: Das Straßenverkehrsgesetz muss dringend modernisiert werden, damit Städte und Dörfer fahrradfreundlich werden können. Denn eine gute Infrastruktur ist der Schlüssel zu mehr Radverkehr – im Sommer wie im Winter.


Bilder: stock.adobe.com – vbaleha, ADFC – Clemens Bilan

Wie bekommt man eher autoaffine Menschen aufs Fahrrad? Wie verändern sich die Bedürfnisse? Und wie sehen Fahrräder aus, die gar keine Fahrräder mehr sein wollen? So viel Individualismus wie heute gab es wohl nie. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2021, Dezember 2021)


Volkswagen-Chef Herbert Diess zeigte sich auf Linkedin kürzlich schwer von einem Team-Event in den Bergen angetan. Es ging dabei nicht um Autos, sondern um E-Bikes. Überrascht und begeistert berichtete er von den Erlebnissen auf den hauseigenen Premium-E-Bikes von Porsche und Ducati. Ähnliches war schon vor Jahren aus dem Hause Bosch zu vernehmen, als es um die Entscheidung ging, ins E-Bike-Geschäft einzusteigen. Heute ist Bosch eBike Systems vor Shimano, Yamaha, Panasonic oder dem Automobilzulieferer Brose unangefochtener Marktführer für E-Bike-Antriebssysteme. Diese und viele andere Beispiele zeigen, wie weit sich der altehrwürdige Drahtesel erst zum modernen Fahrrad und dann zum Hightech-Gerät mit hohem Imagefaktor weiterentwickelt hat. Auch die Nutzergruppen haben sich verändert und sie verändern sich weiter. Mountainbiker sind längst nicht mehr nur die jungen Wilden, sondern eben auch Topmanagerinnen und viele andere. Auch Lastenradnutzerinnen sind längst nicht mehr nur tätowierte Kurier-fahrerinnen oder besserverdienende Großstadt-Grüne. Eins scheint dabei immer mehr zu gelten: Die Bedürfnisse und Produkte sind so individuell wie die Kundinnen und Kunden und werden immer vielfältiger. Vor allem bei der jungen Generation und den Junggebliebenen scheinen die Präferenzen im Wandel. Sie sind flexibler und legen sich weniger fest. Immer wichtigere Argumente sind zudem Individualität und ein hoher Nutzwert. In Amsterdam feierte der niederländische Fahrrad-/E-Bike- Abo-Anbieter Swapfiets gerade 50.000 Kunden, bei rund 870.000 Einwohnerinnen.

Spaß und hohe Aufmerksamkeit garantiert. Die Bikes von Urban Drivestyle sind im rechtlichen Sinne Fahrräder und nutzen die StVO-Bestimmungen, nach denen man seit 2019 auch zu zweit auf einem geeigneten Fahrrad unterwegs sein darf.

Neues Verständnis von Mobilität und Zweirädern

Während die Innovationen beim Auto in den letzten Jahren gefühlt immer weniger echte Verbesserungen mit sich brachten, hat sich im Bike-Sektor so viel getan wie seit der Ablösung des Hochrads nicht. Einige grundsätzliche Probleme bleiben jedoch. Schwierig ist es beispielsweise, wenn man das Rad nicht in der Bahn mitnehmen oder das teure E-Bike nicht sicher einschließen kann. Eine Lösung sind neben Aborädern wie von Swapfiets auch Fahrradverleihsysteme an den Bahnhöfen oder eben E-Kick-scooter. Die sind entweder überall verfügbar oder lassen sich, wenn man einen besitzt, einfach mitnehmen. Beliebt und natürlich unerlaubt und unsicher ist auch die Möglichkeit, damit zu zweit fahren. Gerade das Argument, anderen eine Mitfahrgelegenheit anzubieten und gemeinsam unterwegs zu sein, ist nicht zu unterschätzen. Die Mikromobilität bietet hier neue Möglichkeiten und innovative Produkte, bricht Kategorien auf oder feiert auch gerne ein Revival.
Ossian Vogel, Gründer und Innovator des Berliner Unternehmens Urban Drivestyle (urbandrivestyle.de) hat E-Bikes mit Retroanleihen entworfen, die ganz bewusst nicht wie ein Fahrrad aussehen und sich auch nicht so anfühlen. „Es ist toll, dass es heute möglich ist, Hybridfahrzeuge zwischen den alten Kategorien auch in Kleinserie rentabel zu produzieren“, sagt der bekennende Fahrradfan, der seine Bikes am zweiten Wohnsitz auf Mallorca sehr genießt. „Du bist leise unterwegs, sehr entspannt und kannst dich ohne Helm mit deinem Beifahrer unterhalten. Das ist einfach toll. Für mich und viele unserer Kunden ist es das Revival eines Gefühls. Etwas, das wir damals etwa mit einer mit Vespa verbunden haben.“ Neben dem Wohlfühlaspekt spielt für seine Kunden auch die Sicherheit eine große Rolle. „Auch die Nicht-Radfahrenden fühlen sich auf unseren Bikes sehr wohl“, so Ossian Vogel. „Du sitzt sehr bequem, wie auf einem Hollandrad, die Fahrsicherheit ist klasse, du hast einen tiefen Schwerpunkt, breite Reifen und einen riesigen Scheinwerfer. Damit fühlst du dich gleich ganz anders und du wirst von anderen Verkehrsteilnehmern auch völlig anders wahrgenommen.“ Mit den Bikes, die sich aus den speziellen Bedürfnissen der Kunden entwickelt haben, trifft er offensichtlich einen Nerv. Zum Kundenkreis von Urban Drivestyle gehören neben „Nicht-Radfahrern“ auch Individualisten und viele Prominente.


Bilder: Ducati, Urban Drivestyle

Können 45-km/h-Roller beziehungsweise -Mopeds im Sharing-Markt bestehen? Wächst der Markt und wenn ja, wo und wie? Und wie umweltfreundlich sind die Angebote eigentlich? Das Technologieunternehmen Invers hat dazu im November einen globalen Marktreport veröffentlicht. (erschienen in VELOPLAN, Nr. 04/2021, Dezember 2021)


Schlecht sah es noch vor zwei Jahren aus mit der 2016 von der Bosch-Tochter Coup eingeführten 45-km/h- E-Roller-Flotte. Allein in Berlin wurden 1.500 Fahrzeuge des taiwanesischen Herstellers Gogoro erst einmal aus dem Verkehr gezogen. Europaweit waren es sogar 5.000 Roller. Übrig blieb der Anbieter Emmy mit einer Flotte von damals nur rund 2.000 Fahrzeugen und jede Menge frustrierter Kunden, die das Coup-Angebot gerne nutzten. Die Lehre, die Bosch und nachfolgende Anbieter, wie zum Beispiel der Kölner Energielieferant Rheinenergie mit dem kürzlich eingestellten Angebot „Rhingo“ zogen: Ohne eine ausreichend große Fahrzeugflotte und Synergieeffekte macht das Angebot wirtschaftlich kaum Sinn. Von diesen Misserfolgen aber auf das Produkt selbst zu schließen, wäre falsch. Die Fahrzeuge von Coup wurden im Mai 2020 nahtlos in das Portfolio von Tier Mobility übernommen, und auch insgesamt entwickelt sich der Markt für E-Mopeds und ähnliche Hybridfahrzeuge hervorragend.

Invers: Global Moped Sharing Market Report

Das Unternehmen Invers mit Hauptsitz in Siegen und Standorten in Köln und Vancouver, das den Marktreport seit fünf Jahren jährlich erstellt, ist kein Marktforscher, sondern ein hoch spezialisierter Technologieanbieter. Als unabhängiger Partner für Betreiber von Shared-Mobility-Lösungen kennt sich Invers bestens im Markt aus und ist auch international sehr gut vernetzt. Zu den Kunden zählen renommierte Namen wie Share Now, Clevershuttle, Miles, Getaround, Flinkster, Tier, Bounce und Emmy. „Die Studienergebnisse belegen mit Zahlen, was wir in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden in der Praxis erleben: Der Markt wächst, weil die Nachfrage nach flexibler Mobilität im urbanen Raum steigt und Mopeds als nachhaltige Sharing-Lösung für mittlere Distanzen im Mobilitätsmix signifikantes Wachstum versprechen“, sagt Alexander Gmelin, Co-Autor der Studie und CPO bei Invers. Moped-Sharing sei der „Hidden Champion“ unter den Sharing-Angeboten und wachse seit der ersten Erhebung im Jahr 2012 kontinuierlich. Rückenwind bekomme der Markt aktuell auch durch die Kapitalgeber. Weltweit seien derzeit rund 110.000 Mopeds als Sharing-Fahrzeuge im Einsatz und 12 Millionen Nutzer registriert. Besonders interessant: Die Zahl der Städte, in denen Moped-Sharing angeboten wird, stieg innerhalb des letzten Jahres um 43 Prozent von 122 auf 175 und die Zahl der Betreiber von Moped-Sharing-Diensten um 13 Prozent auf insgesamt 87 Anbieter.

Deutsche Moped-Sharing-Hotspots 2021. In deutschen Städten boomt das Angebot.

Spanien führt vor Taiwan, Deutschland und den Niederlanden

Spanien ist nach den Ergebnissen der Studie nach wie vor weltweit der größte Markt, gefolgt von Taiwan, Deutschland, den Niederlanden sowie Indien und Frankreich. Neu hinzugekommen sind Zypern und Georgien. Das größte Wachstum verzeichnen aktuell Deutschland, die Niederlande und Frankreich. Drei große niederländische Anbieter – GO Sharing, felyx und CHECK – expandierten im letzten Jahr nach Deutschland und trugen so dazu bei, dass der deutsche Markt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um satte 86 Prozent auf aktuell 13.000 Mopeds im Sharing-Angebot wuchs. Insgesamt ist Westeuropa mit mehr als 36.500 Mopeds im Sharing-Angebot der stärkste Wachstumstreiber der Branche. Beigetragen dazu hat auch Paris. Die Stadt ist Vorreiter bei der Verkehrswende und hat sich zu einem wichtigen Hotspot des europäischen Moped-Sharings entwickelt.
Einen bemerkenswerten Turn-around gibt es bei den Antrieben: 97 Prozent sind inzwischen batterieelektrische Fahrzeuge. Große neue OEMs hätten laut Invers im vergangenen Jahr begonnen zusammenzuarbeiten, um das Laden für Nutzer weiter zu vereinfachen und die Fahrzeuge damit attraktiver zu machen, mit Batterieladenetzwerken und Angeboten zu Akku-Tauschsystemen, die im „Roller-Land“ Taiwan beispielsweise schon länger enorm erfolgreich sind.
Die vollständige Studie gibt es zum Download unter invers.com

Interessante Fakten

Aktuell besitzen fünf Betreiber bis zu 40 Prozent der weltweiten Flotte, vier davon sind in Europa ansässig. Die weltweit größten Anbieter sind GO Sharing, Acciona Mobility, Cooltra, Cityscoot und WeMo. Neben den in Europa üblichen 45-km/h-Rollern gibt es verschiedene Moped-/Fahrrad-Hybride, die die Autoren mit einbezogen haben und die weltweit auf dem Vormarsch sind. Beliebt sind sie primär in Regionen wie Indien (Yulu) oder Pakistan (ezBike) in denen viele Menschen keinen Führerschein besitzen. Die meisten Modelle fahren elektrisch wie Mofas mit ein oder zwei Sitzen und etwa 25 km/h. Die Autoren gehen davon aus, dass Hybridfahrzeuge das Potenzial haben, zu einem neuen, relevanten Fahrzeugtyp für Shared Mobility zu werden. Auch die Öko-Bilanz wird nach den Studienautoren immer besser: Fast alle Fahrzeuge werden inzwischen elektrisch betrieben (97%), die Nutzungsraten steigen und auch die Qualität und die Lebensdauer der Fahrzeuge habe sich in den letzten Jahren deutlich erhöht.


Bilder: Yulu, Invers/mopedsharing.com